Nakamura siegt im Blitz

von ChessBase
17.07.2009 – Ruslan Ponomariov hätte sich das Finale wahrscheinlich anders gewünscht, aber den Zuschauern gefiel es. In der letzten Runde des Schachfestivals San Sebastion gewann Ponomariov gegen Francisco Paco Vallejo und konnte damit Hikaru Nakamura, der gegen Rustam Kazimdzhanov Remis spielte, auf der Zielgeraden abfangen. Nach 10 Runden lagen Ponomariov und Nakamura mit 6,5 Punkten gemeinsam an der Spitze und Ponomariov hatte die bessere Sonneborn-Berger Wertung. Aber nicht die Wertung entschied, sondern ein Blitz-Wettkampf über zwei Partien. Den entschied Nakamura, einer der besten Blitzspieler der Welt, mit 2:0 für sich. David Llada schickt einen Bericht und Bilder.Turnierseite...Mehr...

ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024 ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024

ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan

Mehr...


Schachfestival Donostia-San Sebastian
Text und Fotos: David Llada



Vorab eine geographische und kulturelle Anmerkung: die Bezeichnung "Das Donostia Schachfestival in San Sebastian" ist irreführend, denn "Donostia" ist einfach der baskische Name für "San Sebastian". Das ist, als würde man sagen "Das Schachfestival Rom in Rom". Der offizielle Name der Stadt lautet "Donostia-San Sebastian".

Donostia ist die bedeutendste Stadt der Region Gipuzkoa, die tiefe baskische Wurzeln hat. Die meisten Menschen dort sprechen "Euskera" (baskisch) und nicht Spanisch als Muttersprache und die Unterstützung der baskischen Unabhängigkeitsbestrebungen ist hier viel ausgeprägter als in der Nachbarstadt Bilbao. Zudem fühlen sich die meisten Leute hier überhaupt nicht als Spanier, wobei ein Hauptgrund dafür die brutale Unterdrückung zur Zeit der Franko-Diktatur ist: damals konnte man bereits verhaftet werden, wenn man in der Öffentlichkeit Euskera sprach oder die "ikurruña" (die baskische Flagge) zeigte.

Euskera ist eine der wenigen Sprachen der Welt, die mit keiner anderen noch lebenden Sprache verwandt ist. Ein paar Wörter hat es mit der Sprache gemein, die in Georgien gesprochen wird, und man sagt, ein paar grammatikalische Strukturen weisen Ähnlichkeiten mit dem Ungarischen und dem Finnischen auf. Aber niemand weiß, woher Euskera stammt. Vielleicht war es die verschwundene Sprache, die irgendwann einmal in ganz Europa gesprochen wurde oder vielleicht kam sie durch Wanderungsbewegungen aus dem Kaukasus, Nordafrika oder dem Nahen Osten ins heutige Baskenland. Es gibt viele Theorien und sie sind alle faszinierend. Eins steht allerdings fest: es ist eine sehr alte Sprache. Ein Beweis dafür ist zum Beispiel das baskische Wort für Axt: "haizkora" enthält den Stamm "haiz", und das bedeutet... Stein! Solche Dinge deuten darauf hin, dass die Sprache noch Überbleibsel aus der Steinzeit enthält.

Schlusstabelle:





Der ehemalige FIDE-WM Ruslan Ponomariov lag nach Sonneborn-Berger Wertung vorne, aber die Regeln schrieben vor, dass er zu einem Blitzwettkampf - 2 Partien, 5+0 min - gegen US-Großmeister Hikaru Nakamura um den Turniersieg antreten musste.


Hikaru Nakamura vor seiner Partie in der letzten Runde.

Im Tie-Break bewies Nakamura einmal mehr, wie stark er im Blitz ist: Er gewann beide Partien und holte sich den Titel.


Nakamura mit "txapela", einem Hut, der bei den Basken traditionell als Trophäe verliehen wird. Nakamura erzielte in diesem Turnier eine Rating-Performance von 2844, Ruslan Ponomariovs Performance lag bei 2843.

Bilder


GM Hikaru Nakamura, USA. Fast das gesamte Turnier über sah es aus, als ob wieder ein junger Spieler von der anderen Seite des Atlantiks das Turnier gewinnen würde, wie es schon 1911 geschah, als Capablanca gewann. In beiden Fällen war das auch noch der Spieler, der als Letzter ins Feld aufgenommen wurde! Aber wie es scheint, gibt es dieses Mal keinen Rubinstein, der ihm Steine in den Weg legt. So viele Parallelen, dass wir ihn "Capamura" (oder "Nakablanca") getauft haben.


Ruslan Ponomariov gilt fast als "einheimischer Spieler". Seine Freundin ist Baskin und er mag die baskische Kultur.


Ruslan Ponomariov und seine baskische Freundin Inesa beim Tischfußball


Peter Svidler, Nummer Eins der Setzliste und der einzige Mensch, den ich kenne, der eine Turnierpartie spielen kann, während er die Live-Ergebnisse von Cricket-Matches verfolgt. Das Erste, was er überprüft hat, als ich ihn zu diesem Turnier eingeladen habe, war, ob es sich mit The Ashes überschneidet! Wir konnten ihn trotzdem nach San Sebastian holen, allerdings mussten wir ihm versprechen, dass er die Testwettkämpfe von seinem Hotelzimmer aus verfolgen konnte.


Rustam Kasimdzhanov, einer der charmantesten und höflichsten Menschen, die man bei einem Schachturnier treffen kann. Er spielt für den einheimischen Klub Donostia "Xake Gros".


Wenn man Glück hat, trifft man Rustam in Begleitung seiner schönen - und nicht minder charmanten - Frau Firuza.


Sergei Movsesian, einst von Kasparov als "Schachtourist" bezeichnet, ist mittlerweile fest in der Weltspitze etabliert, eine Position, die er durch sein gutes Ergebnis beim Turnier in Wijk aan Zee zu Beginn des Jahres einmal mehr bestätigt hat.


Anatoly Karpov: Der einzige Spieler, den die Leute immer noch erkennen, wenn man mit ihm ein Restaurant besucht. Karpov ist eine lebende Legende, aber dieses Turnier verlief katastrophal für ihn. Allerdings scheint er gelegentlich immer noch gerne Schach zu spielen. Wenn er in dem vor kurzem bekannt gegebenen Match gegen Kasparov nicht untergehen will, dann muss er sich allerdings ernsthaft vorbereiten.


Maxime Vachier-Lagrave, das Jungtalent aus Frankreich, hat die Hürde von 2700 Elo-Punkten ohne viel Aufsehen übersprungen - aber dafür sehr schnell. Er ist erst 19 Jahre alt, aber bereits die französische Nummer zwei. In der dritten Runde gelang ihm ein eindrucksvoller gegen Karpov, der ihn hinterher lobte: "Ich wusste, dass er ein sehr guter Taktiker ist, aber er hat auch zwei oder drei Züge in unserer Partie gemacht, die mich wirklich beeindruckt haben!"


Paco Vallejo. Der Spanier hat nicht mehr allzu viele Möglichkeiten in Rundenturnieren anzutreten, auch nicht in seinem Heimatland, in dem er nicht mehr nach Linares eingeladen wird. Die Gründe dafür sind schwer zu verstehen - und noch schwerer zu erklären. In San Sebastian bewies er mit einer Neuerung im dritten Zug (3.g4!?) gegen Vachier-Lagrave einmal mehr, wie kreativ er spielt.


Julio Granda. Der peruanische Großmeister ist in letzter Zeit nur noch selten bei Top-Turnieren zu sehen. Er gilt als eins der größten Naturtalente, aber man fragt sich, wie groß sein Potenzial wirklich ist. Vor allem, wenn er motiviert ist, wie hier in San Sebastian, wo er seine wirkliche Stärke zeigen konnte.


Pablo San Segundo (im Bild rechts neben Felix Izeta, einem nicht mehr aktiven GM aus dem Baskenland, der die treibende Kraft hinter diesem Turnier war). Wahrscheinlich ist San Sebastian 2009 für Pablo das Turnier seines Lebens - oder zumindest das stärkste Turnier, an dem er je teilgenommen hat. Pablo ist zwar kein Schachprofi mehr - er hat eine erfolgreiche Karriere auf einem anderen Gebiet gemacht - aber er hat sich gründlich vorbereitet und obwohl er die niedrigste Elo-Zahl hatte, war er doch ein harter Gegner. Bislang konnte er nur bei den Ciudad de Madrid Turnieren in den Neunzigern Erfahrung bei Turnieren dieses Niveaus machen, aber da hat er gezeigt, was er kann: 1994 wurde er Vierter, genau wie 1998, obwohl er es mit Gegnern wie Judit Polgar, Viktor Korchnoi oder Vishy Anand zu tun hatte.

Noch mehr Bilder
(von Anastasia Kharlovich


Donostia-San Sebastian bei Nacht


Blick in den Turniersaal


Spieler und Zuschauer


Letzte Runde: Nakamura gegen Kazimdzhanov. Die Partie endete Remis.


Wasser hält das Gehirn aktiv.


Ponomariov (links) gegen Paco Vallejo (rechts). Ponomariov gewann und konnte zum bislang führenden Nakamura aufschließen.


Dann fiel die Entscheidung im Blitz. Da behielt der Amerikaner mit 2-0 die Oberhand.


Die Damen debattieren.


Der holländische Journalist Dirk Jan ten Geuzendam (links) hört Anatoli Karpov zu.


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

Diskutieren

Regeln für Leserkommentare

 
 

Noch kein Benutzer? Registrieren