Radjabow beißt gegen den Tiger zurück
Jungstar führt 1,5:0,5 gegen Anand / 2:0 für Aronjan bei Chess960-WM
Von Hartmut Metz
Anand gegen Radjabov: Die Partien des ersten Spieltages...

Bei den Chess
Classic Mainz liegt der achtfache Sieger Viswanathan Anand (Indien) in der
GrenkeLeasing Schnellschach-WM mit 0,5:1,5 zurück. In der Rheingoldhalle gewann
der 19-jährige Jungstar Teimour Radjabow (Aserbaidschan) nach einem Remis die
zweite Begegnung in aufregendem Stil. Dies verspricht enorme Spannung für die
Partien drei bis acht, die täglich um 18.30 und 20 Uhr beginnen. In der
Weltmeisterschaft im Chess960 steht sogar 2:0 für den Herausforderer. Der
armenische Weltranglistendritte Levon Aronjan unterstrich mit zwei etwas
glücklichen, aber spektakulären Auftakterfolgen seine Favoritenstellung gegen
Titelverteidiger Peter Swidler.
In der ersten
Partie bestimmte Radjabow das Geschehen. Aus einer Sweschnikow-Eröffnung heraus
bekam der Weltranglistenelfte dank der Neuerung Sd7 etwas Druckspiel und
eroberte den weißen Bauern auf b3. „Nach Abtausch der Türme war es jedoch
unmöglich, die Stellung zu gewinnen. Der Springer auf d5 ist zu stark“, befand
der Herausforderer, weshalb im 34. Zug die Hände geschüttelt wurden. Das
folgende Slawisch-Duell nahm einen verrückten Verlauf. Bei Weiß hingen gleich
drei Bauern. „15.Lf3 war vermutlich schlecht. Danach musste ich schon zu Th5
greifen, um den h-Bauern zu verteidigen“, analysierte Radjabow. Anand bediente
sich im 20. Zug auf f2, was noch richtig war. Nach dem Damentausch bekam das
neue „Ungeheuer aus Baku“ für die zwei Bauern „Kompensation. Nach 25…Sc4 war
Schwarz womöglich schon verloren“, meinte der 19-Jährige. „Ich habe übersehen,
dass der Turm nach d1 geht“, erklärte der „Tiger von Madras“ seinen Schnitzer.
Im letztlich daraus resultierenden Endspiel mit je einem Turm und
ungleichfarbigen Läufern dominierte der Anziehende. Den brandgefährlichen
h-Bauern konnte Anand nur noch durch die Preisgabe seines Läufers auf h7
stoppen. Vier Züge später gab der Inder im 46. Zug mit Wenigerfigur auf.
Durchaus zufrieden
zeigte sich Swidler mit den „vielversprechenden Partien – nur das Ergebnis
stimmte nicht“. Aronjan bestätigte, dass er beide Vergleiche „mit einer
ordentlichen Portion Glück“ gewonnen hatte. Der Titelverteidiger aus St.
Petersburg zog dennoch ein positives Fazit nach dem ersten Tag der Clerical
Medical Chess960-WM: „Wenn alle Partien so verlaufen, liefern wir uns einen
tollen Kampf!“ Beim Auftakt „überschätzte“ Swidler sein Opfer. Den Gewinnplan
mit Sf4 verwarf der Titelverteidiger, weil plötzlich doch Zweifel aufkeimten.
„Anschließend wurde die Stellung immer trickreicher und der Turm, den ich
erobern wollte, entkam. Das lief für mich sehr unglücklich“, erklärte Swidler.
In der zweiten Chess960-Partie wollte er wie bei einer „Bird-Eröffnung mit 1.f4
richtig loslegen, um die Scharte auszuwetzen. Die Verwicklungen bewertete ich
zunächst als gut für mich, weil ich das erste Schach gebe“, führte der
Weltranglistenfünfte aus. Der Damenzug nach e8, der den Läufer auf e5 nach einem
vorherigen Qualitätsopfer attackierte und auch Damengewinn drohte, war Weiß
entgangen. „Es war dann sofort aus. Dennoch fand ich die Partie sehr
interessant“, schloss Swidler.
Gewohnt guter Start für Bacrot
Von Hartmut Metz
Im
FiNet Chess960 Open gehen 249 Spieler aus mehr als 30 Nationen an den Start.
Nicht nur von der Teilnehmerzahl her pulverisiert dies den alten Rekord in der
Mainzer Rheingoldhalle. Fast die Hälfte davon trägt einen Titel des
Schach-Weltverbandes FIDE, 63 sind Großmeister oder Großmeisterinnen.
Ex-Weltmeister Rustam Kasimdschanow (Usbekistan) findet sich lediglich auf Platz
neun der Setzliste. Nach fünf der elf Runden liegen im Open nur noch drei
Spieler ohne Verlustpunkt an der Spitze: Der Weltranglistenzwölfte Schachrijar
Mamedjarow (Aserbaidschan), die französische Nummer eins Etienne Bacrot und
überraschend Michail Mchedlischwili (Elo 2572). Der
Georgier hielt in einer „fantastischen Partie“, wie
Otto Borik (Foto, rechts) , Chefredakteur des „Schach-Magazin 64“ befand, den
Ukrainer Andrej Wolokitin nieder. Auf Mchedlischwili wartet in der sechsten
Runde mit Weiß Mamedjarow. Bacrot, der einmal mehr grandios in ein Open der
Chess Classic Mainz (CCM) startete, bekommt es mit dem Topfavoriten zu tun:
Alexander Morosewitsch (Russland) gab in der vierten Runde ein Remis ab.
4,5:0,5 Punkte besitzen wie der WM-Vierte von 2005 sieben weitere Akteure: Neben
Kasimdschanow, der CCM-Kommentator Fabian Döttling (OSC Baden-Baden) ausbremste,
auch Vorjahres-Chess960-Vizeweltmeister Zoltan Almasi (Ungarn). Zu den
Verfolgern im Kampf um insgesamt 40.000 Euro, die im FiNet Chess960 wie in dem
am Samstag folgenden Ordix Open ausgeschüttet werden, zählt zudem der Dortmunder
Arkadij Naiditsch als bester Deutscher. Knapp hinter der Spitze lauern überdies
Alexej Alexandrow, Jewgeni Postny, Csaba Balogh und Pawel Tregubow.

Pavel Tregubov
Letzterer schlug den zweifachen Ordix-Sieger Alexander Grischuk (3,5) in einer
spannenden Partie. Der ehemalige Weltranglistenfünfte Jewgeni Barejew befindet
sich im Pulk der 18 Teilnehmer mit vier Zählern. Die Negativüberraschung aus den
Top 12 der Setzliste ist Pentala Harikrishna. Nach zwei Nullen setzt er wieder
wie bei der Clerical Medical U20-WM auf den zweiten Tag – an diesem hatte er
Arkadij Naiditsch viermal in Folge geschlagen und noch ein 0,5:3,5 gedreht. „Wir
behaupten diesmal, das FiNet Open sei abgehakt und du konzentrierst dich auf das
Ordix Open“, wurde dem grinsenden Weltranglisten-25. vorgeschlagen, dem diese
„Taktik“ ausgezeichnet gefiel.
Von
den alten Kämpen liegt Senioren-Weltmeister Vlastimil Hort am weitesten vorn.
Mit vier Punkten wartet allerdings nun Barejew auf den 62-Jährigen. In der
Damen-Wertung führt ebenso die Chess960-Weltmeisterin: Alexandra Kosteniuk
besitzt mit 4/5 einen halben Zähler Vorsprung auf Viktorija Cmilyte und Natalia
Schukowa (beide 3,5).

Elisabeth Pähtz und Alexandra Kosteniuk bei ihrem Wettkampf
Die
Erfurterin Elisabeth Pähtz fiel nach einem guten Start von Brett drei weit
zurück und steht wie ihr Vater, Großmeister Thomas Pähtz, bei drei Punkten. Die
Australierin Arianne Caoili, derentwegen der Engländer David Gormally Levon
Aronjan anfiel, liegt abgeschlagen bei zwei Zählern. Das australische Fernsehen
kommt dennoch am Samstag in die Rheingoldhalle, um Aufnahmen von der Grazie zu
machen.
„Gegessen, geschlagen und gekillt“
Shredder nimmt erst Radjabow auseinander, beißt sich aber an Jonny die Zähne aus
Von Hartmut Metz
Spike wird seinen
Titel als Chess960-Weltmeister nicht verteidigen können. Das Programm der
Hobby-Programmierer Volker Böhm und Ralf Schäfer liegt nach fünf der neun Runden
bei der Livingston-WM abgeschlagen auf Platz elf. Die Lokalmatadoren weisen
lediglich zwei Zähler auf. Zweieinhalb Punkte mehr auf dem Konto hat Jonny
stehen. Das elektronische Kind von Johannes Zwanzger stoppte Rekordweltmeister
Shredder in der letzten Partie des Tages. Der Bayreuther Student führt dadurch
ungeschlagen mit 4,5 Punkten vor Stefan Meyer-Kahlens Topprogramm. Vier Siege
und eine Niederlage verbuchten ebenso Muntsin und Munjong Kolss mit Ikarus. In
Lauerstellung befinden sich Glaurung von Tord Romstad und Deep Sjeng von
Gian-Carlo Pascutto (beide 3,5:1,5). Am Ende der Tabelle findet sich auf Platz
20 mit null Punkten Oliver Uwiras Produkt Kurt.
Vor dem Beginn
der Livingston Chess960-Computer-WM spielten Vorjahressieger Spike und der
zehnfache Weltmeister Shredder Schaukämpfe: Lokalmatador Spike bezwang Peter
Swidler mit 1,5:0,5. Gar eine 0:2-Schlappe musste Teimour Radjabow hinnehmen.

Radjabov gegen Shredder
Im ersten
Vergleich mit Shredder packte den Großmeister aus Baku die „Neugier. Ich wollte
sehen, was passiert, wenn ich den Bauern fresse“, berichtete der 19-Jährige.
Shredder zeigte es ihm – drei Züge später war Radjabow im 16. Zug matt! Den
Verlauf seiner ersten ernsthaften Chess960-Partie – zuvor hatte der
Aserbaidschaner im Internet einige Erfahrungen gesammelt – kommentierte der
Anand-Herausforderer aus Sicht des Computers mit „eating, beating, killing“. Mit
Schwarz kam es nicht ganz so dick für Radjabow, der auch leichte Probleme mit
der Rochade-Regel hatte. „Ich war trotz der Schlappe nicht frustriert. Im
zweiten Duell stand ich besser, verpasste aber den rechten Moment, um
zuzuschlagen. Ich zögerte noch, später war es zu spät. Kb7 war wohl ein Fehler.
Ich übersah Sc5“, berichtete Radjabow.

Swidler gegen Spike
Artikel über Spike im Wiesbadener Tagblatt...
Mehr Erfahrung
mit Chess960 weist Weltmeister Swidler auf. Der St. Petersburger musste jedoch
auch die Segel streichen. „Ich hoffte in der ersten Partie, dass die Maschine
nicht versteht, wie gut sie steht. Ich konnte auch tatsächlich ausgleichen und
hätte auf Remis spielen können. Ich öffnete anschließend aber zu früh die
Stellung. Der Ausgang enttäuschte mich“, führte der Weltranglistenfünfte aus.
Die zweite Chess960-Begegnung endete ohne größere Höhepunkte friedlich.
www.shredderchess.de
www.shredderchess.com
http://spike.lazypics.de
Weitere Bilder
aus Mainz:

Die Marienhof-Schauspielerin und Sängerin Vaile
(hinten: Sabine Klein von Chaos Mannheim)

Aronian spielt Blind

Vaile gegen HIM-Keyboarder Burton

Vaile und Burton spielen den HIm-Mega Hit "Join me". Beide tragen
übrigens ein T-Shirt
des Schachclubs Chaos Mannheim, der die Musiker in die Schachszene gebracht hat.

Carmen Kass beim Simultan gegen Aronian

Carmen Kass, Präsidentin des estnischen Schachverbandes