„Lasker war immer mein großes Vorbild“
Interview mit dem Vorsitzenden der Emanuel Lasker
Gesellschaft Paul Werner Wagner
Von Dagobert Kohlmeyer
Vor zehn Jahren, am 11. Januar 2001, wurde
in Berlin die Emanuel Lasker Gesellschaft gegründet. Es war der 60. Todestag des
deutschen Schachweltmeisters (1868-1941). Ob André Lilienthal, Juri Awerbach,
Viktor Kortschnoi, Edith Keller-Herrmann oder Wolfgang Uhlmann, viele
Schachlegenden haben das denkwürdige Ereignis miterlebt. Anschließend gab es
eine internationale Lasker-Konferenz in Potsdam, die sehr große Resonanz hatte.
Initiator war der Berliner Kulturwissenschaftler Paul Werner Wagner, der auch
den Vorsitz in der Gesellschaft übernahm. Im vergangen Jahrzehnt gab es
vielfältige Aktivitäten, Emanuel Laskers reiches Erbe zu pflegen. Dagobert
Kohlmeyer sprach anlässlich des Jubiläums mit dem 62-jährigen Wagner.
Paul Werner, wie entstand die Idee,
diese Gesellschaft zu gründen?

Emanuel Lasker hat, wie du weißt, in meinem
Leben immer eine zentrale Rolle gespielt. Nachdem ich intensiv zum Schach
gekommen war, gab es 1968 ein Lasker Jahr. Da habe ich sehr viel über den Mann
gelesen. Irgendwie ist mir diese Persönlichkeit dann sehr nahe gekommen, und ich
habe Lasker immer als großes Vorbild gesehen. Ich spielte ja nicht nur aktiv
Schach, sondern war auch Organisator und Schiedsrichter. Meine Frau und ich
nannten unseren Sohn Emanuel.
Die Lasker Konferenz 2001 in Potsdam
war gleich ein großer Erfolg. Hättest du mit einer derartigen Resonanz
gerechnet?
Ehrlich gesagt, nein. Obwohl wir damals gar
nicht so viel Zeit zur Vorbereitung hatten, kamen fast 300 Teilnehmer. Es war
ihnen wohl ein großes Anliegen. Auch die Politik hat unser Vorhaben unterstützt.
Brandenburgs damaliger Ministerpräsident Manfred Stolpe hielt eine Rede, der
polnische Botschafter war auch anwesend. Viele prominente Schachspieler aus dem
In- und Ausland sind Gründungsmitglieder unserer Gesellschaft.
Die Veranstaltungen und Aktivitäten
der Lasker Gesellschaft im vergangenen Jahrzehnt sind kaum aufzuzählen. Vor
allem habt ihr sehr schöne Ausstellungen organisiert. Was waren die großen
Highlights?
Ganz sicher die Ausstellung „Schadows
Schachclub“ 2003 in Berlin, die Philidor-Ausstellung in Bamberg zur
Opernpremiere von „Tom Jones“, dann die Lasker- Ausstellung am Leuschnerdamm in
Berlin, die Expositionen „Schach und Musik“ 2006, „Schach und Reisen“ 2007. „60
Jahre Schachnovelle“ sowie die Bonner Ausstellung „Schach. Gesellschaft.
Politik“ 2006/07. Immer ging es uns darum, die Kulturgeschichte des Schachs
stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Auf der damaligen Konferenz in Potsdam
und zu euren regelmäßigen Lasker-Abenden sind viele Schachlegenden aufgetreten.
Manche von ihnen kannten Lasker ja noch persönlich.
Zum Beispiel André Lilienthal, Juri Awerbach
oder Isaak Linder.

Juri Awerbach, Isaak Linder

"Endspielpapst" Juri Awerbach


Vier Schachlegenden
An den Abenden hatten wir viele Schachgrößen
bei uns zu Gast, zum Beispiel Wolfgang Unzicker, Edith Keller-Hermann, Lothar
Schmid, Rudolf Teschner. Sie haben Interessantes aus ihrem Leben und ihrer
langen Schachkarriere erzählt. Das waren unvergessliche Veranstaltungen. Wir
bemühen uns, die wertvollen Aussagen dieser Zeitzeugen des Schachs zu
dokumentieren. Inzwischen leben einige von ihnen nicht mehr.


Im Simultan gegen Robert Hübner
Seit 2001 habt ihr eine ganze Reihe
von Publikationen herausgebracht, die Laskers Erbe in Erinnerung halten sollen.
Wo sind sie erhältlich?
Im Exzelsior Verlag und anderen. 2001
erschien Laskers erste philosophische Schrift „Kampf“ als Reprint, im gleichen
Jahr „Wie Wanja Meister wurde“, später der Band „Emanuel Lasker. homo ludens
homo politicus“, 2005 die Broschüre über das Lasker-Haus in Thyrow. Dann der
Ausstellungskatalog „Zug um Zug. Schach Gesellschaft. Politik“. Und als
Höhepunkt im Jahre 2009 die große Monographie „Emanuel Lasker. Denker.
Weltenbürger. Schachweltmeister“.
Ihr kooperiert seit einigen Jahren
auch mit dem Berliner Schachverband. Mit welchem Ziel?

Matthias Kribben, vormals Chef des Berliner Verbandes, und Paul Werner Wager
Das ist eine naheliegende und nützliche
Sache. Wir wollen uns immer an den wichtigsten Orten präsentieren, wo das
Schachleben der Hauptstadt pulsiert. So klinkten wir uns beim Politikerturnier
ein, waren seit 2004 beim Schachfestival im Jüdischen Museum mit dabei oder seit
2006 bei der Damen Gala des Neuen Deutschland und dem ND-Pressefest mit von der
Partie. Wir haben auch schon mal einen Wettkampf zwischen der Lasker
Gesellschaft und dem Berliner Schachverband durchgeführt.
Welche Veranstaltungen sind zum 10.
Jahrestag der Lasker Gesellschaft geplant?
Wir haben im nächsten Monat vom 11.-13.
Februar unser Emanuel Lasker Wochenende in Berlin. Dazu gehören ein Lasker
Dinner, ein Masters Turnier sowie eine Simultanveranstaltung mit der
Damen-Nationalmannschaft. Schauplatz ist das Hotel „Moa“ in Berlin-Moabit.
Wie viele Mitglieder hat die Lasker
Gesellschaft inzwischen?
Rund 140. Neue Mitstreiter sind immer
herzlich willkommen. Der Jahresbeitrag kostet 65 Euro, ermäßigt 45 Euro.
Deine Arbeit ist ehrenamtlich, die
meisten Dinge lasten auf deinen Schultern. Wer waren und sind deine wichtigsten
Helfer?

Blumen für Susanna Poldauf von Stefan Hansen
In früheren Jahren war es Susanna Poldauf,
die sich große Verdienste erworben hat. Sie hat sehr erfolgreich gewirkt und
unsere Ausstellungen mit Unterstützung von Professor Hans Holländer und dessen
Frau Barbara in wunderbarer Weise organisiert.

Ehepaar Holländer, Lothar Schmid
Das sollte man keinesfalls vergessen. Einer
der aktivsten Mitstreiter ist bis heute Thomas Weischede. Stefan Hansen
unterstützt die Gesellschaft seit langem sehr wirkungsvoll. Er stellte uns im
Haus am Leuschnerdamm ein Domizil zur Verfügung.

Matthias Kribben, Thomas Weischede und Paul Werner Wagner

Stefan Hansen
Und er hat die Herausgabe der große
Lasker-Monographie befördert.
So ist es. Auf dieses Projekt haben wir in
den vergangenen Jahren unsere ganze Kraft gerichtet. Michael Negele hat dort
herausragend gewirkt. Die erste Auflage des schwergewichtigen Bandes ist so gut
wie vergriffen, obwohl sie 114 Euro kostet.

Michael Negele

Viele Helfer der Lasker Gesellschaft
wirkten sehr still, von ihnen wissen nur Eingeweihte etwas.
Eine große Stütze war zum Beispiel der
leider verstorbene Berliner Schachfreund Ralph Schiffmann. Ein ganz bescheidener
Mann, der viele Verdienste hat und uns sehr fehlt. Er organisierte viele
Exponate für Ausstellungen. Mit seiner großzügigen Hilfe hat die Lasker
Gesellschaft auch den stark beschädigten Grabstein von Jean Dufresne auf dem
Jüdischen Friedhof in Berlin wieder in Ordnung gebracht. Wir organisierten
gemeinsame Exkursionen, unter anderem nach Barlinek (Berlinchen) in Polen, wo
Lasker geboren wurde.
Gab es auch Vorhaben, die ihr nicht
realisieren konntet?
Leider ist es uns nicht gelungen, Laskers
Sommerhaus in Thyrow südlich von Berlin zu erhalten. Wir haben jahrelang alles
Mögliche versucht und viel Energie in dieses Projekt gestellt. Doch ein
erfolgreicher Umbau und die Renovierung hätten eine so hohe Summe gekostet, die
wir beim besten Willen nicht aufbringen konnten. Dafür haben wir Lasker aber mit
der großen Monographie ein Denkmal gesetzt. Das Buch ist einmalig. Dieser
Prachtband kann sich wirklich sehen lassen.
Paul Werner, du magst nicht nur
Schach, sondern auch andere Sportarten. Zum Beispiel bist du ein großer
Fußball-Fan. Spielst du selbst noch?
Die Lasker Gesellschaft hat seit drei Jahren
sehr enge Kontakte zum Wirtschaftsrat des Zweitligisten Union Berlin. Schon
zweimal haben wir Fußball gegen sie gespielt. Auch das ist eine interessante
Kooperation. Alles was wir tun, geschieht aus Liebe zur Sache.
* * * *
Der Berichterstatter war seit 2001 bei sehr
vielen Veranstaltungen der Lasker Gesellschaft. Hier eine Auswahl seiner
Fotoimpressionen aus dem vergangenen Jahrzehnt.

Ausstellung im früheren Lasker-Museum

Brief von Emanuel Lasker

Ausstellung Schach und Reisen

Kuratorin Susanna Poldauf

Schachweltweit

Schachspiele

Edzard Reuter

Glückwünsche für Wolfgang Unzicker