Letzte Tage in Tromsø

von ChessBase
14.08.2009 – Acht Sonnentage und nur einen einzigen Regentag bescherte Tromsø den Teilnehmern des Arctic Challenge. In der letzten Runde kam noch einmal richtig Spannung auf. Der schwedische Großmeister Emmanuel Berg, einer der Favoriten hätte durch einen Sieg den ersten Platz erreichen können. Für seinen jungen Gegner Ray Robson galt das gleiche, wobei für den 14-jährigen US-Amerikaner schon ein Remis eine GM-Norm bedeutet hätte. Die Partien landete in einem studienartigen Endspiel, das remis ausging und die anwesenden Großmeister nachher zu brillanten Analysen hinriss. So änderte sich nichts mehr am Gesamtklassement an der Spitze und Siegerin wurde mit der besten Buchholtzwertung Monica Socko. Für die polnische Großmeisterin ist dies der bisher größte Erfolg ihrer Karriere. Misha Savinov führte mit der glücklichen Siegerin ein Interview und berichtet, was in den letzten Tagen in Tromsø sonst noch geschah. Turnierseite... Turnierblog... Ergebnisse...Interview und Bericht...

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Interview mit Monica Socko
Von Misha Savinov

Monica Socko hat die Arctic Chess Challenge nach Buchholz-Wertung gewonnen. Doch bis zur letzten Sekunde der letzten Partie stand dieser Turniersieg aufs Messers Schneide. Emanuel Berg spielte mit Weiß gegen Ray Robson und mit einem Sieg gegen das amerikanische Wunderkind hätte er das Turnier als Alleinsieger beenden können. In der Eröffnung konnte sich Berg kaum Vorteile sichern und die Partie ging bald in ein objektiv ausgeglichenes Schwerfigurenendspiel über. Doch als ein Turmendspiel auf dem Brett stand, verlor Robson den Faden. Anstatt ein einfaches positionelles Remis herbeizuführen, stieß er seinen Freibauern nach a2 vor und landete am Ende in einer schwierigen Lage.


Die entscheidende Partie: Emanuel Berg und Ray Robson

Etliche Großmeister wurden nicht müde, die Feinheiten dieses Endspiels zu spielen und fanden dabei mal Gewinnvarianten für Weiß, mal brillante, studienartige Remiswege für Schwarz.

 

 


Die gleiche Stellung, andere Umstände


Schauen wir mal, ob Weiß gewinnen konnte


Ray Robson ist zweifellos froh, dass er nach Norwegen gekommen ist

Die Partie selbst endete jedoch ohne großes Feuerwerk – Berg wickelte in ein Stellung ab, in der er zwar einen Bauern mehr hatte, die aber theoretisch remis war – Robson hatte keine Mühe, sich zu verteidigen und so kamen er und Berg auf die gleiche Punktzahl wie Socko und Petrov, mit denen sie sich am Ende Platz 1 bis 4 teilten.

Nach Wertung wurde Ray Robson Zweiter, danach folgten Marjan Petrov und Emanuel Berg. Das Preisgeld wurde zwischen den vier Siegern zu gleichen Teilen geteilt, aber die meiste Aufmerksamkeit erhielt natürlich die offizielle Siegerin des Turniers – eine sehr freundliche und reizende Dame aus Polen!

Monica Socko wurde am 24. März 1978 in Rybnik, Polen, geboren. Schach zu spielen begann sie mit fünf und nach weiteren fünf Jahren gewann sie die Silbermedaille bei der U-10 Weltmeisterschaft in Timisoara in Rumänien! 1996 gewann sie die Europameisterschaft U-18 und wurde das Jahr darauf Zweite bei der Europameisterschaft U-20. Sie wurde drei Mal polnische Landesmeisterin (1995, 2004 und 2008).

2002 gewann Monica bei der Schacholympiade eine Goldmedaille, weil sie mit 10,5 aus 13 das beste Ergebnis an Brett drei erzielt hatte. 2005 gewann sie mit der Mannschaft Polens die Mannschaftseuromeisterschaft. Ihren größten Erfolg in einem Einzelturnier errang sie 2007, als sie in Baku ein Superturnier vor Stefanova, Cramling und Lahno gewann. 2008 erhielt sie den Großmeistertitel verliehen, nachdem sie alle Voraussetzungen für den Herrentitel erfüllt hatte.


Familie Socko bei der Abschlussfeier

Monica ist mit GM Bartosz Socko (2656) verheiratet. Sie haben 3 Kinder, Weronika, Szymon und Julia.

Monica, herzlichen Glückwunsch zum Turniersieg! Glaubst du, das ist dein bisher größter Turniererfolg?

Ja, ich glaube, das ist mein größter Turniererfolg. Ich habe gerade mit Bartosz darüber gesprochen. Vor zwei Jahren habe ich ein sehr starkes Frauenturnier in Baku gewonnen, ich habe ein paar Mal in Mannschaftswettbewerben sehr gut abgeschnitten, unter anderem beim Gewinn der Mannschaftseuropameisterschaft, ich habe in Jugendturnieren Gold- und Silbermedaillen gewonnen, aber bin noch nie in einem starken Open, an dem Männer und Frauen teilnehmen konnten, an der Spitze gelandet. Ich werte diesen Erfolg sehr hoch!

Warum hast du dich entschieden, nach Norwegen zu kommen und wie gefällt es dir hier?

Mein Mann hat hier vor zwei Jahren gespielt und dieses Jahr wurden wir gemeinsam eingeladen. Unseren Sohn Szymon haben wir ebenfalls mitgenommen. Ich bin das erste Mal in Norwegen und es hat mir hier sehr gut gefallen. Die meiste Zeit war das Wetter wunderbar, warm und wir haben all die Dinge, die die Organisatoren angeboten haben, sehr genossen: Bootsausflug, Fischfang, Gebirgswandern, usw. Die Organisatoren haben phantastische Arbeit geleistet. Wenn wir zu einem Schachturnier fahren, dann heißt es für uns oft einfach nur spielen und spielen und es gibt kaum eine Gelegenheit, sich ein bisschen umzuschauen. Hier war das das ganz anders und dafür bin ich sehr dankbar.

Wie verlief das Turnier für dich? Was waren die kritischen Momente?

Ich hatte in der vierten Runde eine sehr schwere Partie gegen FM Joachim Thomassen. Ich stand schlecht und dachte, ich verliere vielleicht sogar. In den Verwicklungen habe ich dann irgendwie doch noch gewonnen. Ich glaube, das war meine schwerste Partie. Dann habe ich zwei Großmeister geschlagen, Turner und Sulskis, und damit war klar, dass ich hier ein sehr gutes Ergebnis erzielen könnte.

Gegen Thomassen konntest du kontern, aber vorher hast du gegen GM Berg den Sieg ausgelassen...

Ja, fast die ganze Partie über war ich materiell im Vorteil, doch am Ende gelang es mir nicht, ein gewonnenes Endspiel auch zu gewinnen, was ziemlich enttäuschend war. Ich glaube, ich hatte auch in der vorletzten Runde gegen GM Radulski gute Gewinnchancen. Ich habe die Partie noch nicht analysiert, weil ich ziemlich erschöpft bin. Ich habe versucht, in jeder Partie 100% zu geben und in jeder Runde auf Gewinn gespielt. Nach der achten Runde hatte ich das Gefühl, mir geht die Kraft aus und ich machte mir Sorgen über die Partie in der letzten Runde. Deshalb habe ich meinem Gegner schon früh Remis angeboten (im zehnten Zug) und war froh, dass ich zum Schluss nicht eingebrochen bin. Und jetzt freue ich mich natürlich, dass ich das Turnier gewonnen habe!

Was war deine beste Partie bei der Arctic Chess Challenge?

Die Partie gegen Berg war sehr interessant. Allerdings war das aus nahe liegenden Gründen nicht meine beste Partie. Ich glaube, meine beste Partie war die gegen Sulskis, obwohl die gegen Turner ebenfalls ziemlich gut war.

Nach der siebten Runde gab es ein Blitzturnier, das Bartosz Socko gewann. Nur zwei Spieler, die gute Aussichten hatten, das Open zu gewinnen, haben daran teilgenommen – Emanuel Berg und du. Warum hast du deine Kräfte nicht lieber für die zwei letzten Runden geschont, anstatt 9 Runden Blitz gegen starke Gegner zu spielen?

So denke ich einfach nicht. Ich spiele gerne Schach, und wenn ich so eine Gelegenheit habe, dann spiele ich.

Birk Anders Rølvåg (1906) - Monica 0-1
Monica - Jeroen Van Den Bersselaar (2184) 1-0
Emanuel Berg (2610) - Monica =
Monica - Joachim Thomassen (2300) 1-0
Matthew Turner (2517) - Monica 0-1
Monica - Sarunas Sulskis (2559) 1-0
Ray Robson (2491) - Monica =
Monica - Julian Radulski (2539) =
Marijan Petrov (2479) - Monica = 

Performance 2639

Endstand:

1-4 Monica Socko, Ray Robson, Marijan Petrov und Emanuel Berg – 7 Punkte
5-10 Julian Radulski, Luca Shytaj, Jon Ludwig Hammer, Allan Stig Rasmussen, Yuri Drozdovskij und Igor Khenkin – 6,5 Punkte
11-24 Vadim Malakhatko, Sarunas Sulskis, Batrosz Socko, Nikolaj Getz, Matthew Turner, Natalia Zdebskaja... – 6 Punkte, etc.


Bester Spieler aus Nordnorwegen – Pål Røyset, 6 Punkte

GM-Normen: 2 (Robson, Shytaj).
IM-Normen: 3 (Leniart, Getz, Stokke).
Bootsausflüge: 3.
Sonnentage während des Turniers: 8.
Regentage: 1.

Blitzpartien, die im Analyseraum gespielt wurden: 100+.

Stimmung insgesamt: A+.

Fotos von den letzten Tagen:


Regen,...


... Regen,...


...Regen.


Khenkin gewann in der letzten Runde und verbesserte damit sein Gesamtergebnis


Skandinavische Großmeister treffen aufeinander


Julian Radulski und Yuri Drozdovskij lieferten sich eine sehr kämpferische Partie


Und analysierten sie hinterher ausführlich


Ein typisches Bild der letzten Runde


GM-Norm für Ray!


Die Robsons


2600+ GMs verlassen Norwegen mit wenig Preisgeld, aber in guter Stimmung

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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