Von Misha Savinov
Monica Socko hat die Arctic Chess Challenge nach
Buchholz-Wertung gewonnen. Doch bis zur letzten Sekunde der letzten Partie
stand dieser Turniersieg aufs Messers Schneide. Emanuel Berg spielte mit
Weiß gegen Ray Robson und mit einem Sieg gegen das amerikanische Wunderkind
hätte er das Turnier als Alleinsieger beenden können. In der Eröffnung
konnte sich Berg kaum Vorteile sichern und die Partie ging bald in ein
objektiv ausgeglichenes Schwerfigurenendspiel über. Doch als ein
Turmendspiel auf dem Brett stand, verlor Robson den Faden. Anstatt ein
einfaches positionelles Remis herbeizuführen, stieß er seinen Freibauern
nach a2 vor und landete am Ende in einer schwierigen Lage.



Die entscheidende Partie: Emanuel Berg und Ray Robson
Etliche Großmeister wurden nicht müde, die Feinheiten
dieses Endspiels zu spielen und fanden dabei mal Gewinnvarianten für Weiß,
mal brillante, studienartige Remiswege für Schwarz.


Die gleiche Stellung, andere Umstände

Schauen wir mal, ob Weiß gewinnen konnte

Ray Robson ist zweifellos froh, dass er nach Norwegen gekommen ist
Die Partie selbst endete jedoch ohne großes Feuerwerk –
Berg wickelte in ein Stellung ab, in der er zwar einen Bauern mehr hatte,
die aber theoretisch remis war – Robson hatte keine Mühe, sich zu
verteidigen und so kamen er und Berg auf die gleiche Punktzahl wie Socko und
Petrov, mit denen sie sich am Ende Platz 1 bis 4 teilten.
Nach Wertung wurde Ray Robson Zweiter, danach folgten
Marjan Petrov und Emanuel Berg. Das Preisgeld wurde zwischen den vier
Siegern zu gleichen Teilen geteilt, aber die meiste Aufmerksamkeit erhielt
natürlich die offizielle Siegerin des Turniers – eine sehr freundliche und
reizende Dame aus Polen!
Monica Socko wurde am 24. März 1978 in Rybnik,
Polen, geboren. Schach zu spielen begann sie mit fünf und nach weiteren fünf
Jahren gewann sie die Silbermedaille bei der U-10 Weltmeisterschaft in
Timisoara in Rumänien! 1996 gewann sie die Europameisterschaft U-18 und
wurde das Jahr darauf Zweite bei der Europameisterschaft U-20. Sie wurde
drei Mal polnische Landesmeisterin (1995, 2004 und 2008).
2002 gewann Monica bei der Schacholympiade eine
Goldmedaille, weil sie mit 10,5 aus 13 das beste Ergebnis an Brett drei
erzielt hatte. 2005 gewann sie mit der Mannschaft Polens die
Mannschaftseuromeisterschaft. Ihren größten Erfolg in einem Einzelturnier
errang sie 2007, als sie in Baku ein Superturnier vor Stefanova, Cramling
und Lahno gewann. 2008 erhielt sie den Großmeistertitel verliehen, nachdem
sie alle Voraussetzungen für den Herrentitel erfüllt hatte.

Familie Socko bei der Abschlussfeier
Monica ist mit GM Bartosz Socko (2656) verheiratet.
Sie haben 3 Kinder, Weronika, Szymon und Julia.
Monica, herzlichen Glückwunsch zum Turniersieg!
Glaubst du, das ist dein bisher größter Turniererfolg?
Ja, ich glaube, das ist mein größter Turniererfolg. Ich
habe gerade mit Bartosz darüber gesprochen. Vor zwei Jahren habe ich ein
sehr starkes Frauenturnier in Baku gewonnen, ich habe ein paar Mal in
Mannschaftswettbewerben sehr gut abgeschnitten, unter anderem beim Gewinn
der Mannschaftseuropameisterschaft, ich habe in Jugendturnieren Gold- und
Silbermedaillen gewonnen, aber bin noch nie in einem starken Open, an dem
Männer und Frauen teilnehmen konnten, an der Spitze gelandet. Ich werte
diesen Erfolg sehr hoch!
Warum hast du dich entschieden, nach Norwegen zu
kommen und wie gefällt es dir hier?
Mein Mann hat hier vor zwei Jahren gespielt und dieses
Jahr wurden wir gemeinsam eingeladen. Unseren Sohn Szymon haben wir
ebenfalls mitgenommen. Ich bin das erste Mal in Norwegen und es hat mir hier
sehr gut gefallen. Die meiste Zeit war das Wetter wunderbar, warm und wir
haben all die Dinge, die die Organisatoren angeboten haben, sehr genossen:
Bootsausflug, Fischfang, Gebirgswandern, usw. Die Organisatoren haben
phantastische Arbeit geleistet. Wenn wir zu einem Schachturnier fahren, dann
heißt es für uns oft einfach nur spielen und spielen und es gibt kaum eine
Gelegenheit, sich ein bisschen umzuschauen. Hier war das das ganz anders und
dafür bin ich sehr dankbar.
Wie verlief das Turnier für dich? Was waren die
kritischen Momente?
Ich hatte in der vierten Runde eine sehr schwere Partie
gegen FM Joachim Thomassen. Ich stand schlecht und dachte, ich verliere
vielleicht sogar. In den Verwicklungen habe ich dann irgendwie doch noch
gewonnen. Ich glaube, das war meine schwerste Partie. Dann habe ich zwei
Großmeister geschlagen, Turner und Sulskis, und damit war klar, dass ich
hier ein sehr gutes Ergebnis erzielen könnte.
Gegen Thomassen konntest du kontern, aber vorher
hast du gegen GM Berg den Sieg ausgelassen...
Ja, fast die ganze Partie über war ich materiell im
Vorteil, doch am Ende gelang es mir nicht, ein gewonnenes Endspiel auch zu
gewinnen, was ziemlich enttäuschend war. Ich glaube, ich hatte auch in der
vorletzten Runde gegen GM Radulski gute Gewinnchancen. Ich habe die Partie
noch nicht analysiert, weil ich ziemlich erschöpft bin. Ich habe versucht,
in jeder Partie 100% zu geben und in jeder Runde auf Gewinn gespielt. Nach
der achten Runde hatte ich das Gefühl, mir geht die Kraft aus und ich machte
mir Sorgen über die Partie in der letzten Runde. Deshalb habe ich meinem
Gegner schon früh Remis angeboten (im zehnten Zug) und war froh, dass ich
zum Schluss nicht eingebrochen bin. Und jetzt freue ich mich natürlich, dass
ich das Turnier gewonnen habe!
Was war deine beste Partie bei der Arctic Chess
Challenge?
Die Partie gegen Berg war sehr interessant. Allerdings
war das aus nahe liegenden Gründen nicht meine beste Partie. Ich glaube,
meine beste Partie war die gegen Sulskis, obwohl die gegen Turner ebenfalls
ziemlich gut war.
Nach der siebten Runde gab es ein Blitzturnier, das
Bartosz Socko gewann. Nur zwei Spieler, die gute Aussichten hatten, das Open
zu gewinnen, haben daran teilgenommen – Emanuel Berg und du. Warum hast du
deine Kräfte nicht lieber für die zwei letzten Runden geschont, anstatt 9
Runden Blitz gegen starke Gegner zu spielen?
So denke ich einfach nicht. Ich spiele gerne Schach,
und wenn ich so eine Gelegenheit habe, dann spiele ich.
Birk Anders Rølvåg (1906) - Monica 0-1
Monica - Jeroen Van Den Bersselaar (2184) 1-0
Emanuel Berg (2610) - Monica =
Monica - Joachim Thomassen (2300) 1-0
Matthew Turner (2517) - Monica 0-1
Monica - Sarunas Sulskis (2559) 1-0
Ray Robson (2491) - Monica =
Monica - Julian Radulski (2539) =
Marijan Petrov (2479) - Monica =
Performance 2639
Endstand:
1-4 Monica Socko, Ray Robson, Marijan Petrov und
Emanuel Berg – 7 Punkte
5-10 Julian Radulski, Luca Shytaj, Jon Ludwig Hammer, Allan Stig Rasmussen,
Yuri Drozdovskij und Igor Khenkin – 6,5 Punkte
11-24 Vadim Malakhatko, Sarunas Sulskis, Batrosz Socko, Nikolaj Getz,
Matthew Turner, Natalia Zdebskaja... – 6 Punkte, etc.

Bester Spieler aus Nordnorwegen – Pål Røyset, 6 Punkte
GM-Normen: 2 (Robson, Shytaj).
IM-Normen: 3 (Leniart, Getz, Stokke).
Bootsausflüge: 3.
Sonnentage während des Turniers: 8.
Regentage: 1.
Blitzpartien, die im Analyseraum gespielt wurden: 100+.
Stimmung insgesamt: A+.