Nepomniachtchi gewinnt Kandidatenturnier vorzeitig

von André Schulz
04.07.2022 – Mit einem Remis gegen Richard Rapport sicherte sich Ian Nepomniachtchi eine Runde vor Schluss den Turniersieg beim Kandidatenturnier in Madrid. Zum zweiten Mal hintereinander ist er der Herausforderer. Nakamura belegt mit einem Sieg über Duda den möglicherweise wichtigen zweiten Platz. Carlsen ist in Madrid und kommentierte Nepomniachtchis Sieg in einem Kurzinterview. | Fotos: FIDE / Steve Bonhage

ChessBase 18 - Megapaket ChessBase 18 - Megapaket

Das Wissen, das Du jetzt brauchst!
Die neue Version 18 bietet völlig neue Möglichkeiten für Schachtraining und Analyse: Stilanalyse von Spielern, Suche nach strategischen Themen, Zugriff auf 6 Mrd. LiChess-Partien, Download von chess.com mit eingebauter API, Spielervorbereitung durch Abgleich mit LiChess-Partien, eingebaute Cloud-Engine u.v.m..

Mehr...

Es deutete sich schon vorher an, nun ist es amtlich. Eine Runde vor Schluss steht Ian Nepomniachtchi als Sieger des Kandidatenturniers fest. Mit 9 Punkten und 1,5 Punkten Vorsprung ist der russische Spitzenspieler, der hier unter FIDE-Flagge spielte, nicht mehr einzuholen. 

Nepomniachtchi reichte ein Remis mit den weißen Steinen gegen Richard Rapport. In der klassischen Variante der Sizilianischen Partie ließ Nepomniachtchi nichts anbrennen und führte die Partie zur ungefährdeten Punkteteilung. 

Vor der Runde hatte sich am Eingang des Palazzo eine größere Menge von Journalisten und Fans versammelt und bejubelten den kommenden Herausforderer.

Alireza Firouzja und Ding Liren übten sich in einer Variante der Schottischen Partie, die Weiß einen minimalen Vorteil bietet, jedoch auf höchsten Niveau zu wenig, um auf Gewinn spielen zu können. So war es auch in dieser Partie. Im Turmendspiel gab Schwarz einen Bauern, um damit seine Figurenaktivitär zu erhöhen, doch Firouzja neutralisierte das schwarze Spiel mit einem Figurenopfer und Dauerschach.

Remis stand am Ende auch auf dem Notationszettel von Teimour Radjabov und Fabiano Caruana. Radjabov kam mit einem Bauern weniger aus der Katalanischen Eröffnung und ging mit einem Mehrbauern ins Katalanische Endspiel. Die beiderseitigen Mehrbauern ließen sich aber weder hier noch dort festhalten und das Endspiel mit Turm und Läufer gegen Turm und Springer bei symmetrischer Bauernverteilung war totremis.

Weltmeister Magnus Carlsen hat aber bekanntlich nach dem letzten WM-Kampf angekündigt, dass er sich überhaupt nicht sicher wäre, ob er noch einmal zu einer Titelverteidigung antreten wolle, jedenfalls nicht gegen Spieler seiner Generation. Gegen einen jungen Spieler wie Firouzja könne er es sich noch einmal vorstellen. Firouzja hat aber bei seinem ersten Kandidatenturnier mehr Erfahrung als Punkte gesammelt und wird vielleicht sogar Letzter.

Wie wird der Weltmeister sich entscheiden? Wenn Carlsen seinen Titel kampflos preisgibt, dann tragen der Sieger und der Zweite des Kandidatenturniers den Wettkampf um die Weltmeisterschaft aus. Der zweite Platz könnte bei diesem Turnier also noch von großem Interesse sein. Das erklärt, warum sich Hikaru Nakamura in der vorletzten Runde gegen Jan-Krzysztof Duda noch einmal ordentlich ins Zeug gelegt hat.

 

Judit Polgar macht den ersten Zug


 

 


 

Hikaru Nakamura ist der fleißigste der Kandidaten. Nach den Partien liefert er stets noch eine Videoanalyse:

Hikaru Nakamuras Videoanalyse seiner Partie gegen Richard Rapport

 

In der Tabelle hat Hikaru Nakamura nun den zweiten Platz eingenommen, einen halben Punkt vor Ding Liren. In der Schlussrunde spielen die beiden gegeneinander. Wenn Ding den zweiten Platz erobern will, muss er diese Partie gewinnen.

Der nicht mehr zu gefährdende Sieger ist aber Ian Nepomniachtchi. So oder so wird er um den Titel spielen, zum zweiten Mal hintereinander. Nepemniachtchi hatte auch schon das Kandidatenturnier 2020-21 gewonnen. Seinen Erfolg erklärte der Turniersieger sich damit, dass er mehr versucht habe Schach und nicht auf Sieg zu spielen und dass er keine Sechs-Stundenpartie hat spielen müssen.

Nach der Runde stellte er sich im Interview.

 

Unter den Zuschauern in Madrid befand sich tatsächlich auch der Weltmeister. So ganz desinteressiert, wer hier gewinnen würde, war Carlsen also nicht. Nach der 13. Runde traf Anastasiya Karlovich ihn vor dem Palazzo und fragte ihn nach seiner Einschätzung.

Er hätte Caruana oder Ding eher als Sieger erwartete, meinte der Norweger, aber Nepomniachtchi wurde vor dem Turnier klar unterschätzt und hätte seine Chancen gut genutzt. Und wird Carlsen zur Titelverteidigung antreten: "Wir werden sehen..."
 

 

In den letzten Tagen zuvor hatte Carlsen sich in Madrid gezeigt, wie immer ganz unprätentiös, suchte Gegner zum Blitzen oder stellte sich für Selfies zur Verfügung.

 

 
 
Laut El Pais, soll sich Carlsen in Madrid mit Arkady Dvorkovich getroffen haben, um mit dem FIDE-Präsidenten über das Format der WM-Kämpfe zu verhandeln. Carlsen wünsche sich Partien mit kürzerer Bedenkzeit, eventuell einen Mix aus verschiedenen Bedenkzeitformaten.

Ergebnisse

 

Tabelle vor der letzten Runde

 

Partien

 

Turnierseite...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.