ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Die Mega 2010
Alljährlich erscheint mit der jeweiligen Mega Database zum Jahresende die
schachliche Bestandsaufnahme der zu Ende gegangenen Schachsaison. Nun ist
die neue Mega 2010 erschienen. Der in den letzten Jahren ziemlich konstante
quantitative Zuwachs an Partien beträgt etwa 300.000. Die letzte Partie in
der neuen Datenbank träg die Nummer 4.463.291. Es handelt sich um die Partie
Vitiugov-Milos aus der 2. Runde der am vergangenen Montag in Khanty
-Mansiysk abgeschlossenen World Cups. Man sieht der Partienbestand ist
hochaktuell, der Redaktionsschluss reicht sehr nahe an den
Auslieferungstermin der Datenbank heran.
Die moderne Datenverarbeitungswelt hat bestimmte riesige Mengen für das
menschliche Vorstellungsvermögen ziemlich unzugänglich gemacht. Wie soll man
sich die Anzahl 4.463.291 vorstellen? Ausgeschrieben sieht Vier Millionen
Vierhundertdreiundsechzig Tausend Zweihunderteinundneunzig schon nach mehr
aus. Hat man die Mega in der Hand, ist es trotzdem "nur" eine DVD. Wären es
eine Million mehr Partien, wäre es vermutlich immer noch eine DVD. Trotzdem
geht es hier um riesige Mengen an Informationen.
Ich habe das Verhältnis zwischen Partien mit langer Bedenkzeit,
Schnellschachpartien und Blitzpartien in der Datenbank nicht geprüft, aber
nimmt man an, dass 4 Millionen der Partien mit langer Bedenkzeit gespielt
wurden, dann haben acht Millionen Menschen vermutlich 12 Millionen Stunden
Zeit miteinander verbracht, um diese Partien zu spielen (Ich rechne einmal 3
Stunden im Schnitt für jede Partie). 12 Mio. Stunden sind 5 Mio. Tage. 5 Mio
Tage sind etwa 1370 Jahre. So lange hätten also gedauert, wenn man diese
Partien hätte hintereinander spielen wollen. Das wäre sogar theoretisch
möglich gewesen, denn wir wissen, dass Schach zumindest in seinen Vorstufen
um 500 in Indien entstand. Zeit genug war also.
Was wäre, wenn alle Partien zugleich gespielt worden wären? Rechnen wir
einmal für eine Partie 60 cm Brettbreite inkl. etwas Abstand zwischen den
Brettern (Wir stellen die Bretter ganz dicht, wie auf einem billigen Open).
Dann brauchen wir bei einem Brett pro Partie (die Blindpartien lassen wir
einmal unberücksichtigt) 2.677.974 Meter und 60 cm Platz. Das sind ca. 2678
km Tische mit Schachbrettern und Spielern und entspricht zufällig in etwa
der Strecke Hamburg nach Elista, wenn man sie mit dem Auto fahren würde.
Natürlich könnte man auch etwas mehr Platz pro Partie berechnen, aber dann
würden wir ja mit unsere Strecke weit über das schöne Ziel hinausschießen.
Wer will, kann die Partien der Mega auch auf Papier ausdrucken. Rechnen Sie
mit einem Blatt Papier für ca. vier Partien (beidseitiger Druck) und legen
Sie 1.115.823 Blatt bereit (2500 Blatt für 19,90 Euro, Sie brauchen
446 Pakete für zusammen 8875,- Euro. Der Papierhändler gibt Ihnen sicher einen
Rabatt. Die Kosten für die Druckerpatronen werden aber sicher deutlich höher
liegen; bekanntlich ist Druckerschwärze für PC-Drucker die teuerste
Flüssigkeit der Welt.). Wenn Sie 300 Seiten für ein Schachbuch rechnen, und
diese dann jeweils 2 cm breit sind, müssen Sie bei Ikea Billy-Regale für ca.
3700 Bände kaufen. Bei 2 cm pro Buch brauchen Sie etwa 74 Regalmeter. Aber
vielleicht habe ich mich auch grob verrechnet - vielleicht sollten Sie von
der Idee einer gedruckten Sicherheitskopie doch Abstand nehmen.
Doch genug der quantitativen Betrachtung. Was ist in der Mega denn
inhaltlich enthalten? Zum Beispiel fast 10.000 Partien (genau: 9553)
Partien, die 100 Züge oder länger gedauert haben. Allein in Khanty-Masiysk
beim letzten Worldcup wurden sieben Partien mit mehr als 100 Zügen gespielt.
Bei der kurz zuvor in Moskau gespielten Blitz-WM waren es zwei. In einer
Partie versuchte Boris Gelfand Viswanathan Anand mit Dame gegen Turm und
Bauer niederzuringen, was ihm aber nicht gelang - ist auch gar nicht so
leicht, erst recht nicht im Blitzen.
Die früheste Seeschlange in der Datenbank wurde von Labourdonnais und
McDonnel 1834 beim Match in London gespielt. Hier war es ein kompliziertes
Turmendspiel, das im 100sten Zug remis endete. Die längste Partie überhaupt
in der Mega spielten Julian Hastrich und Hagen Poetsch bei der
Deutschen-Jugend Internetmeisterschaft 2007. Sie dauerte 277 Züge. Im
gleichen Turnier hatte Hagen Poetsch schon eine Partie in 276 Zügen
gewonnen. Beide Partien sind aber zum Schluss keine ernsthaften
Auseinadersetzungen mehr, weil der Verlierer jeweils vergessen hatte, wie
man aufgibt und dafür vom Sieger durch Hinauszögern des Matts bestraft wird.
Die längste
"richtige" Partie am Holzbrett spielten Laurent Fressinet und Alexandra
Kosteniuk beim Schnellschachturnier in Villandry. Nach 237 Zügen gewann die
amtierende Weltmeisterin im Endspiel mit Turm und Läufer gegen Turm.
Schaut man sich nach den kürzesten Partien um, so findet man dreimal das
Narrenmatt (1.f3 e5 2.g4 Dh4#) in Kinderpartien. Die kürzesten Partien
zwischen Meistern dauern etwa fünf Züge. Dann hat einer eine Figur
eingestellt, Für die Liebhaber der Schadenfreude ein paar Beispiele:
Ibragimov,Ildar (2590) - Zhelnin,Vladimir V (2490) [B06]
RUS-Cup02 Moscow (8), 1998
1.d4 d6 2.Sf3 Sd7 3.e4 g6 4.Lc4 Lg7 5.Lxf7+ [5.Lxf7+ Kxf7 6.Sg5+ Ke8
(6...Kf6 7.Df3#+-) 7.Se6+-] 1–0
Hoang Thanh Trang (2476) - Franchini,Gabriele (2309) [A45]
Budapest FS08 GM Budapest (9), 14.08.2005
1.d4 Sf6 2.Lg5 e6 3.Sd2 c5 4.dxc5 Lxc5 5.Se4 Sxe4 0–1
Farago,Ivan (2515) - Bliumberg,Vladislav (2360) [D11]
Budapest FS06 GM Budapest (4), 1994
1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.Sf3 c6 4.e3 Le6 5.Sg5 Da5+ 0–1
Diese "Falle" kommt alle Nase lang vor:
Brameyer,Hermann (2286) - Shabanov,Yuri (2431) [D11]
EU-chT Seniors 06th Dresden (4.2), 25.02.2004
1.d4 d5 2.Sf3 c6 3.c4 dxc4 4.e3 Le6 5.Sg5 Da5+ 0–1
Bouaziz,Borhen - Stefanova,Antoaneta (2475) [D11]
Djerba op Djerba (6), 1998
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 dxc4 4.e3 Le6 5.Sg5 0–1
Natürlich ist das noch lange nicht die vollständige Liste
der Opfer dieser Falle!
Hier noch ein paar aktuellere Reinfälle mit anderen Motiven:
Jankovic,Alojzije (2540) - Zierke,Oliver (2306) [D32]
Pula op Pula (3), 29.06.2009
1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 c5 4.cxd5 exd5 5.Sf3 Sc6 6.Lf4 cxd4 7.Sxd4 Lb4 8.Sdb5
d4 9.Sc7+ Dxc7 10.Lxc7 dxc3 0–1
Chuprikov,Dmitry (2414) - Bocharov,Dmitry (2606) [E53]
Voronezh op-A 13th Voronezh (5), 16.06.2009
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.e3 0–0 5.Ld3 d5 6.Sf3 c5 7.0–0 b6 8.cxd5 exd5
9.Se5 La6 10.Sc6 Dd7 11.Sxb8 1–0
Das kann schon alles fast im Kopf nachspielen. Was aber nicht heißen soll, dass man nicht selbst in der nächsten Mega als Eintrag in dieser Auswahl auftauchen könnte.
Die Partiensammlung der Mega durchstreift das komplette Spektrum des
Schachs. Zeitlich reicht sie von 1475 (De Castellvi- Vinoles, Valencia 1475)
bis zum erwähnten World Cup in Khanty-Mansiysk, 2009 (2. Runde). Alle
bedeutenden Turniere sind enthalten, alle Weltmeisterschaftswettkämpfe und
-Turniere, die FIDE- K.o-Turniere, alle Kandidatenturniere, die früheren
Interzonenturniere, Europameisterschaften, World-Cup-Turniere etc, etc. Aber
nicht nur die hochklassigen Turniere der Schachgeschichte sind in der Mega gespeichert.
Auch unzählige für die Allgemeinheit nicht so bedeutende Turniere oder
Mannschaftswettbewerbe werden erfasst. So finden auch Amateure, selbst in
den untersten Ligen,
vielleicht Partien ihres nächsten Gegners in der Datenbank.
Wer die Partien eines bestimmten Turniers sucht, kann mit dem
ChessBase-Programm über den Turnierschlüssel eine Liste der Turniere
anzeigen lassen. Wenn Sie sich allein die Turniere des letzten Jahres
anzeigen lassen, können Sie nun eine virtuelle Schachweltreise unternehmen.
So gut wie jedes Land der Welt ist mit einem Turnier vertreten.
Ebenfalls interessant ist die Liste der Spieler, in ChessBase über den
Spielerindex einzusehen. Der Spieler mit den meisten Partien ist Viktor
Kortschnoj.
Der 79-Jährige spielte im Laufe seiner Karriere 4790 Partien (Bis zur
Drucklegung der Mega. Inzwischen sind natürlich noch ein paar Partien hinzu
gekommen.). Die erste Partie stammt aus dem Jahre 1946 und wurde bei den
Leningrader U18-Meisterschaften gespielt - gegen T.Petrosian. Die jüngsten
Kortschnoj-Partien stammen u.a. aus der Schweizer Liga in diesem Jahr, wo
der rüstige Großmeister noch einmal gegen starke Gegner eine Riesenergebnis
erzielte. Seine Konkurrenten im Kampf um Platz Eins der Liste der
fleißigsten Spieler hat Kortschnoj um mehr als 1000 Partien angehängt. Auf
den Plätzen folgen Ivan Farago (3760) und Anatoly Karpov (3703). Wer könnte
Korschnoj je einholen? Moment. Auf Rang 17 folgt Vassily Ivanchuk mit 2858.
Ivanchuk ist erst 40 Jahre. Mit 80 wäre er vermutlich bei 5600 Partien. Hier
geht also was! Noch fleißiger als Ivanchuk ist von den aktuellen
Top-Spielern allerdings noch Loek van Wely (3018 Partien). Van Wely ist
zudem erst 37 Jahre alt. Vielleicht gibt es hier einmal ein spannendes
Kopf-an-Kopf-Rennen. Im Jahr 2050 wissen wir mehr.
Eine der vornehmsten Pflichten eines Spitzenspielers ist das
Simultanspielen. Unzählige Simultanveranstaltungen sind in der Mega
verzeichnet. Der erste Eintrag stammt aus dem Jahr 1783. Phildor spielte
gegen zwei Spieler gleichzeitig, und das auch noch blind. Im Jahr 1947 war
es Miguel Naidorf (eigentlich: Mieczyslaw Najdorf),
der einen Rekord im Blindspiel aufstellte. Der nach der Schacholympiade 1939
in Argentinien gebliebene polnische Großmeister spielte 1947 in San Pablo
(Brasilien) gegen 45 Gegner blind simultan - das war Weltrekord und ist es
noch. Nicht immer nimmt die Simultanpartie den vom Star gewünschten Verlauf.
Aber meist das gewünschte Ende. Zur Erbauung empfehle ich das Nachspielen
von Simultanpartien von Karpov.
Wer in der Mega stöbert braucht eigentlich nie wieder ein Schachbuch. Das
liegt auch an der großen Anzahl dort enthaltener kommentierter Partien. Die
Liste der fleißigsten Kommentatoren führt Lubomir Ftacnik mit 4754 Partien
an, gefolgt von Zoltan Ribli mit 4048 Partien. Diese beiden Großmeister
übertreffen alle anderen Kommentatoren um ein Vielfaches. Schaut man auf die
absolute Weltspitze, so ist Viswanathan Anand mit 259 Partien vertreten. Der
erste Kommentar stammt aus dem Jahr 1988, die letzten kommentierten Partien
aus diesem Jahr.
World Cup-Sieger Boris Gelfand hat 249 Partien kommentiert, ausnahmslos
eigene. Sein Sekundant Alexander Huzman steht mit 1394 kommentierten Partien
zu Buche. Alexej Shirov hat über 130 Partien kommentiert. Garry Kasparov
analysierte 57 Partien im ChessBase-Format, zumeist Klassiker. Auch die
junge Garde mit Magnus Carlsen, Teimour Radjabov, Vugar Gashimov oder Levon
Aronian ist mit einer Anzahl von kommentierten Partien vertreten.
Wenn man einmal alle Partien filtert, die Varianten enthalten, so werden
72.251 Partien aufgelistet.
Viel Stoff zum Nachspielen.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die erste Partie in der Mega, De
Castellvi- Vinoles, Valencia 1475, mit der Skandinavischen Verteidigung
gespielt wurde. Neben dem Zugriff über die Partienliste, die chronologisch
aufgebaut ist, oder dem Turnier,- Spieler, oder Kommentatorindex, gibt es
natürlich auch einen Eröffnungsschlüssel. Hier sind alle Partien nach
Eröffnungsstellungen klassifiziert und einsortiert. Inzwischen ist der
Zugriff über den Schlüssel im ChessBase-Programm ein wenig von der
moderneren Referenzsuche - seit CB9, mit CB 10 noch einmal deutlich
verbessert - in den Hintergrund gerückt worden.
Wer aber z.B. mit Fritz 10 auf die Mega zugreift, erhält mit dem Schlüssel
wertvolle Orientierung.
In der Referenzsuche von ChessBase zeigen mitlaufende Statistiken, was mit
einer Variante los ist, wer sie spielt und mit welchem Erfolg. Die Funktion
wird immer auf einer Referenzdatenbank ausgeführt.
Ist die Mega 2010 die Referenz, dann hat man die größtmögliche Sicherheit, dass auch alle aktuellen Partien mit berücksichtigt werden, auch mit Hilfe des Partein-Updates. Nach Eingabe einer Aktivierungsnummer wird die Datenbank über das Internet wöchentlich mit neuen Partien aktualisiert.
Skandinavisch wurde bisher 85.559 mal angewandt und erzielt einen Erfolg von durchschnittlich 54,2%. Damit ist es statistisch etwas schlechter als Caro-Kann oder Französisch, aber besser als 1...e5. An Sizilianisch (50,7% aus weißer Sicht) kommt natürlich keine Antwort auf 1...e4 heran.
Von gleichbleibender Wichtigkeit ist der Endspielschlüssel der Mega 2010. Er fußt auf dem seinerzeit vom Informator-Verlag entwickelten Schema und klassifiziert die Endspiele der Partien nach Materialverteilung und Charakteristiken. Hier findet man also immer Musterendspiele zum Lernen, üben und Vergleichen.
Ebenfalls nützlich ist der Mittelspielschlüssel, der Partien nach Strukturen, Manövern und anderen gemeinsamen Kennzeichen klassifiziert.
Neben den vielen Trainingshilfen und Zugriffsmöglichkeiten sind aber natürlich zwei Anwendungen die allerwichtigsten:
1. Aktuelle Beispielpartien für das eigene Eröffnungsrepertoire zur
Verfügung zu haben
2. Möglichst viele und aktuelle Beispielpartien meines nächsten Gegners
finden zu können
Außerdem ist es gut zu wissen, welche Partien von einem selbst in der Mega
gespeichert sind. Zu diesem Aspekt sind zwei wahre Begebenheiten von einer
gewissen illustrativen Kraft:
Bob* spielt in der Hamburger Bezirksliga eine Partie und wird von einem bestens vorbereiteten Gegner vermöbelt. Wie sich herausstellt, hat der Gegner sich in der Mega die Partien von Bob angeschaut und festgestellt, dass dieser eine zweifelhafte Variante in einer scharfen Eröffnung spielt. Die Partie ist zwar zehn Jahre alt und Bob fragt sich lautstark, wie man sich denn mit Hilfe einer so alten Partie vorbereiten kann, aber Bob hatte seitdem ja sein Repertoire nicht geändert. Tja Bob...
Alfons* zeigt in einer Trainingsstunde, welche Antwort er auf das
erwartete 1...e4 seines Gegners in der nächsten Partie plant. "Es weiß ja
niemand, dass ich neuerdings diese Verteidigung spiele. Das wird ihn
überraschen," freut sich Alfons. "Ich würde bei meiner Vorbereitung auf Dich
denken, dass du nur diese Verteidigung spielst und mich akribisch darauf
vorbereiten," meint ein Mannschaftskollege, der gerade einen Blick auf
Alfons' Partien in der Mega wirft und sieht, dass dieser die besagte
Verteidigung schon mindestens zehnmal bei Internetturnieren gespielt hat.
"Huch, das Turnier ist dort auch schon drin", ist Alfons ganz
erstaunt.
Also: Das Material steht mit der Mega 2010 zur Verfügung, nun legt es nur noch an Ihnen...
André Schulz