Nikolaus 2005

von ChessBase
12.12.2005 – Seit Jahren befindet sich die ChessBase-Nikolausfeier in einer schweren Krise. Regelmäßig werden die Hauptdarsteller aus den Reihen der Belegschaft vom jungen Zielpublikum enttarnt. Die besinnliche Feier wurde in der Folge mit unbotmäßigem Grinsen und respektlosen Grimassen auch noch ins Lächerliche gezogen. In diesem Jahr konnte jedoch ein ambitionierter Hobbyschauspieler für die Hauptrolle gewonnen werden. Das Organisationskomitee durfte sich berechtigte Hoffnung machen, die jüngeren Teilnehmer der Feier einmal nachhaltig zum Schweigen bringen zu können. Doch dann kam es zu einem an sich kleinen, aber folgenschweren Ausstattungsfehler, der den engagierten Vortrag des Mannes im roten Mantel leider ad absurdum führte. Mehr...

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Beim Nikolausfest geht es bekanntlich darum, dass die Erwachsenen sich eine Freude machen, indem sie Kindern einreden, eine Person mit weißem Bart und rotem Mantel, genannt Nikolaus, käme auf einem von Elchen gezogenen Schlitten durch den Himmel herbei geflogen und brächte Äpfel, Nüsse, Schokolade und andere Geschenke.

Die vollständige Inszenierung dieses tief im westlichen Werteverständnis verwurzelten Traditionsvorgangs ist in allen Einzelheiten nicht immer leicht zu bewerkstelligen. Wer außer Steven Spielberg könnte beispielsweise seinen Kindern schon die Anreise des Nikolaus per Schlitten aus der Luft vorspielen. So reduziert sich der Auftritt zumeist auf plötzliches Erscheinen des Nikolaus innerhalb des Gebäudes und zwar zu Fuß, verknüpft mit der Behauptung, der Schlitten und die Elche bzw. Rentieren stünden draußen. Kinder, die dies nachzuprüfen wünschen, werden - notfalls auch unter Androhung von wenig erfreulichen Repressalien ("Du möchtest doch auch ein Geschenk bekommen, wie die anderen Kinder. Dann bleib mal schön hier!") - daran nachdrücklich gehindert.

Wenn das Lügengebäude der mythische Zauber, der sich um die Fortbewegungstechnik rankt, nur unter größten Mühen aufrecht zu erhalten ist, so muss wenigstens der Rest des Auftrittes überzeugend wirken. Hier hatte das Festkomitee in den Jahren großes Glück, denn alle bisherigen Interpreten des Nikolausgedankens wussten durch großes darstellerisches Geschick etwaige Lücken in der Dramaturgie gekonnt auszugleichen. Initiatorin Helga Wellershaus hatte in den ersten Jahren ein besonders dankbares Publikum, das der Vorführung folgte, ohne viele Fragen in Bezug auf die Stringenz der Handlung zu stellen.

Nachdem Helga Wellershaus sich als Nikolaus zur Ruhe gesetzt hatte, übernahm Mathias Feist die Rolle und schaffte es, die großen Fußstapfen seiner Vorgängerin praktisch nahtlos auszufüllen. Das hätte zur Freude aller Beteiligtem immer so weiter gehen können, wenn die kleinen Ratten die lieben Kleinen nicht plötzlich angefangen hätten, sich über das Gezeigte Gedanken zu machen.

Wer sich jemals in eine intellektuelle Auseinandersetzung mit einem Fünf, Sechs- oder Siebenjährigen begeben hat, weiß, das er hier auf verlorenem Posten steht. Unzählige Memory-Spiele zwischen Kindern und Erwachsenen finden immer wieder die gleichen Sieger. Jeder, der dies schon selber erlebt hat, kennt das demütigende Gefühl, wenn die unbarmherzigen Gnome lieben Kinder sich feixend zuzwinkern, weil die dämlichen Alten Mama oder Papa das doch eigentlich für jedermann offensichtliche Paar Memorykarten wieder einmal nicht aufdecken konnten und am Ende einen Stapel vorzuweisen haben, der an Höhe nur einen Bruchteil dessen misst, was die Kinder angesammelt haben.

Seit drei Jahren befindet sich die Nikolausfeier in Bezug auf die Titelrolle in einer permanenten Krise. Diese nahm ihren Anfang als Mathias Feist von Johannes enttarnt wurde und damit als Hauptdarsteller verbrannt war. Im folgenden Jahr sprang Mathias Deutschmann spontan ein und im letzten Jahr rettete Pascal Simon den Nikolaus. Er baute die Rolle durch großen Sachverstand bezüglich der Hamburger Jugendfußballszene aus, konnte aber dennoch nicht verhindern, dass Zweifel an der Realität der von ihm dargestellten Person geäußert wurde. Diese wurden je nach Temperament unterschiedlich vorgetragen, durch Kichern hinter vorgehaltener Hand, Augenrollen oder nachträgliches hinterfotziges diplomatisches Anfragen, warum Pascal eigentlich später als die anderen Mitarbeiter auf der Feier erschien, etc.

In diesem Jahr hofften die Erwachsenen jedoch auf einen klaren Punktsieg. Während die vorlauten Kurzen lieben Kinder damit rechneten, es erneut mit Pascal im roten Mantel zu tun zu haben, ergab sich durch einen glücklichen Zufall eine neue Möglichkeit. Uli Leupelt, sonst Chef des Druckhaus Leupelt in Weding , hatte sich als verhinderter Schauspieler zu erkennen gegeben und wollte auf Anfrage sehr gerne die tragende Rolle der Nikolausfeier übernehmen. Das Zielpublikum war inzwischen außerdem mit Jan Oke um ein weiteres Exemplar erweitert. Falls Jan Oke Zweifel an der Glaubhaftigkeit haben würde, könnte er diese immerhin noch nicht äußern. Er ist erst acht Monate!


Jan Oke denkt sich auch seinen Teil, macht aber wenig Worte.

Uli Leupelt legte einen so überzeugenden Nikolaus hin, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte.


Uli Leupelt als Nikolaus

Präzision in Diktion, Mimik oder Gestik - hier stimmte alles. Das war Oscar-reif. Anfänglich gab es beim Zielpublikum die üblichen hämischen Grimassen noch Zweifel.


Wer kommt denn da?


Ho, ho -


Der "Nikolaus", hihi...


Ho, ho, ho


Zum Brüllen komisch!

Doch dann wandelten sich die Skepsi kraft der überzeugenden Darstellung in Erstaunen und Verunsicherung. Der Nikolaus trat diesmal nämlich von der anderen Seite auf und alle, die man an der Tafel erwarten durfte, waren dort tatsächlich auch zu sehen.


Nikolaus und Mathias Feist nebeneinander. Mathias ist es dann wohl nicht!


Das "Goldene Buch"

Keiner fehlte. Außerdem wusste der Nikolaus eine Reihe von teils unangenehmen Details aus dem Privatleben bestimmter Personen zu berichten, so z.B. dass Trödeleien und Verzögerungstaktiken vor dem Schlafengehen zur Anwendung gebracht wurden und dass Johannes seinem Vater Widerworte entgegen gebracht hat. Der Beschuldige konnte zwar in einer spontanen Rede zu seiner Verteidigung  vorbringen, dass sein Vater "ein Angeber" sei. Doch insgesamt schindeten die zuvor an den Nikolaus mit Hilfe moderner Kommunikationstechniken übermittelten Detailinformationen doch mächtig Eindruck.


Ohhh...


Upss. Woher weiß er das?


Leo räumt ein, dass er nicht nur Nutella essen sollte.


Juliane findet den Vorwurf der Trödelei übertrieben.


Jens findet seine schulischen Leistungen übers Jahr betrachtet eigentlich ganz in Ordnung.


Na gut. Möglicherweise ist mehr Sorgfalt beim Aufräumen angebracht.

Dieser Schlag saß! Die Erwachsen grinsten breit lächelten sich fröhlich zu, als sie die Verwirrung der Kleinen zur Kenntnis nahmen.


Matthias Wüllenweber


Frederic Friedel


Rainer Knaak: "Hähä..."


Wolfgang Haar


Nadja Woisin


Marion und Matthias Wüllenweber freuen sich: Viel Taschengeld gespart

Alles wäre auch weiter wie geplant verlaufen, die nächste Anfrage wegen Taschengelderhöhung Hohn lächelnd abgewiesen worden, wäre da nicht ein winziges Ausstattungsdetail gewesen, das den Erfolg der Inszenierung zunichte machte. Ein so winziges Detail, dass niemand es hätte entdecken können - es sei denn, man ist acht Jahre alt, scannt gewohnheitsmäßig alle Ereignisse und Dinge der Umgebung mit allerhöchster Präzision und ist außerdem noch ein Mädchen.

Bekanntlich haben Jungen und Mädchen, bzw. später als Männer und Frauen, ganz unterschiedliche Wahrnehmungsmechanismen. Als Junge oder Mann erinnert man sich, dass man beim Fußball vier Tore geschossen hat, beim Kegeln der beste war und vielleicht noch, wer 1983 das Tor für den HSV gegen Juventus Turin geschossen hat. Frauen können hingegen auf Genauste beschreiben, welche Kleidung sie an jedem Tag der letzten zehn Jahre getragen haben und welche Schuhe. Und weil sie das können, brauchen sie eigentlich für zehn Jahre genügend Schuhe zum Wechseln, begnügen sich aus Bescheidenheit mit einem Bruchteil dessen, wofür ihre Partner oder Männer, diese ignoranten Hornochsen, die ja nicht einmal sicher sagen könnten, welche Schuhe sie selbst im Moment tragen, trotzdem kein Verständnis haben.

Wenn man also ein achtjähriges Mädchen wie Juliane unter seinen Gegnern hat, dann ist klar, wer der Verlierer sein wird.


Einscannen...


...vergleichen...


Das Ergebnis ist ermittelt! (Man beachte die Augenbraue rechts.)

Unter den Erwachsenen an der Tafel saß nämlich auch Steffi Leupelt, Ulis Gattin.


Steffi Leupelt

Als dann der Nikolaus aus seinem Goldenen Buch Lob und Tadel verlas, sammelte Juliane routinemäßig alle verfügbaren Daten ihrer Umgebung. Beim Abgleichen des Materials machte sie folgende Entdeckung:

1. Die ihr unbekannte Frau dort (Steffi Leupelt) trägt einen Ehering.
2. Der ihr unbekannte Mann im roten Mantel, von den Erwachsenen in der alljährlichen lächerlichen Vorführung -  nun gut, wenn es ihnen Spaß macht - als Figur namens Nikolaus ausgegeben, trägt ebenfalls einen Ehering.
3. Die beiden Eheringe sind identisch
4. Daraus folgt: Der Mann im roten Bademantel ist der Ehemann der unbekannten Frau.



Zoom

Das Ergebnis dieser Beobachtung wurde umgehend allen weiteren Kindern mitgeteilt, ausgenommen Jan Oke (Kai: "Der Kleine hat gar nichts geschnallt.").


Jan Oke ist noch nicht soweit und guckt in die falsche Richtung


Mitteilung des Beobachtungsergebnis und Lagebesprechung

Soweit dies.

Sehr viel Spaß und keine zersetzenden Zwischenbemerkungen hatte Almira Skripchenko.

Die Großmeisterin und Spielerin des SV Werder Bremen war wegen der Bundesligarunde in Hamburg und hatte den Besuch bei der Nikolausfeier in ihrem Terminplan mit eingebaut. In der anschließenden TV ChessBase Sendung erzählte sie bedauernd, dass es in der Sowjetunion, in der sie aufgewachsen war, solche schönen Traditionen nicht gab. Begeistert nahm sie am Auftritt des Nikolaus Anteil und fotografierte mit ihrer kleinen Digitalkamera die deutschen Bräuche mit der gleichen Emsigkeit wie seinerzeit Leni Riefenstahl die Nuba.


Almira betrachte ihre Fotos

Mira Kowalski und Yvonne Gerstorff hatten die Tonnen schweren Einkäufe getätigt und unter Mithilfe von Pascal Simon und Yared am Vortage die Tische im Eingangsbereich der Firma so lange hin und her gestellt, bis sie Platz für alle Mitarbeiter und Gäste boten.


Organisationskomitee: Mira Kowalski und Yvonne Gerstorff

Pascal Simon und Yared als sein Gehilfe hatten die hungrige Meute Anwesenden mit etwa 80 leckeren Pfannekuchen versorgt, die sie in nur zwei Pfannen einzeln mit großer Geschicklichkeit und Geschwindigkeit anfertigten, wofür sie mit großer Dankbarkeit von der Belegschaft gefeiert wurden.


Zutaten


Yared und Pascal

Im letzten Jahr hatten zwei Gelegenheits- Moderatoren noch mit einer plörrigen Rinderbrühe leckereren Gulaschssuppe versucht, den Hunger der Belegschaft zu stillen. Das Aufwärmen der wässrigen Suppe hatte Stunden gedauert. Trotz des brillanten Ergebnis wollte man die beiden Hobby-Köche diesmal entlasten und ihre Dienste lieber nicht schon wieder noch einmal in Anspruch nehmen.



Das Mediengeschäft ist bekanntlich gnadenlos und in den wie Königshöfe verwalteten Günstlingswirtschaften der TV-Sender müssen auch kleinste Anzeichen der Veränderung bedeutungsschwer interpretiert werden. Wenn wir in näherer Zukunft also bei TV ChessBase einen Generationswechsel beobachten sollten, würde uns das nicht allzu sehr wundern.

 



André Schulz
Fotos: Nadja Woisin, André Schulz

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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