Russland erkennt Fedoseev seine Titel ab

von André Schulz
18.12.2025 – Vladimir Fedoseev war einer der Ersten, die sich sehr kritisch über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geäußert haben. Er wechselte in den slowenischen Verband und will Russland nie wieder repräsentieren. Der russische Sportminister hat ihm nun seine russischen Ehrentitel aberkannt. | Foto: Lennart Ootes

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Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 hat in seinen Folgen auch das russische Schachleben schwer getroffen. Internationale Turniere mit namhafter Beteiligung finden in Russland nicht mehr statt. Wegen der Sanktionen der FIDE gegen den weißrussischen und den russischen Schachverband konnten die Teams der beiden Verbände an offiziellen Wettbewerben nicht mehr teilnehmen. Um zumindest die Sanktionen des Europäischen Schachverbandes zu umgehen, wechselte der russische Schachverband in den Asiatischen Schachverband.

Die einzelnen Spieler sollten allerdings nicht für die Politik ihres Landes bestraft werden, durften an Wettbewerben teilnehmen, jedoch nicht als Vertreter ihres Verbandes auftreten, sondern nur unter der neutralen FIDE-Flagge.

Viele russische Schachspieler wandten sich jedoch bald nach Beginn des Angriffs auf das Nachbarland gegen die Politik ihres Landes. In einem offenen Brief auf dem russischen Online-Sportportal Championat forderten bereits im März 2022 insgesamt 44 führende russische Schachspieler ein Ende des Krieges. Der offene Brief ist inzwischen von der Webseite des Portals verschwunden. Viele russische Spielerinnen und Spieler verließen in der Folge aus Protest gegen den Krieg ihr Heimatland und wechselten in andere Verbände.

Noch im Januar 2022 belegte Russland in der Länder-Ratingliste des Weltschachbundes den gewohnten ersten Platz (Durchschnitt der zehn besten Spieler: 2729 Elo). Im November 2025 steht der Verband hinter den USA, Indien und China nur noch auf Platz vier (Durchschnitt: 2651). Bei den Frauen ist Russland von Platz eins (Durchschnitt: 2470) sogar auf Platz sechs (Durchschnitt: 2363) zurückgefallen.

Einer der ersten Spieler, die sich sehr klar gegen den Krieg ausgesprochen hatten, war der in St. Petersburg geborene Vladimir Fedoseev. Er gehörte zu den Teilnehmern der FIDE-Grand-Prix-Turniere, die im Februar und April in Berlin und Belgrad stattfanden, und wurde dort vom Krieg überrascht. Beim Turnier in Belgrad bat er die Organisatoren, die russische Flagge von seinem Tisch zu entfernen, und äußerte sich in Interviews sehr kritisch über Russland und die russische Gesellschaft. Vielleicht werde er nach dem Krieg noch einmal nach Russland zurückkehren, sagte Fedoseev, das Land möchte er jedoch nie wieder repräsentieren.

Anfangs spielte Fedoseev noch unter der FIDE-Flagge, im Juni 2023 wechselte er in den slowenischen Schachverband.

Nun hat der russische Schachverband, etwas verspätet, auf die Äußerungen seines früheren Spitzenspielers reagiert und ihm seine nationalen Ehrentitel aberkannt, wie das russische Nachrichtenportal TASS meldete. Der russische Sportminister Michail Degtjarew unterzeichnete ein entsprechendes Dekret, das auf der Seite des Sportministeriums veröffentlicht wurde. Vladimir Fedoseev verliert seine Ehrentitel „Meister des Sports von Russland“ und „Großmeister des Sports von Russland“. Seine internationalen Titel sind davon nicht betroffen, da sie vom Weltschachverband vergeben wurden.

Der Geschäftsführer des russischen Schachverbandes, Alexander Tkatschow, kommentierte den Vorgang gegenüber TASS mit der Auffassung, Vladimir Fedoseev habe diese Titel nicht mehr verdient: „Man kann seine Lehrer und sein Heimatland, dem man den Großmeistertitel und all seine Erfolge verdankt, nicht verunglimpfen. Wenn man öffentliche Äußerungen wie Vladimir tätigt, die das eigene Land völlig diskreditieren, wozu braucht man dann die höchsten Sporttitel? Nach solchen Aussagen ist man ihrer einfach nicht würdig“, sagte Tkatschow. Auch Anatoli Karpov wird von TASS noch zitiert und hält die Maßnahmen für angemessen.

Bei der Schacholympiade in Budapest 2024 gelang Fedoseev in der slowenischen Nationalmannschaft ein beeindruckender Sieg über den Weltranglistenersten Magnus Carlsen.

Foto: Michal Walusza

Meldung bei TASS...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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