Nikolaus 10.0
Es muss nun schon so im zehnten Jahr sein, dass in den ChessBase Büros um
den 6. Dezember herum der Nikolaus seine Aufwartung macht und versucht, den
herbei zitierten Kindern der Mitarbeiter die christliche Botschaft des
westlichen Wertesystems zu vermitteln. Zumindest das Herbeizitieren hat in
den vergangenen Jahren noch einigermaßen reibungslos geklappt, doch damit ist es
jetzt auch vorbei. Heutzutage ist es kaum noch möglich, bei einem etwa 10-jährigen Kind
kurzfristig, also innerhalb der kommenden vier Wochen oder so, einen Termin zu bekommen, erst recht nicht für gesellige
Veranstaltungen dieser Art, wo man nach alter Sitte einfach nur zusammen
etwas Zeit verbringt.
Nein: Kinder haben heute einen dicht gedrängten Terminplan. So dauert
alleine schon die Schule viel länger als früher. Nach weiteren
Pflichtübungen wie Mittagessen und Hausarbeiten steht nicht mehr viel Zeit
für weitere Aktivitäten zur Verfügung. In das verbliebene kurze tägliche
Zeitfenster werden noch Betätigungen im Rahmen sportlicher Ertüchtigung und
musikalischer Ausbildung gepackt. Wenn jetzt noch irgendwo Zeit zu finden
ist, wird diese zum Chatten mit Freunden bei MSN genutzt oder zum Erledigen
wichtiger Aufgaben im aktuellen PC oder PSP-Spiel. Natürlich gibt es noch
wichtige gesellschaftliche Verpflichtungen mit Gleichaltrigen, wenn man sich
z.B. beim "Chillen" trifft. Eltern ohne Englischkenntnisse wären hier stark
im Nachteil und würden diesen termin womöglich für etwas Wichtiges halten.
Im Dezember, wenn die Schulen und Vereine ihre
Nikolaus -oder Weihnachtsfeiern abhalten, wird der Terminstress besonders
groß. So gesehen war es ein Wunder, dass in diesem Jahr überhaupt noch eine
Nikolaus-Termin mit Kinderbeteiligung anberaumt werden konnte. ob dies noch
einmal gelingen kann, wird die Zukunft zeigen.
Eine nicht unerhebliche Aufgabe beri der Organisation einer Nikolausfeier ist auch das alljährliche Auffinden eines
geeigneten Darstellers für die Titelrolle. In Frage kommen nur stabile und unverbrauchte
Persönlichkeiten, die
nicht durch den wiederholt erlebten Ablauf früherer
Nikolausfeiern in einen psychisch labilen Zustand versetzt wurden, der
genau zu Beginn der Adventszeit seinen Höhepunkt zustrebt. So hat sich
Mathias Feist, seinerzeit der zweite Nikolaus-Darsteller der ChessBase-Geschichte
gerade jetzt in den Urlaub verabschiedet. Zufall? Haha.
Bei diesen Problemen kann man nur neidvoll auf Londonderry blicken.
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Dort zogen in einem großen Aufmarsch 13.000 Nikoläuse durch die Straßen.
Offenbar gab es keine Probleme, genug Leute zu finden, die sich an dieser
Aktion beteiligen
wollten. Aber keiner von denen musste auch je den Ernstfall erleben:
Auftritt vor höhnisch grinsenden Kindern. Sonst sähe das ganz anders aus.
Wie auch immer. Am Ende wurde ein Würstchen gefunden, dass bereit war,
seine Knochen hinzuhalten. Einzelheiten können an dieser Stelle jedoch nicht
verraten werden (Feind hat auch Internet und liest heimlich mit).
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Da, der Nikolaus...
Nach den Jammerberichten aus den letzten Jahren haben wir übrigens einige
mitleidsvolle Zuschriften von Lesern bekommen. An dieser Stelle sei allen
gedankt, die uns Vorschläge zur besseren Inszenierung dieses frommen Fests
unterbreitet haben. Auch wenn manches sich nicht hat realisieren lassen -
allein dass man sieht, auf welcher Seite die Sympathien der Leser liegen, gibt
uns viel Kraft und lässt uns neuen Mut schöpfen.
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Hihi...
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... hoho...
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... der Nikolaus, hähä
Wahrscheinlich war es ein Fehler, dass wir von Anfang an auf Knecht
Rupprecht verzichtet haben. Zusammen mit dem guten Nikolaus hätte ein
ekliger Knecht Rupprecht, in Lumpen und mit Russ beschmiert, den Kindern auf ideale Weise das
good cop-bad
cop-Konzept vermitteln können. Zuckerbrot und Peitsche, hier wäre es die
Rute, sind
ja bekanntlich von jeher das Grundprinizip aller geordneten Verhältnisse. Heute kann dieses Versäumnis kaum mehr nachgeholt werden.
Wer keinen Respekt vor einem Mann im roten Filzmantel hat, wird auch den
Polizist bei der Verkehrskontrolle später frech angrinsen und behaupten, das
Tacho sei kaputt.
Mit dem dreijährigen Jan Oke gab es zum Glück noch ein Kind, das dem
mythischem Zauber des Nikolausbrauchs unvoreingenommen und positiv gegenüberstand.
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Jan Oke
Einige unangenehme Nachfragen zum Verhalten in Konfliktsituationen wurden
mit stoischer Gelassenheit entgegen genommen. Der Hinweis, beißen und hauen,
seien ungeeignete Mittel zur Lösung derselben, dankend und gelehrig
verinnerlicht. Ein großer Autotransporter entschädigte für die dann allerdings
doch zunehmend lästiger werdenden Ausführungen.
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Dieses Verhalten wäre auch für die anderen Beispiel gebend gewesen - aber von
wegen: Anhand der in der Bilddokumentation beweiskräftig abgebildeten
Körpersprache der Angesprochenen lässt sich erkennen, mit welch
unverhohlener Ablehnung dem Nikolaus bzw. seinem Darsteller begegnet wurde.
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Selbst einige Erwachsene waren nicht in der Lage, den nötigen Ernst
aufzubringen.
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Grins...
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Wieher...
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Oliver glaubt vor allem an Schokolade
Nur wenige Teilnehmer zeigten sich Situation gewachsen und brachten den feierlichen Vorgang mit Würde zu
Abschluss.
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Ben und Wolfgang finden den Auftritt total gelungen und können sich vor
Begeisterung nicht halten
Nach dem Abgang des Nikolaus hätte man die Sache ja auf sich beruhen
können. Aber nein! Es wurde nachgetreten:
- "Naja", hieß es aus dem Kreis der
jungen Leute, "in den letzten Jahren haben auch schon Darsteller
gehabt, die die Nuancen der Rolle besser
wahrgenommen haben. "Es fehlte auch etwas an Esprit und Witz!" "Eine
plastische und differenzierte Zeichnung des Charakters ist nicht gelungen."
"Etwas mehr Sorgfalt bei der Gestaltung des Kostüms, z.B. ein anderes
Schuhwerk, hätte der Vorführung gut getan, Dann wäre die Illusion zwar auch
nicht gelungen, aber als Zuschauer hätte man immerhin gewusst, was gemeint
war.!" "Er war heute auch etwas kurz angebunden!"
Später schlichen einige Rädelsführer in die hintersten Ecken des Lagers,
fanden das inzwischen dort abgelegte Nikolauskostüm, sicherten Spuren und
machten mit ihren Foto-Handys Beweisfotos und Videos.
Videobeweis:
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Nikolauskostüm im Lager
Um die Demütigung perfekt zumachen, ließen sie ich dann auch noch selber im
Nikolauskostüm ablichten.
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Amateurfoto mit dem Handy. Total unscharf (bätsch)...
"Im nächsten Jahr nehmen wir die Sache selbst in die Hand."
Nikolaus: So war es früher:
Nikolaus 2006...
Nikolaus 2005...
Nikolaus 2004...
Nikolaus 2003...
Nikolaus 2002...
Nikolaus 2001...
André Schulz
Fotos: Benjamin Bartels, Frederic Friedel