Die 7. Weltmeisterschaft im Schachboxen mit Athleten aus 17 Ländern fand Ende September in der Lagator Hall im serbischen Loznica statt. Die WM wurde vom WCBO (World Chess Boxing Organisation) und in Kooperation mit dem serbischen Schach- und Boxverband organisiert. Unterstützung bekam das Event erstmalig von Chess.com, außerdem war die serbische Firma Outpost für Übertragung und Digitalisierung verantwortlich. Die Live-Übertragung fand auf dem YouTube Kanal vom bekannten Schachboxen-Kommentator Mat Thomas statt.
Gold für Frankreich und Silber für den Deutschen Fabian Alcer (links) | Foto: Cordelia Koppe
Insgesamt 178 Teilnehmende kämpften in spannenden Kämpfen um die Titel. Russland bestätigte dabei seine Vormachtstellung und gewann erneut den Mannschaftspokal. Das US-amerikanische Team sorgte mit seiner bisher stärksten Performance für Aufsehen und erreichte überraschend den zweiten Platz in der Gesamtwertung, knapp vor Frankreich.
In der Königsklasse triumphierte der neue Superschwergewichtsweltmeister IM James Canty III aus den USA: Er besiegte im Finale den Russen Evgenii Isaer auf dem Schachbrett. Dieser Fight sorgte für den US-Chess-Streamer James Canty III für vorher unvorstellbare Reichweite im Internet.
Für Deutschland gab es im Mittelgewicht Grund zum Jubeln: Lasse Räbinger holte die Goldmedaille.
Gold für Lasse Räbiger | Foto: Cordelia Koppe
Und auch Alina Rath zeigte sich wieder einmal von ihrer starken Seite und gewann die Goldmedaille im Schachboxen Light (eine Variante, bei der mehr Zeit für Schach und weniger für Boxen zur Verfügung steht). Beim Format Classical fiel sie – sehr zum Bedauern der Fans und der Konkurrenten – allerdings gegen ihre Erzrivalin Amina Akhmadulina krankheitsbedingt aus. Ähnliches Pech hatte auch Refik Latifi: Der deutsche Schwergewichtsboxer kugelte sich im Finale gegen den Russen Nikita Yasichenko in der Offensive die Schulter aus. Somit brachte er die Silbermedaille mit nach Hause.
Gute Stimmung im Team Deutschland. | Foto: Cordelia Koppe
Das deutsche Team ging mit 17 Kämpferinnen und Kämpfer aus Clubs in Berlin, Köln, München und Frankfurt in den Ring und verließ ihn mit beachtlichen 19 Medaillen wieder. „Ein zufriedenstellendes Resultat, das jedoch leicht hinter den Ergebnissen der vergangenen Weltmeisterschaften zurücksteht“, bilanzierte der mit den Rahmenbedingungen in Loznica sehr zufriedene Josef Galert. Er ist Generalsekretär der WCBO und fährt fort: „Besonders hervorzuheben ist Fabian Alcer vom Chess Boxing Club Berlin (CBCB), der sich in seiner Gewichtsklasse die Silbermedaille sicherte. Sein spektakulärer Viertelfinalkampf gegen den US-Amerikaner FM William Graif wurde von der Jury zum ‚Kampf des Jahres‘ gewählt – ein emotionaler Höhepunkt des gesamten Turniers.“
Das Länder-Ranking wurde von dem Aufsteiger im Chess Boxing USA aufgemischt. Die bislang im Chess Boxing noch nicht so hervorgetretene Nation landen auf Platz 2 hinter Russland und vor Frankreich. Insgesamt holt das dominante russische Team 16 Gold-, 9 Silber- und 4 Bronzemedaillen. Deutschland gewinnt zweimal Gold, 7 Mal Silber und 6 Mal Bronze. Die Kämpfer der indischen Schachbox-Liga bekamen bis auf zwei Leute keine Visa, was einer der großen Aufreger des Events war und worüber Chessbase India berichtete.
Latifi dominiert seinen russischen Gegner im Boxring bis zu seiner Verletzung | Foto: Cordelia Koppe
Das Niveau der Weltmeisterschaft steigt jedes Jahr, es gibt mehr Anmeldungen (Russland stellte alleine etwa 50 Kämpfer) denn die Popularität unseres Trendsports wächst stetig. Die Aufmerksamkeit in den sozialen Medien ist auch rapide gewachsen. Der Einstieg von chess.com und der Besuch vom sehr bekannten türkischen Schachstreamer Sabri Can Onay sind dafür ein gute Beispiele. Auch die ehemalige WBO-/WBC-Profiboxerin und jüngste Weltmeisterin aller Zeiten, Christina Hammer, war dieses Jahr wieder dabei.
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Die Organisation des Events ist jedoch verbesserungswürdig. Kämpfer mussten teilweise zweimal hintereinander antreten, wenn sie in mehr als einer Kategorie angemeldet waren. Unser Silbermedaillen Gewinner Konstantin Tryfon kämpfte dreimal innerhalb von 24 Stunden, was sehr fragwürdig war. Das Format Chessboxing Light wird praktisch nach Classical Regeln ausgetragen, was die Idee evom Boxen nach Punkten ohne K.O. untergräbt.
Denno Probst mit Silbermedaillen-Gewinner
Konstantin Tryfon | Foto: Cordelia KoppeZu unserem Team und Strategie ist zu sagen, dass wir uns im Frühjahr auf eine WM in Frankreich vorbereitet hatten, als dann der Austragungsort eine serbische Kleinstadt wurde, sprangen viele aussichtsreiche Athleten ab. Außerdem stieg die Herausforderung, weil russische Kämpfer natürlich eher nach Serbien als nach Frankreich reisen. Dementsprechend waren unsere Schach-Spezialisten relativ jung und hatten weniger Boxerfahrung, die Boxer hingegen setzten die Strategie vom diesjährigen Schachtrainer Aaron Koellner nicht immer optimal um. Dazu kam die intransparente Zusammenstellung der Kampflisten, die in Riccione 2023 noch öffentlich erstellt wurden.
Fazit
Auch wenn drei unserer Kämpfer im Finale standen, bin ich mit dem Ergebnis im Grunde unzufrieden. Wir werden uns nächstes Mal besser positionieren und eventuell nochmal aussetzen, wenn das Event ähnlich organisiert wird. Andere Vorstandsmitglieder des WCBO beobachten die Entwicklung ebenfalls kritisch. Daher steht auch auch im Raum, die WM in den nächsten Jahren nach Köln zu holen. Die gut organisierte UCL Fight Night im Sommer 2024 hat viele überzeugt. Für die Umsetzung müsste aber die Unterstützung aus Deutschland durch Sponsoren und Genehmigungen gewährleistet sein. Wir prüfen das bis zum Sommer 2026 und werden dann eine Entscheidung treffen.
Alle Kämpfe wurden erstmal live über Chess.com übertragen. Ebenso sorgte der Weltmeistertitel für den US-Chess-Streamer James Canty III für vorher unvorstellbare Reichweite und Zuspruch.
Chessbase India
Chess.com
Großmeister Canty
Türkischer Top Schach-Streamer Sabri Can Onay
Christina Hammer
WM ÜBERTRAGUNG
Tag 1
Tag 2
Tag 3
Tag 4 (Halbfinale/Finale)
Tag 5 (Finale)
Parallel zum sportlichen Geschehen tagte die Generalversammlung der World Chess Boxing Organisation (WCBO). Das neu gewählte Präsidium vereint Vertreterinnen und Vertreter aus Frankreich, Deutschland, Italien, Lettland, Russland und den USA – ein starkes Signal für den internationalen Zusammenhalt und die strategische Weiterentwicklung der Sportart.
Quellen: WCBO-Generalssekräter Josef Galert, Denno Probst, Manager und Trainier Chess Boxing Cologne