Nakamuras Weg ins Kandidatenturnier

von André Schulz
05.09.2025 – Auf der Teilnehmerliste des Grand Swiss fehlt der Namen von Hikaru Nakamura. Der Weltranglistenzweite möchte sich stattdessen über seine Elozahl für das Kandidatenturnier qualifizieren. Weil Nakamura zur Anerkennung in diesem Jahr noch über 20 klassische Partien spielen muss, verzeichneten die Organisatoren der Louisiana State Championship eine überraschende Anmeldung.

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Beim Grand Swiss in Samarkand  fehlt neben Magnus Carlsen ein weiterer großer Name - Hikaru Nakamura. Magnus Carlsen hat sich bekanntlich aus dem Geschäft der klassischen Weltmeisterschaften zurückgezogen, aber Hikaru Nakamura würde sicher gerne den Weltmeistertitel tragen. Beim letzten Kandidatenturnier hat er den Sieg ganz knapp verpasst. Diesmal will er einen neuen Anlauf nehmen, aber den steinigen Weg über das Grand Swiss Turnier und auch über den FIDE World Cup (im November 2025) möchte Nakamura sich ersparen.

Tatsächlich hat der US-Star einen guten Grund, sich Hoffnungen zu machen, das Kandidaten auf anderem Wege zu erreichen. Nakamura ist nach Magnus Carlsen derzeit die Nummer zwei in der Eloliste und hat so gute Chancen den einen Teilnehmerplatz zu erhalten, der über die Eloliste vergeben wird. Nakamura kann sich auch deshalb Hoffnungen machen, weil sein engster Konkurrent auf diesem Qualifikationsweg, Fabiano Caruana, schon über den letzten FIDE-Circuit qualifiziert ist. Dort holte Caruana die meisten Punkte.

Um sich als Spieler mit der besten Elozahl zu qualifizieren, muss Nakamura in den Monaten August 2025 bis Januar 2026 im Schnitt der Spieler mit der höchsten Elozahl sein. Magnus Carlsen wird Nakamura nicht überholen, aber da der Norweger wiederholt erklärt hat, dass er an der klassischen Weltmeisterschaft kein Interesse mehr hat, kann man davon ausgehen, dass der Zweitbeste als Nachrücker den Platz einnehmen wird. Der betreffende Spieler muss dafür aber in in der Zeit von Februar 2025 bis Januar 2026 mindestens 40 klassische Partien gespielt haben und mindestens in einem der letzten sechs Monate 15 Partien. 

Bis dato hatte Nakamura, inzwischen ja auch erfolgreicher Schachstreamer, im Jahr 2025 beim America Cup und beim Norway Chess 18 klassische Partien gespielt. Es fehlten also 22 Partien. Doch es gibt derzeit nur wenig Einladungsturniere, die dem US-Großmeister zusagen oder zu denen er eingeladen wird. Wie soll Nakamura auf die geforderte Partienzahl kommen? Nakamura musste sich ein paar "Mickey Mouse -Turniere" (Nakamura) suchen, um dort die nötige Partienzahl zu absolvieren.

Nakamura meldete sich also kurzfristig zu den Louisiana State Championships an und machte in seinem Vidioblog auch keinen Hehl daraus, worum es ihm dabei geht - nicht darum, den Löwenanteil vom 3000 USD Preisfonds (1. Preis 800 USD) zu kassieren, sondern darum, die erforderliche Partienanzahl zu spielen. Den Titel des Louisiana State Champions konnte Nakamura ohnehin nicht gewinnen, da er nicht Bürger dieses Staates ist. Aber er konnte dort außer Konkurrenz mitspielen.

Vor Nakamuras Anmeldung war noch FM Nicholas Matta (2344) der Elofavorit, doch mit der Anmeldung des Weltranglistenzweiten und derzeit besten Spieler der USA war Matta die Favoritenbürde los.

Nakamura wurde seiner Rolle bei diesem Turnier gerecht und gewann alle sieben Partien. Nur wenig schlechter war allerdings Ralph Tan, der mit 6 Punkten Zweiter wurde. Nicholas Matta kam mit 5 Punkten ins Ziel und gewann als bester Einheimischer den Titel des Louisiana State Champions.

Louisiana State Champion Nicholas Matta (l.), Foto Down River Chess via Nakamura auf X 

Als Nebeneffekt seines Erfolges steigerte sich auch Nakamuras Elozahl, obwohl die Gegnerschaft auch in ihren Wertungszahlen nicht ebenbürtig war. Bei einem Sieg gegen einen Gegner mit Elozahl die 400 oder mehr Punkte schlechter ist, erhielt der Sieger pauschal 0,8 Punkte gut geschrieben. Da die erste Runde mit einer geringeren Bedenkzeit (60 Minuten + 30 Sekunden Zugabe. An diesem Tag wurde eine Dreierrunde gespielt.) gespielt wurde, floss diese Partie nicht mit in die Elowertung ein. Nakamura erhielt also nur 4,8 Elopunkte und kommt aktuell auf 2811,8 Punkte. 

Wenn der Weltranglistenzweite sich aus Gründen des persönlichen Vorteils ins Amateurschach begibt, hat das natürlich Geschmäckle und ruft Kritik hervor. Einige Kollegen und Kommentatoren meldeten sich zu Wort. Allerdings ist der Vorgang regelkonform und Nakamura ist in dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen. Die Kritik richtet sich deshalb vor allem gegen die FIDE und das Reglement.

Zudem ist die Geschichte nicht neu. 2022 Vor den Kandidatenturniere 2022 und 2024 standen Ding Liren und Alireza Firouzja vor dem gleichen Problem und musste ebenfalls zusehen, wie sie noch rasch auf die geforderte Partienzahl kommen. Für Firouzja wurden sogar kurzfristig eigens Turniere und Wettkämpfe anberaumt. Die FIDE hat das Reglement etwas geändert, die Sache aber noch nicht vollständig unter Kontrolle bekommen. Viele Kritiker meinen, die Qualifikation über Elo solle ganz abgeschafft werden.

Foto: Nakamura

Die Teilnehmer der Louisiana State Championship sahen Nakamuras Teilnahem nicht negativ. Wann hat man schon einmal Gelegenheit, eine der weltbesten Spieler aus der Nähe zu beobachten und ganz besonders erfreut waren die Spieler, die gegen Nakamura spielen durften, auch wenn sie keine echte Chance hatten.

Für Nakamura war das Turnier in den Räumen der Loyola University in New Orleans auch eine Art Zeitreise zurück in seine Anfangszeit als Turnierspieler. 

Partien (Die Partie der ersten Runde wurde nicht elektronisch aufgezeichnet)

Turnierseite von US Chess...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.