Zusammenfassung 7. Tag
Text: Pressmitteilung
Fotos: Carsten Straub
Aronian gewinnt souverän im Finale
Von Johannes Fischer
Obertiger Schmitt
Nachdem sich Weltmeister Vishy Anand nicht fürs Finale der GRENKELEASING
Rapid Weltmeisterschaft qualifizieren konnte, war Levon Aronian der klare
Favorit im Match gegen Ian Nepomniachtchi. Tatsächlich hatte der Armenier
keine Probleme, sich den Weltmeistertitel zu sichern. Ja, die größte
Überraschung des Finales war vielleicht die Leichtigkeit, mit der Aronian
gewann.
Im Gegensatz dazu ließ das Spiel von Weltmeister Anand
seine Fans verwundert zurück. Offensichtlich war es Anand nicht gelungen,
die schlechte Form abzulegen, die er in der Vorrunde gezeigt hatte. Sein
Spiel im Kampf um Platz drei gegen die deutsche Nummer Eins Arkadi Naiditsch
wirkte kraftlos und uninspiriert. Doch vielleicht gibt es dafür eine
einfache Erklärung. “Nun, im Spiel um Platz drei geht es nicht um allzu viel
und da ist es sehr schwer, sich zu motivieren”, räumte Anand in der
anschließenden Pressekonferenz ein.
Gleich die erste Partie zeigte, wie schwer es Anand und
Naiditsch – der übrigens am gleichen Tag schon im Ordix Open gespielt hatte
und dort Zweiter hinter Mamedyarov geworden war – fiel, sich zu motivieren.
Anand entschied sich mit Weiß für eine ruhige Italienische Eröffnung, die im
26. Zug in ein farbloses Remis mündete.
Im Gegensatz dazu wurde Aronian seiner Favoritenrolle
in der ersten Partie gegen Nepomniachtchi vollauf gerecht.
Er hatte Weiß und in einer Englischen Eröffnung gelang
es ihm, positionellen Druck in etwas Greifbares zu verwandeln, als er zwei
Bauern einkassierte. Am Tag zuvor konnte der Russe gegen Anand ein Endspiel
mit zwei Minusbauern Remis halten, aber das war ihm heute gegen Aronian
nicht vergönnt. Seine einzige Hoffnung war die Zeit. Aronian hatte nur noch
Sekunden auf der Uhr, aber 5 Sekunden Inkrement reichten ihm, um die Partie
nach Hause zu bringen.
Die zweite Runde verlief ähnlich. Naiditsch und Anand
probten eine bekannte Variante im Spanier und als alle vier Türme auf der
a-Linie getauscht wurden, schienen sie über ein Remis nicht unglücklich zu
sein.
Nepomniachtchi indes tat in der zweiten Finalpartie all
das, wovor man Anfänger warnt. Er vernachlässigte die Entwicklung, ließ
seinen König im Zentrum und rückte sowohl seinen a- als auch seinen h-Bauern
vor, weil er wohl hoffte, so Druck auf Schwarz ausüben zu können. Aronian
ließ sich davon nicht stören, entwickelte sich in aller Ruhe, um dann, als
alle seine Figuren im Spiel waren, einen Gegenschlag im Zentrum zu landen.
Plötzlich stand Weiß kritisch. Mit wenig Zeit auf der Uhr fand
Nepomniachtchi keine Verteidigung und fiel einem Königsangriff zum Opfer.
Mit zwei klaren Siegen aus den ersten beiden Partien
stand Aronian kurz vor dem Matchgewinn. Tatsächlich hatte er keine Probleme,
sich den Weltmeistertitel in der dritten Partie zu sichern. Nepomniachtchi
setzte seine Hoffnungen auf die Grünfeld-Verteidigung, aber Aronian hatte
die Dinge die ganze Partie über ihm Griff und als es schließlich zu einem
Endspiel kam, in dem Nepomniachtchi keinerlei Gewinnchancen mehr hatte,
fügte sich der Russe ins Unvermeidliche: er akzeptierte das Remis, mit dem
Aronian neuer Rapid Chess Weltmeister wurde.
Im anderen Match ließen Anand und Naiditsch auch
weiterhin keine Spannung aufkommen. Beide Seiten schienen nichts gegen ein
Remis zu haben und nach 23 Zügen war die Partie vorbei. Stand: 1.5:1.5.
Die vierte Partie zwischen Naiditsch und Aronian war
jetzt eigentlich reine Formsache. Und obwohl sie nach 25 Zügen mit Remis
endete, sahen die Zuschauer noch einmal unterhaltsames Schach.
Mit 1.e4 e5 2.d4 wählte Nepomniachtchi eine
ungebräuchliche Eröffnung, was Aronian zu einem ungewöhnlichen Turmmanöver
in der Eröffnung inspirierte.
Und nachdem der Turm seine Schuldigkeit getan hatte,
beschloss Aronian ihn zu opfern. Schwarz hatte etliches Material weniger,
aber die mitlaufenden Computerprogramme störte das nicht – sie gaben Schwarz
die besseren Aussichten. Aber Aronian wollte das Schicksal nicht
herausfordern und entschied sich schließlich für Remis durch Dauerschach.
Endstand: 3-1.
Anand und Naiditsch taten sich auch in der vierten
Partie nicht weh und schnell stand das vierte Remis des Wettkampfs auf dem
Brett. Damit teilten sich die beiden Platz drei und vier – traditionell wird
in Mainz im Finale um den dritten Platz kein Tie-Break gespielt.
So muss Anand auf die nächsten Chess Classic warten, um
“seinen” Titel zurück zu gewinnen. Aronian hätte mit Sicherheit nichts gegen
ein solches Revanchematch. Bei der Pressekonferenz meinte er: “Es macht Spaß
gegen starke Spieler zu spielen. Und Anand ist sehr stark.”
Tatsächlich stehen die Chancen nicht schlecht, dass
Aronian nächstes Jahr herausfinden könnte, wie stark Anand ist.
Bei der Siegerehrung versprach Chess Classic
Organisator Hans-Walter Schmitt Anand eine Wild Card für nächstes Jahr – und
der Weltmeister ist nicht der Einzige, der wieder gerne zu den Chess Classic
nach Mainz kommt. Um es mit den Worten des neuen Rapid-Weltmeisters Levon
Aronian zu sagen: “Dies ist ein so wunderbares Turnier – hier spielt jeder
gerne mit.”
Johannes Fischer und Harry Schaack
Mamedyarov brilliert mit Rekordresultat
Von Harry Schaack
Das 16. ORDIX Open hat einen alleinigen Sieger.
Reichten in Mainz bislang immer 9,5 Punkte zum Gesamtsieg, hob der ehemalige
Juniorenweltmeister Shakhriyar Mamedyarov die Messlatte auf 10 Punkte an -
ein grandioses Ergebnis in diesem mit Weltklassespielern gespickten
Superturnier.
Mamedyarov war am bissigsten
9,5 Punkte reichten diesmal für Arkadi Naiditsch,
Vladimir Akopian und Vugar Gashimov nur zum geteilten 2. Platz. In dem 694
Teilnehmer-Feld spielten nicht weniger als 172 Titelträger, darunter 67
Großmeister, wobei die Top Ten einen fabelhaften Elo-Rekord-Schnitt von 2718
auf die Waage brachte.
Wie bei einem solch hochklassigen Feld nicht anders zu
erwarten, nahm die Dramatik am zweiten Tag des ORDIX Opens gehörig zu. Um
sich gegen solche Konkurrenz behaupten zu können, bedarf es enormer mentaler
Qualitäten. Gute Nerven sind eigentlich nicht die Stärke des Siegers
Shakhriyar Mamedyarov, der überglücklich war, endlich einmal gewonnen zu
haben. Sechsmal spielte er bei den Chess Classic im FiNet und ORDIX, oft lag
er in Führung, doch am Ende musste er stets anderen den Vortritt lassen.
Sein Problem, so der ehemalige U20-Juniorenweltmeister, sei der Kopf. Wenn
er eine Partie verliert, folgen nicht selten weitere Niederlagen. Ein
psychologisches Hemmnis, dass der Aserbaidschaner nicht in den Griff
bekommt. Vielleicht hilft ihm der Triumph in Mainz, seine größte Schwäche
auszumerzen. Der Gewinner bekannte jedenfalls: „Dieser Sieg ist sehr wichtig
für mich.“
Die Basis seines Erfolges war, dass er bis zum Ende
ohne Niederlage blieb. Mit dem sensationellen Resultat von 10/11 siegte er
mit einem Fabel-Ergebnis. In der Geschichte der Chess Classic kam das erst
einmal vor, damals aber war das Feld deutlich schwächer besetzt.
Mit dem Verlauf des Turniers und der Qualität seines
Spiels war der Aserbaidschaner zufrieden. Er räumte ein, dass er viel Glück
gegen Sargissian hatte. „Ich spielte zu aggressiv auf Angriff und stand
danach glatt auf Verlust.“
Gabriel Sargissian
Auch in der Begegnung mit Nakamura landete er zunächst
in einer deutlich schlechteren Stellung, konterte den Amerikaner dann aber
sehenswert aus.
Sergey Movsesian
Viktor Bologan
Alexander Khalifman
Peter Heine Nielsen
Doch das war „eine normale Partie“, wie er sagte. Die
zweifellos beste Leistung gelang Mamedyarov gegen Najer, wie er selbst
betonte. Die Schönheit dieser Partie endet nicht bei dem taktischen Schlag
20.Sxf7. Die routinierte Technik verbunden mit kombinatorischen Drohungen
bis ins Endspiel hinein, macht diese Partie reizvoll.
Im Laufe des Nachmittags blieb ein Favorit nach dem
anderen auf der Strecke. Zunächst setzte sich Arkadi Naiditsch an die
Spitze. Vor einer Woche hatte er das starke Schnellschach-Turnier von
Villarobledo gewinnen können. Er präsentierte sich in guter Form, doch
Fortuna war ihm nicht hold. Gegen Chess960-Sieger Nakamura verdarb er eine
klare Gewinnstellung. Schließlich reichte es noch zum zweiten Platz. „Ich
habe einfach kein Glück in Mainz“, sagte der Dortmunder, der zum zweiten Mal
knapp vorm Sieg scheiterte.
Und es war an diesem Tag auch das zweite Mal, dass der
Amerikaner jenes Glück auf seiner Seite hatte. Gegen Sasikiran stand er
schon auf verlorenem Posten, bis dieser die Zeit überschritt. Dann erwischte
es aber auch den Mann aus den USA, als er gegen den späteren Turniersieger
strauchelte. In der Schlussrunde katapultierten sich Akopian und der früh
zurückgefallene Gashimov sowie Naiditsch noch auf den geteilten zweiten
Platz.
Das 16. ORDIX Open endete mit der großen
Preisverleihung.
Neben den zahlreichen Ratingpreisen sowie der
Senioren-, Jugend-, Frauen- und Team-Wertung, kamen noch die
Kombinationspreise aus FiNet und ORDIX dazu, die ebenfalls Mamedyarov vor
Naiditsch und Grischuk gewann. Kateryna Lahno war mit 8 Punkten die beste
Frau, vor Marie Sebag und Victorija Cmilyte.
Ekaterina Lahno
Mit Gatten und Movsesian
Inna Gaponenko
Yana Melnikova
Arianna Caoili
Bei den Senioren siegte Rigo mit 7,5 Punkten, knapp vor
Vlastimil Hort und Donchenko.
Vlastimil Hort
Bei so viel Klasse werden viele sehenswerte Partien
produziert. Wer sie nachspielt, sollte ein besonderes Augenmerk auf Nakamura
– Sasikiran, Guliyev – Moiseenko, Sargissian – Mamedyarov und Stevic –
Navara werfen.
Rang |
Teilnehmer |
TWZ |
Attr. |
Land |
S |
R |
V |
Punkte |
PktSum |
MiBuch |
1. |
GM Mamedyarov,Shakhriyar |
2717 |
M |
AZE |
9 |
2 |
0 |
10,0 |
62,5 |
71,0 |
2. |
GM Naiditsch,Arkadij |
2697 |
M |
|
9 |
1 |
1 |
9,5 |
60,5 |
69,0 |
3. |
GM Akopian,Vladimir |
2712 |
M |
ARM |
8 |
3 |
0 |
9,5 |
58,5 |
67,5 |
4. |
GM Gashimov,Vugar |
2740 |
M |
AZE |
9 |
1 |
1 |
9,5 |
56,0 |
69,0 |
5. |
GM Moiseenko,Alexander |
2682 |
M |
UKR |
8 |
2 |
1 |
9,0 |
55,5 |
68,5 |
6. |
GM Guliyev,Namig |
2555 |
M |
AZE |
9 |
0 |
2 |
9,0 |
53,0 |
62,0 |
7. |
GM Riazantsev,Alexander |
2647 |
M |
RUS |
8 |
2 |
1 |
9,0 |
51,5 |
63,0 |
8. |
GM Nakamura,Hikaru |
2710 |
M |
USA |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
59,5 |
71,5 |
9. |
GM Sargissian,Gabriel |
2683 |
M |
ARM |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
57,0 |
70,0 |
10. |
GM Bacrot,Etienne |
2721 |
M |
FRA |
7 |
3 |
1 |
8,5 |
56,0 |
70,5 |
11. |
GM Grachev,Boris |
2669 |
M |
RUS |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
55,5 |
66,5 |
12. |
GM Lysyj,Igor |
2617 |
M |
RUS |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
55,0 |
67,0 |
13. |
GM Jovanovic,Zoran |
2539 |
M |
CRO |
7 |
3 |
1 |
8,5 |
54,5 |
68,5 |
14. |
GM Malakhov,Vladimir |
2707 |
M |
RUS |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
54,5 |
66,5 |
15. |
GM Khalifman,Alexander |
2635 |
M |
RUS |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
53,0 |
64,0 |
16. |
GM Azarov,Sergei |
2630 |
M |
BLR |
7 |
3 |
1 |
8,5 |
52,5 |
64,5 |
17. |
GM Najer,Evgeniy |
2663 |
M |
RUS |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
52,0 |
66,0 |
18. |
GM Almasi,Zoltan |
2691 |
M |
HUN |
7 |
3 |
1 |
8,5 |
52,0 |
66,0 |
19. |
GM Horvath,Adam |
2506 |
M |
HUN |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
52,0 |
64,0 |
20. |
GM Stevic,Hrvoje |
2624 |
M |
CRO |
7 |
3 |
1 |
8,5 |
52,0 |
63,0 |
21. |
GM Lalic,Bogdan |
2517 |
M |
CRO |
7 |
3 |
1 |
8,5 |
51,5 |
62,5 |
22. |
GM Erdös,Viktor |
2565 |
M |
HUN |
8 |
1 |
2 |
8,5 |
51,0 |
58,0 |
...
694 Teilnehmer