Nigel Short gewinnt Sigeman mit 4½/5
Von Axel Smith
Fotos: Axel Smith und Calle Erlandsson
Sieger Nigel Short zu Anfang des Turniers
Vor Beginn des
Turniers versprach Nigel Short, sein Startgeld zurück zu zahlen, falls er
ein Kurzremis akzeptieren sollte. Seine kämpferische Einstellung machte sich
bezahlt: mit 4½ / 5 gewann er nach seinem Sieg bei der offenen
thailändischen Meisterschaft das zweite Turnier in Folge.
Tomi Nybäcks (rechts) gute Stimmung nach seiner Partie gegen Ivan Sokolov
(links) ist leicht zu verstehen:
“Nun, im Prinzip stand ich bereits nach zehn Zügen schlechter und musste
mich verteidigen.“
Das machte er mit Erfolg und kam zu einem Remis.
Was denkst du über dein Spiel in diesem Turnier?
Tomi Nybäck: “Ich
weiß nicht. Ich holte weniger Punkte, als ich mir vorgenommen hatte. Gegen
Nigel habe ich dumm verloren – okay, das passiert manchmal – aber in den
beiden Partien gegen die Schweden hatte ich eine Qualität mehr und konnte
nicht gewinnen. Das Turnier war spannend und interessant. Bei fünf Runden
hat man genug Energie, um keine kurzen Remis zu machen. Mein nächstes
Turnier ist das Miguel Najdorf Gedenkturnier in Novos.”
Ivan Sokolov: “Ich
habe zu viele gute Stellungen verpatzt, deshalb hatte ich am Ende nur 50%.
Gegen Grandelius bin ich dem Remis mehrfach ausgewichen und gegen Nigel
hatte ich eine aussichtsreiche Stellung, in der ich dann leider einen
schlechten Zug – Kh1 – gespielt habe, der einfach einen Bauern einstellt.”
Emanuel Berg: “Ich
war nicht ausreichend vorbereitet, wie unschwer zu erkennen ist. Meine
Vorbereitung war viel zu kurz. Die zwei Wochen nach meiner Rückkehr von
Turnieren in Spanien habe ich mit meiner Familie verbracht. Ein paar Tage
vor dem Turnier habe ich in Holland gespielt, aber ich glaube nicht, dass
das ein Problem war – normalerweise wirkt sich das bei mir nicht aus.”
Bergs kompromissloser Stil bringt ihm viele Siege, aber manchmal verliert er
auch mehr Partien als nötig.
In der letzten Runde spielte er 11.Sg5 Tf8 12.Sf3 Te8 gegen die Spanische
Saizew-Variante,
aber wich dann der Zugwiederholung und dem Remis aus.
In der zweiten Runde spielte Nybäck
10.Ld2 im halboffenen Katalanen, was Short zum Nachdenken
veranlasste. Nach etwa zehn Minuten spielte er mit 10…h6 eine Art
Abwartezug. Schwarz möchte Sbd7 spielen, aber nicht, wenn Weiß darauf La5
antworten kann. In der Partie folgte das normale 11.a3, ein weiterer
nützlicher Zug und dann brachte Short eine Neuerung: 11…Te8. Gehört
der Turm wirklich auf die e-Linie?
Nybäck wollte sich
noch nicht festlegen, ob er seinen Turm nach d1 oder nach c1 stellt, und
entschied sich für 12.b4 und verschaffte dem Springer so
Bewegungsfreiheit: 12…Sbd7. Üblicher ist 11…Ld6 12.b4, aber dann
droht nach späterem e4 immer gleich e5. Vielleicht gewinnt das beinahe
nutzlose Te8 ein Tempo anstatt eins zu verlieren!
Nils Grandelius, der im Verlauf des Turniers 16 wurde, lebt nur 25 Kilometer
vom Spiellokal entfernt.
Herzlichen Glückwunsch Nils! Was ist das
Geheimnis hinter deinem Erfolg?
Danke! Ich glaube, ich war gut auf das Turnier vorbereitet. Ich habe mich
eine ganze Zeit darauf vorbereitet, und das hat nicht nur bei den
Eröffnungen, sondern auch psychologisch geholfen.
Aber bis zum Beginn des Turniers bist du noch zur Schule gegangen. Hat
das nicht gestört?
Nein, das war kein Problem. Die Schule hier ist sehr entspannt.
In zwei Wochen triffst du bei der schwedischen Meisterschaft erneut
auf Tiger Hillarp-Persson und Emanuel Berg. Zählst du da auch zu den
Favoriten?
Nein, ein gutes Turnier sagt nicht allzu viel aus. Berg und Hillarp Persson
sind immer noch viel besser als ich. Aber natürlich spiele ich in der
schwedischen Meisterschaft trotzdem auf Sieg.
Verfügen die Spieler mit 2600 über irgendwelche besonderen
Fähigkeiten?
Natürlich sind sie in allen Bereichen besser, aber meiner Ansicht nach sind
sie bei der Einschätzung von Stellungen besonders gut. Je schneller man da
ist, desto mehr kann man sich auf das pure Rechnen konzentrieren. Vor allem
in Zeitnot ist diese Intuition wichtig. Zum Beispiel habe ich in meiner
Partie gegen Short geglaubt, ich hätte eine etwas bessere Stellung, aber in
Wirklichkeit stand ich kritisch! Das habe ich erst gemerkt, als es zu spät
war.
Auf der Elo-Liste der 1993 geborenen Spieler stehst du auf Rang 5.
Allerdings enthält diese Liste nur wenige westliche Namen. Warum ist das so?
Ich glaube, das lässt sich leicht erklären: in armen Ländern ist es viel
attraktiver, sich ganz aufs Schach zu konzentrieren, es gibt wirtschaftliche
Gründe dafür. Ich glaube nicht, dass die Schachkultur eine große Rolle
spielt, denn auch in Schweden kann man gutes Training bekommen. Okay, in
vielen Ländern haben die Leute seit ihrer frühen Kindheit einen Trainer,
aber ist das wirklich so wichtig? Ich glaube, es reicht aus, viel zu spielen
und sich all den Spaß am Schach zu bewahren, den das Spiel bietet.
Stellan
Brynell kommentierte die Partien und war mit seinem ironischen Stil höchst
unterhaltsam.
Stellan Brynell:
“Nigel Short hinterließ einen starken Eindruck! Nils war die große positive
Überraschung. Seine beste Partie war die gegen Emanuel Berg. Gegen Nybäck
und Sokolov hatte er ein bisschen Glück, aber um Glück zu haben, muss man
kämpfen. Nybäck hätte mehr Punkte verdient gehabt. Gegen Nils und gegen
Tiger hätte er gewinnen können. Vor dem Turnier gab es Bedenken, dass fünf
Partien nicht genug sind, um das Turnier interessant zu machen, aber das
Gegenteil war der Fall. Die Spieler haben wirklich gekämpft. Es gab kein
einziges kurzes Remis.”
Nils Grandelius – Ivan
Sokolov
Sigeman & Co Chess Tournament (2), 04.06.2009
Sokolov stand im Mittelspiel
gut, aber dann überzog er. Jetzt steht vor allem der schwarze König
unsicher. Grandelius verpasste einen studienartigen Sieg: Er spielte
49.Dd7+. 49.Dc3+! Dg8 50.Dc6!! Df8+ 51.Kg3 Da3+ 52.Kg4 h5+ 53.Kg5 musste
geschehen. Schwarz hat nur ein Schach: 53…Dc1+ 54.Dxc1 Txc1 55.Kxg6 Kf8
56.Kxh5 Tc2 57.Tf4+! und jetzt behält Weiß entweder beide Bauern (57…Kg8
58.Tg4+) oder schneidet den schwarzen König ab (57…Ke7 58.g4). In der Partie
fand Sokolov die einzige Verteidigung: 49…Kf8 50.Tf4+ Kg8 51.Dd5+ Kh8
52.Dd4+ Kg8 53.Dc4+ Kh8 54.Tf7 Te1 55.Dd4+ Te5 56.Kf4 g5+ 57.Kg4, aber
jetzt hätte er 57…Kg8 mit guten Remischancen spielen sollen. Stattdessen kam
57…h5+ 58.Kh3! Kg8 59.Td7 Db5 und jetzt blieben Nils nur noch 80
Sekunden für den letzten Zug vor der Zeitkontrolle. Im Analyseraum herrschte
Aufregung. Findet er den einzigen Weg zum Gewinn? 60.Kh2! Ein
ruhiger Zug entscheidet die Partie. Schwarz hat keine Schachs und kann
seinen König nicht schützen. 60…Dc5 61.Dd3 1-0
“Der Spiegelsaal”. Zu sehen sind Schiedsrichter Anil Surender und Nils’
Sekundanten Michael de Verdier & Axel Smith.
Nils
Grandelius – Emanuel Berg
Sigeman & Co Chess Tournament (4), 06.06.2009
26.Le6!
war ein Schock für Berg. Nach 26…Te7
27.Dxf6 Txe6 28.Txe6 Dxe6 29.Dxe6 fxe6 war das Bauernendspiel wegen der
geringeren Zahl der Bauerninseln für Weiß gewonnen. 30.Kf3 Kf7 31.Kf4 Kf6
und jetzt wäre 32.g5+ hxg5 33.hxg5 Ke7 34.Ke5 a5 35.a4 Kf7 36.d5! der
einfachste Weg zum Gewinn gewesen. Grandelius wählte stattdessen das
mysteriöse 32.a3, aber gewann später mit dem gleichen Motiv.
Post Mortem
Nigel Short und Tiger Hillarp Persson
Endstand
Runde 1
Nybäck-Grandelius ½-½
Short-Berg 1-0
Hillarp-Sokolov 0-1
Runde 2
Grandelius-Sokolov 1-0
Berg-Hillarp 1-0
Nybäck-Short 0-1
Runde 3
Short-Grandelius 1-0
Hillarp-Nybäck ½-½
Sokolov-Berg 1-0
Runde 4
Grandelius-Berg 1-0
Nybäck-Sokolov ½-½
Short-Hillarp ½-½
Runde 5
Hillarp-Grandelius ½-½
Sokolov-Short 0-1
Berg-Nybäck 0-1