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"Zehn Supergroßmeister absolvieren an fünf Turniertagen neun Runden Rapid- und achtzehn Runden Blitzschach" - so kann man die "Paris GCT" in Kurzform beschreiben. In der Gesamtwertung gab es für den Sieg in einer Rapidpartie zwei Punkte, während eine gewonnene Blitzpartie einen Punkt brachte. Man hätte also bei einer hunderprozentigen Siegquote maximal 36 Punkte erringen können. In diesem Sinne war gestern Abend - bei neun noch ausstehenden Blitzrunden - dieser Stand erreicht worden:
Für den Gesamtsieg kamen heute ernsthaft nur noch die ersten drei bis fünf Spieler in Frage. Anand, Mamedyarov, Grischuk, Caruana und Kramnik würden zwar noch einiges beeinflussen, selber aber nichts mehr gewinnen können.
Zum Auftakt gab es gleich zwei Spitzenpaarungen: In der 10. Runde des Blitzturniers traf Nakamura auf Karjakin, während Vachier-Lagrave es mit So zu tun bekam. Der große Gewinner war dann letztlich Wesley So, der seinem Gegner Maxime Vachier-Lagrave mit viel Geduld zunächst einen Bauern abgeknöpft hatte, bevor er diesen Vorteil zum Gewinn realisierte. Dies geschah übrigens in einem Endspiel mit ungleichen Läufern - das also nicht immer remis enden muss! Tatsächlich mit einem Remis endete dagegen die Begegnung zwischen Nakamura und Karjakin. Nakamura besaß zwar einen Mehrbauern, doch in einem auf die dritte Reihe vorgedrungenen eigenen Bauern hatte Karjakin als Schwarzer ausreichende Kompensation. Einen halben Punkt näher an die Spitze heran gelangte Levon Aronian auf Platz fünf: Der Armenier gewann gegen Exweltmeister Vladimir Kramnik.
Wesley So hatte nach dem Rapidturnier knapp die Gesamtwertung angeführt - nach dem Blitzen war er Dritter (Foto: Lennart Ootes)
Das Spitzenspiel der 11. Runde lautete So gegen Aronian. Für Aronian wäre dies die Chance gewesen, sich bis auf einen Punkt an So heranzuschieben, doch die Spieler wollten sich lieber eine Atempause gönnen. Diesen Wunsch ließen sie auf altbekannte Weise Realität werden:
Nichts anbrennen ließ Hikaru Nakamura, als er sich gegen Viswanathan Anand als Schwarzer die totale Dominanz in der c-Linie verschaffte und schnell Material gewann. Damit hätte er an der Spitze zu Sergey Karjakin aufgeschlossen - wenn der Russe nicht gegen seinen Landsmann Alexander Grischuk eine Menge Glück gehabt hätte:
Nach dieser Runde betrug Karjakins Vorsprung auf Nakamura nur noch einen halben Punkt!
Sergey Karjakin konnte seine Spitzenposition letztlich nicht verteidigen (Foto: Lennart Ootes)
In der 12. Runde bekamen die Spieler auf den vorderen Plätzen es dann ausnahmslos mit Gegnern aus der unteren Tabellenhälfte zu tun, doch es wurden nur zwei dieser Partien entschieden. Sergey Karjakin überspielte Vladmir Kramnik und konnte auf diese Weise seinen Vorsprung auf Hikarua Nakamura wieder auf einen vollen Punkt ausdehnen. Einen Sieg verbuchte auch Levon Aronian gegen Fabiano Caruana; der Armenier konnte dadurch den vierten Platz von Maxime Vachier-Lagrave übernehmen.
Nachdem ein Drittel der für heute angesetzten Partien gespielt war, hatte sich in der Tabelle praktisch nichts verändert: Karjakin führte weiterhin mit einem Punkt vor Nakamura bzw. 1,5 Punkten vor So. Der Abstand zwischen Platz 1 und Platz 5 betrug weiterhin 3,5 Punkte. Der Kampf um den Gesamtsieg schien sich auf Karjakin, Nakamura und So zu verengen.
In der 13. Runde änderte sich dank einer Serie von Remisen an der Tabellenspitze nichts. Wesley So und Sergey Karjakin agierten bei ihrem Unentschieden eher kontrolliert, während sich Maxime Vachier-Lagrave und Hikaru Nakamura eine Großkampfpartie lieferten, in der der Spielstand stark schwankte:
Anschließend setzte Nakamura die Konkurrenz dann aber richtig unter Druck, als er frühzeitig einen schlimmen Lapsus Vladimir Kramniks gnadenlos bestrafte:
Vladimir Kramnik, Hikaru Nakamura (Foto: Lennart Ootes)
Und erneut hätte dieser Sieg Nakamura auf Augenhöhe mit Sergey Karjakin bringen müssen - wenn der Russe nicht ein weiteres Mal großes Glück gehabt hätte. Gegen Fabiano Caruana hatte Karjakin komplett auf Verlust gestanden, doch irgendwo jenseits des 110 Zuges stellte Caruana dann seinen Turm ein und musste ins Remis einwilligen. 40 oder 50 Züge lang hatten beide Spieler zuvor nur noch vom Inkrement bei der Bedenkzeit "gelebt". Gleichwohl blieb es äußerst spannend: Karjakins Vorsprung auf Nakamura lag zu diesem Zeitpunkt exakt bei einem halben Punkt.
In Runde 15 war es dann doch endlich so weit: Nakamura konnte mit Karjakin gleichziehen. Zwar kam der Amerikaner gegen Aronian nur zu einem Unentschieden, doch Karjakin stürzte gegen Anand böse ab. Der beeindruckende Sieg des Inders zeigt: Blitzschach (jedenfalls auf diesem Niveau!) geht auch ganz ohne grobe Patzer:
Viswanathan Anand stürzte Sergey Karjakin in die Krise (Foto: Lennart Ootes)
Drei Runden vor Schluss hatten Karjakin und Nakamura an der Tabellenspitze beide 20,5 Punkte auf dem Konto. Dahinter, auf Platz 3, kam auch Wesley So mit seinen 19,5 noch für den Gesamtsieg in Frage. Alle anderen Spieler waren zu diesem Zeitpunkt chancenlos - es hatte sich endgültig ein Dreikampf ergeben. Dieser begann für Sergey Karjakin mit einer weiteren Niederlage. Gegen Vachier-Lagrave verlor der Russe in einem Springerendspiel mit einem Minusbauern. Weil Nakamura und So ziemlich kontrolliert remisierten, lag die alleinige Tabellenführung plötzlich in Hikaru Nakamuras Händen: 1. Nakamura 21 Punkte, 2. Karjakin 20,5, 3. So 20. Zugleich war klar, dass es aus der von Anand angeführten unteren Tabellenhälfte niemand mehr in den oberen Teil schaffen würde, wo Vachier-Lagrave und Aronian mit jeweils 19 Punkten noch auf einen Podestplatz lauerten.
In der vorletzten Runde gelang Nakamura dann eine wichtige Weichenstellung. Mit den schwarzen Steinen hatte er gegen Shakriyar Mamedyarov zunächst arg schlecht gestanden (der Aserbaidschaner hatte eine Figur ins Geschäft gesteckt). Dann griff Mamedyarov aber daneben - worauf Nakamura seinen Gegner furios überrollte:
Weil die vier weiteren Partien alle remis endeten, stand Nakamura, bei nur noch einer zu spielenden Runde, mit einem vollen Punkt Vorsprung kurz vor dem Gesamtsieg.
In der letzten Runde war Nakamura dann schnell jedweden Druck los: Ein Remis zwischen Karjakin und Mamedyarov (bei noch vollem Brett) machte den Amerikaner zum Sieger des "Paris Grand Chess Tour"! Dass er schließlich auch noch seine zwischenzeitlich komplett auf Verlust stehende Partie gegen Fabiano Caruana gewinnen konnte, hatte zusätzliche Symbolkraft für seinen kämpferischen Auftritt an diesem Nachmittag.
Alte Bekannte: Fabiano Caruana und Hikaru Nakamura (Foto: Lennart Ootes)
1. Nakamura 23/36
2. Karjakin 21,5/36
3. So 21/36
4. Aronian 20/36
5. Vachier-Lagrave 19,5/36
6. Anand 17/36
7. Grischuk 16/36
8. Mamedyarov 15,5/36
9. Caruana 13,5/36
10. Kramnik 13/36