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Zum sechsten Mal fand in diesem Jahre das Open von Marseille statt. Der
junge Marseiller Klub "Marseille-Duchamps", der erst vor 6 Jahren gegründet
wurde, organisierte in diesem Jahr außerdem ein Frauen-GM-Turnier, um seinen
jungen Spielerinnen die Möglichkeit zu bieten, sich gegen starke Gegnerinnen zu
beweisen und vielleicht sogar eine WIM-Norm zu machen. Der Klub hat 200
Mitglieder und zeichnet sich besonders durch seine hervorragende Jugendarbeit
aus: In Grund- und weiterführenden Schulen sind 300 Kinder in
Schulschachgruppen aktiv. Außerdem sind 75% der Mitglieder von Marseille
Duchamps Kinder und Jugendliche und nehmen mit 10 Teams an den
Mannschaftsmeisterschaften teil. Durch die guten Verbindungen der Eltern und
einiger Mitglieder hat der Klub eine gute Förderung durch die Stadt Marseille
und die Region.
Gute Kontakte unterhält der Präsident des Klubs, Mohamad Jamil, außerdem nach
Hamburg: Er selbst studierte in Hamburg und lernte dort auch seine zukünftige
Frau, die Französin Isabelle Friburger, kennen. Vor acht Jahren gingen die
beiden zurück nach Marseille und Jamil widmete sich dort nicht nur seinen
beiden Söhnen Thibault und Quentin und seinem Beruf als Computerspezialist,
sondern auch dem Aufbau des Schachklubs Marseille-Duchamps, der inzwischen zu
den größten französischen Klub mit einer hervorragenden Jugendarbeit gehört.
Die Verbindung nach Hamburg ist Jamil aber immer wichtig gewesen: GM Karsten
Müller und GM Matthias Wahls spielten schon in der französischen Liga für
Marseille-Duchamps und als ich Jamil in diesem Jahr bei der französischen
Frauenmeisterschaft im Februar in Paris kennen lernte, lud er mich spontan zum
WGM-Turnier nach Marseille ein, das in diesem Jahr erstmals parallel zum Open
stattfand.
Für den talentierten Nachwuchs von Marseille-Duchamps ist das Open natürlich
eine perfekte Gelegenheit, neun Tage hintereinander Schach zu spielen, zu
lernen, zu blitzen und einfach Spaß zu haben. Der Jüngste ist mit 5 Jahren
Yacine Ouahhoud, der tapfer am Open teilnimmt und seine Partien alle korrekt
mitschreibt:
Wirklich sympathisch ist die Organisation des Turniers: Die Kinder spielen das
Turnier, helfen beim Aufbau und amüsieren sich den ganzen Tag trotz der
brüllenden Hitze hervorragend und die Eltern kümmern sich die Organisation und
um das leibliche Wohl der Spieler - ich fühlte mich oft an unsere
Organisationsstrukturen in Hamburg erinnert:
Sie sorgten für eine herzliche Atmosphäre, kühle Getränke und leckere
"Sandwichs" (sprich: sandewietsch): Madame Bismuth, Nazika Aggoune und Madame
Ouahhoud, deren Kinder beim WGM-Turnier und beim Open spielten. Es fehlen auf
diesem Foto: Paule Gadarinian und Maria Rakotoniana, die gerade die
Siegerehrung vorbereiteten, als ich mit meiner Kamera vorbeikam - beide haben
offizielle Posten im Vorstand des Klubs. Präsident und Motor des Klubs.
Mohamad Jamil analysiert mit seinem Sohn Thibault und Erwin Rakotoniaina,
französischer Vizemeister U10. Erwin wird Marseille-Duchamps bei den
Jugend-Weltmeisterschaften in Belfort im Juli vertreten!
Schon bei der Französischen Frauenmeisterschaft 2005 lehrten sie manch
gestandener Spielerin das Fürchten und auch beim erstmals organisierten
WGM-Turnier schlugen sie sich ausgezeichnet:
Das starke Mädchenteam von Marseille mit Präsident Mohamad Jamil: Sarah Bismuth,
Caroline Gadarinian, Liza Aggoune und Laura Fernandez. Auch Laura wird in
Belfort bei den Jugendweltmeisterschaften U14w aktiv sein, ebenfalls Lizas
kleine Schwester Audessa, die in der U10w spielt. Wir drücken also den
HSK-Spielern Beini Ma (U12) und Milana Smolkina (U12w) und den Spielern aus
unserer Partnerstadt von Marseille-Duchamps, Audessa Aggoune (U10w), Erwin
Rakotoniaina (U10) und Laura Fernandez (U14w), für Belfort die Daumen!
Hier blitzen Caroline Gadarinian und Liza Aggoune. Es kiebitzen: Sarah Bismuth
und Frédéric Fernadez, Vater von Laura Fernandez, Sponsor des WGM-Turniers und
ebenfalls in der Jugendarbeit von Marseille Duchamps aktiv. Nach Jamils
Einladung formierte sich schnell eine kleine deutsch-polnisch-niederländische
Reisegruppe, die eine Woche Schach und Urlaub verbinden wollte:
Freddie van der Elburg, Sven Bakker, Christian Michna, Marta Zielinska, Merijn
van Delft und Eva Maria Zickelbein.
Natürlich traten wir mit einigem Ehrgeiz im WGM-Turnier und im Open an, doch
mindestens genauso viel Wert legten wir auf das Drumherum, das Kennenlernen der
Stadt, ein bisschen Strand und abends wollten wir die Vorzüge der französischen
Küche genießen. Marseille ist eine kunterbunte Stadt mit fast 1,5 Millionen
Einwohnern im Ballungsgebiet - trotzdem fährt die Metro in der Woche nur bis 21
Uhr, was uns etwas überraschte. Bereits 600 vor Christus wurde Marseille von
griechischen Seefahrern gegründet, die sich am heutigen Vieux Port
niederließen, und ist heute die zweitgrößte Stadt Frankreichs. Bekannt ist die
Stadt vor allem durch l'OM, den Fußballklub Olympique Marseille und die
"Marseillaise", die blutrünstige französische Hymne aus Revolutionstagen: 600
Freiwillige sangen 1792 auf ihrem Marsch nach Paris, wo sich die revolutionären
Truppen sammeln, die von Rouget de l'Isle komponierte "Hymne de l'armée du Rhin"
(Hymne der Rheinarmee). Diese Hymne wurde unter dem Namen "La Marseillaise"
bekannt und wurde bald zur Nationalhymne.
Unsere Aktivitäten konzentrierten sich vor allem um den malerischen Vieux Port:
Tagsüber findet auf dem Quai des Belges ein berühmter Fischmarkt statt, auf dem
die Marseiller Fischer ihren morgendlichen Fang ganz frisch verkaufen.
Blick vom Wasser auf den Vieux Port mit Fischmarkt am Quai des Belges
Leckere Thunfischfilets und wer will, kann auch einen ganzen mitnehmen...
Der Seeteufel ist ein Grundfisch, der sowohl auf Sand wie auf Schlammgründen
vorkommt. Er lockt neugierige Artgenossen an um dann blitzschnell zuzuschlagen.
Sein äußerst zartes Fleisch bedeutet für manchen Feinschmecker eine wahre
Delikatesse.
Die Rotbarbe oder Rote Meerbarbe (Mullus barbatus), französisch Rouget barbet,
ist ein beliebter Speisefisch mit magerem und festem Fleisch. Sie erreicht eine
Größe von etwa 30 cm und ein Gewicht von 500 g. Sie lebt in Schwärmen im
Mittelmeer und an der Atlantikküste von England bis Nordafrika, im Sommer in
Küstennähe, von Herbst bis Frühjahr auch in tieferem Wasser. Die Streifenbarbe
oder Gestreifte Meerbarbe (Mullus surmuletus), französisch Rouget de roche,
trägt seitlich drei bis vier horizontale, gelbliche Streifen und kann bis zu 50
cm groß werden. Sie lebt an felsigen Küsten im gleichen Gebiet wie die
Rotbarbe. Sie gehört zu den teuersten Speisefischen des Mittelmeers.
Oben ist die Rotbarbe auf dem Fischmarkt am Quai des Belges zu sehen und so
sieht sie als Vorspeise auf dem Teller im ausgezeichneten Restaurant "La
Daurade" aus:
Aber natürlich ist Marseille nicht nur für die Nationalhymne und OM berühmt,
sondern fast ebenso bekannt ist die Bouillabaisse, die legendäre Fischsuppe.
Die Geschichte der aus Marseille stammenden Fischsuppe geht von der
ursprünglichen Resteverwertung bis hin zu oft luxuriösen Rezeptvarianten von
heute: Ursprünglich war ein großer Kochtopf der Marseiller Fischer gemeint, der
mit Meerwasser gefüllt und in dem dann alle Fische des Fangs gekocht wurden,
die zum Verkauf zu klein oder beschädigt waren. Wenn die Suppe fertig war,
schüttete man sie auf mit Knoblauch getränkten Brotscheiden aus und die Fischer
teilten dann den Fisch mit einer Aioli-Soße (eine Art Mayonnaise mit Knoblauch
und Olivenöl zubereitet). Später kam noch die heute gebräuchliche "Rouille"
dazu, eine Soße mit Safran und Piment, die durch diese Ingredenzien eine schöne
gelbe Farbe erhält.
Die Bouillabaisse, in Restaurant "La Daurade":
In guten Restaurants wird zuerst der gekochte Fisch präsentiert, bevor er zum
Verzehr gemeinsam mit der Suppe serviert wird. Für den Geschmack sind der rote
und braune Drachkopf (Rascasse), der Petersfisch (St-Pierre), der Knurrhahn (Grondin),
der Seeteufel (Lotte), der Seehecht (Congre) sowie Rotbarben (Rouget Barbé) mit
festem Fleisch wichtig.
... und so freuen sich die Touristen, wenn sie vor einem Teller Bouillabaisse
sitzen: Hier Sven Bakker, der sich als der Gourmet unser kleinen Reisegruppe
profilierte! Aber auch andere Sonderwünsche wurden vom zuvorkommenden
Küchenchef erfüllt: Marta Zielinska konnte sich nicht mit der fischlastigen
Speisekarte anfreunden und bekam ein Kindergericht: Spaghetti mit Käse und als
besonderes Highlight noch der Heinz Tomatenketchup! Die Kellner nannten Marta
übrigens scherzhaft "Marianne", die das französische Nationalsymbol für die
Republik ist und die bekannte Schauspielerinnen wie Brigitte Bardot, Catherne
Deneuve und Laetitia Casta als Modell gestanden haben - und für eine schöne
Frau wird selbst im Feinschmeckerrestaurant Spaghetti mit Ketchup serviert!
Als begeisterte Leserin des Historien- und Abenteuerschinkens "Der Graf von
Monte Christo" von Alexandre Dumas (Vater) fiel es mir nicht schwer, unsere
kleine Reisegruppe zu einem Ausflug auf die Marseille vorgelagerten "Îles du
Frioul" zu überreden. Mit dem Boot fährt man circa 20 Minuten zu den Inseln
Ratonneau und Pomegues, wo man auch gut baden kann. Die berühmteste Insel aber
Îf mit dem Château d'Îf, wo das Schiff zuerst anlegt und dann zu den anderen
Inseln weiterfährt.
Zuerst aber verließen wir Marseille durch den Vieux Port:
Mit der Yacht rechts wären wir natürlich auch gern unterwegs gewesen...
Die Einfahrt zum Vieux Port ist mit mehreren Festungsanlagen, zum Teil aus dem
14. Jahrhundert gesichert, da sich Marseille gegen die Vereinnahmung durch das
französische Königreich zu Wehr setzen wollte.
Der Palais du Pharo liegt majestätisch am äußersten Zipfel der Einfahrt zum
Vieux Port und wurde Marseille von Napoleon III geschenkt. Er selbst wohnte
allerdings nie dort und heute ist der Palais du Pharo ein Kongresszentrum und
Veranstaltungsort für Konzerte.
Blick auf die Cathédrale de la Major aus dem 19. Jahrhundert, sie bietet Platz
für 3000 Menschen. Sie ist im neobyzantinischen Stil erbaut.
Nach kurzer Überfahrt kommt schon die Île d'If mit der berühmten Festung in
Sicht. Das Château d'If wurde zwischen 1524 und 1531 auf Befehl des
französischen Königs Francois Premier erbaut und sollte der Befestigung der
Stadt, dem freien Zugang und der Lebensmittelversorgung der Stadt dienen. Seit
dem 17. Jahrhundert wurde die Festung als Gefängnis für Staatsgefangene
genutzt.
Hier wurden die Gegner der Monarchi eingesperrt, insbesondere Protestanten und
während des
Sécond Empire auch Republikaner.
Die Mauern der vier Türme sind bis zu vier Meter dick und verhinderten so jeden
Ausbruchsversuch - bis auf den aus dem Roman natürlich...
Bei der Befreiung von Marseille durch die alliierten Truppen am 25. August
1944, zogen sich die letzten unverbesserlichen Teile der deutschen Truppe, 850
Soldaten, auf die Îles du Frioul zurück. Nachdem die US Nevada und 17 Schiffen
die Inseln drei Tage lang attackierten, kapitulierten die Deutschen schließlich
am 29. August 1944.
Eine der Zellen im Château d'If: Hier wurde 1599 der Frère Valère de Foenis bei
lebendigem Leib verbrannt.
In einer anderen Zelle haben sich zwar nicht die armen Inhaftierten, wohl aber
die unzähligen Touristen verewigt.
Blick aus einer Zelle auf die Inselgruppe Îles du Frioul.
Dies ist der Legende nach der Eingang zur Zelle des Romanhelden von Alexandre
Dumas: Der Mann mit der Eisenmaske, der Graf von Monte Christo oder auch Edmond
Dantès.
Die Insel ist von zahlreichen Möwen bevölkert, die in der Zeit von März bis
April dort sehr vehement ihre Gelege verteidigen; die Schilder, die auf
gefährliche Möwen hinweisen, sind keine leeren Warnungen - zum Glück waren wir
Ende Juni dort, so dass uns das Federvieh in Ruhe ließ!
Eva Maria Zickelbein und Merijn van Delft
Blick vom Château d'If auf Marseille.
Weiter geht's dann mit dem Boot auf die nächste Insel mit malerischem kleinen
Fischer- und Yachthafen:
Hier konnten wir in einer kleinen Bucht auch endlich einmal Baden gehen! Und
das Wasser war auch wirklich herrlich!
Aber hier soll natürlich nicht der Eindruck entstehen, dass wir Schachspieler
uns plötzlich nur noch für die Geschichte, die Sehenswürdigkeiten und die
kulinarischen Spezialitäten interessieren...
Meistens sah's natürlich so aus...
...oder so:
Schach spielte natürlich während unserer Woche in Marseille die Hauptrolle und
deshalb möchte ich mich jetzt auch wieder den beiden Turnieren zuwenden, dem 6.
Internationalen Open und dem WGM-Turnier.
Gespielt wurde in der Salle des Conférences der Universität von Marseille, in
dem trotz der Hitze ordentliche Spielbedingungen geboten wurden - einzige
Verbesserung wäre vielleicht eine Klimaanlage...
Die Schiedsrichter Stéphane Escaffre und Cristo Dimitrov sowie Vizepräsident
Olivier Poisson begrüßen die Spieler, die aus 18 Nationen nach Marseille
gekommen waren. Am Computer: Jean Claude Rakotoniana, Webmaster von
www.marseille-duchamps.com.
Das WGM-Turnier:
Blick aufs WGM-Turnier: Im Vordergrund Laura Fernandez gegen WGM Marta
Zielinska.
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Hier
ahnte sie wohl noch nichts von ihrem Glück: Mathilde Congui (ELO 2072)
schaffte mit 6 Punkten aus 9 Partien eine WIM-Norm! Besonders
beeindruckend, dass sie dabei die Großmeisterinnen Marta Zielinska und
Margarita Voiska schlug! |
Dass Mathilde mit dem Turniersieg nichts zu tun hatte, lag vor allem an IM
Cristina Foisor, die das Turnier souverän mit 7,5 aus 9 gewinnen konnte -
herzlichen Glückwunsch!
Laura Fernandez und Liza Aggoune von Marseille-Duchamps.
Die Mädchen von Marseille-Duchamps: Laura Fernandez, Caroline Gadarinian und
Liza Aggoune (Foto: www.echecs.asso.fr).
WGM Marta Zielinska aus Polen und WGM Margarita Voiska aus Bulgarien - in
Deutschland in der Frauen-Bundesliga beim Hamburger Schachklub aktiv. Beide
mussten ihre Hoffnungen auf den Turniersieg nach der Niederlage gegen Mathilde
Congui begraben.
Eva Maria Zickelbein