Rezension: Robert Ris – How to make a plan

von Melik Kramer
04.07.2019 – Wenn man einmal den richtigen Plan gefunden hat, fällt es einem viel leichter die dazu passenden Züge zu finden. Robert Ris gibt auf seiner DVD Anleitungen und Melik Kramer hat sich die DVD angeschaut.

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Robert Ris – How to make a plan

Nach seinen beiden sehr instruktiven DVDs zum Thema Variantenberechnung und Taktik („Calculation Training“ und „Extreme Calculation Training“), wendet sich Robert Ris in seiner neuesten Arbeit mehr der strategischen Seite des königlichen Spiels zu. In „How to make a plan“ stehen keine forcierten Varianten im Vordergrund, sondern die Fragen „Was soll ich denn hier spielen?“ oder „Wie geht es weiter?“. Dass er als Schachprofi und –trainer einen Plan hat, versteht sich von selbst. Er schafft es aber auch, diesen dem Zuschauer nachvollziehbar zu vermitteln. Und damit meine ich nicht, dass der Autor die jeweilige Stellung mit dem Computer analysiert und die Ergebnisse präsentiert, sondern er zeigt Pläne und Ideen auf, die einem starken Spieler (Ris steht momentan bei Elo 2450) während der Partie durch den Kopf gehen. Denn der Holländer verwendet bei seinen Beispielen und Trainingstests ca. 50% eigene Partien.

Die DVD gliedert sich in 2 Abschnitte. Im ersten findet man insgesamt 12 jeweils ungefähr 15-minütige Videos zu den Themen Wichtigkeit von Bauernzügen, Wie behandelt man die Spannung auf dem Brett richtig (aufrecht erhalten oder vereinfachen), Verbesserung der schlechtesten Figur, Angriffsziele schaffen und diese angreifen und prophylaktisches Denken.

Der zweite Teil enthält dann 50 interaktive Tests, in denen man selbst nach den besten Plänen Ausschau halten soll. Natürlich wird die Lösung anschließend besprochen, aber auch die Nachteile von nicht so guten Vorschlägen von Seiten der Zuschauer werden teilweise kurz erläutert.

Wer sich mit dem Thema Strategie im Schach schon einmal beschäftigt hat, ist bestimmt schon öfter über den einen oder anderen Begriff gestolpert. Beispielsweise spricht der Chessbase-Autor Michael Richter auch immer davon, dass die Bauernhebel den Plan bestimmen, oder Mark Dvoretsky und Boris Gelfand betonen immer wieder die Wichtigkeit des prophylaktischen Denkens. Klar, man kann in einer Schachpartie nie immer an alles denken. Aber je mehr man trainiert, desto öfter wird man sich in bestimmten Positionen an Ideen und Pläne erinnern, die einem bekannt vorkommen. Und oft steht am Ende einer guten Stellung dann zur Belohnung auch noch ein taktisches Motiv!

Aber nun zurück zur DVD. Mich haben im theoretischen Teil zwei Partien am meisten begeistert. Da ist zum einen die Partie Carlsen – Amonatov von der Schnellschach-WM 2018. Das Thema ist, wann soll man die Spannung auf dem Brett noch bestehen lassen und wann kann man sie zu seinen Gunsten auflösen. Das demonstriert der Weltmeister hier absolut brillant.

 

16. b4 gewinnt Raum am Damenflügel. 16….Sb6, 17. a5 Sbd7, 18.Dc1 mit Tempogewinn wird die Dame aktiviert 18….Kh7, 19. c4 jetzt erhöht Carlsen den Druck am Damenflügel 19….Tac8, 20. dxe5 jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um die Spannung im Zentrum abzubauen. 20….dxe5, 21. Le3 Db8 Hier ist es schon nicht so einfach, für Schwarz gute Züge zu finden. Weiß hat Raumvorteil und der Läufer b7 schaut seine eigenen Bauern an. 22. Td1 Sf8, 23. Lb6 S6d7, 24. c5! Weiß hebt wieder die Spannung auf und zementiert seinen Läufer auf b6 ein. Wird er geschlagen bekommt er einen gedeckten Freibauern auf b6. 24….Se6, 25. Lb1 Sd4, 26.Ta3! Der Anziehende hat alle Zeit der Welt seine Stellung zu verstärken. 26… Sf8, 27. Sxd4 Und wieder ist der richtige Zeitpunkt gekommen um die Spannung aufzuheben. Sonst spielt Schwarz Sfe6 und steht nur etwas schlechtere. 27…exd4, 28. f4! Te7, 29. e5 Tce8, 30. Se4 Angriff statt Bauerngewinn 30….Se6, 31. Sd6 Sxf4 Alle weißen Figuren sind ideal postiert und selbst der Turm a3 kann ins Zentrum schwenken. 32. Dxf4 Lxe5, 33. Df2 Lxd6, 34. Dxd6 Lc5 und 1-0

In der anderen Modellpartie zum selben Thema untersucht Ris eine typische Stellung aus dem Damengambit, bei der Weiß seine Bauern auf d4, c5, b4 und a3 und Schwarz seine Bauern auf d5, c6, b6 und a5 hat. Der Autor erklärt dabei sowohl die unterschiedlichen typischen Pläne für beide Seiten. Gleichzeitig gibt der Holländer auch immer allgemeine Ratschläge, wie z.B. dass es bei Raumvorteil (Hier für Weiß) ein Fehler ist, die Spannung zu früh aufzuheben.

Die andere Partie, die mir ins Auge gestochen ist behandelt das Thema Schwächen im gegnerischen Lager zu provozieren und diese anzugreifen. Es ist die Partie Sokolov – Wang von 2011.

 

32.Tc5! Sokolov dominiert die Stellung, aktiviert in der Folge seinen König und verbessert in Ruhe seine Stellung.

32. ... Kf6 33. Kc2 Ke6 34. b4 Kd7 35. Kc3 Kd6 36. a3 e6 37. Kc4 a6 38. Ta5 Ta7 39. Kd4 Ta8 40. Ke4 Ta7 41. g4 Ta8 42. h4 Ta7 43. g5 Ta8 44. Kf3 Tf8 45. Kg4 Ta8 46. h5 Ta7

47.h6!! Der Weiße hat den klaren Plan, den Bauern h7 in Zukunft anzugreifen und so die Partie zu entscheiden. Die Umsetzung erfolgt scheinbar einfach.

47... Ta8 48. Kg3 Ta7 49. Kf3 Ta8 50. Ke3 Ta7 51. a4 Tb7 52. Txa6 Txb4 53. Ta7 e5 54. Txh7 exf4+ 55. Kf3 Txa4 56. Tg7 Ke5 57. Txg6 Kf5 58. h7 Ta3+ 59. Kf2 Ta2+ 60. Ke1 Ta1+ 61. Kd2 Ta2+ 62. Kc3 Ta3+ 63. Kb2 Kxg6 64. h8D 1-0

Zum Abschluss noch ein Beispiel aus dem Testbereich.

 

Viele Schwarzspieler (mich eingeschlossen) würden sich hier Sorgen um die f-Linie machen. Außerdem steht Weiß doch sowieso etwas besser und hat mehr Raum. Robert Ris findet einen sehr lehrreichen Plan und kämpft um Gegenspiel. 35…Tg8! Mit der Idee g5 Gegenchancen zu generieren. Der Plan geht auf und nur 5 Züge später steht Schwarz deutlich besser.

36. Td1 g5 37. hxg5 Txg5 38. Txd6 Txg3+ 39. Ke2 Txb3
40. Txb6 Tb2+ 41. Kf1 Txc4 42. Tb7+ Sd7 43. Tf2 Txf2+ 44. Kxf2 Txe4 45. Sa7 Tc4
46. Tb5 Txa4 47. Sc6+ Kf6 48. Sxa5 Se5 49. Sb3 Tb4 50. Txb4 Sd3+ 51. Kf3 Sxb4
52. Ke4 h5 53. Sc5 Sd5 54. Sd7+ Kg5 55. Sf8 Sf4 56. Sh7+ Kg4 57. Sf6+ Kg3 58.
Ke5 h4 59. Se4+ Kg4 60. Sf6+ Kf3 61. Sh7 Sg6+ 62. Kf6 Sf8 0-1

Insgesamt wieder eine gelungene DVD des noch jungen holländischen Trainers. Robert Ris erklärt verständlich, wie man in Zukunft leichter einen Plan finden und auch umsetzen kann. Dabei verwendet er Partien von Spitzenspielern und sog. Klassiker. Aber vor allem die Erläuterungen seiner eigenen Gedankengänge während seiner Partien fand ich hilfreich, da sie einen Einblick geben, wie ein erfahrener starker Spieler denkt. Die DVD wendet sich sowohl an Spieler, die noch nicht so viel vom Thema Planfindung gehört haben, als auch an erfahrene Denksportler, die neue Ideen und Herangehensweisen dazu suchen.

Strategy Training: How to Make a Plan

In every game of chess, there comes a moment when one is confronted with the question: what should I do now?

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Melik Kramer, spielt seit seinem 12-ten Lebensjahr Schach. Lebt seit 2017 auf Teneriffa und sitzt dort für den Club Ebano Casa Venezuela in der 1. Liga am Brett.

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