Nijboer siegt in Amsterdam

von ChessBase
26.07.2004 – Durch ein Remis in der Schlussrunde sicherte sich Friso Nijboer mit 7/9 den alleinigen Sieg beim ACP-Turnier in der niederländischen Hauptstadt und hat damit 5.000 Euro mehr auf seinem Großmeisterkonto. Aus deutscher Sicht erfreulich war vor allem die Leistung des Wiesbadeners Eric Lobron, der einen halben Punkt dahinter auf dem geteilten 2. Platz landete, in einem Pulk, der vorwiegend aus Holländern bestand - was Evi Zickelbein in ihrem Bericht nach der sechsten Runde bereits vorausahnte...Oranje Power in Amsterdam...Die Partien des ACP-Turniers...

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Oranje Power im Studenten Sportcentrum

Nach gespielten sechs Runden ist es höchste Zeit für einen weiteren Stimmungsbericht aus Amsterdam – dabei ist es nicht ganz einfach, die technischen Schwierigkeiten zu überwinden: In der herrlichen Wohnung unseres Gastgebers Cees Visser haben wir zwar alle Annehmlichkeiten die das Leben so bietet, aber leider kein Internet. In den zahlreichen Internet-Cafés kann man zwar Emails schreiben und abrufen, aber keine Fotos verschicken. Bleibt das Pressebüro der Turnierorganisation im Studentensportcentrum. Dort aber ist die Internetverbindung so langsam, dass das Verschicken der Fotos zu meinem ersten Bericht 45 Minuten dauerte... Vielen Dank, dass dies trotzdem möglich gemacht wurde!

In Holland beginnen die Runden traditionell immer um 13 Uhr und diese frühe Anfangzeit – bei einem solchen Open würde ich einen Rundenbeginn von 15 Uhr vorziehen – reißt den Tag etwas auseinander, weil so nur die wenigen Vormittagsstunden zum Schreiben bleiben. Außerdem befinde ich mich eigentlich im Urlaub, so dass eigentlich Ausschlafen angesagt ist... So kommt es jedenfalls, dass das Kulturprogramm mal wieder etwas zu kurz kommt – das Rijksmuseum und auch das Van Gogh-Museum habe ich jedenfalls bisher nur von Außen gesehen. Aber da meine Eltern vor ein paar Tagen ebenfalls Amsterdam besuchten und nur wenige Stunden beim Schachturnier vorbeischauten und ansonsten Sightseeing gemacht haben, konnte ich wenigstens authentische Berichte genießen. Hier passt also mal wieder der Klassiker meiner Mutter: „Na, wieder mal nur Brett vorm Kopf gehabt!?“

Denn nach den Partien wird natürlich erst einmal analysiert und es besteht ausgiebig die Gelegenheit, die sozialen Kontakte in der Sonne auf dem Balkon des Studenten Sportcentrum zu pflegen. Leider liegt der Spielort auch etwas außerhalb, so dass es sich nicht lohnt mal eben auf einen Sprung in die Stadt zu fahren.

 

Bei der bierernsten Analyse: IM Sebastian Siebrecht, Karel van Delft, Merijn van Delft

Henk Jan Visser nimmt am A-Open teil – leider bisher nur mit mäßigem Erfolg (wie die Berichterstatterin im B-Open). Dafür aber ist er der Analysekönig!!

Zu Besuch: WGM Tea Bosboom-Lanchava – musste wegen eines Virus die holländische Meisterschaft abbrechen, nun geht es ihr aber wieder besser.

Konzentriert: Yvette Nagel-Seirawan von der Turnierorganisation

Blickfang: Marion Adriaans spielt im B-Open und wird am 19. August Loek van Wely heiraten!

Zum Turnier:

Nach sechs Runden führt ein Mann „einsam“ die Tabelle an: Mit 5,5 aus 6 müsste es nun eigentlich KingFriso und nicht KingLoek heißen! Doch auch Loek van Wely ist natürlich noch dick im Geschäft, denn mit 5 aus 6 liegt er nur einen halben Zähler hinter dem führenden Nijboer, genau wie die holländische Legende Jan Timman und der russische GM Tregubov. Somit ist klar, welches Brett in der siebten Runde von den zahlreichen Zuschauern umlagert sein wird: An Tisch 1 spielen GM Tregubov und GM Nijboer, doch das Duell an Tisch 2 lässt die Herzen der holländischen Schachfans höher schlagen: Jan Timman gegen Loek van Wely!

Doch zurück zu sechsten Runde: Während van Wely und Timman verhältnismäßig klar gegen Gagunashvili bzw. Lobron gewannen, gab es an Tisch 1 zwischen Nijboer und Nikolic ein faszinierendes Partiefinish.

Nijboer – Nikolic in echt...

...und am Bildschirm

Gebannt verfolgten an die fünfzig Zuschauer am Übertragungsbildschirm im Spielsaal und um das Brett herum die Schnellschachphase. Ausgangspunkt war eine Stellung mit Mehrqualität aber nur noch einem Bauernpaar (h- gegen g-Bauer) für Nijboer, der jedoch auf der Suche nach dem Gewinnweg schon sehr viel Zeit investiert hatte und deshalb mit nur vier gegen über 20 Minuten von Nikolic trotzdem noch alles versuchte. Und so trieb er mit immer knapper werdender Bedenkzeit den schwarzen König von der Verteidigung seines g6-Bauern auf die c-Linie, sah aber dann mit nunmehr nur noch knapp über einer Minute (gegen vier von Nikolic) ein, dass dies nicht den gewünschten Effekt hatte, da Springer und Läufer diesen immer noch zuverlässig decken konnten. Dann der intuitive Planwechsel: Den eigenen König besser stellen, einige Mattdrohungen gegen den auf der Grundreihe gefesselten schwarzen König kombiniert mit einer Hebeldrohung h5 aufstellen. Die Bedenkzeit minimierte sich auf 18 Sekunden, als Nijboer sein Ziel erreichte und den schwarzen Läufer gewann – Nikolic gab sofort auf und ließ sich die Mattführung nicht mehr zeigen und Szenenapplaus brandete auf, den die Schiedsrichter aber schnell unterbanden, weil parallel im B-Turnier noch ein Spieler mit Läufer und Springer gegen Springer seinen Gegner über die Zeit hob... Ein wirklich faszinierendes Finish und nach einer solchen Vorstellung wird einem dann auch wieder klar, wieso man Schach  so liebt!

Friso Nijboer wird übrigens beinah täglich von seiner ganzen Familie unterstützt: Seine Frau und seine beiden Töchter sind immer dabei und haben im Studentensportcentrum auch genügend Beschäftigungsmöglichkeiten:

Familie Nijboer am Flipper

Es sieht also nach sechs Runden so aus, als würde der Löwenanteil des ausgelobten Preisgeldes in Holland bleiben – bei den ausländischen Gewinnern würde, so ist der Ausschreiben zu entnehmen, sowieso auch 20% des Preisgeldes als Steuer abgezogen werden, so dass sich der erste Preis von 5.000,00 € auch gleich auf 4.000,00 € reduzieren würde...

Interessant ist, dass für GM- bzw. WGM-Normen 500,00 € und für IM bzw. WIM-Normen 250,00 € ausgelobt sind. Nicht nur deshalb ist ein Blick auf die Normchancen interessant. Besonders interessant wird er, da das holländische Jugendschach wieder voller hoffnungsvoller Talente steckt: Allen voran der 14jährige Wouter Spoelman aus Enschede. Mit einer Elo-Zahl von 2277 ins Turnier gestartet, hat er nun schon 4,5 Punkte aus 6 Partien und zumindest seine zweite IM-Norm schon fast sicher – doch auch eine GM-Norm ist noch in Reichweite!

Spoelman – L’Ami

Der Weg zu diesem erstklassigen Resultat führte von einer Auftaktniederlage gegen den in diesem Turnier völlig indisponierten Jan Smeets (3 aus 6) mit Siegen gegen WGM Jovanka Houska und IM Manuel Bosboom zur Partie in der sechsten Runde gegen einen weiteren starken holländischen Nachwuchsspieler, IM Erwin L’Ami. Dieser versuchte mit Schwarz alles, um seinerseits seine Chancen auf eine GM-Norm zu erhalten und opferte in leicht schlechterer Stellung eine Qualität für einen Freibauern, doch Spoelman ließ sich nicht einschüchtern und fuhr die Partie souverän nach Hause. Ebenfalls noch auch Kurs ist der 21jährige Ramon Koster, der in der 7. Runde gegen GM Lobron antreten muss. Und der junge belgische Nachwuchsspieler IM Bart Michiels hat 4 aus 6 und könnte noch auf eine GM-Norm spielen.

Die Schlussrunden versprechen also Spannung pur – vielleicht werde ich mich nach Beendigung des Turniers noch einmal mit einem Abschlussbericht melden.

Tot snel en groeten uit Amsterdam

Eva Maria Zickelbein

 

Amsterdamer Impressionen

Auf unseren abendlichen Spaziergängen durch das wunderschöne Amsterdam führte uns unser Weg natürlich auf zum Max-Euwe-Plein, ein Platz mitten im Zentrum von Amsterdam, der nach dem holländischen Weltmeister und FIDE-Präsidenten benannt ist: Eine Statue und ein Freiluftbrett erinnern so dauerhaft an ihn.

 

Statue

Die Schachpolizei, dein Freund und Helfer

Auch auf dem berühmten Blumenmarkt waren wir immerhin schon und haben uns in die Touristenströme aus aller Herren Länder eingereiht:

Tulpen, Tulpen, Tulpen

 

Parken in Amsterdam II

 

Das passiert deutschen Touristen, wenn sie illegal an der Gracht parken: Die Partkralle und mindestens 90,00 €, um das Auto wieder frei zu lösen... Da nützt auch das „VIP“-Schild in der Frontscheibe nichts...

Da lob ich mir doch mein „fiets“:

 

Aber wie soll ich jetzt da rüberkommen?


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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