Das Lasker-Wochenende in Berlin
Von Dagobert Kohlmeyer
Anlässlich ihres 10-jährigen Bestehens
veranstaltete die Emanuel Lasker Gesellschaft jetzt in Berlin das schon
traditionelle Wochenende. Weil der Vorsitzende Paul Werner Wagner kurzfristig
wegen Krankheit ausfiel, lag die Hauptlast der Vorbereitung und Durchführung bei
Thomas Weischede. Der Berliner Jurist und FIDE-Meister meisterte die Aufgabe mit
Bravour. Vom Lasker-Empfang am Freitag, über eine Simultanveranstaltung und das
Schnellturnier am Samstag bis zum abschließenden Lasker-Dinner verlief alles
reibungslos und sehr harmonisch. Schauplatz der Ereignisse war das ganz neue
Best Western Premier Hotel „Moa", dessen Name sich vom Berliner Stadtteil Moabit
ableitet.
Den Höhepunkt des Wochenendes bildete ohne
Zweifel das 3. Lasker Masters Turnier. 23 Schachfreunde starteten dort zum
Kräftemessen auf den 64 Feldern. Angeführt wurde die Teilnehmerliste von
Bundestrainer Uwe Bönsch sowie den deutschen Nationalspielerinnen Elisabeth
Pähtz, Melanie Ohme und Maria Schöne.
Marie Schöne und Elisabeth Pähtz
Melanie Ohme
Uwe Bönsch gegen Harry Schaak, li. Dr. Joachim Wintzer
Mit von der Partie waren auch
DSB-Vizepräsident Hans-Jürgen Weyer, der Sieger des letzten Politikerturniers
Ulf von Hassel aus Sachsen-Anhalt
... sowie Klubspieler von Berlin und
außerhalb und natürlich Mitglieder der Emanuel Lasker Gesellschaft. Das Turnier
wurde souverän von Bernhard Riess gelenkt, der Spielleiter im Berliner
Betriebsschach-Verband ist und große Erfahrung als Schiedsrichter besitzt.
Ordnend eingreifen in die ausschließlich
friedlichen Denk-Duelle musste er nicht.
Erwartungsgemäß gewann mit Uwe Bönsch der
einzige Großmeister des Feldes.
Er holte 8,0 Punkte aus 9 Partien, wobei er
nur zwei Remis abgab. Am Ende hatte Uwe einen Punkt Vorsprung vor Elisabeth
Pähtz und zwei Punkte vor Melanie Ohme,
Joachim Wintzer sowie Maria Schöne. Bönsch
wurde seiner Favoritenrolle gerecht, weil er als Einziger keine Partie verlor
und in Runde 6 mit Schwarz eine schlechtere Stellung gegen Elisabeth Pähtz zum
Remis drehen konnte. Sonst wären die beiden am Ende punktgleich gewesen.
In der Schlussrunde leistete sich Elli noch
eine unnötige Niederlage gegen Matthias Kribben, nachdem sie ein Remisangebot
des Fernschach-Olympiasiegers abgelehnt hatte und die eigene Stellung überzog.
Das zweite Unentschieden gegen den
Bundestrainer erkämpfte übrigens Ulf von Hassel, der in einem Magdeburger
Schachklub spielt und auch Mitglied der Lasker Gesellschaft ist. Uwe Bönsch und
die DSB-Frauen räumten also wie erwartet vorn ab, für die Schachfreunde dahinter
war allein die vergnügliche Teilnahme wichtig. Thomas Weischede äußerte zur
Siegerehrung die Hoffnung, dass beim nächsten Lasker Masters auch die
Großmeister aus Berlin mitspielen, um ebenfalls ihren Beitrag zur Schachkultur
zu leisten.
Thomas Weischede gratuliert
Endstand...
Am Vormittag hatten die drei
Nationalspielerinnen im Hotel Moa schon eine Simultanvorstellung an 21 Brettern
gegeben. Dabei spielten sie alternierend, wodurch sich natürlich größere Chancen
für ihre Gegner (Klubspieler und Schachkinder aus dem Stadtbezirk Pankow)
ergaben. Wenn Elisabeth zum Beispiel ein Manöver mit Damengewinn plante, aber
Melanie als Nächste für sie zog, weil es sich so ergab, dann hatte die
Leipzigerin die Idee ihrer Kollegin in Sekundenschnelle nicht gleich erfasst und
spielte etwas anderes.
Zwei Schachfreunde konnten ihre Partien
gegen die Frauen gewinnen, und zwei schafften ein Remis (siehe Notationen).
Manche Kids durften ihre Steine nochmal aufbauen und bekamen auch Weiß, so dass
die Ladies insgesamt 25 Partien absolvierten. Es hat allen große Freunde
gemacht.
Frauen - Richard Lutz (Lasker
Gesellschaft)
Caro-Kann B15
1.e4 g6 2.d4 Lg7 3.Sc3 c6 4.Sf3 d5 5.e5 f6 6.Lf4 Lg4 7.h3 Lxf3
8.Dxf3 Sd7 9.exf6 Sgxf6 10.Ld3 Sh5 11.Lg5 Lxd4 12.De2 Lf6 13.Lh6 Da5 14.0–0 Db6
15.Tfe1 Dxb2 16.Ld2 0–0–0 17.a4 Lxc3 18.Tab1 Da3 19.Tb3 Dd6 20.Lxc3 The8 21.La6
Sc5 22.Lb4 bxa6 23.Lxc5 Dxc5 24.Dxa6+ Kc7 25.Tb7+ Kd6 26.Txa7 Td7 27.Ta8 Txa8
28.Dxa8 Db4 29.Te3 Sf6 30.a5 Se4 31.a6 Db6 32.c4 Td8 0-1
Zu seiner Partie merkte Richard Lutz an:
„Die Eröffnung lief ganz gut für mich.
11. Lg5 hat einen Bauern eingestellt, aber auch nach 11.Le3 steht Schwarz schon
ganz passabel (z.B. e5). 14. Dd6 war allerdings ein Fehler, denke ich. Besser
war, auch den Bauern a4 noch mitzunehmen. Nach 19…Dd6 bin ich dann unnötig unter
Druck geraten. Elisabeth Pähtz hatte zunächst 22. Lb7 geplant, es gibt aber
keinen zwingenden Gewinn. Der eigentliche Fehler war m.E. 23. Lxc5, weil der
Angriff danach abflacht. Eindeutig besser wäre 23. Tc3 mit Rückgewinn der Figur
und weiterhin starkem Angriff. Da waren wir uns nach der Partie einig. Soweit
mein Eindruck aus dem Partieverlauf und einer kurzen Analyse mit E. Pähtz.
Fazit: Eröffnung ganz passabel, später ungenau gespielt und Glück gehabt.
Frauen – Mathias Kresse (SV
Eintracht Tangerhütte)
Sizilianisch B85
1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Sc3 d6 6.f4 Sf6 7.Le2 Le7
8.Le3 Sc6 9.Dd2 Dc7 10.0–0 b5 11.Sxc6 Dxc6 12.a3 Lb7 13.Lf3 Dc7 14.Tae1 Td8
15.Df2 Sd7 16.f5 0–0 17.Kh1 Lf6 18.Ld4 Lxd4 19.Dxd4 Dc5 20.Dd2 Se5 21.Le2 d5
22.f6 gxf6 23.Dh6 Sg6 24.h4 Lc6 25.h5 dxe4 26.Sxe4 Lxe4 0-1
Frauen - Werner Koep-Kerstin
Italienisch C54
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.0–0 Sf6 5.d3 h6 6.c3 d6 7.Lb3 0–0
8.h3 a6 9.Le3 Sd7 10.d4 La7 11.Sbd2 Sa5 12.Lc2 b5 13.a4 Sc4 14.Sxc4 bxc4 15.De2
exd4 16.cxd4 a5 17.Ld2 Lb6 18.Lc3 La6 19.Tad1 Ta7 20.Tfe1 Te8 21.e5 d5 22.Sh2
Sf8 23.Sg4 f6 24.Df3 Lc8 25.exf6 Txe1+ 26.Txe1 c6 27.fxg7 Lxg4 28.gxf8D+ Dxf8
29.Dxg4+ Tg7 30.De6+ Kh8 31.Dxh6+ Kg8 32.Te3 Txg2+ 33.Kxg2 Dxh6 34.Lf5 Lc7
35.Ld2 Dh4 36.Te6 Dxd4 Remis.
Frauen – Dr. Daniel Eisermann
(SV Osram/Betriebsschach)
Italienisch C54
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.d3 Lc5 5.c3 0–0 6.Lb3 a6 7.0–0 La7
8.Lg5 h6 9.Lh4 d6 10.Sbd2 Le6 11.Sc4 g5 12.Lg3 Lxc4 13.Lxc4 Sa5 14.Dd2 Sxc4
15.dxc4 Sxe4 16.De2 Sxg3 17.hxg3 Df6 18.Sd2 Dg6 19.g4 f5 20.gxf5 Txf5 21.De4
Taf8 22.g4 T5f6 23.Dxg6+ Txg6 24.Kg2 Tf4 25.f3 Tg7 26.Th1 Tg6 27.Se4 b5 28.cxb5
axb5 29.Sg3 Tff6 30.a4 bxa4 31.Txa4 Lb6 32.Ta8+ Kf7 33.Sf5 Ke6 34.c4 Kd7 35.Th8
Ld4 36.Th7+ Kd8 37.b4 d5 38.cxd5 Ta6 39.T1xh6 Ta2+ 40.Kg3 Txh6 41.Txh6 Lc3
42.Tg6 Ld2 43.Kf2 Lxb4+ 44.Ke3 Ld2+ 45.Kd3 Lf4 46.Sg7 Kc8 47.Se6 Ta3+ 48.Ke4
Te3+ 49.Kf5 Txf3 50.Sxg5 Lxg5+ 51.Kxg5 Td3 52.Kf5 Txd5 53.g5 Kd7 54.Tg7+ Kd6
55.Tg6+ Ke7 56.Te6+ Kf7 57.g6+ Kg8 58.Kf6 Td6 59.Kxe5 Txe6+ Remis
Nach dem Simultan gab es noch einen
besonderen Moment, als unter den Teilnehmern eine von den Spielerinnen signierte
Lasker-Monographie verlost wurde. Glücksfee Melanie Ohme zog den achtjährigen
Michael Soumbatov, der seinen Gewinn im wahrsten Sinne des Wortes kaum fassen
konnte.
Der Knirps hatte echte Mühe, das schwere
Buch zu halten. Thomas Weischede bemerkte launig: „Da hast du ja für das
Wochenende etwas Schönes zu lesen.“ Des Weiteren empfahl er dem Schachjünger,
das kostbare Buch mindestens 30 Jahre im Schrank liegen zu lassen, wonach es
einen unschätzbaren Wert haben würde.
Es ist unseren Schachladies Elisabeth Pähtz,
Melanie Ohme und Maria Schöne hoch anzurechnen, dass sie das Lasker Wochenende
mit ihrer aktiven Teilnahme so wirkungsvoll unterstützt haben. Alle drei stehen
mitten im Studium. Elisabeth beendet im Frühjahr ihre Ausbildung als
Fremdsprachenkorrespondentin, Maria studiert bereits im 11. Semester
Psychologie, während Melanie ein ähnliches Studium im Herbst begonnen hat. Dem
engagierten Vorsitzenden der Lasker Gesellschaft, Paul Werner Wagner, der das
diesjährige Wochenende leider nur vom Krankenbett aus verfolgen konnte, wünschen
wir gute Besserung!