Phantasie und Praxis

von ChessBase
16.10.2013 – Eva Mosers Trainingskurs "Phantasie statt Theorie" ist wie alle neuen Fritz-Trainer ein Zweiteiler auf einer DVD: Zunächst zeigt sie Ihnen, welche Stellungstypen nach 1.d4 c5 entstehen können, welche Pläne es gibt und wie Sie mit Schwarz Vorteil anstreben können. Und dann sind Sie am Zug: Zeigen Sie im interaktiven Test, ob Sie alle Ideen verstanden haben! Zur Rezension von Lukas Wedrychowski...

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Eva Moser: Phantasie statt Theorie: 1.d4 c5

Rezension von Lukas Wedrychowski

Eva Moser ist österreichische Großmeisterin und mit ihrer höchsten ELO von 2471 beste Schachspielerin Österreichs sowie unter den besten 50 der Frauenweltrangliste. Für die Firma ChessBase stand die erfahrene Spielerin mehrmals vor der Kamera und hat in der Vergangenheit zahlreiche DVDs aufgezeichnet. Mit ihrer neuesten DVD, die der Verteidigung 1.d4 c5 gewidmet ist, präsentiert sie ein komplettes Repertoire für Schwarz gegen den weißen Aufschlag mit 1.d4!

Das Konzept der DVD ist glasklar: wenig Theorie, mehr Phantasie bzw. Kreativität am Brett, ein sehr praktischer Ansatz an das Schach. In dieser Rezension würde ich gerne aufzeigen, ob und wie es Frau Moser gelingt, an Ihrem Konzept festzuhalten und das auf der DVD versprochene Repertoire theoriearm und dafür reich an Motiven und Ideen, die allesamt Phantasie erfordern, zu halten.

Zunächst einmal würde ich gerne etwas über das vorgeschlagene System sagen, welches auf der DVD besprochen wird. Mit dem Zug 1.d4 c5 spielt Schwarz sehr ambitioniert. Er greift einen Zentrumsbauern mit einem Flügelbauern an, droht bereits auf d4 zu nehmen und wenn die Dame wiedernimmt, mit dem Springer auf c6 ein Tempo für die Entwicklung zu gewinnen. Schwarz hätte dann leichten Entwicklungsvorsprung und eine Zentrumsmehrheit. Weiß kann auf diese „Drohung“ auf verschiedenste Art und Weise reagieren:

  • A) 2.e3 / c3 – den Bauern auf d4 zu stützen und gegebenenfalls mit dem Bauern wieder zu nehmen
  • B) 2.Sf3 – auf Figurenentwicklung zu setzen und sich nicht um die Drohung im Zentrum zu kümmern.
  • C) 2.dxc5 – das Herausschlagen des Bauern auf c5 begünstigt in der Regel Schwarz, da Weiß nicht am Material klammern kann und somit die positionelle Drohung des Schwarzen bereits realisiert wurde, eine Zentrumsmehrheit zu bekommen. Schwarz sollte hier laut GM Moser mit …e7-e6 fortfahren um den Bauern mithilfe des Läufers zurückzuerobern.

Gegen all diese minderwertigen Varianten hat Schwarz genügend Spiel um selbst zumindest auf Ausgleich zu hoffen. Der kritische Zug ist der Vorstoß des Bauern nach d5, von wo aus er mehr Raum greift und die schwarze Entwicklung etwas hemmt. Nach der Antwort …d7-d6 (der Bauer muss da sowieso hin und Schwarz kann sich nach diesem Zug darum kümmern, seine Figuren je nach Plan aufzustellen) hat Weiß mehrere Möglichkeiten im Zentrum vorzugehen. Er kann c2-c4 einschalten, was zu einem Benoni Typ führt oder aber c2-c4 zurückhalten und stattdessen e2-e4 spielen um eventuell ein Läuferschach von b5 aus einzuwerfen, was den „schlechten Läufer“ abtauscht und gleichzeitig die Entwicklung vorantreibt.Schwarz bekommt hier nicht nur typische Pläne mit auf dem Weg, die in Benoni Stellungen wichtig sind, sondern auch unterschiedliche taktische Fallen mit denen er seinen Gegner überrumpeln kann.

Nach der Zugfolge 1.d4 c5 2.d5 d6 3.c4 e5!? baut Schwarz eine königsindische Bauernformation auf, die den schwarzfeldrigen Läufer zu einem „schlechten Läufer“ degradiert. Ein Plan, um mit solch einem Läufer umzugehen, ist ihn gegen eine gleichwertige oder höherwertige Figur abzutauschen oder aber außerhalb der Bauernkette zu platzieren. Daher ist das thematische Manöver ….Le7-g5 um ihn gegen den schwarzfeldrigen Läufer auf c1 abzutauschen, eine wichtige Idee mit der sich Schwarz entlasten kann. Die königsindische Formation ermöglicht häufig jedoch auch einen Bauernsturm am Königsflügel und gibt Schwarz somit gute Chancen auf den vollen Punkt zu spielen.

Aber 3…e5 ist nicht die einzige Repertoireempfehlung auf dieser DVD. Um möglichst flexibel zu sein und wirklich sein gesamtes Stellungswissen zur Geltung bringen zu können, werden zwei weitere Varianten für Schwarz präsentiert. 3…g6 ist ein sehr flexibler Zug, mit dem Schwarz sich offen hält, nach …Sf6 in die modernen Benoni-Varianten überzuleiten (nach …e7-e6 und …exd5), aber auch andere Ideen gibt. Als „backup“ zu den anderen Zügen, wird auch noch der Überraschungszug 2…f5!? ergänzt, der wiederum zu einem komplett neuen Stellungsbild führt, nämlich einer Mischung aus Benoni und Holländisch. Die verschiedenen Motive und Ideen, die man in den einzelnen Clips lernt, helfen Ihnen sich in den verschiedensten Strukturen und Stellungsbildern zurechtzufinden und immer einen Plan parat zu haben. Dies kann Zeit sparen und häufig auch die Wendung in der Partie sein, denn wie man auf der DVD sehen kann, haben auch Titelträger Schwierigkeiten den richtigen Plan zu finden, was Schwarz die Möglichkeit gibt das Schicksal der Partie in die eigene Hand zu nehmen.

Abschließend zum „Theorieteil“ gibt es noch einige Übungsstellungen, in denen, nach einer kurzen Einführung Seitens der Autorin, der Zuhörer selber zu den Figuren greifen darf. Die Teststellungen sind wichtig um zu sehen, ob man die verschiedenen Ideen, die in den „Theorieclips“ gezeigt wurden, richtig abrufen und im gegebenen Moment anwenden kann. Dies vertieft das Gefühl für die Stellung und erweitert das eigene Arsenal an Ideen und Plänen.



Frau Moser gelingt es meiner Meinung nach sehr gut, den Zuhörer mit ihrem österreichischen Akzent und der ruhigen Stimme an den Bildschirm zu fesseln und somit die Aufmerksamkeitsspanne konstant aufrechtzuhalten. Dies wird häufig bei den DVDs kritisiert, ist hier jedoch keineswegs ein Problem, da die einzelnen Clips nie langweilig werden und der Schachfreund konstant angeregt wird etwas Neues zu lernen.


Fazit:
Die DVD enthält, was sie verspricht. Der Schwerpunkt liegt auf dem Verständnis der Stellungen, was schon einmal ein großes Plus ist! Zusätzlich ist die DVD reich an Abspielen und gibt gegen alle Antworten von Weiß ein Rezept mit auf den Weg. Wer plant, dieses System als Hauptwaffe zu integrieren, wird sich über die verschiedenen Repertoireerweiterungen freuen, mit denen eine Vorbereitung für den Gegner noch schwieriger wird. Meine Empfehlung geht an Spieler ab ELO 1600, da ein gewisses taktisches Auge nötig ist und ein positionelles Gespür nicht fehlen darf. Die Stellungen sind komplex und bieten beiden Seiten Chancen, was es zu einer guten Waffen macht, wenn man auf Sieg spielen will!

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Zur Oringinalrezension...

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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