13.10.2023 – Nach dem weißen Eröffnungszug bestimmt meist Schwarz durch die Wahl seiner Eröffnung den Charakter der Partie. Das Keymer-System 1.Sf3 und 2.e3 ist der Versuch von Weiß, dem Spiel von Anfang an den eigenen Stempel aufzudrücken und Schwarz durch geschickte Zugumstelllungen aus den gewohnten Fahrwassern zu holen. Leon Mendonca stellt das Keymer-System auf seinem Fritztrainer vor und Christian Höthe hat sich den Kurs angesehen.
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Rezension: Das "Keymer-System" von Leon Mendonca
Als ich Ende der 80er Jahre meine ersten schachlichen Gehversuche unternahm und in die große, weite Welt der Eröffnungen eintauchte, ahnte ich nicht, wie nah ich damals einem System kommen sollte, das erst 35 Jahre später so richtig popululär wurde: dem Keymer-System!
In diesem Videokurs werden die möglichen Aufstellungen, die Schwarz wählen kann, in allen Einzelheiten vorgestellt. Sie werden die wichtigsten Konzepte und Strategien lernen, um diese fantastische Eröffnung in Ihr Repertoire aufzunehmen.
Damals spielte ich am Commodore 64 gegen das Programm "Colossus Chess 4.0", das mit Schwarz häufig eine Eröffnung wählte, die ich in keinem der mir bekannten Bücher finden konnte, nämlich 1. e4 e6, 2. d4 c5!
Später fand ich heraus, dass der große Däne Bent Larsen so spielte und Großmeister Soltis diesen Aufbau "Franco Benoni" getauft hatte, eine Mischung aus Französisch und Benoni eben.
Im Versuch, diesen Aufbau auch für Weiß spielbar zu machen, landete ich relativ bald bei Aufbauten mit 1. e3 nebst 2. c4, oft auch über die Zugfolge 1. Sf3. In meinen Partien ergaben sich dann oft Stellungen aus dem Reti-System oder dem Nimzo-Larsen-Angriff. Vielleicht erfand ich damals gar den "Franco Benoni Attack", später bekannt geworden als "Keymer-System"?! ;-)
Lange Zeit geriet dieser Aufbau für mich in Vergessenheit. Erst als 2017 Axel Smith´s "e3 Poison" erschien, das sich sehr ausgiebig mit diversen Möglichkeiten beschäftigt, jenes System universell gegen die gängigsten schwarzen Spielweisen zum Laufen zu bekommen, war mein Interesse an dieser alten Waffe wiedererweckt!
Natürlich war es inzwischen unmöglich geworden, Vincent Keymers Aufstieg zu einem 2700er Spitzenspieler zu verfolgen ohne zu erkennen, dass er in aller Regelmäßigkeit, besonders im Schnell- und Blitzschach, mit 1. Sf3 nebst 2. e3 eröffnete und beeindruckende Erfolge damit errang.
Was jedoch immer noch fehlte, war eine gute Zusammenfassung der jeweiligen Ideen, bis Großmeister Jan Gustafsson bei Youtube eine tolle Zusammenfassung brachte, die ich jedem Interessierten nur ans Herz legen kann:
Mit Begeisterung vernahm ich aktuell, dass der 2006 geborene indische Nachwuchsstar Großmeister Leon Mendonca eine Chessbase-Neuerscheinung herausgebracht hat, die sich in Gänze der "Keymer-Variante - 1. Sf3 d5, 2. e3" widmet.
Darin beschäftigt sich Mendonca ausführlich mit sämtlichen schwarzen Spielweisen, wie beispielsweise den Versuchen, den weissfeldrigen Läufer auf f5 oder g4 aktiv zu positionieren oder ihn nach e7-e6 später auf b7 zu stellen. Besonderes Augenmerk erfahren dabei naturgemäß die Aufbauten, in denen Schwarz eine gesunde positionelle Stellung im Geiste des slawischen oder orthodoxen Damengambits anstrebt.
Der Clou dabei: Weiß kann aus einer Vielzahl möglicher Ideen wählen: ruhige positionelle Spielweisen, beispielsweise gegen isolierte oder hängende Bauern, stehen dabei jederzeit ebenso auf der möglichen Tagesordnung wie aggressive Aufbauten mit langer Rochade und frühem Tg1 nebst g2-g4!
Wie gefährlich dieser vordergründig simpel erscheinende Angriff sein kann, zeigt Großmeister Mendonca auf beeindruckende Weise in gleich mehreren der vorgestellten Abspiele mit einer Souveränität als hätte er nie etwas anderes getan als instruktive Schachvideos aufzunehmen!
Unter den Opfern dieser flexiblen modernen Strategien finden sich dabei nicht selten bekannte Großmeister mit 2700 Elo - einen besseren Beweis für die Tauglichkeit des Keymer-Systems auch auf dem Niveau "Normalsterblicher" gibt es nicht!
Zusätzlich zum Videokurs mit satten 6 Stunden Spielzeit wird die Fritztrainer App sowie eine Repertoiredatenbank mitgeliefert, die das Speichern und Integrieren von Schlüsselpartien in das eigene Repertoire erlaubt. Interaktive Aufgaben mit Videofeedback erleichtern das Lernen des Keymer-System-Repertoires, da der Anwender bei Bedarf aktiv Fragen beantworten und Aufgaben lösen kann.
Fazit: Großmeister Mendonca beschreibt das Keymer-System sympathisch als "eine leicht zu erlernende und dennoch giftige Waffe, die Ihr Eröffnungsspiel vielseitiger machen wird."
Dem habe ich nichts hinzuzufügen! Hätte ich all diese Ideen doch nur schon 1990 gehabt!
In diesem Videokurs werden die möglichen Aufstellungen, die Schwarz wählen kann, in allen Einzelheiten vorgestellt. Sie werden die wichtigsten Konzepte und Strategien lernen, um diese fantastische Eröffnung in Ihr Repertoire aufzunehmen.
Christian HoetheChristian Hoethe ist Jahrgang 1975, Vater zweier Töchter und eines Sohnes, wohnt in Braunschweig und erlernte die Gangart der Figuren relativ spät mit 13 von seinem Vater. Ein Jahr später spielte in der Schach-AG seines damaligen Erdkundelehrers, mit dem er auch heute noch ab und zu eine Partie spielt. Mit 15 landete er Dank seines Mathe-Nachhilfelehrers (!) endlich in einem Verein.
Er brachte es zu seinen besten Zeiten auf eine Elo-Zahl von 2247 und spielt für den SC Wolfsburg.
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