Remoteengine in ChessBase 18: Leistung überall

von Matthias Wüllenweber
01.12.2024 – Eine Remoteengine läuft nicht auf Ihrem Computer, sondern in einem Rechenzentrum. Hier erfahren Sie, warum die neue Remoteengine unsere bewährten Cloud Engines sinnvoll ergänzt. Wie kommt man ohne Dukaten an eine Remoteengine? Wie viel Leistung frisst ein dicker Server? Warum jagten unsere Maschinen in Helsinki uns vor dem Rabatttag einen gehörigen Schrecken ein? Und wie schrottete Fritz einen Serverschrank?

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In den Kindertagen von Fritz reiste ich mit meinem Kollegen Mathias Feist zu einem süddeutschen Hardwarehersteller. Dort wollte man das Programm als Marketingevent simultan gegen prominente Spieler antreten lassen. Wir bekamen einen schönen Serverschrank zugewiesen und installierten unser Programm auf jeder darin enthaltenen Einheit. Nach dem Start aller Engines flog dann die Sicherung raus, was keine optimale Präsentation zum Thema Ausfallsicherheit darstellte. Die jedem Schachspieler vertraute Lehre: Eine Engine setzt eine CPU unter Höchstlast und benötigt entsprechend viel elektrische Leistung.

Feist und Wüllenweber schrotten einen Serverschrank

Auch heute ist das noch relevant. Wenn Sie unterwegs auf Ihrem Notebook mit einer Engine arbeiten wollen, belastet das den Akku sehr. Die CPU erhitzt sich, Ihr Lüfter dreht laut hoch. Hier hilft die neue Remoteengine: Die einzige Ressource, die sie verbraucht, sind ein paar Bytes, die mit den Hauptvarianten durch Ihre Internetleitung eintreffen.

Erscheint bei ChessBase 18 im Enginedialog: Die Remoteengine

Wählt man die Remoteengine aus, öffnet sich ein separates Programmfenster:

Die Remoteengine

Beim ersten Start legen Sie die gewünschte Engine und Hardware fest. Wenn Sie einen Premium-Account besitzen, können sie die oberste Engine ohne Dukaten per Flatrate nutzen. Diese Engine mit zwei CPUs ist völlig ausreichend für jeden normalen Analysezweck. Wählen Sie Start automatically, um die Engine sofort nach Aufruf zum Analysieren zu bringen. In diesem Moment fallen bei den Dukatenengines jedoch gleich Kosten an. In der Regel will man trotzdem die Engine immer gleich starten.

Dann Klick auf den Schalter unten Save as Default, damit die Konfiguration beim nächsten Start verwendet werden kann. Und zum Schluss der Klick auf Start Engine. ChessBase hat im Hintergrund gewartet, jetzt läuft die Engine los:

Remote- oder Cloud Engine erkennt man am blauen Namenstext

Wer bei seinem Rechner auch schon mal unter die Motorhaube schaut und jetzt den Taskmanager öffnet, wird die Stirn runzeln: Wieso erzeugt die Remoteengine über 60% Prozessorlast? Nun, im obigen Bild ist der Buddy aktiv, der immer lokal läuft. Man will ja nicht für die Buddy-Kommentare zwei Server bezahlen. Schalten Sie ihn einfach durch Klick auf den grünen Wachhund aus.

Tiefe 40 bei 1% CPU

Hier sieht man im Taskmanager den Lastabfall beim Abschalten der Buddy-Engine.

Zu den Kosten

Die größeren Maschinen kosten Dukaten. Für Käufer des Premium-Pakets ist das bequem, sie haben ja ein Guthaben von 1000 Dukaten erhalten. Hier eine kleine Rechnung, warum das aus Anwendersicht gar nicht so teuer ist:

Nehmen wir den dicksten Server, den „Jumbo“. Seine CPUS haben insgesamt 48 Kerne. Bei einem Rechner dieser Größenordnung ist die CPU ein Stromfresser. Hinzu kommt der Hauptspeicher mit vielleicht 1 Watt/GB, die anteilige Kühlung, das Mainboard, die Netzteilverluste  und die Peripherie. Nehmen wir 0.5 kW Leistung für einen solchen Server unter Volllast an. Das wären Stromkosten von etwa 17 Cent oder etwa 1,7 Dukaten pro Stunde, die anfielen, wenn die Maschine unter Ihrem Schreibtisch stünde.

Anekdote: Server und Stromkosten

Für den Betreiber eines Rechenzentrums sind Stromkosten der entscheidende Wirtschaftsfaktor. Einer unserer Anbieter hat deshalb in ein Rechenzentrum in Helsinki investiert, wo Strom billig aus Wind- und Wasserkraft kommt. Wir installieren neue Maschinen gerne in Finnland, weil sie gut angebunden und günstig sind.

Kurz vor unserer herbstlichen Rabattaktion wurde der neue Lichess-Cache-Server plötzlich unbrauchbar langsam. Eine Paketverfolgung zeigte, dass irgendwo auf dem Weg nach Finnland erhebliche Störungen auftraten. Ein Moment der Panik, weil die Veröffentlichung von ChessBase 18 kurz bevorstand. Der Umzug von sieben Milliarden Partien auf einen anderen Server ist keine Kleinigkeit, doch der Entwickler des Cache-Servers, Lutz Nebe, machte sich noch über Nacht ans Werk. Schnell stellte sich heraus, dass alle finnischen Server lahmten. Wir dachten noch: Wenn da nicht mal jemand an einem Ostseekabel gesägt hat.

Eine Woche später ging dann die Beschädigung der Leitung „C-Lion1“ durch alle Medien.

Stundentarif

Buchen Sie einen Server für eine ganze Stunde, ist das um etwa Faktor zwei preisgünstiger als die flexiblere Minutenbuchung. Der Dukatenpreis fällt dann jedoch auch an, wenn Sie die Nutzung vor Ablauf der Stunde beenden.

Der Schalter Engine zeigt die laufende Abrechnung. Unter Bills finden Sie einen Verlauf Ihrer Mietvorgänge. Die freie Premiumengine erscheint hier mit 0 Dukaten/Minute.

Im Stundentarif kann man die Engine selbstverständlich beliebig oft stoppen und wieder starten, ohne dass neu gebucht wird.

Änderung der Hardwarekonfiguration

Wenn Sie Enginesoftware oder Hardware ändern wollen, setzen Sie unter Default Engine die betreffenden Einträge. Dann stoppen Sie die aktuelle Engine und die neue Konfiguration wird beim nächsten Start aktiv.

Vergleich klassische Cloud Engine und Remoteengine

Cloud Engines gibt es schon lange in ChessBase und sie sind besonders bei starken Spielern beliebt. Gerne wird die Möglichkeit genutzt, sich privat kraftvolle Hardware für die Nutzung unterwegs zur Verfügung zu stellen. Die traditionellen Cloud Engines mietet man jedoch auf einem Marktplatz und man ist vom aktuellen Angebot abhängig. Weiterhin ist nicht jedem Spieler sympathisch, dass der Anbieter theoretisch die Analysen einsehen könnte.

Die neue Remoteengine läuft auf virtuellen Servern in einem Rechenzentrum. Diese Server sind praktisch immer verfügbar und werden beim Start einer Engine frisch initialisiert. Wir halten zwar immer einige virtuelle Maschinen vor, doch kann der Start einer größeren Hardware deswegen bis zu zwei Minuten dauern. Läuft der Server einmal, startet und stoppt die Engine verzögerungsfrei.

Schließlich kann man die neue Remoteengine bedienungsfreundlich als Standardengine nutzen:

Standardengine

In ChessBase können Sie eine Standardengine festlegen. Das ist die Engine, die ohne weitere Rückfragen mit Klick auf Standardengine ein/aus oder Tastenkombination Alt-F2 aktiviert wird. Im Enginedialog setzen Sie diese Auswahl per Rechtsklick -> Eigenschaften.

Wenn Sie die Remoteengine zur Standardengine befördern und in der Default-Konfiguration Start Automatically angekreuzt haben, dann startet sie auch einfach per Alt-F2.

Tipp: Man kann die Engine auch einfach durch Schließen ihres eigenen Fensters stoppen, sie wird dann automatisch in ChessBase entfernt. Dahinter steckt ein neues UCI-Kommando „Bye“ mit dem der Oberfläche das Terminieren der Engine signalisiert wird.

UCI überall

Die Remoteengine ist wie praktisch alle Engines heute über das UCI-Interface angeschlossen, das Ende der 1990er Jahre von Stefan Meyer-Kahlen und Mathias Feist entwickelt wurde. Das macht sie unabhängig nutzbar von ChessBase 18. Sie läuft nicht nur in Fritz, sondern in jeder anderen Oberfläche, die UCI-Engines unterstützt.

Daher kann man sie auch einfach kostenlos hier herunterladen:

https://remoteengine.chessbase.com/


Matthias Wüllenweber, Gesellschafter und Geschäftsführer von ChessBase
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Krennwurzn Krennwurzn 02.12.2024 08:18
Kostenpflichtige Remoteengines senken die privaten Computerkosten und auch den Wartungsaufwand und werden von Profis schon längst eingesetzt. Man hat immer volle Leistung auf jedem Gerät.

Und die Umweltbilanz dürfte auch positiv sein ...
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