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Der Doeberl Cup in Canberra
Von Dejan Bojkov
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts debattierten die Australier erbittert, welche
Stadt ihre neue Hauptstadt sein sollte. Die großen Rivalen waren Sydney und
Melbourne, aber keine der beiden Städte konnte sich durchsetzen. Am Ende einigte
man sich auf eine unabhängige Hauptstadt, die ungefähr in der Mitte der beiden
großen Städte lag und so entstand Canberra. Mittlerweile hat Canberra etwa
300.000 Einwohner und ist Sitz der australischen Regierung und Verwaltung.
Schach wird in Canberra auch gespielt. So wurde der diesjährige Doeberl-Cup vom
1. bis zum 5. April in der australischen Hauptstadt ausgetragen. Das Turnier
trägt den Namen des Architekten Erich Doeberl, der es zu Lebzeiten stark
gefördert hat. Er stellte den Großteil des Preisfonds zur Verfügung und lobte
gelegentlich Extrapreise aus, wenn ihm der Verlauf des Turniers besonders gefiel
(leider segnete dieser großzügige Schachfan vor ein paar Jahren das Zeitliche,
aber das Turnier trägt noch immer seinen Namen).
Gespielt wurden neun Runden nach Schweizer System mit zusätzlichen
Wertungsgruppen: Hauptturnier, Jugendturnier und U12. Das Turnier war ein Erfolg
und wie mir Hauptschiedsrichter Shaun Press erklärte, reichte die Zahl der
Teilnehmer beinahe an den alten Rekord von 1985 heran, als 268 Spieler am
Turnier teilnahmen.
Aus finanziellen Gründen gab es fast nur Doppelrunden. Australien und Europa
sind weit voneinander entfernt und die ersten Tage glichen mehr einem
Überlebenstraining als einem Schachturnier, da sich der Jetlag doch bemerkbar
machte. Morgens um vier aufzuwachen ist nicht die beste Vorbereitung für eine
Vormittagspartie und in dieser Hinsicht haben die Aussies (oder Ozzies – wie
sich die Einheimischen selber nennen) definitiv einen Vorteil gegenüber den
europäischen Gästen. Auch wenn ich damit ein bisschen vorgreife, so kann ich
doch sagen, dass sie den gut genutzt haben und eine GM-Norm sowie 3 IM-Normen
holten. Ein großer Erfolg für das australische Schach und, wie Hauptorganisator
Charles Bishop bei der Abschlussfeier erklärte, einer der Beweggründe, das
Turnier zu organisieren.
David Smerdon
Einer der interessantesten Aspekte des Turniers war der so genannte
Kampf-Preisfonds. Zusätzliche Tausend Dollar sollten an die Spieler gehen, die
in der letzten Runde gewannen, allerdings unter zwei Bedingungen: die Spieler
durften sich vorher keine Großmeisterremis geleistet haben (als Großmeisterremis
galten Partien, die vor dem dreißigsten Zug Remis wurden) und berücksichtigt
wurden nur Spieler, die mindestens genau so viele Punkte hatten wie der Spieler
an Brett Vier.
Erstaunlich, aber dieses Jahr gewann niemand den Preis. Vor der letzten Runde
hatten fünf Spieler eine Chance auf diesen Preis. Doch am ersten Brett einigten
sich Li Chao und Malaniuk schnell auf Remis, was dem Chinesen, der mit Weiß
spielte, den alleinigen ersten Platz sicherte, während Malaniuk durch dieses
Remis am Ende auf dem geteilten dritten Platz landete.
Siegerehrung: Li Chao erhält den Siegerpokal
Li Chao spielte das gesamte Turnier sehr souverän und war in keiner seiner
Partien in Verlustgefahr. Am zweiten Brett kam es zwischen Panchanathan und
Smerdon zu einem unterhaltsamen und langen Kampf, der schließlich Remis endete.
Es war die einzige Remispartie des Inders, allerdings kam sie zu einem
unpassenden Moment. Dramatisch ging es am dritten Brett zu, wo ein anderer
Inder, GM Kunte, gegen den Lokalmatador George Xie das Geschehen diktierte, bis
er seine Dame einstellte. Doch Xie hatte sich in der vorletzten Runde schon ein
schnelles Remis erlaubt und sich damit aus dem Kampf um den Kampfpreis
katapultiert. Trotzdem kann er mit seinem Turnier sehr zufrieden sein: zweiter
Platz und die dritte und letzte GM-Norm. An Brett Vier gewann Roy Chowdhury mit
Weiß gegen Zhao Zong Yuan, aber auch er hatte zuvor ein Remis in weniger als
dreißig Zügen gespielt (wobei die Dinge hier nicht ganz klar waren, denn dieses
Remis kam durch eine Zugwiederholung zustande, die man auch hätte vermeiden
können). Und schließlich war da noch die Partie zwischen Gawain Jones und Rej
Tomek, die abwechselungsreichste Partie der letzten Runde. Erst stand Weiß
vollkommen auf Gewinn (Qualität mehr), dann vollkommen auf Verlust (Figur
weniger im Endspiel) doch zu guter Letzt wurde die Partie Remis. Immerhin konnte
Tomek sich damit trösten, dass er eine IM-Norm erzielte.
Herausragend waren die Live-Kommentare von GM Ian Rogers.
Unterstützt von seiner Frau Cathy erläuterte der beste
Spieler, den Australien je hervorgebracht hat, dem Publikum die gesamte Runde
hindurch die wichtigen Partien.
Nach der Abschlussfeier blieb uns nur wenig Zeit zum Sightseeing, die wir jedoch
zu einem Besuch im nahe gelegenen Canberra-Naturpark nutzten, um die Kängurus zu
fotografieren.
Die Ausflügler
Das australische Wahrzeichen
Dann ging es weiter nach Sydney, wo das Open am Tag darauf begann.
GM Dejan Bojkov
Turnierseite: http://www.doeberlcup.com.au/index.shtml
www.dejanbojkov.blogspot.com
Endstand
Rank | Name | Rating | Score | |
1 | GM | Li, Chao | 2613 | 7.5 |
2 | IM | Xie, George | 2470 | 7 |
3 | GM | Malaniuk, Vladimir | 2582 | 6.5 |
4 | GM | Panchanathan, Magesh Chandran | 2543 | 6.5 |
5 | GM | Smerdon, David C | 2530 | 6.5 |
6 | IM | Roy Chowdhury, Saptarshi | 2429 | 6.5 |
7 | GM | Barua, Dibyendu | 2479 | 6 |
8 | GM | Bojkov, Dejan | 2505 | 6 |
9 | IM | Solomon, Stephen J | 2426 | 6 |
10 | GM | Jones, Gawain | 2556 | 6 |
11 | FM | Rej, Tomek | 2348 | 6 |
12 | FM | Teichmann, Erik | 2325 | 6 |
13 | Ly, Moulthun | 2315 | 6 | |
14 | FM | Boyd, Tristan | 2308 | 6 |
15 | GM | Zhao, Zong-Yuan | 2592 | 5.5 |
16 | GM | Kunte, Abhijit | 2528 | 5.5 |
17 | FM | Cheng, Bobby | 2271 | 5.5 |
18 | IM | Sandler, Leonid | 2319 | 5.5 |
19 | IM | Morris, James | 2236 | 5.5 |
20 | IM | Goldenberg, Igor | 2386 | 5 |
21 | IM | Lahiri, Atanu | 2368 | 5 |
22 | GM | Johansen, Darryl K | 2457 | 5 |
23 | IM | Sharma, Dinesh | 2361 | 5 |
24 | IM | Toth, Andras | 2385 | 5 |
25 | Stojic, Svetozar | 2013 | 5 | |
26 | Ikeda, Junta | 2302 | 5 | |
27 | Scott, Ronald | 2266 | 5 | |
28 | McNamara, Gary | 2117 | 5 | |
29 | Matheson, Laurence | 2080 | 5 | |
30 | Stojic, Dusan | 2192 | 5 | |
31 | FM | Steadman, Michael | 2264 | 5 |
.. 32 Spieler
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