Von Dejan Bojkov
Reizvolles Sautron
Sautron ist eine kleine Stadt (weniger als 7000 Einwohner), die nur 15 Minuten
von Nantes entfernt im Westen Frankreichs liegt. Vor ein paar Jahren beschloss
der Bürgermeister, seine Stadt mit einer herausragenden Veranstaltung berühmt
zu machen. So wurde das "Festival des Jeux" (Festival der Spiele) vor sieben Jahren
ins Leben gerufen. Bridge, Scrabble, Dame, eine Reihe unterschiedlicher Kartenspiele
(Belote, Tarot, Yu-Gi-Oh, Magic…etc.) bilden einen Teil des Festivals, aber das
Schmuckstück der Veranstaltung ist das Schachturnier.
Das Open: Ein zentrales Ereignis
Mit einem Preisfond von 14.000 Euro (2.200 für den Sieger) und einem günstigen
Termin ist das Turnier für viele Titelträger interessant. Dieses Jahr nahmen 9
GMs, 16 IMs und Spieler aus sechzehn Ländern an der Veranstaltung teil. Gewöhnlich
werden die Titelträger bei Schachfamilien untergebracht und jeder Gastgeber ist
verantwortlich für seinen Gast. GM Alexander Raetsky (Russland): "Bislang war
ich bei allen sieben Turnieren dabei. In der Zeit hat einer der Söhne meiner Gastgeber
geheiratet, ein anderer steht kurz davor und zwei weitere sind bereits größer
als ich. Dabei waren sie noch Kinder, als ich das erste Mal da war."
Raetsky gefällt der Ort nicht nur wegen der gastfreundlichen und herzlichen Atmosphäre,
sondern auch, weil er hier seine letzte GM-Norm gemacht hat. Die Gastfamilien
sind Schachliebhaber, die bei der Organisation mitmachen. Manche von ihnen spielen
selbst in dem Turnier oder ihre Kinder nehmen teil. Das Verhältnis zwischen Gastfamilie
und Gast ist in der Regel herzlich und im nächsten Jahr besucht der Spieler die
Familie erneut.
Sautron bewahrt seine Traditionen und strebt immer nach Verbesserungen. Dieses
Jahr gelang es dem Organisationskomitee, weitere Titelträger anzulocken und manche
von uns waren in einem Hotel in der Nähe des Spiellokals untergebracht. Das verursachte
anfänglich ein paar Transportprobleme, aber später verlief alles nach Plan. Ich
war von dem straffen Zeitplan der Schachfans vor Ort beeindruckt, von denen ein
paar jeden Tag eine bestimmte Aufgabe zugeteilt bekamen, die unserem Wohl diente.
Wie gewöhnlich gab es eine Lotterie, in der die Spieler die Chance hatten, Schuhe
zu gewinnen, die vom Hauptsponsor, dem Schuhhersteller Rohde, gestiftet wurden.
Außerdem wurden die Titelträger zu dem Empfang eingeladen, den der Bürgermeister
der Stadt, Claude Bretecher, ihnen zu Ehren gab. "Ich gratuliere Ihnen alle und
heiße Sie in unserer kleinen Stadt willkommen. Dank Ihnen ist Sautron jetzt nicht
nur in Frankreich, sondern auch in Welt berühmt" war die Kernaussage seiner Ansprache.
Bürgermeister Claude Bretecher hält die Begrüßungsansprache
Die Kurzremis-Krankheit wurde durch folgende Regel bekämpft: "Remis sind erst
nach 25 Zügen und einer Mindestspielzeit von zwei Stunden erlaubt." Obwohl manche
Partien schon vor dem 25. Zug Remis endeten, war dies kein Problem, da sie offensichtlich
gespielt wurden. Preise für jede 100. gewonnene Partie fachten die Kreativität
zusätzlich an.
Mit dabei waren Spieler aus anderen Kontinenten. Einen starken Eindruck mit seinem
hartnäckigen Spiel hinterließ Arghyadip Das aus Indien. Das ist noch kein Titelträger,
aber spielte ein phantastisches Turnier. Er blieb ungeschlagen, erzielte eine
GM-Norm und war der einzige Spieler, der gegen den späteren Turniersieger gewann.
Gegen GM Anthony Kosten aus England fiel er auf eine bekannte Eröffnungsfalle
herein, aber am Ende konnte er das Blatt noch zu seinen Gunsten wenden.
Kosten,A (2519) - Das,A (2367) [A29]
7. Rohde Open, Sautron FRA (4), 29.10.2007
1.c4 e5 2.Sc3 Sf6 3.Sf3 Sc6 4.g3 d5 5.cxd5 Sxd5 6.Lg2 Sb6 7.0-0 Le7 8.a3 0-0
9.b4 Le6 10.d3 a5 11.b5 Sd4 12.Tb1 f6 13.Sd2 Sd5 14.Lxd5 Lxd5 15.e3
Hier gab Schwarz in der Partie M. Suba - S. Garcia Martinez, aus dem Malaga Open
2001 auf. In diese Falle sind schon viele Spieler getappt und meistens haben sie
ihren Widerstand ziemlich schnell (oder gleich hier) aufgegeben. Doch der Inder
spielte weiter. Laut Tony Kosten ist die Position allerdings nicht völlig klar.
Schwarz gewinnt zwangsläufig einen zweiten Bauern und sein Läuferpaar gibt ihm
gewisse Kompensation. "Ich bin mir nicht völlig im Klaren über die Stellung und
habe bereits einmal etwas darüber geschrieben", meinte der englische GM. "Dennoch
bin ich nicht völlig von der Korrektheit des Figuren-‚opfers' überzeugt."
15...Le616.exd4 Dxd4 17.Sde4 Tfd8 18.b6 cxb6 19.Sb5 Dxd3 20.Dxd3 Txd3 21.Sc7
La2 22.Sxa8 Lxb1 23.Sxb6 Lc2 24.Sc4 Td4 25.Sed2 Ld3 26.Sxa5 Lxf1 27.Kxf1 Ta4 28.Sdb3
Lxa3 29.Le3 b5 30.Ke2 Lf8 31.Lb6 Ta2+ 32.Kd3 Lb4 33.Sc6 Le1 34.f4 Tb2 35.Sc5 exf4
36.gxf4 Txh2 37.Sd4 h5 38.Se4 h4 39.Sf3 Th1 40.Ke2 Lg3 41.f5 b4 42.Lg1 b3 43.Ld4
Lf4 44.Sf2 Tc1 45.Kd3 Tc2 46.Sh3 Le5 47.Lxe5 fxe5 48.Sd2 e4+ 49.Sxe4 Tc6 0-1
Optimistisch und kampfstark: A. Das aus Indien
David Pruess und Joshua Friedel kamen aus den USA. Sie planen, noch ein weiteres
Turnier in Europe zu spielen: Die offenen Bayerischen Meisterschaften in Bad Wiessee.
David freute sich über seine GM-Resultat und den geteilten ersten Platz.
IM Joshua Friedel und...
... IM David Pruess
Der Schlusstag brachte für manche Triumphe und Tragödien für andere. Zunächst
gab es eine überraschende Miniatur:
Koziak,V (2437) - Okhotnik,V (2433) [B00]
7. Rohde Open, Sautron FRA (9), 03.11.2007
1.e4 Sc6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 4.Le3 Dd7 5.c4 dxc4 6.Lxc4 0-0-0 7.Sf3 f6 8.exf6
e5 9.d5 Sxf6 10.Sc3 Sb4 11.0-0 Sc2 12.Lxa7 Sxa1 13.Lb5 Dd6 14.Da4 Db4 15.Txa1
Dxb2 16.Tb1 Dxc3
17.Lc5 Diesen Zug hatte Schwarz übersehen. Jetzt ist es aus: Ohotnik hatte
sich auf 17.Ld4 Da3 verlassen.
17...c6 18.Lxc6 1-0
V. Koziak
Die Entscheidung über den Turniersieg fiel in der Partie Bogner gegen Abbasov.
Sebastian musste gewinnen, um seine erste GM-Norm zu erzielen und geteilter Erster
zu werden. Und bis zu einem gewissen Zeitpunkt sah auch alles mehr als OK für
ihn aus.
Vor der entscheidenden Partie: Sebastian Bogner gegen Farid Abbasev
Bogner,S (2383) - Abbasov,F (2505) [A17]
7. Rohde Open, Sautron FRA (9), 03.11.2007
Weiß hat drei Bauern mehr und steht offensichtlich auf Gewinn. Aber eine gewisse
Genauigkeit ist immer noch erforderlich. Leider geriet Bogner in große Zeitnot
und verlor nach einer Reihe von Fehlern am Ende sogar noch. Schach kann grausam
sein …
33...Kh7 34.Tb7 Tf8 35.g5 Sc3 36.Kh2 Se4 37.Te7 Df5 38.Dc7 Sxg5 39.Df4
Dh3+ 40.Kg1 Dh5 41.Kf1 Kg8 42.Lh4 Se6 43.De4 g5 44.Lg3 Tc8 45.Lc7 Sxc7 46.Df5
Se6 47.Kg2 Tc1 48.Te8+ Sf8 0-1
Sebastian Bogner: Eine bittere Niederlage
"Ich habe diese Partie nicht gewonnen, er hat sie verloren", meinte der aserbaidschanische
Großmeister nach der Partie. Außerdem war er ziemlich überrascht, als er hörte,
dass er die beste Buchholz-Zahl hätte und damit Sieger des siebten Rohde Open
war.
Turniersieger Farid Abbasev
Zweiter nach Tie-Break-Punkten wurde Vladimir Potkin (Russland), der dritte Platz
ging an Vitali Koziak aus der Ukraine.
Die drei Erstplatzierten
Die Siegertrophäe
Mit dabei: Jugendweltmeister Romain Edouard aus Frankreich
WIM Mihaela Sandu aus Rumänien
Gut gelaunt: IM Peter Vavrak aus der Slowakei
Sehenswürdigkeiten: Das Schloss...
... und der botanische Garten.