Offene Europamannschaftsmeisterschaft der Senioren in Dresden

von ChessBase
06.03.2006 – Auf dem Weg zur Schacholympiade 2008 veranstaltet Dresden eine Reihe von nationalen und internationalen Turnieren und Wettbewerbe. Zuletzt waren die Europamannschaftsmeisterschaften der Senioren zu Gast. Der relativ junge Wettbewerb erfreut sich unter den älteren Teilnehmern zunehmender Beliebtheit. Viele Schachlegenden und Veteranen fanden den Weg nach Dresden. Dagobert Kolhmeyer befragte mit Heikki Westerinen und Jewgeny Wasjukow zwei von Ihnen und liefert einen Abschlussbericht (Endstand: 1.Moskau 2. Deutschland 3. Finnland). Turnierseite...Fotobericht und Partien...

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Senioren-Team-EM: Moskau siegt vor Deutschland
Von Dagobert Kohlmeyer

Download alle Partien (pgn, 8 Runden)...


Die Siegermannschaft


Zweiter: Deutschland


Dritter Finnland

Erwarteter Einlauf am Wochenende in Dresden bei der Mannschafts-Europameisterschaft der Senioren. Sieger im Ramada Hotel (vorher Treff Hotel) wurde das Team von Dostoinstvo Moskau. Mit 15 Mannschaftspunkten nach acht Runden verwiesen die Spieler um Großmeister Jewgeni Wasjukow Titelverteidiger Deutschland (14 Punkte) knapp auf den zweiten Rang. Der direkte Vergleich beider Teams war 2:2 ausgegangen. Dritter wurde nach kräftigem Endspurt überraschend Finnland (12 Punkte). 


Boris Archangelsk


Jewgeny Wasjukow


Oleg Chernikow


Juri Shabanov

Das deutsche Quartett war als Titelverteidiger angereist und wurde in diesem Jahr durch Lev Gutman verstärkt, der inzwischen 60 Jahre alt ist. Wie immer dabei war die Dresdner Schachlegende Wolfgang Uhlmann. Der 70-Jährige nahm an allen acht Mannschafts-EM in seiner Heimatstadt teil. „Moskau hat verdient gewonnen“, konstatierte Uhlmann nach dem letzten Zug. „Unser Team war etwa gleichstark, aber wir erlaubten uns leider beim 2:2 gegen Leipzig einen Ausrutscher.“ Der Vorjahres-Zweite Schweiz wurde diesmal nur Achter, obwohl Altmeister Viktor Kortschnoi am ersten Brett der Eidgenossen mit 7 Punkten aus acht Partien das beste Ergebnis erzielte. Das Brett von Viktor, dem Schrecklichen, war stets am meisten belagert. Das Team Berlin, in dem u.a. Ex-Fernschachweltmeister Dr. Fritz Baumbach und Großmeisterin Hanna Erenska-Barlo spielten, wurde Zehnter. Unser Reporter Dagobert Kohlmeyer nutze wie immer die Gelegenheit zu Gesprächen am Rande des Geschehens und traf sich u.a. auf ein Bier mit Heikki Westerinen.


Hajo Hecht


Wolfgang Uhlmann


Team Berlin

Jewgeni Wasjukow: „Papyrosy schaden nicht“
Von Dagobert Kohlmeyer



In seiner Glanzeit, es war die erste Hälfte der 1960er Jahre, gewann Jewgeni Wasjukow alle internationalen Turniere, an denen er teilnahm. Und auch heute noch spielt er als Senior sehr erfolgreich, wie Dresden zeigte. Nach dem Turniersieg seines Teams musste Wasjukow erst einmal eine rauchen. Der knapp 73-jährige Moskauer hat da eine ganz spezielle Vorliebe, wie er uns im Interview verriet.

Glückwunsch, Jewgeni, zum Turniersieg! Was bedeutet Dostoinstvo Moskau?

Es heißt “Errungenschaft“ und ist der Name einer russischen Veteranenzeitung. Sie sponsert unser Team und übernimmt zum Beispiel alle Reisekosten.

Sie haben am ersten Brett 6,5 Punkte erzielt, nicht schlecht.

Ja, ich blieb unbesiegt, obwohl ich stark erkältet anreiste. Die ersten drei Partien waren deshalb schwer für mich und gingen nur remis aus. Dann ging es mir wieder besser, und ich konnte zulegen.

Dennoch: Ohne Qualm geht es wohl bei Ihnen nicht?

Ich rauche nur Papyrosi. Die bekannte Marke „Belomorkanal“. Schon viele Jahre tue ich das. Sie sind sehr preiswert, kosten nur fünf Rubel.

Wie viel ist das umgerechnet in Dollar?

Fast nichts. Für einen Dollar erhält man fünf Päckchen. In einer Schachtel sind 25 Stück.

Und sie schwören darauf?

Ja, schon vierzig Jahre oder länger. Einmal habe ich amerikanische Stäbchen probiert, aber sofort zu husten begonnen. Da bin ich wieder zu meinen gewohnten Zigaretten zurückgekehrt.

Die sind aber sehr stark, befürchten Sie keine gesundheitlichen Risken?
Nein. Das ist reiner Naturtabak ohne Zusatzstoffe, wie es sie in anderen Zigaretten gibt. Deshalb befürchte ich keine gesundheitlichen Schäden.

Also rauchen Sie ohne Bedenken weiter?

So ist es. Die Dinger haben noch einen Vorteil. Wir beide reden hier, und die Papayros liegt im Aschenbecher. Oder ich sitze am Computer und lege sie beiseite. Dabei geht sie von allein aus, so wie eine Pfeife. Eine andere Zigarette würde weiter glimmen. Ich aber kann meine nach fünf Minuten wieder anzünden und weiterrauchen.

Sie haben zum dritten Mal in Dresden gespielt. Was halten Sie von Deutschland als Schachland?

Sehr viel. Da ist einmal die große Tradition. Ich nenne nur die Namen Emanuel Lasker und Siegbert Tarrasch, die ich sehr verehre. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts konnte man Schachmeister nur in Deutschland werden. Und ich habe viele schöne Erinnerungen an meine aktive Zeit. 1962 gewann ich zum Beispiel in Berlin das Lasker-Memorial.

Dresden richtet nächstes Jahr zwei Europameisterschaften und 2008 die Schacholympiade aus. Was sagen Sie dazu?

Ich finde das großartig. Die Organisatoren hier haben viel Erfahrung und zeigen sehr großes Engagement, nicht nur bei unseren schönen Seniorenturnieren. Eine gute Wahl der Föderation, diese Wettbewerbe nach Dresden zu vergeben. Deutschland hat das verdient.

Sie haben Ihre aktive Laufbahn früh beendet und vor allem als Trainer gearbeitet.

Ja, ich war Sekundant bei etlichen WM-Kandidaten und trainierte schon zehn Nationalteams, zum Beispiel bei Schacholympiaden, darunter der Türkei, Mongolei, Peru, Sri Lanka und Iran.

Kommen Sie nächstes Jahr wieder nach Dresden?

Ja klar. Wir wollen doch unseren Titel verteidigen.


Westerinen ärgert Kortschnoi und hält einen Olympiarekord

An der Hotelbar traf ich Heikki Westerinen aus Finnland, der sich in Dresden über seinen Sieg gegen Viktor Kortschnoi freuen konnte. Der Mann stammt aus Uusikaupunki (die schwedische Bezeichnung lautet Nystad) an der Westküste Finnlands. Es ist eine Stadt von 16 000 Einwohnern. Heikki spielt heute noch für den Schachverein Gaia in Helsinki. Dem finnischen Nationalteam gehört er nicht mehr an.

Was ist das Schöne am Schach?

Es ist ein geistiger Kampf, der dem Menschen Genugtuung gibt. Und es ist international. Man trifft seine Gegner häufig wieder und schließt freundschaften. Auch darum liebe ich das Schach.

 Sie haben spät angefangen, wie man hört.

Ja, erst mit 12 Jahren. Aber damals in meiner Jugend war das anders. Ein Jugendlicher, der aktiv Schach spielte, war in Finnland eine große Seltenheit. Dann stellten sich aber schnell Erfolge ein.

Bemerkenswert ist, dass Sie so viele Olympiaden gespielt haben.

Es waren von 1962 in Warna bis 1996 in Jerewan insgesamt 18. In diesen 34 Jahren habe ich kein einziges Mal gefehlt. Das ist wahrscheinlich Weltrekord.

Wird es ein Comeback im finnischen Nationalteam geben?

Das kann ich noch nicht sagen. Wenn ich etwas besser spielen würde, dann könnte ich natürlich auch wieder in die Mannschaft kommen. Die Unterschiede sind nicht so groß. Aber die Jungen haben eben mehr Energie. Aber mit Glück könnte ich vielleicht ins Team kommen.

In Runde 3 erwischten Sie Viktor den Schrecklichen, ausgerechnet in einem Franzosen. Wo lag sein Fehler?
 

Kortschnoi hatte das notwendige Manöver 10...c5 vergessen und stattdessen 10...Sc6 gezogen, wonach er langsam aber sicher auf die Verliererstraße geriet. Es war seine einzige Niederlage in Dresden.

Haben Sie das Spiel hinterher mit Kortschnoi analysiert?

Nein, ich wollte Viktor nicht noch mehr verärgern.

Westerinen gegen Kortschnoj...

Endstand: 

1 1 Dostoinstvo Moskau 2429 7 1 0 15 - 1 22.5 81.0

1 Vasiukov, Evgeni 2493 5 3 0 6.5 - 1.5 33.5 27.25
2 Shabanov, Yuri 2427 3 3 2 4.5 - 3.5 34.5 16.75
3 Chernikov, Oleg L 2411 3 5 0 5.5 - 2.5 34.0 22.75
4 Arkhangelsky, Boris 2384 5 2 1 6.0 - 2.0 35.5 23.75


2 2 Deutschland 2416 6 2 0 14 - 2 23.0 84.0

1 017 Gutman,Lev 2465 5 1 2 5.5 - 2.5 35.5 21.75
2 116 Uhlmann,Wolfgang 2420 3 5 0 5.5 - 2.5 35.0 24.00
3 125 Hecht,Hans-Joachim 2397 2 6 0 5.0 - 3.0 35.5 21.75
4 197 Klundt,Klaus 2381 6 2 0 7.0 - 1.0 30.0 25.75


3 8 Finnland 2276 5 2 1 12 - 4 20.0 82.0

1 Westerinen, Heikki M.J. 2382 4 2 2 5.0 - 3.0 36.0 20.50
2 Sorri, Kari Juhani 2286 3 2 3 4.0 - 4.0 35.0 14.25
3 Kanko, Ilkka 2227 3 3 2 4.5 - 3.5 30.5 16.25
4 Hurme, Harri M. 2210 5 3 0 6.5 - 1.5 32.5 24.50

4 Catalonia
5 Norwegen I
6 Phoenix Köln
7 WIS Odessa (Israel)
8 Schweiz
9 St. Petersburg
10 Berlin

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46 Mannschaften
 

 

 

 

 

 

 


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