Online-Schachturnier zwischen zwei Auswahlmannschaften der Partnerstädte
Köln und Istanbul
Text: Güven Many Fotos: ISD, Monika Bongartz, Abuzer Akpinar
Wie werden Ideen geboren? Oft hilft hierzu ein spezieller Anlass. Der 12 Jahre
alte interkulturelle, ursprünglich mal von türkischstämmigen Mitgliedern begründete
Kölner Schachverein ‚ Satranç Club 2000' hat Schachsportler aus aller Herren
Länder unter seinem Dach vereint. Gerne nimmt der nach wie vor überschaubare
Verein einen aktuellen Anlaß und weist auf diesen mit einem besonderen Event
hin, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zumindest für einen Moment wieder
auf den Schachsport zu lenken. War es zum Beispiel im Jahre 2008 die Schacholympiade
in Dresden, ist dies nun die Schacholympiade 2012 in Istanbul.
Turnierposter
Hinzu kommt noch ein weiterer Umstand: Köln und Istanbul sind seit 15 Jahren
Partnerstädte. Im Jahre 1997 unterzeichneten der leider in diesem Jahr verstorbene
damalige Kölner Oberbürgermeister Norbert Burger und Recep Tayyip Erdogan, damals
noch Istanbuler OB und jetziger Ministerpräsident der Türkei die Städtepartnerschaftsurkunde.
Seitdem arbeitet der im gleichen Jahr gegründete Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft
Köln - Istanbul e.V.' für gute Beziehungen zwischen den beiden Städten.
Güven Manay und Walter Kluth in Köln
Als Herr Güven Manay vom Satranç Club 2000 im Februar diesen Jahres auf seine
Bekannten Walter Kluth (von 1989 - 2009 Mitglied des Kölner Stadtrates) und
Monika Bongartz aus dem Vorstand des Köln-Istanbul-Vereines zukam, um ein Event
zu besprechen, war klar: Eine gute Möglichkeit wäre die Durchführung eines Online-Schachturnieres
zwischen zwei Auswahlmannschaften von Köln und Istanbul.
Was sollte nun die Besonderheit dieses Turnieres sein? Beide Mannschaften sollten
dennoch in einem Raum sitzen, und nicht etwa, wie oft bei Onlineschachturnieren
üblich, etwas anonym zuhause.
Da Herr Walter Kluth ‚zufällig' auch noch Vorsitzender des Ehrenfelder Vereines
für Arbeit und Qualifizierung (eva) ist und dieser Verein obendrein auch noch
über EDV-Schulungsräume verfügt, ging die Idee perfekt auf. Die Kölner Mannschaft
hatte in kürzester Zeit einen ‚Spielsaal' gefunden.
Das Kölner Team nebst Organisationskomitee
Team Istanbul mit Mannschaftskapitän Fuat Ergür (Zweiter von links)
Güven Manay ging mit dieser Idee nun auch auf den Deutschen und den Türkischen
Schachbund zu. Beide waren begeistert über diese Initiative. Prompt hatte man
auch Kontakt zu der von Herrn Fuat Ergür geleiteten Istanbuler Schachföderation.
Diese wiederum organisierten die Räumlichkeiten des im Jahre 1943 gegründeten
Schachvereines ‚Istanbul Satranc Dernegi' im Istanbuler Stadtteil Sisli.
Deniz Firat spielte für Istanbul
Die Gegner in Köln
Als Termin wurde der 12. August gewählt, damit die Istanbuler Schachfreunde
anschließend unabgelenkt die letzten Vorbereitungen auf die Schacholympiade
treffen können. Der Nachteil für die Kölner war wiederum, dass viele wichtige
Spieler, darunter gar Großmeister, gerne dabei gewesen wären, jedoch aufgrund
der Sommerferien verreist waren. Somit einigte man sich darauf, dass Köln die
Spielstärke vorgibt und Istanbul eine vergleichbare Mannschaft zusammenstellt.
Dies ist Istanbul aufgrund eines (zumindest während der Sommerferien) größeren
Spielerpools möglich und so konnte es auch ein ausgeglichenes Match geben. Mehrere
Vereinsvorstände taten Ihr möglichstes um Spieler bereitzustellen. Ein nach
Bayern verreister starker Kölner Spieler bot sogar an, sich von dort aus in
das Turnier einzuloggen. Dieses und andere sehr lobenswerte Angebote behielt
man sich zwar für den Notfall vor, entschied sich aber aufgrund des Eventcharakters
für 10 Spieler vor Ort.
Auch die Online-Schiedsrichterin des Wettkampfes bei Chessbase ist symbolträchtig
für die Interkulturelle Verständigung: Es handelt sich um die Frauen-Fidemeisterin
Emine Yanik Süral. Sie ist in Dortmund aufgewachsen und lebt derzeit in der
Türkei. Dass in der Kölner Mannschaft mit Uli Thiemonds sogar ein ehemaliger
Betreuer von ihr bei einer Junioren-WM aus den 90er Jahren dabei ist, zeigt
wie klein die Welt ist.
Unter den vereinslosen Kölner Teilnehmern fiel das Augenmerk schnell auf das
Ehepaar Lücke, mit dem Internationalen Meister Norbert und der Frauen-Fidemeistern
Eneida, die bei der Schacholympiade in Istanbul auch im Kader der Nationalmannschaft
der Dominikanischen Republik ist.
Der Turniertag:
Nach kurzen Eröffnungsreden von Walter Kluth, Güven Manay und dem ebenfalls
eingeladenen, frischgebackenen Vorsitzenden des Kölner Schachverbandes, Andreas
Gerdau, mit dem Inhalt der Bestärkung der Städtepartnerschaft und Förderung
des Schachsports konnte es losgehen.
Wie so oft, kommt es erstens etwas anders, und zweitens als man denkt. Ein Kölner
Spieler musste kurzfristig absagen, für den einer der anwesenden Spieler des
Satranç Club einsprang. Und ausgerechnet in Istanbul gab es ein fürchterliches
Unwetter, weshalb neben dem Straßenverkehr zwischenzeitlich sogar die Internetverbindung
drohte, abzubrechen. Trotz aller Widrigkeiten konnte der Startbutton für einen
schönen und zwischenzeitlich sehr spannenden Wettkampf gedrückt werden.
Köln ging am siebten Brett schnell in Führung. An Brett 9 folgte nach einer
halben Stunde das 1:1 durch die Niederlage des kurzfristig eingesprungenen Kölner
Spielers. Brett 2 trennte sich remis… die Spannung bliebt also aufrecht bei
einem Spielstand von 1,5 : 1,5. Nach einer längeren Zeit ohne besondere Vorkommnisse
sollte es drei herbe Rückschläge in Folge geben. Brett 3, 5 und 8 verloren.
So stand es auf einmal 1,5:4,5 gegen Köln! Manches deutete nun auf eine mögliche
hohe Niederlage der Kölner hin. Dann jedoch bäumten sich die Kölner mit ihrer
Endspielerfahrung gegen teilweise junge Istanbuler auf und es stand 4,5 : 4,5.
Die letzte Partie sollte es entscheiden. Dort jedoch war die Lage mittlerweile
hoffnungslos und man verlor an Brett 6.
Istanbul gewann am Ende mit 5,5:4,5
Schade aus Kölner Sicht und ein guter Start für die Istanbuler, aber es war
ein spannender Kampf und sicherlich eine gute Saisonvorbereitung für alle!
Preisverleihung in Istanbul
Die Veranstalter Satranç Club und der Köln-Istanbuler Verein bedanken sich u.
a. auch bei der Schachgemeinschaft Porz, dem Klub Kölner Schachfreunde, dem
Schachverein Grünfeld und den Ford Schachfreunden für die zur Verfügung gestellten
Spieler. Viele andere Kölner Vereine haben sich ebenfalls um Spieler bemüht,
in Teilen sogar intensiv, wofür diesen ebenfalls ein Dank für die gute Absicht
gebührt. Gleiches gilt auch für das Satranç Club - Mitglied Edgar Hennig, der
seine EDV-Kenntnisse bei der Wartung der Rechner in Köln souverän umsetzte.
Für die Teilnehmer gab es Urkunden und Anstecknadeln. Medaillen aus der Türkei
sind als Dankeschön für die Teilnahme ebenfalls nach Köln unterwegs, genauso
wie eine Urkunde des Satranç Club nach Istanbul und an den Köln-Istanbul-Verein
für die sehr gute Kooperation. Nicht zuletzt gilt der Dank aber auch den Zuschauern,
die die Bedeutung des Events auch hervorgehoben haben. Es war eine sehr interessante
Mischung aus vor Ort anwesenden Zuschauern und virtuellen ‚Kiebitzen' aus aller
Welt. Es hat allen Spaß gemacht, auch das vom Köln-Istanbul Verein organisierte
Catering und die Dekoration hat sehr vielen gefallen. Der Satranç Club und der
Istanbuler Schachverein Istanbul Satranç Dernegi planen auch die Erstellung
eines gemeinsamen Turnierbüchleins für die Vereinsarchive.
Was das Sportliche angeht: Am Ende des Wettkampfes war gar von einem möglichen
Revanchematch die Rede… wir sagen, warum nicht?
Sogar die auflagenstarke türkische Zeitung Hürriyet berichtete
ausführlich von diesem Wettkampf.
Köln wünscht der Stadt Istanbul viel Erfolg bei der Ausrichtung der Schacholympiade
vom 27. August bis zum 10. September!