Von Dagobert Kohlmeyer
Zweiter
Erfolg für Ralf Seibicke beim sechsten Start. Der Präsident des
Landesrechnungshofes von Sachsen-Anhalt ist ein „Wiederholungstäter“. Seibicke
gewann am Wochenende in Berlin das Traditionsturnier "Politiker spielen Schach".
Der 48-jährige Magdeburger erzielte 6,5 Punkte aus 7 Partien und verwies den
stellvertretenden schwedischen Botschafter Jan Lundin (6,0 Punkte) auf den
zweiten Rang. Dritter wurde mit ebenfalls 6,0 Zählern der Berliner Dietmar
Lingemann (Bündnis 90/Die Grünen).
Schauplatz
war wieder das Maritim Hotel Berlin. Organisator Alfred Seppelt und sein
engagiertes Team hatten wie immer ganze Arbeit geleistet. Der Vizepräsident des
Berliner Schachverbandes Carsten Schmidt leitete das Turnier und wurde von den
Schiedsrichtern Lothar Oettel sowie Andreas Rehfeld unterstützt.
Carsten Schmidt
Berlins
Sportsenator Böger schickte eine Grußbotschaft, die zu Beginn von Alfred Seppelt
verlesen wurde.
Im Namen
des hauptstädtischen Schachverbandes begrüßte dessen Präsident Matthias Kribben
die Teilnehmer des Politikerturniers.
DSB-Geschäftsführer Horst Metzing, hinten Webmaster Frank Hoppe
Lange Zeit
schien es so, als ob keiner dem Favoriten Jan Lundin ernsthaft Paroli bieten
könnte. Der Diplomat aus Schweden, er ist immerhin FIDE-Meister, gewann sechs
Partien in Folge und sah bereits wie der sichere Sieger aus. In der Schlussrunde
aber kam es zum Showdown, als Lundin mit Schwarz gegen Seibicke antreten musste.
Dieser hatte einen halben Punkt weniger auf seinem Konto und schaffte es mit
Glück und Geschick, das dramatische Duell für sich zu entscheiden.
Entscheidungspartie: Seibicke gegen Lundin
Seine
weiße Stellung wackelte sehr, aber mit einzigen Zügen konnte sich der
Magdeburger bei hoher Zeitnot aus seiner misslichen Lage befreien und mit einem
unerwarteten Mattangriff den vollen Punkt einfahren. Jan Lundin, der das
Politikerturnier vor drei Jahren gewonnen hatte, war erster Gratulant.
Mit seinem
Bravourstück entthronte Seibicke den Vorjahressieger Dirk Jordan aus Dresden,
der diesmal nur Siebenter wurde. Der Chairman der Schacholympiade hatte im
Turnierverlauf zwei Niederlagen kassiert, ebenso wie Hoyerswerdas Bürgermeister
Thomas Delling (SPD), der den Wettbewerb auch schon einmal gewinnen konnte.
Lunin, Delling
Thomas Delling
Jordan
lobte hinterher Seibickes couragiertes Spiel. Beide stammen übrigens aus Stendal
und haben dort vor über drei Jahrzehnten in einer Jugendmannschaft gespielt. So
trifft man sich immer mal wieder, Schach verbindet eben ein Leben lang.
Ralf
Seibicke blieb als einziger Teilnehmer ungeschlagen.
Er hatte
den Schach-Event der Politprominenz auch im Jahre 2003 bei seinem ersten Start
gewonnen, in den Folgejahren dann aber immer anderen den Vortritt lassen müssen.
An dem beliebten Turnier im Maritim Hotel Berlin nahmen diesmal 51
Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport teil, darunter der
Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering sowie Reinhard
Bütikofer und Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen). Etliche Politgrößen
wie Wolfgang Thierse, Wolfgang Schäuble oder Otto Schily mussten aus
Termingründen absagen. Dafür gab es neue Gesichter, wie zum Beispiel Reinhard
Bütikofer.
Erwin
Sellering merkte man die fehlende Übung an, am Ende hatte der Landesvater von MV
3,0 Punkte erspielt.
Erwin
Sellering
Bütikofer
holte immerhin 4,5 Punkte.
„Ich habe
vor vierzig Jahren mal in einem Verein gespielt und heute leider zu wenig
Spielpraxis“, sagte der viel beschäftigte Grünen-Politiker.
Seine Schach-Premiere in Berlin hatte auch Eberhard Gienger.
Der ehemalige Turnweltmeister sitzt seit 2002 für die CDU im Bundestag.
Er hat Schach einst als Kind von seinem Vater gelernt und
spielte es später in seiner aktiven Zeit als Turnier sehr gern. Wie er uns
erzählte, absolvierte er damals während langer Auto- und Zugfahrten zu den
Wettkämpfen mit seinem Trainer Eduard Friedrich unendlich viele Partien. „1973
waren wir in China, da sind wir von unserem kleinen Steck-Schach überhaupt nicht
weggekommen.“
Schach ist nach Giengers Meinung ein tolles Spiel. „Die
Idee, die dahinter steckt, ist großartig.“ Man sollte dem Erfinder heute noch
dankbar sein. Ehe es an die Bretter ging, sagte der frühere Spitzensportler:
„„Ich bin jetzt ganz aus der Übung, habe das letzte Mal im Urlaub vor fünf
Jahren gespielt. Meine Söhne schlage ich noch, aber hier diese starke
Konkurrenz?“
Turnass Eberhard Gienger
In der ersten Runde schaffte Gienger ein Remis gegen den
Pasewalker Bürgermeister Rainer Dambach. Danach traf er auf Dirk Jordan und
hatte keine Chance (siehe Partie),
Jordan, Gienger
aber in der dritten Runde setzte der passionierte
Fallschirmspringer Berlins früheren Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD)
matt.
Gienger gegen Meisner
Nach dem vierten Durchgang musste Eberhard Gienger das
Turnier leider verlassen, weil er noch zum Presseball des Sports nach
Frankfurt/Main fliegen wollte. „Für das nächste Mal nehme ich mir den ganzen Tag
Zeit, das Politikerturnier ist eine tolle Sache. Die Atmosphäre hat mir hier
sehr gut gefallen“.
Gienger, Ströbele
Spanisch-Training: Dagobert Kohlmeyer und Eberhard Gienger
Bester
Amateur wurde der FDP-Politiker Josef König aus Pfarrkirchen in Bayern, der mit
5,5 Punkten Rang 4 belegte. „Ich habe mich von Jahr zu Jahr gesteigert“, freute
sich König, der jedes Jahr in seiner Heimat ein Jungseniorenturnier organisiert.
Ralf Seibicke, Josef König
Austragungsort ist Bad Griesbach im Rottal. Das
nächste Turnier findet vom 29. November bis 5. Dezember statt.
Der Tisch mit den Preisen, Programme und Bücher von ChessBase
Und das
schöne Geschlecht? Diesmal spielte bedauerlicherweise nur eine Frau mit. Renate
Hotz, Beraterin im Schweizer Parlament, war zum ersten Mal dabei und rettete mit
ihrer Teilnahme die Ehre des weiblichen Geschlechts. Die charmante Frau aus Bern
erzielte 2,5 Punkte.
Renate Holz
Vor 20 Jahren
In
Deutschland wird am heutigen Montag überall des Mauerfalls vor 20 Jahren
gedacht. Die Schachspieler in beiden Teilen von Berlin haben ihn damals hautnah
erlebt und schon kurz darauf gemeinsam ihre Figuren tanzen lassen. Bereits im
Winter 1989-90 gab es die ersten freundschaftlichen Vergleichskämpfe zwischen
Ost- und Westberlin. 1990 wurde dann der gemeinsame Punktspielbetrieb
aufgenommen. „Damit waren wir Schachspieler beispielgebend für andere
Sportverbände“, sagte Alfred Seppelt. Sein Ostberliner Verbandskollege war
damals Gerhardt Mietzelfeldt. „Wir haben hart, aber fair verhandelt, es war ein
Zusammenschluss auf Augenhöhe“, kein Beitritt des östlichen Teils“, sagte
Mietzelfeldt, als er jetzt beim Politikerturnier vorbeischaute und sich mit
Seppelt an alte Zeiten erinnerte.
Alfred Seppelt, Gerhardt Mietzelfeld
Eine
gemeinsame Erklärung (siehe Urkunde) regelte im September 1990 den
Zusammenschluss der Berliner Vereine zum Berliner Schachverband e.V. ab dem 1.
Januar 1991. (siehe Urkunde). Aber gemeinsam gespielt wurde eben schon vorher.
Und das ist gut so!
Größeres Bild...
Endstand,
19. Politikerschachturnier
Pl. Teilnehmer
TWZ Verein/Ort
Pkt.Buch
1. Seibicke, Ralf
2100 Magdeburg
6.5 32.5
2. Lundin, Jan
2100 Berlin - Schweden 6.0
31.0
3. Lingemann, Dietmar 2100 Berlin
(B'90-Grüne) 6.0 27.5
4. König, Josef
1900 Pfarrkirchen (FDP) 5.5 27.5
5. Delling, Thomas
2100 Hoyerswerda (SPD) 5.0
31.0
6. Wünschmann, Martin 1900 Dresden
(CDU)
5.0 27.5
7. Jordan, Dirk
2100 Dresden (CDU)
5.0 27.5
8. Büscher, Ulrich
1900 Boppard
5.0 27.0
9. Lomer, Edmund
2100 Eckernförde (CDU) 5.0
26.5
10. Wildt, Volker
2100 Gauting (UBG)
4.5 31.5
11. Altherr, Hans
1900 Trogen - Schweiz
4.5 30.5
12. Döring, Lars
2100 Berlin (B'90-Grüne) 4.5 27.5
13. Bütikofer, Reinhard 1900 Brüssel (B'90-Grüne)
4.5 26.5
14. Lanfermann, Heinz 1900 Potsdam
(FDP)
4.0 31.0
15. von Blumenthal, Nicolaus 1900 Herne (SPD)
4.0 29.5
16. Felgentreu, Fritz 1900 Berlin
(SPD)
4.0 29.5
17. Meidal, Björn
2100 Ingarö - Schweden 4.0
29.0
18. Roos, Wilfried
1900 Saerbeck
4.0 29.0
19. Beerfeltz, Hans-Jürgen 1900 Berlin (FDP)
4.0 28.5
20. Galeazzi, Wolfgang 1900 Boppard (CDU)
4.0 24.5
21. Spitz, Wolfgang 1900
Boppard (CDU)
4.0 24.0
22. Haase, Udo
1700 Schönefeld
4.0 22.5
23. Puchta, Dieter
1900 Berlin
3.5 26.5
24. Dambach, Rainer 1900
Pasewalk
3.5 22.5
25. Tumur-Ochir, Ganbat 1700 Berlin - Mongolei
3.5 22.5
26. Freise, Ulrich
1900 Berlin (SPD)
3.5 22.0
27. Gaudszun, Thomas 1700 Berlin
(SPD)
3.0 29.5
28. Höfer, Heijo
1900 Altenkirchen (SPD) 3.0 25.5
29. Schmitt, Karl
1900 Berlin (CDU)
3.0 25.0
30. Otto, Andreas
1900 Berlin (B'90-Grüne) 3.0 23.5
31. Arlt, Gerd
1900 Oberhausen (FDP)
3.0 23.0
32. Gelbhaar, Stefan 1900 Berlin
(B'90-Grüne) 3.0 22.5
33. von Blumenthal, Ulrich 1700 Genf - Schweiz
3.0 20.5
34. Sellering, Erwin 1900
Schwerin (SPD)
3.0 20.0
35. Peisch, Sandor
1900 Berlin - Ungarn
3.0 19.5
36. Nooke, Günter
1900 Berlin (CDU)
3.0 18.0
37. Stratmann, Dietrich 1900 Northeim (CDU)
2.5 23.5
38. Mandakhbileg, Birvaa 1700 Berlin - Mongolei
2.5 22.5
39. Höhne, Andreas
1900 Berlin (SPD)
2.5 20.5
40. Meisner, Norbert 1700 Hohen
Neuendorf (SPD) 2.5 20.0
41. Hotz, Renate
1700 Stettlen - Schweiz 2.5 19.5
42. Haase, Herwig
1900 Berlin (CDU)
2.0 23.0
43. Apelt, Andreas
1700 Berlin (CDU)
2.0 20.0
44. Schilling, Gert 1700
Berlin (SPD)
2.0 19.5
45. Kleist, Werner
1700 Berlin (SPD)
2.0 17.5
46. Martens, Michael 1700
Dresden (B'90-Grüne) 2.0 15.0
47. Koep-Kestin, Werner 1900 Berlin (SPD)
2.0 4.5
48. Gienger, Eberhard 1700
Bietigheim-Bissingen (CDU) 1.5 14.0
49. Ströbele, Hans-Christian 1700 Berlin (B'90-Grüne)
1.0 18.0
50. Arndt, Michael
1700 Berlin (FDP)
1.0 16.5
51. Johannes, Wolfram 1700 Kirchen
(SPD)
0.0 16.5