Porto Carras: Deutschland ist Europameister!

von ChessBase
11.11.2011 – Viele tausend Schachfreunde fieberten heute mit der deutschen Mannschaft bei der Europameisterschaft mit. Deutschland spielte um Gold - wann hat es das das letzte Mal gegeben? Letztes Hindernis auf dem Weg zum Titel war allerdings niemand geringeres als der zweifache Olympiasieger Armenien. Trotzdem gab Bundestrainer Uwe Bönsch das Motto aus: "Wir spielen auf Sieg. Wann, wenn nicht jetzt?" Wie schon in den Vorrunden war die Mannschaft von ihrem Eröffnungstrainer Rustam Kasimdzhanov offenbar ausgezeichnet vorbereitet worden und startete gut ins Match. Die Partien von Arkadij Naiditsch gegen Levon Aronian und später Daniel Fridman gegen Vladimir Akopian endeten remis. Georg Meier stand gegen Sergey Movsesian mit seiner Französischen Verteidigung bald besser, erreicht schließlich eine Gewinnstellung und punktete. Jan Gustafsson hatte indes eine unbequeme Position. Da Aserbaidschan zwar gewonnen, Bulgarien aber verloren hatte, war der deutschen Mannschaft immerhin die Bronzemedaille sicher. Für Armenien ging es um Silber. Jan Gustafsson musste dann einen langen Leidensweg ums Remis antreten, hielt dem anhaltenden Druck aber stand und führte die Partie schließlich in ein theoretisches Remisendspiel mit Turm gegen Läufer. Deutschland gewinnt das Match mit 2;5:1,5 und ist Europameister! Eine echte Sensation!Turnierseite... Statistiken bei chess-results.com...  Kasimdzhanov als Trainer holen...Bericht, Partien...

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Deutschland gewinnt Gold bei Europameisterschaft!

 

 

Große Spannung bei der Europamannschaftsmeisterschaft, besonders aus deutscher Sicht:

Nach langer Zeit spielte die deutsche Mannschaft in der Schlussrunde sogar um die Goldmedaille. Die letzten Medaillengewinne der Deutschen bei großen Mannschaftsturnieren liegen schon etwas zurück: Bei der Schacholympiade in Istanbul 2000 lag Deutschland auch lange in Führung und gewann dann sensationell die Silbermedaille. Im folgenden Jahre gab es bei der Europamannschaftsmeisterschaft in Leon die Bronzemedaille.



Bei der Europamannschaftsmeisterschaft in Porto Carras spielte sich die deutsche Mannschaft im oberen Bereich der Tabelle fest. Vor der Schlussrunde gab es nur ein Remis, 2:2 gegen Israel und eine Niederlage 1:3 gegen Bulgarien. Alle anderen Gegner wurden besiegt, darunter einige sehr starke: Montenegro, Ungarn, Ukraine, Italien, Rumänien und Aserbaidschan.

Schon bei der Schacholympiade in Dresden 2008 hatte die deutsche Mannschaft in ähnlicher Aufstellung stark gespielt, auch wenn es später für eine Medaille nicht reichte. Vor der Schacholympiade in Khanty-Mansiysk 2010 gab es Differenzen über die Antrittsvergütungen, die vor Beginn der Schacholympiade auch nicht mehr beigelegt werden konnten. Deutschland wurde ohne seine A-Mannschaft dort 64ster. Inzwischen haben Spieler und Verband wieder Einigung erzielt und so konnte Bundestrainer Uwe Bönsch seine Wunschmannschaft zur Europameisterschaft mitnehmen.



Die Diskussion um eine möglichst professionelle Vorbereitung der Mannschaft bei den Wettkämpfen führte auch dazu, dass für die Europameisterschaft ein "Eröffnungstrainer" verpflichtet wurde. Dies hatten sich die Nationalspieler explizit gewünscht. Mit Rustam Kasimdzhanov konnte man für Porto Carras sogar einen erstklassigen Sekundanten verpflichten. Kasimdzhanov lebt seit vielen Jahren in Deutschland, spricht neben anderen Sprachen auch fließend deutsch und würde, wenn nicht seine Verbundenheit zur usbekischen Heimat bestünde, wo er als Nationalheld verehrt wird, sogar selber für Deutschland spielen. Somit passt er ausgezeichnet zum deutschen Team und als einer der Sekundanten von Weltmeister Anand in den letzten beiden WM-Kämpfen besitzt er ein ausgezeichnetes Portfolio. Last, but not least sind Naiditsch, Meier, Gustafsson und Kasimdzhanov Mannschaftskollegen beim deutschen Meister Baden-Baden.

In der Tat hatten die deutschen Spieler keine Probleme in der Eröffnung und wirkten sehr gut vorbereitet. Die deutsche Mannschaft hing die Tätigkeit des FIDE-Weltmeisters von 2004 nicht gerade an die große Glocke, machten aber auch kein Hehl daraus. In seinen Zuschaltungen aus Porto Carras bei den Zusammenfassungen von Klaus Bischoff lobte der Bundestrainer die Arbeit des neuen Eröffnungstrainers und auch Arkadij Naiditsch brachte in einem Interview nach den sensationellen Sieg der Deutschen über Aserbaidschan zum Ausdruck, wie froh die Mannschaft ist, dass Kasimdzhanov ihnen zur Seite steht.



Für die heutige Schlussrunde, in die Deutschland als Zweite gegen den Spitzenreiter Armenien ging, hatte der Bundestrainer gestern im Interview bei Klaus Bischoff eine aggressive Marschroute ausgegeben: "Wir spielen auf Sieg! Wann haben wir sonst eine solche Gelegenheit und bei dem Lauf, den die Mannschaft gerade hat, ist alles möglich!"

Auch gegen Armenien kamen die Deutschen überraschend gut aus der Eröffnung. Arkadi Naiditsch spielte gegen Levon Aronians Berliner Variante ein ganz langweiliges Abspiel und bot Remis an - vermutlich entsprechend der taktischen Marschroute der deutschen Mannschaft. Nach der Punkteteilung war der beste Armenier aus dem Rennen genommen. In den übrigen drei Partien sah es schon bald insgesamt nicht schlecht aus.

Jan Gustafsson hatte zwar an einem ziemlich wirkungslosen Läufer auf d5 zu leiden, aber Daniel Fridman kam gegen Vladimir Akopian besser aus der slawischen Eröffnung und Georg Meier stand mit seinem Klassischen Franzosen gegen Sergey Movsesian bald ziemlich gut. Diese Französischen Variante wurde von Klaus Bischoff als deutsche 100%-Variante bezeichnet, denn bisher gewannen die Deutschen damit alle ihre Partien. Möglicherweise konnte Kasimdzhanov hier auch ein paar Tipps geben, er ist ein großer Spezialist der Französischen Verteidigung und hat drei DVDs dazu aufgenommen - witzigerweise aus der anderen Perspektive -- How to beat (!) the French.



In der Partie Fridman gegen Akopian verpuffte der weiße Vorteil allmählich und die Partie endetet im 21. Zug remis. Nach zweieinhalb Stunden sah es also entweder nach einem Remis aus, wenn Georg Meier seine vorteilhafte Stellung gewönne und Jan Gustafsson seine etwas schwierige Stellung verlöre, wobei die Chance auf Meiers Gewinn viel realer war als ein Verlust von Gustafsson. Die deutschen Schachfreunde durften träumen!

Zu diesem Zeitpunkt hatte Aserbaidschan gegen Rumänien mit 3:1 gewonnen und stand für die Abschlusstabelle mit 14 Punkten und 23 Brettpunkten zu Buche. Das bedeutete für Deutschland im Falle eines 2:2 höchstens die Bronzemedaille, bei ebenfalls 14 Punkten und 22 Brettpunkten. Da Bulgarien gegen Ungarn auf Verlust stand, waren die Bulgaren aus dem Rennen.

Schließlich führte Georg Meier seine gute Partie zum Sieg. Doch dann mussten die Schachfreunde lange mit Jan Gustafsson zittern. Der Hamburger behielt die Nerven und führte seine schwierige Position am Ende in ein theoretisches Remisendspiel.
 

1) Naiditsch,Arkadij (2712) - Aronian,Levon (2802) [C67]

18th European Teams Porto Carras GRE (9.1), 11.11.2011

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.0–0 Sxe4 5.Te1 Sd6 6.Sxe5 Le7 7.Lf1 Sxe5 8.Txe5 0–0 9.d4 Lf6 10.Te1 Te8 11.Txe8+

½–½

(2) Movsesian,Sergei (2710) - Meier,Georg (2659) [C11]

18th European Teams Porto Carras GRE (9.2), 11.11.2011

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.e5 Sfd7 5.f4 c5 6.Sf3 Sc6 7.Se2 Le7 8.g3 0–0 9.Lg2 b5 10.Le3 Da5+ 11.Kf2 f6 12.c3 b4 13.Te1 bxc3 14.bxc3 La6 15.Lh3 f5 16.Ld2 Sb6 17.g4 Sc4 18.gxf5 exf5 19.Tg1 Tab8 20.Tg3 Sd8 21.Tb1 Sb2 22.Dg1 Se6 23.Ta1 Lxe2 24.Kxe2 Da6+ 25.Kf2 Sd3+ 26.Kg2 Sdxf4+ 27.Lxf4 Sxf4+ 28.Kh1 Dh6 29.Lf1 c4 30.Df2 Tb6 31.Dc2 g5 32.Da4 g4 33.Dxa7 De6 34.Tg1 Kh8 35.Sd2 Tb2 36.Td1 Tg8 37.Lg2 Lh4 38.Da5 Lf2 39.Tgf1 Le3 40.Txf4 Lxf4 41.Sf1 Dh6 42.Dxd5 Lxh2 43.Dc6 Dxc6 44.Lxc6 Lf4 45.Te1 g3 46.Lg2 Tgb8 47.a4 Tb1 48.Te2 T8b2 49.Txb2 Txb2 50.a5 Ta2 51.Lc6 Kg7 52.e6 Kf6

0–1

(3) Fridman,Daniel (2661) - Akopian,Vladimir (2681) [D11]

18th European Teams Porto Carras GRE (9.3), 11.11.2011

1.Sf3 d5 2.c4 c6 3.d4 Sf6 4.Db3 dxc4 5.Dxc4 Lf5 6.g3 e6 7.Lg2 Sbd7 8.0–0 Sb6 9.Db3 Dd5 10.Sbd2 Le7 11.a4 Dxb3 12.Sxb3 a5 13.Se5 Lc2 14.Sc5 Lxc5 15.dxc5 Sbd7 16.Sxd7 Sxd7 17.Ld2 Ke7 18.Tfc1 Lg6 19.b4 axb4 20.Lxb4 f6 21.Ta2 Thd8

½–½

(4) Sargissian,Gabriel (2671) - Gustafsson,Jan (2633) [D41]

18th European Teams Porto Carras GRE (9.4), 11.11.2011

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 c5 5.cxd5 Sxd5 6.e3 Le7 7.Ld3 Sc6 8.0–0 0–0 9.Le4 cxd4 10.exd4 Sf6 11.Lxc6 bxc6 12.Sa4 La6 13.Te1 Lc4 14.Se5 Ld5 15.Lg5 h6 16.Lh4 Sd7 17.Lxe7 Dxe7 18.Sxd7 Dxd7 19.Sc5 De7 20.Dh5 Tab8 21.b3 Tfd8 22.Tad1 Dg5 23.Dxg5 hxg5 24.f3 Td6 25.Kf2 f6 26.Th1 Kf7 27.h4 gxh4 28.Txh4 Tdd8 29.Tc1 Tb5 30.Ke3 Te8 31.Th5 Td8 32.g4 Tbb8 33.Tch1 Tb5 34.Tc1 Tbb8 35.Tc2 Tb5 36.f4 Tb4 37.Tch2 Tb5 38.Sd3 Tg8 39.g5 a5 40.Th7 a4 41.bxa4 Tb1 42.gxf6 Kxf6 43.a5 Ta8 44.Sc5 Txa5 45.a4 Ta7 46.Th8 Te1+ 47.Kd2 Tf1 48.Tf8+ Ke7 49.Thh8 Tf3 50.Te8+ Kf6 51.Thf8+ Kg6 52.Sd3 Txd3+ 53.Kxd3 Txa4 54.Ta8 Tb4 55.Tfb8 Tc4 56.Tb1 c5 57.dxc5 Txc5 58.Tg1+ Kf6 59.Tf8+ Ke7 60.Tg8 e5 61.T8xg7+ Kf6 62.fxe5+ Kxe5 63.T1g5+ Kf6 64.Kd4 Tb5 65.T5g6+ Kf5 66.Tg1 Ke6 67.T1g6+ Kf5 68.Tg1 Ke6 69.T7g6+ Ke7 70.T1g5 Lf7 71.Txb5 Lxg6 72.Ke5 Kf7 73.Tb7+ Kg8 74.Kf6 Le4 75.Tg7+ Kh8 76.Tg4 Lc2 77.Tg3 Le4

½–½

 


 

André Schulz




 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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