Robert Fischer 1970 (III): Interview mit Norbert Rauch

von André Schulz
10.09.2019 – Nach der Schacholympiade 1970 in Siegen gab Robert Fischer bei Caissa Münster ein Simultan. Dieses wurde vergessen, aber der Organisator Norbert Rauch hat die Unterlagen fast 50 Jahre lang aufbewahrt. Im Interview erinnert er sich an das denkwürdige Ereignis. | Fotos: Norbert Rauch (auf dem Bild, rechts neben Fischer)

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Hallo Herr Rauch, herzlichen Dank dafür, dass sie damals die Unterlagen, Notationen und Fotos, vom Simultan mit Robert Fischer aufgehoben haben und noch herzlicheren Dank, dass Sie diese Erinnerungsstücke nun für die Schachfreunde zur Verfügung gestellt haben. Wie kam es denn damals zu diesem erinnerungswürdigen Ereignis? Wie kam der Kontakt zu Fischer zustande?

Norbert Rauch: Zunächst einmal - beim Lesen des Berichts über das von uns bei Caissa Münster damals organisierte Simultan mit Robert Fischer war ich ziemlich "baff", denn ich hab mir nie vorgestellt, dass man daraus so viel machen kann. Auch habe ich nicht gewusst, dass es "Schachhistoriker" gibt. Und auch nicht, dass meine Fischer-Erinnerungen einen gewissen Sammlerwert haben. Darauf hat mich erst Vlastimil Hort gebracht. Beinahe hätte ich vor 47 Jahren all das einfach weggeworfen… Ich bin immer noch überrascht, dass meinen unbedeutenden Unterlagen jetzt so weite ChessBase-Kreise ziehen.

Ich selber war mir bald nach der Veranstaltung plötzlich wichtiger als Schach. Deshalb habe ich meine schulische und berufliche Ausbildung forciert, studiert und gearbeitet. Mein "erstes Leben", mein Schachleben  habe ich verdrängt. Das ist auch der Grund dafür, dass ich mich an viele Details nicht mehr erinnern kann. Ich wollte und habe vieles einfach vergessen. Daher habe ich auch Schwierigkeiten, Ihre Fragen zu beantworten.

Allerdings, so langsam kommt wieder etwas Licht in meine dunklen Erinnerungen. Ich habe damals mit Bobby Fischer keinen Kontakt aufgenommen. Das lief alles über Vlastimil Hort. Wir hatten nichts Schriftliches in der Hand, sondern nur seine mündliche Zusage. Und ich glaube, wir beide hatten Angst, ob er wohl seine Zusage einhalten würde. Aber alles lief korrekt ab.

Wie kam Robert Fischer damals nach Münster?

Nach meinen Erinnerungen wurde Fischer nicht in Solingen, sondern in Siegen abgeholt. Aber, ich kann mich auch irren. Günther Langhanke, der ihn damals abholte, weiß vielleicht mehr. Er hat bestimmt sechs Stunden mit Fischer verbracht.

Wie wirkte er auf sie und die Kollegen in Münster?

Ja, welchen Eindruck machte er? Er war ganz ruhig, zurückhaltend, wortkarg, introvertiert, also ganz anders, als er in der Presse dargestellt wurde. Keine Mimik, keine erkennbaren Emotionen, eher so, wie bei einer uninteressanten, lästigen Pflichterfüllung.

Robert Fischer 1970 in Münster

Es gab keine Gespräche in dem Sinne. Höchstens (sehr) kurze Kommentare zu den Partien, keine Analysen, sondern nur ein paar Worte zu den Schlüsselstellungen. Er wirkte distanziert und eher unnahbar. Nach der Veranstaltung hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihm.

Und noch etwas: Als ich Ihre Worte in dem Bericht las, „auf merkwürdige Weise verloren“, da schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Stand er vielleicht unter Medikamenten, Beruhigungsmitteln oder gar Drogen? Komisch, nie vorher habe ich das gedacht. Vielleicht hat sich der Gedanke nur gebildet, weil sein Verhalten so ganz im Gegensatz zu dem stand, was die (Sensations-) Presse sonst über ihn berichtete.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, die Fragen zu beantworten!


Die Fragen stellte André Schulz.

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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