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1963 kam der Bond-Film "From Russia With Love" (Liebesgrüße aus Moskau) in die Kinos. Es war der zweite Film der inzwischen schon sehr lang gewordenen Bondserie. In Ian Flemings Romanvorlage wurde der englische Agent dort von der russischen Gegenspionage "SMERSH" (Spetsyalnye MEtody Razoblacheniya SHpyonov, kyrillisch: СМЕРШ: Специальные Методы Разоблaчения Шпионов) nach Istanbul gelockt. Eine vermeintliche Überläuferin wollte dem englischem Geheimdienst dort angeblich eine russische Verschlüsselungsmaschine übergeben.
In der Filmversion wird die feindliche Organisation zu SPECTRE (SPecial Executive for Counterintelligence, Terrorism, Revenge, and Extortion). Chefstratege von SPECTRE - in der deutsch synchronisierten Version wurde daraus übrigens die Organisation "Phantom" - ist Kronsteen, oder "Nummer 5".
Der Beleg dafür, dass Kronsteen ein ausgezeichneter Stratege und ein helles Köpfchen ist, wird im Film dadurch geliefert, dass man diesen gleich zu Anfang des Films bei einem Schachturnier sieht, er ist nämlich auch ein Schachgroßmeister. Mit einer hübschen Kombination besiegt er den kanadischen Großmeister McAdams.
From Russia With Love" (10 Oktober 1963).
Als Vorlage für diese Schlusskombination diente damals eine Partie von Boris Spassky gegen David Bronstein, gespielt bei der 27. UdSSR-Meisterschaft, Leningrad 1960, in der der spätere Weltmeister in fast identischer Position mit eben dieser Kombination gewann.
Zwei Motive der Geschichte in diesem Bond, eine Verschlüsselungsmaschine und Schach, spielen übrigens auf die Leistungen der englischen Schachnationalmannschaft bei der Decodierung der deutschen Verschlüsselungsmaschine "Enigma" im Zweiten Weltkrieg an. Der englische Nationalspieler Conel Hugh O’Donel Alexander, der in Hut 6 in Bletchley Park an der Entschlüsselung mitarbeitete, wurde später sogar Chef der Kryptologie-Abteilung des Englischen Geheimdienstes - und durfte fortan an keinen Turnieren mehr im kommunistischen Ausland teilnehmen. Ian Fleming, der im Zweiten Weltkrieg selber im englischen Marinenachrichtendienst gearbeitet hat, hat von diesen Vorgängen natürlich gewusst und sie hier auf seine Weise verarbeitet.
Daniel Craig war noch nicht geboren, als "From Russia with Love" ins Kino kam
Auch im neuen Bond repräsentiert die Organisation "Spectre" die Gegenseite, gegen die James Bond und der britische Geheimdienst ankämpfen. Und "Spectre" gab dem neuesten Bond auch den Titel.
Einer von Bonds Gegenspielern ist "Mr. White". Nicht nur der Name verweist aufs Schachspiel. Als Bond Mr. White besucht, steht vor diesem auch ein solches. Das Schachspiel adelt also auch in diesem Bond symbolisch den intelligenten Verbrecher, was diesem hier allerdings nicht mehr viel nützt. Mr. White kommt zu Tode, obwohl er Schwarz Matt gesetzt hat.
Mr. White, gespielt vom dänischen Schauspieler Jesper Christensen, war übrigens zuvor schon in den Filmen "Casino Royal" und "Ein Quantum Trost" als Bösewicht in Erscheinung getreten. Aber irgendwann ist für jeden Schluss.
Bond trifft Mr. White
Auf dem Fritz-3D-Brett nachgebaut, ist die Position aus dem Film diese hier, wenn man die weiße Königsstellung wohlwollend als Kc1 interpretiert. Genau genommen steht der weiße König im Film auf dem virtuellen Feld b0, also auf dem Rand. Er muss wohl verrutscht sein.
Als Diagramm
James Bond hin, Mr. White her - die spannendste Frage für den Schachspieler ist natürlich: Ist die gezeigte Position ebenfalls vielleicht einer mehr oder minder bekannten Partie entnommen, so wie beim Bondfilm "From Russia with Love"? Auch wenn die Stellung hier mit dem tumben Matt auf g2 und der seltsamen weißen Rochadestellung Tg1 und Kf1 wenig gehaltvoll aussieht, wäre es ja denkbar.
Mit ChessBase finden wir das leicht heraus. Man definiert einfach die Stellung in der Suchmaske (STRG-F, Stellung). Wenn man dabei allerdings zu genau vorgeht, findet man nichts. Zu einem Ergebnis kommt man erst, wenn man sich bei der Eingabe auf das Wesentliche beschränkt. Das ist das Damenmatt auf b7 und die schwarze Königsstellung. In der "Oder-Maske" tragen wir als Zusatzoption als Platz für den weißfeldrigen Läufer, der die Dame deckt, "irgendein Feld" auf der Diagonalen a1-f3 ein , markieren hier also alle.
Das suchen wir im Suchbrett
Mit dieser Zusatzbedingung im Oder-Brett: Läufer irgendwo hier.
Und das ist das Suchergebnis auf der Mega Database 2016 (Kein Bond ohne Product Placement!).
Schauen wir uns die Partien einmal an...
Und Voilá:
Zugegeben, es ist nicht ganz das Gleiche. Aber das Wesentliche stimmt überein. Und es ist die ähnlichste Position in Bezug auf das Material und die Stellung, die man in den knapp sechseinhalb Millionen Partien der Mega 2016 finden kann.
Und so könnte es sich abgespielt haben:
Die Szene mit Mr. White wird konzipiert und jemand kommt auf die Idee, ein Schachbrett hinzustellen. Vielleicht steht es so schon im Drehbuch. Schach sieht immer gut aus und passt zu Mr. White. Aber: Keiner der Filmleute kennt sich mit Schach aus - mal wieder. Was nun? Wenn man etwas falsch macht, ist es bekanntlich schnell peinlich.
Teile des Films wurden in Österreich gedreht. Vielleicht gab es dort in einer Bibliothek ein Schachbuch. Und vielleicht war es das Buch von Herrman Lehner und Constantin Schwede zum "Wiener Schachcongress 1873". Möglicherweise hat man auch einen Schachexperten aufgetrieben, der zufällig dieses Buch zur Hand hatte.
Wiener Schachkongress 1973, im Rahmen der Weltausstellung organisiert. Wilhelm Steinitz gewann das Turnier
Der Experte stellte die Position aus Paulsen - Bird auf das Brett. Dann verließ er den Set. Die Szene musste allerdings ein paar Mal wiederholt werden. Beim Hinsetzten stößt Daniel Craig dann versehentlich heftig gegen das Brett. Alles ist verrutscht. Die weiße Rochadestellung ist komplett runtergefallen. Wo ist der Experte? Nicht mehr da. Zum Glück steht immerhin noch das Matt auf dem Brett. Die anderen Steine stellt man nach der Erinnerung irgendwie so hin, wie sie standen. Oder so ähnlich. So muss es gewesen sein. Oder hat jemand eine bessere Erklärung?
Mit Mr. White geht es zu Ende. Immerhin hat er noch Matt gesetzt.
Andere kommen mit dem Bus. Bond fliegt mit dem Hubschrauber weg.
Deswegen kennt er die schönsten Frauen. Léa Seydoux spielt Madeleine Swann
Der Bösewicht Blofeld wird übrigens von Christoph Waltz gespielt!
James Bond 007: Spectre, UK 2015, 148 Minuten. Die Weltpremiere war gerade in London. Die Deutschlandpremiere ist am 5. November.
Die Mega Database mit allen in Bondfilmen verwendeten Partien, nicht gerührt und auch nicht geschüttelt, demnächst auf ihrem Rechner:
Fotos: Sony Pictures