Master Class Band 11: Vladimir Kramnik
Mit dieser DVD kann man am Vorbild eines der besten Spieler der Schachgeschichte und mit den Erläuterungen der Autoren (Pelletier, Marin, Müller und Reeh) lernen, wie man Partien strategisch erfolgreich anlegt, seinen Gegner auf diese Weise permanent unte
Nach Kramniks Rückzug vom Turnierschach führte Ashok Venugopal für die südindische Zeitung New Sunday Express ein aufschlussreiches und ausführliches Interview mit dem Ex-Weltmeister. Kramnik erklärte unter anderem, dass er die Lust am Wettkampf verloren hätte und ihm die Freundschaft mit Vishy Anand sehr viel bedeuten würde. Und Kramnik glaubt, dass Indien in naher Zukunft wieder einen Weltmeister hervorbringen könnte. "Indien hat im Moment eine goldene Schachgeneration mit einer Reihe herausragender Talente. Sie alle können in naher Zukunft zur Weltspitze gehören oder auch der beste Spieler der Welt sein. Ich kenne ihre Partien und ich bin überzeugt, dass Indien in ein paar Jahren eine Supermacht im Schach sein wird."
Kramnik verriet auch, dass er sich spirituell zu Indien hingezogen fühlen würde und gerne mit den indischen Talenten Kontakt halten würde. Und der Ex-Weltmeister verriet noch ein paar Dinge mehr:
Wie er Garry Kasparov im WM-Kampf 2000 besiegt hat: "Ich weiß es nicht, ich wollte gegen den damals besten Spieler der Welt einfach mein Bestes geben und sehen, was kommt. Aber ich habe nicht erwartet, dass mein Bestes zum Sieg reichen würde. Nach dem Match habe ich erkannt, dass wir alle mehr erreichen können, als wir glauben."
Seine Begegnungen mit Anand (gegen den er eine Gesamtbilanz von +11, =71, –11 hat): "Am besten erinnere ich mich natürlich noch an unsere erste Partie in Moskau 1989. Anand spielte damals immer unglaublich schnell und sorgte schon damals für jede Menge Aufsehen. Für sehr viel mehr als der junge Mann mit kurzen Hosen, der gegen ihn spielte! Schade, dass niemand damals ein Foto von uns gemacht hat. Ich würde viel dafür geben, so ein Foto jetzt, 30 Jahre später, anschauen zu können."
Über Magnus Carlsen und was ihn auszeichnet: "Sein großes Talent, seine guten Nerven und die 100-prozentige Konzentration auf das Schach. Von Natur aus sehr kämpferisch und mit der Blüte der Jugend gesegnet. Damit hat er mehr oder weniger alles, was man braucht, um ein guter Schachspieler zu sein."
Über Schach-Engines: "Sie haben Vor- und Nachteile. Meiner Meinung nach für Profis mehr Nachteile und für Schachliebhaber mehr Vorteile."
Das gesamte Interview (auf Englisch) findet man beim New Indian Express.
In dem Interview spricht Kramnik auch über Kasparov, der Kramniks Talent früh erkannt hat. "Als ich gerade einmal 17 Jahre alt war, hat er das Potenzial zum Spitzenspieler in mir gesehen und öffentlich erklärt, dass ich einmal Weltmeister werden könnte."
Tatsächlich hat Kasparov Kramniks Talent schon ein Jahr früher öffentlich gepriesen, wie eine kleine Geschichte zeigt, die ich [Frederic Friedel] mit Kasparov erlebt habe.
Am 19. April 1992 bin ich zum Superturnier nach Dortmund gefahren, um Kasparov und Anand, die beide an dem Turnier teilnahmen, zu treffen. Das Turnier fand in einer riesigen Halle statt, in deren Mitte eine rechteckige Bühne stand, auf der die Teilnehmer ihre Partien spielten. Ich kam, als die dritte Runde schon begonnen hatte, und suchte mir in Ruhe einen Platz in den hinteren Sitzreihen. Aber Garry hatte mich kommen sehen. Er hat weder gewunken noch genickt, aber stand auf, ging zu seiner Frau, die vorne, nahe der Bühne saß, und flüsterte ihr etwas zu. Daraufhin kam sie zu mir, nahm mich an der Hand und führte mich aus dem Spielsaal. Am nächsten Tag berichtete eine Dortmunder Lokalzeitung darüber und stellte Spekulationen an, welche Anweisungen uns Kasparov wohl gegeben hatte.
Passiert ist tatsächlich Folgendes: Garrys Frau führte mich zum Keller des Spiellokals, wo das große Open stattfand. Wir gingen durch die Reihen der Spieler, deren Namen man auf den Schildern neben den Brettern lesen konnte. In einer Ecke des Turniersaals fand sie schließlich, was sie gesucht hatte: "Das ist er!" sagte sie.
"Das ist wer?" fragte ich. "Kramnik!" antwortete sie.
"Und warum zeigst du ihn mir?"
"Weil Garry mir das gesagt hat."
Das Bild links habe ich ein Jahr später in Dortmund gemacht. Kramnik ähnelt dort sehr dem Jungen, den ich 1992 im Open gesehen habe.
Nach der Partie in Runde drei war Garry in schlechter Stimmung, denn er hatte gegen Gata Kamsky verloren. Beim Abendessen, als er sich wieder beruhigt hatte, fragte ich ihn: "Warum wolltest du, dass ich mir Kramkin anschaue?"
"Kramnik", korrigierte er. "Er ist erst sechzehn, aber schon sehr, sehr stark. Und er spielt sehr tief. Du solltest ihn im Auge behalten, er wird ganz nach oben kommen."
Das habe ich mir gemerkt. Später im gleichen Jahr erzählte mir mein Freund, der sowjetische Schachjournalist Alexander Roshal, dass Kasparov in Bezug auf die kommende Schacholympiade in Manila Schwierigkeiten machen würde.
Er wollte, dass der junge Kramnik ins Team kommt. Als man Kasparov sagte, dass es ein Dutzend GMs gibt, die älter sind und mehr Erfahrung haben, entgegnete er, dann solle doch einer von ihnen an Brett eins spielen — womit er sagen wollte, dass er nicht spielen würde, wenn Kramnik nicht dabei wäre. Am Ende hat man Kramnik ins Team aufgenommen. Das ist sehr riskant. Er ist nicht einmal IM!
Doch das Risiko lohnte sich. Kramnik holte bei seinem Olympiadebüt 8,5 Punkte aus 9 Partien. Die Webseite OlimpBase liefert die genauen Daten.
In seinem Interview mit Ashok Venugopal spricht Kramnik auch über seine Erinnerungen an sein Olympiadebüt:
Wie bei den meisten der guten Ergebnisse, die ich im Laufe meiner Karriere erzielt habe, war ich überrascht und wusste überhaupt nicht, wie ich das geschafft habe. Manchmal habe ich mich gefragt, warum meine Gegner so spielen, als ob sie alles vergessen hätten, was sie schon in ihrer Kindheit über Schach gelernt haben. Der Gedanke, dass ich damals vielleicht schon ziemlich stark war, kam mir erst Jahre später.
Auf die Frage, wie er seine Karriere rückblickend bewertet, meinte Kramnik: "Ich bin zufrieden. Ich habe nie damit gerechnet, so viel zu erreichen."
Auch das Potenzial eines anderen Spielers hat Kasparov früh erkannt. Ich hatte ihn auf diesen jungen Spieler hingewiesen, aber er war skeptisch in Bezug auf all die YAYTs ("Yet Another Young Talent"), über die ich immer wieder sprach. Er meinte, ich sollte nicht allzu euphorisch werden. "Okay, er ist gut, aber wir sollten abwarten, und schauen, was passiert. Doch dann erhielt ich eines Tages — ich kümmerte mich bei einem Turnier gerade um besagten jungen Spieler — einen Anruf von Garry. "Weißt du, Fred, vielleicht hast du Recht, vielleicht ist er wirklich auf dem Weg an die Spitze. Seine Partie heute hat mich sehr beeindruckt."
"Aber Garry, er hat verloren", meinte ich.
"Ja, ja, aber hast du gesehen, wie er gespielt hat? Er hat Druck und immer weiter Druck ausgeübt, voller Entschlossenheit — genau wie ich in seinem Alter. Er ist ein großes Talent und wird es mit Sicherheit weit bringen."
Ein paar Jahre später hat Garry den jungen Spieler, der es tatsächlich weit gebracht hat, trainiert...
Übersetzung aus dem Englischen: Johannes Fischer