Pimp up your Tactic!

von André Schulz
30.09.2014 – Die meisten Partien werden durch Taktik entschieden. Wer Taktik trainiert, gewinnt also häufiger. Dabei hilft ein systematisches Training mit wiederkehrenden Motiven am besten. Mit den neuen DVDs der Reihe "Taktik-Turbo" kann man taktische Motive gezielt im Hinblick auf bestimmte Eröffnungen studieren und üben. Soeben ist die dritte DVD der Reihe erschienen. Mehr...

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Neue Fritztrainer-Reihe: Taktik-Turbo

Beim Schachtraining steht bei vielen Schachfreunden das Eröffnungstraining im Vordergrund. Das entbehrt nicht einer gewissen Logik, den Schachpartien beginnen nun mal mit der Eröffnung und da kann es nicht von Nachteil sein, wenn man sich ein paar Eröffnungen angeschaut hat, um nicht gleich schon zu Beginn der Partie unter Druck zu geraten. Der erste Ansatz beim Eröffnungstraining besteht darin, die Züge der Hauptvarianten, vielleicht sogar einiger wichtiger Nebenvarianten auswendig zu lernen, um diese im Bedarfsfall am Brett aus der Erinnerung abzurufen. Das funktioniert gut, solange der Gegner mitspielt und Züge macht, die man tatsächlich auswendig gelernt hat und auf die man die entsprechenden Antworten kennt. Früher oder später ist aber in jeder Partie sowieso Schluss damit, denn aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten beim Schachspiel ist die Chance groß, dass man bald auf eigenen Füßen steht und selber die richtigen Züge finden muss. Wer nur Züge auswendig gelernt hat, muss jetzt länger nachdenken. Wer sich aber zuvor mit den Ideen seiner Eröffnungen auseinander gesetzt hat, die typischen Pläne und taktischen Motive kennt, kommt viel schneller zu den richtigen Entscheidungen.

Die Vermittlung der typischen Pläne einer Eröffnung gehört zu den elementaren Aufgaben eines jeden Autors oder Schachlehrers bei der Vermittlung eines Themas. Natürlich kommt bei der Vorstellung der Musterpartien einer Eröffnung meist auch die Taktik nicht zu kurz, doch die systematische Vorstellung einer für eine bestimmte Eröffnung signifikanten Taktik gerät zumeist eher zufällig. Viel besser und effizienter wäre es aber, wenn man für bestimmte Eröffnungen und Varianten ermittelt, welche taktischen Motive häufig eine Rolle spielen. Dann kann man in seinen Partien danach suchen oder aber sogar gezielt auf diese taktischen Motive spielen.

So spielen zum Beispiel Opfer auf d5 oder e6 in vielen Varianten der Sizilianischen Verteidigung eine große Rolle, kommen aber in der Französischen Verteidigung eher selten vor. Umgekehrt sieht man im Sizilianer das Läuferopfer auf h7 nicht so oft, während man im Franzosen ständig auf der Hut davor sein muss.

Mit der Entwicklung des Chess Media Systems hat ChessBase seinerzeit einen Meilenstein in Bezug auf den Schachunterricht und das Schachtraining mit Hilfe der neuen Medien gesetzt. Ein Autor, meistens ein Großmeister, der die vorgestellten Varianten und Eröffnungen aus seiner Praxis bestens kennt, zeigt auf dem Brett Musterpartien, Varianten oder typischen Positionen. Dabei hat er viele Hilfsmittel zur Verfügung, um das Gezeigte zu unterstreichen oder zu kommentieren, neben den im Schach üblichen Kommentierungsmethoden auch noch optische Hilfsmittel wie farbige Feldermarkierungen oder Pfeile. Wirklich neu war jedoch, die auf dem Brett gezeigten schachlichen Inhalte mit einem Video zu verknüpfen, in dem der Schachtrainer, das Gezeigte sprachlich erläutert. Seitdem hat ChessBase eine Vielzahl von Lehr-Videos produziert, die das klassische Lehrbuch auf moderne Weise ergänzen.

Kürzlich wurde das Chess Media System um eine zusätzliche, interaktive und sehr interessante  Möglichkeit erweitert. Nun kann der Autor während seines Vortrages auch Fragen an den Zuschauer stellen und - das ist neu - auf eine Antwort in Form einer Zugeingabe warten. Erst dann geht es weiter, und je nachdem, wie der Zuschauer geantwortet hat, wird diese oder jenes vorbereitete Video geladen, indem der Autor nun die richtige Lösung erläutert oder dem Zuschauer noch einmal Tipps gibt, falls dieser mit seiner Antwort falsch lag.

Das neue interaktive Aufnahmesystem bietet nun eine ideale technische Voraussetzung, um bestimmte Taktikmotive systematisch kennenzulernen, zu verinnerlichen und damit fast schon unter Spielbedingungen zu üben.

Die DVDs, bei denen die interaktive taktische Übungen ganz im Vordergrund stehen, werden in der neuen Reihe "Taktik-Turbo" zusammengefasst. Der Trainer stellt Motive nach Eröffnungen sortiert vor und übt sie dann mit den neuen interaktiven Werkzeugen. Nach und nach sollen alle Bereiche der Eröffnungen mit solchen Taktik-Turbos abgedeckt werden. Mit dem gerade erschienenen Taktik-Turbo zur Scheveninger Variante von Lubomir Ftacnik ist jetzt die dritte DVD dieser Reihe erschienen.

 

Neu: Scheveningen

 

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Lubomir Ftacnik ist einer der ganz großen Experten der Scheveninger Variante der Sizilianischen Verteidigung. Er spielt diese Variante, die im Prinzip ja der "Ur-Sizilianer" ist, regelmäßig als Hauptwaffe gegen 1.e4. Obwohl die Scheveninger Variante nicht ganz so taktisch ausgeprägt ist wie die verwandte Najdorf-Variante, gibt es dennoch eine Menge von wiederkehrenden taktischen Motiven, wobei meistens Weiß verucht, die Partie auf taktischem Wege im Angriff zu entscheiden.

Ftacnik stellt 80 wichtige taktische Motive der Scheveninger Variante mit Hilfe des neuen interaktiven Videosystems vor und hat seine Beispiele in folgende Bereiche gegliedert.

Angriff im Zentrum (König ist im Zentrum stehen geblieben) mit 15 Beispielpartien.

(Weißer) Angriff am Königsflügel: 17 Beispielstellungen

(Schwarzer) Angriff am Damenflügel: 4 Beispielstellungen

Angriffskoordination: 9 Beispielstellungen

Angriff in der h-Linie: 14 Beispielstellungen

Mattkombinationen: 2 Beispielstellungen

Weiß setzt Matt

Koordination: 9 Beispielstellungen

Carlsen gewann sehr elegant

Gegenspiel: 3 Beispielstellungen

Verteidigung: 3 Beispielstellungen

Endspiel: 3 Beispielstellungen


Der Vorteil des interaktiven Systems besteht darin, dass man sich durch die Simulation einer realen Unterrichtssituation, in der ein Lehrer einen Schüler auffordert, eine Frage zu beantworten, viel intensiver mit einer bestimmten, taktisch interessanten Position auseinandersetzt, als das der Fall wäre, wenn man die Partie einfach nur nachspielt und ohne eigen Aktion rezipiert. So kommt man ins Nachdenken, erhält vom Autor im Video ein Feedback, behält das Motiv besser im Gedächtnis und wird sich eher daran erinnern, wenn man sich in einer ähnlichen Situation in der Partie befindet.

Trotzdem gibt es auf der DVD neben den interaktiven Videos eine Datenbank mit etwa 80 weiteren Musterpartien, die exemplarische taktische Motive beinhalten.

Auf Deutsch oder Englisch

 

Najdorf

 

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Eine sehr systematische und auch sehr ehrgeizige Arbeit auf einem anspruchsvollen Niveau hat Niclas Huschenbeth mit seinem Taktik-Turbo zur Sizilianischen Najdorf-Variante geleistet. Vermutlich ist Najdorf das taktisch ergiebigste Terrain im Reich der Eröffnungen. Trotzdem hat der junge deutsche Großmeister dieses Thema mit großer Souveränität in den Griff bekommen. Najdorf ist seine Hauptwaffe gegen 1.e4, er kennt sich sehr gut aus und das merkt man bei der Vorstellung der Beispiel überall. 

Niclas Huschenbeth hat das Thema zunächst in zwei natürliche Hauptkapitel unterteilt: Taktik für Weiß und Taktik für Schwarz. Im Weißkapitel beschäftigt er sich mit den für diese Eröffnung typischen taktischen Schlägen Sd5, Einschlägen von Springer oder Läufer auf e6, Läuferopfer auf b5, Bauerndurchbrüche im Zentrum (e5) und am Königsflügel (f6, g6), schließlich noch mit einigen weiteren taktischen Motiven, die weniger häufig vorkommen.

Im Schwarzkapitel untersucht er den taktischen Schlag Txc3, die Bauerndurchbrüche b3 und a3 gegen die weiße Rochadestellung am Damenflügel, den Vorstoß im Zentrum d5, ebenfalls häufig mit vielen taktischen Nebentönen verbunden und in einem Schlusskapitel sammelt er noch einige weniger häufige schwarze Motive.

Für beide Seiten hat der Hamburger Großmeister ca. 40 Aufgaben zusammengestellt. In einer "Quellendatenbank" kann man die komplette Systematik mit allen Musterbeispielen noch einmal nachschlagen und durchspielen, wenn man möchte. Außerdem enthält die DVD eine weitere Datenbank mit 50 großen Najdorf-Musterpartien von Weltklassespielern.

Für jeden taktischen Typus, also Sd5 oder L/Sxe6 usw. stellt Niclas Huschenbeth im Eröffnungsvideo des jeweiligen Kapitels zunächst das Motiv vor und zeigt, welche Ideen dahinter stecken und wie es funktionieren soll. In den folgenden Videos ist der Schüler nun aufgefordert zu prüfen, ob das ihm nun bekannte Motiv unter den speziellen Bedingungen, die gerade auf dem Brett herrschen, ebenfalls funktioniert, oder vielleicht doch nicht.

Kann man hier Sd5 spielen?

Feedback: Ja, es ist nicht direkt gewonnen, bietet aber lang anhaltenden Druck, und zwar so...

Wegen des hohen Grades an Systematisierung, die Niclas Huschenbeth auf seiner DVD geleistet hat, ist diese für jeden Najdorfspieler, egal ob er diese Eröffnung mit Weiß oder Schwarz spielt, ausgesprochen ergiebig und sehr lehrreich. Zudem zeigt Niclas Huschenbeth neben seiner Fachkenntnis ein großes Maß an schauspielerischen Talent und bietet einen flüssigen, teils auch amüsanten Vortrag. Nicht jeder Großmeister ist auch ein guter Entertainer. Niclas Huschenbeth ist es und man merkt  ihm stets an, dass ihm das Thema selber großen Spaß macht. Sicher eine der besten DVDs im großen ChessBase-Sortiment.

Auf Deutsch oder Englisch

 

Spanisch

 

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Sam Collins eröffnete seinerzeit die neue Reihe mit seinem "Taktik-Turbo" zur Spanischen Eröffnung. Auch wenn die Spanische Eröffnung in ihrer Gesamttendenz vielleicht eher eine positionelle Eröffnung ist, so gibt es dennoch eine Reihe von typischen taktischen Motiven und auch einige Varianten, nicht zuletzt das Marshall-Gambit, die viel taktisches Gift enthalten.

In der Konzeption seiner DVD hat der irische Spitzenspieler, hauptberuflich eigentlich Rechtsanwalt für Verkehrsrecht, sich bemüht, für alle wichtigen Varianten der Spanischen Eröffnung eine oder auch mehrere Aufgaben zu präsentieren, in denen der Schüler aufgefordert ist, taktische Lösungen zu finden.

Aus der Partie Kasparov-Khalifman (Bird-Variante): Wie startet Weiß einen Mattangriff?

Aus der Partie Hector-Sutovsky (Abtausch-Variante): Mit welchem taktischen Schlag beantwortete Weiß den Angriff auf seinen Läufer?

In 63 Videos liefert Sam Collins einen repräsentativen Überblick, was in den verschiedenen spanischen Varianten an taktischen Schlägen möglich ist. Für eine systematischere Behandlung der spanischen Taktikwerkzeuge - mehr Übungen mit gleichen Motiven in den gleichen Varianten - ist das Gebiet wohl einfach zu groß. Trotzdem bietet die DVD einen interessanten Einstieg in die Taktik-Welt der spanischen Strukturen. Und anders als in einem Taktik-Buch erhält man hier im Video ein Feedback für richtige, aber auch für falsche Züge, zudem Tipps, wenn es nicht gleich auf Anhieb mit der richtigen Lösung geklappt hat.

Zusätzlich zu den Video-Aufgaben enthält die DVD eine Datenbank mit 100 taktisch intensiven Spanisch-Partien.

In englischer Sprache.

 

 

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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