ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Auf in den Osten! Egal wie man es sieht, aber die
russische Meisterschaft wurde noch nie an einem solch entlegenen Ort
ausgetragen. Nachdem Elista als ständiger Austragungsort nicht mehr zur
Verfügung steht, wandert das Turnier quer durch Russland – Petersburg, Moskau,
Samara, Krasnodar, doch solch eine „Exotik“ gab es noch nicht...
Zunächst einmal ein wenig Geografie. Um Missverständnisse wie solche, als der
nette Andre Schulz mich fragte: „Krasnojarsk? Ist das irgendwo in der nähe von
Tomsk?“, zu vermeiden. Nein, es ist viel weiter! Die Region Krasnojarskij ist
das Zentrum Ostsibiriens. Wenn man einen Spaziergang auf der Karte macht, dann
bleiben vor dem Atlantischen Ozean nur noch Jakutsk und... (doch so weit werden
wir nicht gehen).
Krasnojarsk ist eines der größten industriellen Zentren Russlands, und um all
die Schätze durchzuzählen, die man hier aus der Erde rausholt, braucht man die
Tabelle von Mendeleev und... ein paar Seiten kleingeschriebenen Text. Viele
Röhren von unzähligen Fabriken fügen sich nahtlos in die Landschaft ein, genau
so gut, wie das Bild der örtlichen Hydroelektrostation auf dem 10 Rubel Schein.
Was Natur und Exotik betrifft – nachdem Sie 4 Stunden geflogen sind, haben Sie
das Recht einen gewissen Landschaftswechsel zu verlangen – ist alles genauso wie
in Moskau. Genau genommen liegen Moskau und Krasnojarsk fast parallel auf dem
56. Breitengrad. Und es ist geplant, dass der Präsident der russischen
Schachföderation diese symbolische Parallele auf der Schlusszeremonie erwähnen
wird. Es ist ja schließlich auch unsere 56. Meisterschaft.
Die Meisterschaft viel zusammen mit dem 375. Geburtstag der Stadt Krasnojarsk
(Tomsk, eine der ältesten sibirischen Städten ist 400 Jahre alt). Deshalb sahen
verschiedene festliche Aktivitäten während der Eröffnungszeremonie, wie Kinder,
die Kostümen von Schachfiguren auf dem Platz vor dem Musiktheater tragen, sehr
natürlich aus.
Genau so eindrucksvoll, diesmal auf der Bühne, sahen Organisatoren, Sponsoren,
VIPs und die Stadtväter aus, fast alle waren sie auf der Eröffnungszeremonie
anwesend. Schließlich haben wir solch eine Meisterschaft seit fast 5 Jahren
nicht mehr in Russland gesehen. Trotz des weiten Weges, der Preise, nicht
unbedingt hohe Preisen, sind praktisch alle nach Krasnojarsk geflogen! Wie
sollte man dann also aussehen?
Aus dem selben Holz war das Konzert geschnitzt, es hat den Schachspielern wirklich und nicht nur pro forma (Dank der vielen sympathischen Mädchengesichter auf der Bühne) gefallen...
Sofort danach fand die Auslosung statt, wo Peter Svidler für seinen zu spät
kommenden Freund und Elofavoriten Sascha Grischuk, aus den Händen von
Hauptschiedsrichter Vladimir Dvorkovich, den schwarzen Bauern nahm, eben für
seinen Freund. Selbst spielte er am nächsten Tag mit Weiß!
Kurz danach wurde auch „der erste Zug“ ausgeführt, aber nicht von Grischuk oder
Dvoiris, sondern vom Ehrengast des Turniers, Elena Achmylovskaja.
Sie lebt schon seit Jahren in den USA, doch vergießt sie nicht, woher sie stammt (die Organisatoren wollten noch einen aus Krasnojarsk stammenden Ehrengast einladen, Lev Psachis, doch er konnte nicht). Ihr gegenüber saß der Bürgermeister der Stadt Petr Primaschkov.
Achmylovskaja war überhaupt der meist verlangte Mensch während der
Meisterschaft. Sie gab Presskonferenzen, Interviews, Simultanspiele, eröffnete
Kinderklubs und Amateurmatche.
Sie übte in Krasnojarsk korrekt die Rolle des „Hochzeitgenerals“ aus. Der zweite in der improvisierten Popularitätsrangliste war Valerij Zubov. Eigentlich er hat die Meisterschaft nach Krasnojarsk „gebracht“. Der ehemalige Gouverneur der Region war der eigentliche Hausherr bei vielen Presskonferenzen, und hatte auch die Idee, eine Allee des sportlichen Ruhmes zu pflanzen, die alle, sowohl die Teilnehmer, als auch die Organisatoren unterstützten.
Jeder Bereitwillige bekam eine Schaufel und eine Jungpflanze einer Lärche, in 20 Jahren werden in Krasnojarsk 80 namentliche bekannte Bäume mehr sein.
Dieselben Teilnehmer, Zubov, Achmylovskaja und
Dvorkovich, haben auch das regionale Kinderturnier eröffnet, der Vorläufer der
damals populären „Weißer Turm“ Turniere. Wenn man ihre Gesichter sieht, wird
nicht sofort klar, wem, den Organisatoren oder den jungen Teilnehmern, es mehr
Spaß gemacht hat. Doch als die Kinder ein paar Tage später ihre Preise bekommen
haben, stellte sich diese Fragecht nicht mehr...
Es lächelten auch zwei talentierte Mädchen, Mascha Fominych und Valera Kirillova,
als Valerij Michajlovich über das Programm zur Unterstutzung junger Talente
sprach. „Russland wächst fest zusammen mit Sibirien!“, aus den Augenwinkel der
Schachprinzessinnen, wohl wahr.
Damit wir endlich von der nebenschachlichen Thematik abkommen, erwähne ich noch
zwei lustigen Episoden. Zuerst das Fußballmatch zwischen den Journalisten aus
Krasnojarsk und den Direktoren der Meisterschaft (die Schachspieler selbst haben
das „Svidlerbein“ noch nicht vergessen und hielten sich von solchen Aktivitäten
fern). Es ging um Champagner. Um einen Eimer voll Champagner... und hier habe
alle die für die Schachspieler waren, auf das falsche Pferd gesetzt, die bösen
Journalisten gewannen mit 7-0.
Zweitens zeigte ein begabter Künstler seine Kollektion aus Birkenrinde. Verschiedene Körbe, Tabletts und Bilder. Auf einem Bild war ein Porträt von Weltmeister Wilhelm Steinitz zu sehen. „Wenn ihr wollt“, meinte der Künstler zu uns, „kann ich auch alle anderen machen!“
Und jetzt, falls ihr nichts dagegen habt, kommen wir zum Turnier. Wie und was
gespielt wurde, konnte man auf den vielen Seiten im Internet verfolgen. Nicht
zuletzt auf der offiziellen Seite (wie das örtliche Presszentrum gearbeitet hat,
war wirklich super, sehr kooperativ und informativ). Also erzähle ich nur über
kleine Episoden, die von weit weg kaum wahrzunehmen sind.
Das erste und wichtigste natürlich sind die Zeitzonen. Versuchen Sie was Sie
wollen, doch es ist sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, die Verschiebung von 4
und für manche 6 (!) Stunden nicht zu bemerken. Es wäre noch halb so wild, wenn
die Verschiebung Richtung Nacht gegangen wäre, die meisten Schachspieler sind
„Eulen“, aber nein, hier war es umgekehrt... Die Lieblingspose der Spieler war,
mit einer Hand, den offenen Mund zu verdecken, der übliche Zustand, der
Halbschlaf. Und dann noch das „Glück“ mit dem Hotel. Das „Krasnojarskaja“-Hotel,
wo absolut alle Teilnehmer übernachteten, steht wahrscheinlich auf der lautesten
Kreuzung der Stadt, neben der Brücke über die Jennissei, die das linke und
rechte Ufer verbindet. Sehr früh am Morgen fängt hier das Leben an, und der
örtliche Big Ben schlägt ab 8 Uhr Morgens.
Ansonsten war es sehr schön! Die riesige Bühne wäre sogar imstande 40 Bretter
aufzunehmen, doch dort durften, sehr zum Neid der Anderen, nur die Führenden und
die Outsider spielen (die Organisatoren reservierten, vermutlich aus Sorgen um
die einheimischen Spieler, die letzte drei Tische auf der Bühne).
Am ersten Brett spielt der gelassene Svidler, der bei Landesmeisterschaften
immer fantastische Ergebnisse erzielt. Erinnern Sie sich an seine drei Titel und
daran, dass er in seiner „schlechtesten“ Meisterschaft 1998 Zweiter wurde!
Er zeigt ein absolut befreites Spiel und volles Vertrauen in seine Stärke, wie
in seinen besten Jahren. Es sieht so aus, das ihn niemand von seinem Thron
stoßen kann, seinen Haupt – und unnachgiebigsten Konkurrent Morozevich, hat er
schon hinter sich gelassen!
Es kann natürlich sein, dass Grischuk, der in den letzten Runden einiges
aufgeholt hat, wieder aufersteht, und Peter zum Kampf herausfordert.
Freundschaft hin oder her, aber die Punkten werden auch gezählt! Trotz des
ärgerlichen Verlustes zu Beginn, kann er durchaus noch um die Plätze kämpfen.
Auch Morozevich sollte man nicht vergessen. So wie er immer kämpft, das
unterscheidet ihn von den meisten, aber reichen die Kräfte noch? Besonderes nach
einer solch schmerzlichen Niederlage gegen Svidler. Wir werden es sehen. Sascha,
wir sind gewöhnt daran, kann wie kaum ein anderer wie Phönix aus der Asche
auferstehen. Schließlich ändert die Niederlage nichts, es sind noch drei Runden
bis zum Schluss!
Auch Volodja Malahkov, den Europavizechampion muss man noch beachten. Er ist
auch reif, um etwas auf der russischen Bühne zu gewinnen! Er schaute sehr
aufmerksam bei der Partie Svidler gegen Morozevich zu. Bestimmt nicht einfach
so...