Leko-Schachschule in Miskolc eröffnet
Fotos: Frederic Friedel, Dagobert Kohlmeyer
Der
ungarische WM-Kandidat Peter Leko hat am Montag, kurz vor seinem Match gegen
Wladimir Kramnik, in Miskolc eine Schachschule eröffnet.
Er möchte
damit dem Schachnachwuchs seines Landes Gelegenheit geben, fachgerecht zu
trainieren. Mit dem Standardzug e2-e4 eröffnete Peter die erste Übungsstunde.
Anschließend
gab es die ersten Tipps sowie Autogramme für die Kids. Die Stadt Miskolc und ihr
Bürgermeister Sandor Kali unterstützen das Projekt mit Räumlichkeiten und
Trainern.
"Man muss
Schach und Bewegung kombinieren"
Interview mit Peter Leko
Von Dagobert Kohlmeyer
Wer kam auf den Gedanken, eine Schachschule unter deinem Namen zu
errichten?
Diese Idee
hatte ich schon immer. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie schwer es am Anfang
einer Schachkarriere ist, Fortschritte zu machen. Und die Frage „Warum solle es
den heutigen Kindern so ergehen“? steckte praktisch seit langem in mir. Es geht
darum, dass die Kids überhaupt eine Möglichkeit bekommen, fachgerecht zu
trainieren.
Was gab dann den konkreten Anstoß, die Sache jetzt anzupacken?
Voriges Jahr
während des Matchs gegen Anatoli Karpow in Miskolc kam das Thema plötzlich
wieder zur Sprache. Bürgermeister Sandor Kali, der sehr viel für Schach übrig
hat, sagte, das ist eine super Idee. Und er hat sich der Sache persönlich
angenommen.
Wie hoch sind deine Ansprüche an die Schüler?
Es ist klar,
wenn das Kind Leko-Schachschule heißt, dann muss es ein bestimmtes Niveau haben.
Auch die finanzielle Unterstützung für das Training muss stimmen. Wenn man schon
so ein Projekt in Angriff nimmt, dann sollte man es auch ernsthaft tun, damit
die Kinder die Möglichkeit haben, sich wirklich zu verbessern. Mein Name soll
keine Alibifunktion haben.
Wer ist denn Sponsor dieser Einrichtung?
An erster
Stelle steht die Stadt Miskolc. Sie nehmen es sehr ernst und zeichnen für das
erste Jahr voll verantwortlich. Mit den VIP-Räumen im Fußball-Stadion von
Miskolc (1. ungarische Fußball-Liga) steht eine großartige Lokalität zur
Verfügung. Ich denke, die Kids werden mit großer Freude hierher kommen.
Kinder haben ja auch einen starken Bewegungsdrang. Nutzen sie das
Stadion mit?
Ja, klar.
Sie können dort in den schönen Räumen nicht nur am Schachtisch sitzen, sondern
sich auch im Stadion bewegen. Ich tue es ja auch, ob beim Fußball oder
Tischtennis. Man sollte beides, geistige und körperliche Tätigkeit, miteinander
kombinieren, was einfach ideal ist.
Du kannst als viel beschäftigter Schachprofi nicht immer hier
sein. Wer sind denn die Trainer?
Es sind erst
einmal drei, später werden es sicher noch mehr. Da ist Attila Barva, der nicht
nur die organisatorische Arbeit erledigt. Mit über 2400 ELO ist er selbst ein
sehr starker Spieler. Dann der Internationale Meister Gyula Meszaros, ein alter
Bekannter und Freund von mir. Er war Trainer von Ferenc Berkes. Die Kinder
lieben ihn, weil er eine sehr angenehme Art hat. Als Spieler ist er sehr
aggressiv, vor allem im Mittelspiel und Endspiel. Solche Leute brauchen wir. Sie
sind sehr interessant für den Schach-Nachwuchs. Wir haben ein ganz gesundes
Team, das sehr effektiv arbeiten kann.
Wie oft schaust du bei deinen Eleven vorbei?
Ein bis
zweimal im Jahr bestimmt. So lange ich Profi bin, kann ich es mir natürlich
nicht erlauben, mich ständig mit der Schachschule zu beschäftigen. Das
Wichtigste war jetzt erst einmal, die Sache zu starten und mit meinem Namen
Sponsoren zu gewinnen. Wenn die Schule sich etabliert hat und die Kinder nach
ihren Möglichkeiten die entsprechenden Ergebnisse bringen, werden wir sicher
auch noch mehr Unterstützung erhalten.
Wie groß ist der Ansturm auf die Leko-Schachschule?
70 Kinder
sind schon eingeschrieben, und weitere 60 warten darauf, aufgenommen zu werden.
Wir wählen nur die Besten aus. Es ist ganz klar, wenn hart gearbeitet wird, dann
trainieren die Talentiertesten vier oder fünfmal pro Woche. Wie schon gesagt,
wenn wir etwas tun, dann wird es wirklich richtig gemacht.
Ungarn ist ein Land mir großen Schachtraditionen. Die
Schachlegende Lajos Portisch wurde Anfang des Monats 70 Jahre. Hast du an ihn
gedacht?
Natürlich.
Ach wenn wir keine sehr engen Kontakte pflegen, respektieren wir einander sehr.
Was Lajos für unser Land im Schach geleistet hat, ist kaum zu wiederholen. Bei
20 Olympiaden zu spielen, ist bei den Anforderungen von heute nicht mehr
möglich. Ich finde es wichtig, die Veteranen des Schachs zu ehren, wie das jetzt
durch das Match Portisch-Spasski geschehen ist.
Wie ist deine Prognose für das Schnellschach-Match gegen Wladimir
Kramnik? Du hast ja vom WM-Match in Brissago 2004 noch eine Rechnung offen.
Man kann
beides nicht miteinander vergleichen. Das eine war eine Weltmeisterschaft, wo
wir beide sehr gut vorbereitet antraten. Hier findet eine Show-Veranstaltung
statt, die aber bis zum Schluss interessant und spannend sein wird. Kramnik ist
der absolute Weltmeister und in einer großartigen Verfassung. Seitdem er nach
seiner Krankheit zurückkam, hat er Top-Leistungen gebracht: bei der Olympiade in
Turin, Dortmund, Wijk aan Zee, Monaco. Er spielt brillant, und das zeigt, wie
schwer es für mich wird.
Siehst du dich als Außenseiter?
Etwas schon.
Wladimir ist der Favorit, ganz klar. Aber auf der anderen Seite ist Miskolc ein
ganz besonderer Ort. Die Leute von hier und meine ganze Fangemeinde stehen voll
hinter mir. Das wird mich beflügeln. Trotzdem muss ich meine beste Leistung
bringen, um ein gutes Resultat zu erzielen.