Die ChessBase Mega Database 2017 ist die Referenz für jeden ambitionierten Schachspieler: die komplette Schachgeschichte mit 6,8 Mio. Partien von 1500 bis 2016, erstklassig editiert, voller Meisteranalysen und komplett klassifiziert.
Neben der Besetzung haben wohl die Turnierbücher von Weltmeister Alexander Aljechin viel zur Bekanntheit und zum Nimbus der New Yorker Veranstaltungen beigetragen. Dabei konnte die Zweitauflage in Meisterturniers mit der Premiere drei Jahre zuvor längst nicht mithalten.
Es war ein rauschendes Fest an jenem 18. Februar 1927. Die Schachmeister erschienen im Smoking oder Abendanzug zur Eröffnungsfeier, was durchaus passend zum noblen Rahmen wirkte. Den Mittelpunkt für das Meisterturnier 1927 in New York bildete das Manhattan Square Hotel in der westlichen 77th Street, direkt gegenüber dem Historischen Museum und wenige hundert Meter westlich vom Central Park gelegen. Am Sonnabendnachmittag des 19. Februar 1927 war es dann soweit: In der Trade Banquet Hall setzten sich Weltmeister Raoul Capablanca mit Großmeister Rudolf Spielmann, Alexander Aljechin mit Dr. Milan Vidmar und Aaron Nimzowitsch mit Frank Marshall an die Spieltische.
Die Turnierbedingungen waren nach den Wünschen von Capablanca, der in jenen Jahren in den USA lebte, zugeschnitten worden. Die Bedenkzeit betrug für damalige Zeiten ungewöhnliche zweieinhalb Stunden für 40 Züge (Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dies die international gängige Bedenkzeit). Damit hatte man den Wunsch des Weltmeisters erfüllt, der mit dieser Bedenkzeit auch den WM-Kampf ein halbes Jahr später in Buenos Aires bestreiten wollte. Jeder spielte gegen jeden vier Partien, und zwar als Rundenturnier, nicht als Mini-Wettkämpfe. Es wurden fünf Partien pro Woche absolviert, die übrigen zwei Tage waren den Hängepartien vorbehalten. Gespielt wurde an jedem Nachmittag zwischen 13 und 18 Uhr.
Der Weltmeister hatte das Ereignis noch dadurch geadelt, dass er es – sehr zur Freude der Veranstalter – zum "Kandidatenturnier" erklärt hatte. Danach hatte sich Capablanca bereit erklärt, gegen den Sieger des Turniers oder falls er es selbst sein sollte, gegen den Zweitplazierten in einem WM-Kampf seinen Titel zu verteidigen. Zwei der Teilnehmer, nämlich Aljechin und Nimzowitsch, hatten ihn förmlich herausgefordert. Zur Herausforderung gehörte dazu, dass man in der Lage war, für den Preisfond 10.000 Dollars als Einsatz auf den Tisch zu legen. Was man nicht so groß verkündete: Bei Turnierbeginn hatte Nimzowitsch gegenüber Capablanca erklärt, dass er den Einsatz für einen WM-Kampf nicht zusammenbringen könne. Also war Aljechin der einzige Kandidat und von einem Kampf um das Recht des Herausforderers keine Rede, da die anderen drei Meister ohnehin keine WM-Pläne hegten.
Im berühmten Turnierbuch, das Aljechin im Auftrag des Veranstaltungskomitees 1928 – damals also bereits Weltmeister – schrieb, "vergaß" er diese Tatsache zu erwähnen. Vielmehr nutzte er diesen Kampf um Platz zwei, um Spannung aufzubauen. Für Aljechin selbst, der seinem Spiel selten gute Noten gab, war dieses Scheingefecht eine Belastung. Welche Blamage wäre es gewesen, wenn er hinter Nimzowitsch gelandet wäre. Dann hätte man die Sache mit dem Kandidatenturnier aufklären müssen.
An dem Teilnehmerfeld gab es aus der Schachwelt milde bis heftige Kritik. Auch Aljechin bemängelt im Turnierbuch, dass keiner der vier Teilnehmer aus Europa auch nur eine Partie gegen Capablanca gewonnen hatte. Nur Frank Marshall konnte zwei Siege aufweisen. Dagegen wurde die Frage diskutiert, weshalb so starke Meister wie der Ex-Weltmeister Dr. Emanuel Lasker, Efim Bogoljubow, Akiba Rubinstein oder die Capablanca-Bezwinger Dr. Siegbert Tarrasch und Richard Reti fehlten.
So hatte das Teilnehmerfeld 1924 ausgesehen (genannt nach dem Ergebnis):
1. Lasker, 2. Capablanca, 3, Aljechin, 4. Marshall, 5. Reti, 6. Geza Maroczy, 7. Bogoljubow, 8. Dr. Savielly Tartakower, 9. Fred Yates, 10. Eduard Lasker, 11. David Janowski.
Kein Wunder, dass Fragen nach den fehlenden Spielern mehr Interesse fanden als die nach den Teilnehmern.
Im Fall Lasker hatte es beim Turnier 1924 einen Eklat zwischen dem Ex-Weltmeister und dem New Yorker Turniersekretär Dr. Norbert Lederer gegeben. Kurz umrissen: Lasker fühlte sich um ein zugesagtes Honorar geprellt. Dem widersprach der in Wien geborene Lederer und rügte Laskers unsportliches Verhalten während des Turniers. Dabei ging es vor allem darum, dass Lasker seine Gegner mit dem beißenden Qualm billiger Fünf-Cent-Zigarren einnebelte. Die teuren Havanna-Zigarren, die ihm von Schachfreunden angeboten wurden nahm er dankend an, steckte sie ein und rauchte sie in seiner Freizeit außerhalb des Turniersaals.
Bei Bogoljubow war der Grund ein anderer. Er forderte ein Sonderhonorar von 1500 Dollars, was das Turnierkomitee ablehnte, weil die Preisgelder reichlich bemessen waren. So gab es für die ersten Drei 2000, 1500 und 1000 Dollars, für die übrigen drei Spieler pro Punkt 100 Dollars. Hinzu kamen die Schiffspassagen von Europa nach Amerika und zurück, freier Hotelaufenthalt und 200 Dollars für Ausgaben aller Art.
Das Turnier dominierte Capablanca und wurde überlegener Sieger mit 14 Punkten (+8,=12,-0) vor Aljechin mit 11,5 Punkten (+5,=13,-2). Am Ende des ersten Durchgangs bezog Aljechin eine krachende Niederlage gegen Capablanca, die ihn für den Rest des Turniers belastete. Im Turnierbuch schreibt er selbstkritisch zu diesem Verlust: "Ich schäme mich dieser Partie, gebe aber gern zu, dass mein Gegner meine Fehler tadellos ausgenutzt hat."
Nimzowitsch brachte es auf 10,5 Punkte (+6,=9,-5) und musste mit dem dritten Rang und dem dritten Schönheitspreis für seinen Sieg gegen Marshall im vierten Durchgang (18. Runde) zufrieden sein. Dr. Vidmar hatte mit 10 Punkten (+3,=14,-3) noch gut mitgehalten, während Spielmann mit 8 Punkten (+1,=14,-5) und Marshall mit 6 Punkten (+1,=10,-9) deutlich zurückblieben.
Das Turnierkomitee hatte große Pläne für 1928 und die folgenden Jahre. Doch die weltwirtschaftliche Lage machte es unmöglich große Sponsoren zu finden. Und der "Black Friday", der Zusammenbruch der New Yorker Börse am 25. Oktober 1929, beendete alle Träume von großen Schachturnieren. Ab 1936 fanden regelmäßig die US-Meisterschaften in New York statt, Open und die WM zwischen Kasparov und Anand statt, aber der alte Glanz war erloschen.
Master Class Band 4: José Raúl Capablanca
Er war ein Wunderkind und um ihn ranken sich Legenden. In seinen besten Zeiten galt er gar als unbezwingbar und manche betrachten ihn als das größte Schachtalent aller Zeiten: Jose Raul Capablanca, geb. 1888 in Havanna.
Rg. | Titel | Name | Land | ELO | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | Pkt. | Perf. | Wtg. |
1 | GM | Jose Raul Capablanca |
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1½½½ | ½1½ | ½½1½ | ½½1½ | 11½1 | 13.0 / 19 | ||||
2 | GM | Alexander Alekhine |
|
0½½½ | ½01½ | ½½½½ | 1½½1 | ½1½1 | 11.5 / 20 | ||||
3 | Aron Nimzowitsch |
|
½0½ | ½10½ | 100½ | 11½½ | 1½½1 | 10.5 / 19 | |||||
4 | GM | Milan Sr Vidmar |
|
½½0½ | ½½½½ | 011½ | ½½½½ | ½01½ | 10.0 / 20 | ||||
5 | Rudolf Spielmann |
|
½½0½ | 0½½0 | 00½½ | ½½½½ | ½½1½ | 8.0 / 20 | |||||
6 | Frank James Marshall |
|
00½0 | ½0½0 | 0½½0 | ½10½ | ½½0½ | 6.0 / 20 |
Die ganze Schachgeschichte, mit diesem großen Turnier und allen anderen auch, kann in der Mega Database 2017 noch einmal nacherlebt werden: Die besten Partien der großen Schachspieler, ihre Anmerkungen und Kommentare, Anekdoten und Geschichten.