Rezension:
Beat the Queens Indian - Simon Williams
von Christan Höthe
Auf seiner neuesten DVD "Beat the Queen´s Indian - the modern fianchetto line" stellt der wie immer bestens gelaunte Großmeister Simon Williams ein scharfes und sehr ambitioniertes Repertoire gegen den Damen- und Bogo-Indischen Komplex nach den einleitenden Zügen 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 vor.
Weil er dem Anziehenden sogar gleich aus einer Vielzahl von attraktiven Spielmöglichkeiten die Wahl lässt - je nach Spiellaune und persönlichen Vorlieben (nicht jedem gefällt das Gambit, das er im ersten Teil vorstellt) - hier gleich ein Einblick in das sehr ausführliche Inhaltsverzeichnis:
01: Introduction [14:28]
02: Game 1 - 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Nxd5 9.0-0 Be7 10.Qe4 Na6 Riazantsev,A - Karjakin,S [37:09]
03: Game 2 Blacks best answer to Qe4 Bc6 [13:39]
04: Game 3 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Nxd5 9.0-0 Be7 10.Rd1 Nc6 11.a3 Nc7 Cheparinov,I - Almasi,Z [20:36]
05: Game 4 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Nxd5 9.0-0 Be7 10.Rd1 Nc6 11.Qa4 Nf6 12.e4 0-0 Cheparinov,I - Drenchev,P [22:11]
06: Game 5 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Nxd5 9.0-0 Be7 10.Rd1 Nc6 11.Qa4 Nf6 12.Nh4 0-0 Nakamura,H - Harikrishna,P [20:32]
07: Game 6 Alternatives 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 c51.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg51.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.Nh4/0-0 and 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Bxd5 Williams,S - Hunt,H [41:00]
08: Game 7 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Bb7 5.Bg2 c5 6.d5 exd5 7.0-0 dxc4 8.e4 Bxe4/Nxe4/Be7 Fridman,D - Fedorchuk,S [14:00]
09: Game 8 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 c5 (5...Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.0-0) 6.d5 exd5 7.cxd5 Bb7 8.e4 Qe7 9.Bd3 c4/Nxd5 Williams,S - Geirnaert,S [25:23]
10: Game 9 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 c5 6.Lg2 c5 7.dxc5 Bxd5/bxc5 Bachmann,A - Sanchez L,S [13:11]
11: Game 10 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Nbd2 Bb7 6.Bg2 c5 7.e4 cxd4/Nxe4 Adorjan,A - Kudrin,S [25:00]
12: Game 11 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb4 6.Bd2 Be7 7.e4 d5 Potkin,V - Zakhartsov,V [30:01]
13: Game 12 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb4 6.Bd2 Be7 7.e4 d5 Iotov,V - Georgiev,K [10:41]
14: Game 13 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb4 6.Bd2 Bxd2 7.Nbxd2 d5 8.cxd5 exd5 Roiz,M - Golod,V [07:08]
15: Game 14 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 Bb4+ 4.Nbd2 b6 5.g3 Ba6 6.Qc2 Bb7 7.Bg2 Be4 Karpov,A - Andersson,U [22:41]
16: Game 15 1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 b6 4. g3 Bb7 5. Bg2 Be7 6.0-0 0-0 7.Re1 Na6 Williams,S - Wells,P [19:22]
17: Game 16 1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 b6 4. g3 Bb7 5. Bg2 Be7 6.0-0 0-0 7.Re1 Qc8 Williams,S - Lerch,P [09:54]
18: Game 17 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 Bb4+ 4.Nbd2 b6 5.a3 Bxd2+ 6.Nxd2 Bb7 7.e3 O-O Sahl,B - Pedersen,N [16:07]
19: Game 18 1.c4 Nf6 2.Nf3 e6 3.d4 Bb4+ 4.Nbd2 b6 5.a3 Bxd2+ 6.Nxd2 Bb7 7.e3 d6 Williams,S - Savage,B [10:49]
20: Game 19 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 Bb4+ 4.Nbd2 d6 5.Qc2 c5 6.a3 Ba5/Bxd2 Williams,S - Hanley,C [05:25]
21: Game 20 1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 c5 4.d5 exd5/b5 Naroditsky,D - Buckley,G [08:03]
22: Conclusion [06:00]
2014 erschien das Buch "Cutting Edge against the Queens Indian" von Hera und Tuncer. Das erste Buch, das sich erstmals diesem scharfen Gambit nach den Zügen 1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Nxd5 9.0-0 aus Sicht des Anziehenden widmete.
Das Debut dieses scharfen Gambits war überaus vielversprechend. Selbst auf allerhöchstem Niveau punktete es überdurchschnittlich gut für Weiß. Hier ein Beispiel, das gut verdeutlicht, was ich meine:
Topalov - Anand
Bilbao 2008
1.d4 Nf6 2.c4 e6 3.Nf3 b6 4.g3 Ba6 5.Qc2 Bb7 6.Bg2 c5 7.d5 exd5 8.cxd5 Nxd5 9.O-O Be7 10.Rd1 Qc8 11.a3 Nf6 12.Bg5 d5 13.Bxf6 Bxf6 14.Nc3 Bxc3 15.bxc3 Na6 16.Nh4 g6 17.Bxd5 Bxd5 18.Rxd5 O-O 19.Rad1 Nc7 20.Rd7 Ne6 21.Qe4 Qe8 22.Nf3 c4 23.Qh4 Nc5 24.Re7 Rd8 25.Rf1 1-0
Dass ein so genialer Spieler wie Anand in nur 25 Zügen verliert, sieht man selten, insbesondere, wenn ihm ein Gambit entgegen gesetzt wird. Seitdem ist etwas Zeit vergangen und das Gambit hat leicht an Popularität verloren. Dennoch wird es auch heutzutage noch erfolreich gespielt, wie dieses Beispiel zeigt:
Ipatov - Geirnaert
Rejkjavik 2015
1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 b6 4. g3 Ba6 5. Qc2 Bb7 6. Bg2 c5 7. d5 exd5 8. cxd5 Nxd5 9. O-O Be7 10. Rd1 Nf6 11. Nc3 Nc6 12. e4 O-O 13. a3 Qc8 14. e5 Ne8 15. Ne4 h6 16. Be3 Nc7 17. Rd2 Ne6 18. Rad1 Rd8 19. Qc3 Qc7 20. Nd6 Bxd6 21. exd6 Qb8 22. Bxh6 gxh6 23. Qf6 Rf8 24. Qxh6 f6 25. Qg6+ Kh8 26. Rd5 Ng7 27. Ng5 fxg5 28. Rxg5 Rf7 29. Qh6+ Kg8 30. Rxg7+ Rxg7 31. Bd5+ Rf7 32. Qg6+ Kh8 33. Bxf7 Qf8 34. Rd5 1-0
Es schien mir dennoch, dass Schwarz in der Zwischenzeit mit Hilfe neuerer Engines Wege gefunden hatte, das weiße Druckspiel zu neutralisieren. Umso positiver überraschte mich, welche für mich völlig neuen Wege Williams auf der DVD vorschlug, um Schwarz dennoch das Leben so schwer wie möglich zu machen. Hier einige davon:
Gänzlich unbekannt war mir das Abspiel 6.d5 exd5 7.0-0 dxc4 8.e4, das Daniel Fridman wählte und das einen äußerst interessanten Eindruck auf mich machte. Nicht wirklich neu war mir das Abspiel 6.d5 exd5 7.cxd5 Bb7 8.e4 Qe7 9.Bd3, das Williams selbst als Anziehender wählte und in aller Ausführlichkeit auf der DVD vorstellt. Die Idee besteht darin, den Entwicklungsvorsprung des Anziehenden und die etwas gekünstelte, ja unglückliche Stellung der schwarzen Monarchin zu starkem Druckspiel auszunutzen. Die Erklärungen von Williams haben auf mich auch hier einen starken, überzeugenden Eindruck gemacht.
Einen weiteren guten Eindruck machten auch die überraschenden Varianten 4.g3 Ba6 5.Qc2 c5 6.Lg2 c5 7.dxc5!? sowie 5.Nbd2 Bb7 6.Bg2 c5 7.e4 auf mich. Man weiß fast gar nicht, in welcher dieser Varianten man seinen nächsten Gegner am liebsten laufen lassen würde! Aber das sind ja eher angenehme und keine wirklichen "Probleme"!
Was mir besonders gut gefallen hat, ist, dass Williams keine Varianten oder Zugumstellungen "übersieht". Gegen die alte Variante im Dameninder bespricht er das moderne Abspiel mit 4. g3 Bb7 5. Bg2 Be7 6.0-0 0-0 7.Re1!? und analysiert eine seiner eigenen Partien gegen den englischen Großmeister-Kollegen und ChessBase-Autoren Peter Wells.
Gegen den jüngst wieder in Mode gekommenen Bogo-Inder empfiehlt Wells den Zug 4. Sbd2, der zumeist darauf abzielt, sich mittels baldigem a2-a3 das Läuferpaar zu sichern. Als Bonus wird zusätzlich die Variante 1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 c5 4.d5 exd5/b5 besprochen. Etwas, das viele Autoren an dieser Stelle sicherlich unterschlagen hätten, da der Übergang zum Benoni oder Blumenfeld-Gambit nicht zum "reinen" Repertoire gehört. Dennoch sind es oft gerade diese fehlenden und eher unwahrscheinlichen Abspiele, die man im nächsten Mannschaftskampf vorgesetzt bekommt und die dann nicht vorbereitet sind. Lob also auch an dieser Stelle an Simon Williams, der auf 7 Stunden ein wirklich schlagkräftiges Repertoire vorstellt, das Ihre zukünftigen Gegner vor keine einfachen Probleme stellen wird!
Fazit: Die Beschreibung der DVD lautet wie folgt: "Diese DVD zeigt Ihnen eine Reihe geheimer und tödlicher Neuerungen, von denen in meinen Augen manche die Kraft haben, den vollen Punkt einzubringen - sogar auf Spitzengroßmeisterniveau." Genau dies gelingt dem englischen Großmeister Simon Williams! Ich freue mich jetzt schon auf weitere DVDs von ihm - vielleicht ja zum Grünfeld- oder Königsinder?! Auf jeden Fall sehr empfehlenswert!
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