OIBM: Vier mit vier

von ChessBase
30.10.2019 – Noch vier Spieler sind bei der Offenen Internationalen Bayrischen Meisterschaft am Tegernsee ohne Punktverlust: Vugar Asadli (AZE), Vitaliy Bernadskiy (UKR), Pouya Idani (IRI) und als bester Deutscher Leon Mons. | Fotos: Thomas Müller

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Pressemitteilung/ Conrad Schormann

23. Offene Internationale Bayerische Schachmeisterschaft

Runde 4, 29. Oktober 2019

Fotos von Thomas Müller

Aus elf mach vier. Ein Deutscher, ein Iraner, ein Ukrainer und ein Aseri führen nach der vierten Runde die Tabelle der 23. OIBM an. Damit hat sich Gruppe der 100-Prozentigen so weit reduziert, dass wir auf deren Gewinnpartien zumindest ein Schlaglicht werfen können.

Partienauswahl:

Beginnen wir Großmeister Leon Mons aus München, der elostärkste deutsche Teilnehmer im internationalen Feld.

Zwei Kämpfer, ein messerscharfes Sizilianisches Gefecht, das 25 Züge lang auf des Messers Schneide stand. Wer würde zuerst kommen? Würde Sethuraman am Damenflügel den lang rochierten weißen König zuleibe rücken, oder Asadli im Zentrum bzw. am Königsflügel durchbrechen?

„Korneev steht schlechter. Kann aber auch sein, dass ich die Stellung nicht verstehe“, sprach der Schreiber dieser Zeilen zum Turnierdirektor. Natürlich war es Letzteres. Korneev stand sogar besser.

Auf dem Büchertisch am Tegernsee ist Gukesh schon ganz nahe an den allerhöchsten Schachweihen. In der Tabelle liegt er einen halben Punkt hinter dem Spitzenquartett, weil er in der vierten Runde den tapferen Stephan Buchal letztlich doch niedergerungen hat.

 


„Bin ein bisschen müde nach den Strapazen zuletzt“: Gata Kamsky hat anstrengende Monate hinter sich. Zuletzt beim Grand Swiss auf der Isle of Man war er erkrankt, kämpfte sich aber trotzdem durchs Turnier.

Gata Kamsky ist müde

Gata Kamsky: „Hoffentlich haben wir genug warme Sachen dabei.“

Du bist ganz schön rumgekommen zuletzt, hast in den Niederlanden gespielt, in Spanien, auf der Isle of Man, jetzt hier am Tegernsee. Wann hast du zuletzt dein Zuhause gesehen?

Das ist ein bisschen her. Ich war ja schon während des Sommers viel unterwegs. Nächsten Monat bin ich wieder daheim, hoffe ich. Aber so ist halt meine Arbeit. Ich bin froh, dass meine Frau mit mir reist. So muss ich sie nicht vermissen.

„Halt meine Arbeit“ klingt ein wenig lieblos. Ist Schachprofi kein Traumjob?

Wenn du jung bist, ist das etwas anderes. Du reist, siehst die Welt, das fühlt sich traumhaft an. Aber jemand wie ich braucht zwischendurch Erholung. Ich möchte an meinen Büchern arbeiten und natürlich meiner Frau mit ihrem Schach helfen. Sie ist Großmeisterin, aber ihr Rating soll ein bisschen steigen. Da ist es nicht ideal, immer unterwegs zu sein. Natürlich sehen wir viel, unternehmen viel gemeinsam, es hat auch positive Seiten. Erstaunlicherweise war ich in 30 Jahren als Schachprofi noch nie in Bayern.

Ach, was.

In Deutschland natürlich, allein schon wegen der Bundesliga. In Berlin war ich oft, Baden-Baden, Karlsruhe. Aber Bayern, das hat sich irgendwie nie ergeben.

Was sagst du zum Tegernsee? Schön, oder?

Die Gegend ist besonders, die Häuser auch, sehr farbenfroh, das kommt mir gar nicht so deutsch vor. Ich weiß noch nicht genau, wie ich das einordnen soll, aber mir gefällt es hier, das kann ich schon sagen. Die ersten Tage mit Sonnenschein haben wir besonders genossen, tagsüber war es schön warm. Dann haben wir gestaunt, wie schnell es abends kalt wird. Wie in Sibirien! In Süddeutschland! Das konnte ich kaum fassen. Hoffentlich haben wir genug warme Sachen dabei. Als wir gepackt haben, war ja noch Spätsommer.

Nach Elo bist du hier der Favorit. Was erwartest du?

Ach, mal schauen. Ich bin ein bisschen müde nach den Strapazen zuletzt, aber ich werde meine Arbeit so gut machen, wie ich kann, und dann werden wir sehen, wofür das reicht. Mit gefällt, dass ich hier viele intensive Partien um mich herum erlebe. Und viele junge Spieler sehe. Mehr Frauen könnten noch da sein, das würde mir auch gefallen.

Dir saß in der ersten Runde ein Zwölfjähriger gegenüber, und du hast einen halben Punkt abgegeben. Wie kam das?

Gegen starke Inder zu spielen, passiert dir im internationalen Turnierschach oft. Und dieser Junge ist ein starker Spieler. In jedem Zug hat er den zweiten, dritten Engine-Vorschlag gespielt. Unabhängig vom Rating, wer so spielt, der kann es mit jedem aufnehmen. Im Nachhinein habe ich Partien von ihm angeschaut und festgestellt, dass die Partie gegen mich wohl außergewöhnlich gut war für sein bisheriges Level. Trotzdem, ein großes Talent.

„Awakening“ und „Return“: Gata Kamsky lässt seine Karriere Revue passieren. Die beiden gerade erschienenen Bücher sind auch im Gut Kaltenbrunn erhältlich.

Hauptschiedsrichter Gregor Johann schaut genau hin. Das gilt auch für den Rundenbericht.

 

Stand nach vier Runden

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Asadli Vugar 4,0 2411
2 Bernadskiy Vitaliy 4,0 2403
3 Idani Pouya 4,0 2401
4 Mons Leon 4,0 2337
5 Peralta Fernando 3,5 2408
6 Vetoshko Volodymyr 3,5 2388
7 Gareyev Timur 3,5 2384
8 Azarov Sergei 3,5 2380
9 Eljanov Pavel 3,5 2360
10 Yankelevich Lev 3,5 2354
11 Del Rio De Angelis Salvador G. 3,5 2348
12 Shevchenko Kirill 3,5 2335
13 Demchenko Anton 3,5 2330
14 Prusikin Michael 3,5 2306
15 Parvanyan Ashot 3,5 2305
16 Santos Latasa Jaime 3,5 2288
17 Gukesh D 3,5 2284
18 Zajogin Alexander 3,5 2276
19 Sandipan Chanda 3,5 2258
20 Vogel Roven 3,5 2198

...

Partien

 

 

Unmöglich oder irregulär?

Gestern stand an dieser Stelle, ein „unmöglicher“ Zug führe beim Blitzschach nicht mehr zum Verlust, sondern zu einer Zeitstrafe. Wahrscheinlich lag das daran, dass der Schreiber dieser Zeilen seit Jahrzehnten beim Blitzschach in erster Linie darauf lauert, „unmöglicher Zug“ rufen zu können, um dann den Sieg zu reklamieren, weil der sich mangels schachlicher Klasse anders kaum erreichen lässt. Dass der Begriff nicht treffend ist, ist in all den Jahren nie aufgefallen.

Dd1-c4 wäre kein unmöglicher Zug. Man kann ja einfach die Dame von d1 nehmen und sie auf c4 abstellen, motorisch ist das möglich. Ein irregulärer Zug wäre Dd1-c4 durchaus, er lässt sich nicht mit der in den Regeln festgeschriebenen Zugweise der Dame vereinbaren.

Insofern haben die Leser wie unser Hauptschiedsrichter Gregor Johann natürlich Recht. „Irregulär“ hätte es heißen müssen.

Die Regel-Frage

Wie und zu welchem Zeitpunkt reklamiert man dreifache Stellungswiederholung?

Wenn sie auf dem Brett steht? Wenn man den Zug ausführen kann, der zur Stellungswiederholung führt?

Darf man eigentlich während einer laufenden Partie die Uhr anhalten, um den Schiedsrichter zu holen? Und was passiert, wenn der Schiedsrichter feststellt, dass es gar keine dreifache Stellungswiederholung war?

Fragen über Fragen. Die Antworten gibt’s morgen hier.

 

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