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Blarney -
Den Glücksstein küssen
Von Dejan Bojkov
Die erste Runde des Turniers in Cork begann am 26. März, 20 Uhr abends, also
folgte ich dem Rat der Einheimischen und machte vorher noch einen Ausflug
nach Blarney. Das ist eine kleine Stadt, die etwa zehn Kilometer von Cork
liegt und deren größte Attraktion ein altes Schloss ist.
Die Jungs erzählten
mir auch von einem Stein, den zu küssen Glück bringen würde. Eine solche
Gelegenheit durfte ich kurz vor Turnierbeginn natürlich nicht verpassen;
leicht war das allerdings nicht und unerwartete Gefahren lauerten auf mich…
Leider hatte man mir nicht gesagt, dass man, wenn man den Stein küsst, auch
leicht viel redet ohne etwas zu sagen, mithin milde gesagt, Unsinn labert.
Tatsächlich schlägt das Lexikon für das englische Wort „Blarney“ die schöne
Übersetzung „Schmus“ vor.
Wie auch immer, der Ort war mit seinen alten Gebäuden, Druiden- und
Hexensteinen, einem See, etlichen lustigen Tieren und jeder Menge Blumen
sehr schön.
Doch nun zum Schach: Insgesamt wurden drei Turniere gespielt, wobei die
Teilnehmerzahl allerdings etwas unter den Erwartungen blieb.
Das Turnier begann ohne große Überraschungen und bis zur vierten Runde
hatten die vier Elo-Besten im A-Open alle noch eine weiße Weste. Ich muss
allerdings zugeben, dass mir der Blarney-Stein dabei gute Dienste geleistet
hat: in Runde Drei spielte ich gegen Philip Short – fünffacher Meister von
Cork und eine Legende in den örtlichen Schachkreisen – und stand im Endspiel
auf Verlust, als er die Partie in Zeitnot verpatzte.
Vor der letzten Runde hatte ich es geschafft, mich mit einem halben Punkt
Vorsprung an die Spitze des Feldes zu setzen. In der letzten Runde spielte
ich dann mit Weiß gegen Alex Baburin, ein starker Spieler, der aus Russland
stammt, aber bereits seit 17 Jahren in Irland lebt und auch unter irischer
Flagge spielt.
Allerdings war er nicht in Bestform und so trennten wir uns
schließlich Remis. Das gab zwei weiteren Spielern die Chance auf den
geteilten ersten Platz: Alex Lopez, ein junger Spanier, der in Cork lebt,
und Bogdan Lalic. Der Spanier hatte die Angewohnheit, jede Runde mindestens
10 bis 15 Minuten zu spät zur Partie zu erscheinen, aber bei der
Abschlussfeier konnte ich dann schließlich doch noch ein Foto von ihm
machen.
Vor der Abschlussfeier gab es allerdings noch eine kleine Überraschung – die
beiden bestplatzierten Spieler in jeder Gruppe mussten eine
“Armageddon”-Blitzpartie spielen, um den Gesamtsieger zu ermitteln. In
Gruppe “C” teilten sich vier Spieler Platz Eins, aber nur die beiden besten
spielten Blitz gegeneinander. Wissen musste man dabei, dass es
„Freundschaftspartien“ waren, das heißt, man konnte seine Figuren nach
Belieben berühren ohne sie ziehen zu müssen, ja, man durfte sogar einen Zug
zurück nehmen, wenn man die Uhr noch nicht gedrückt hatte. Bei einem Remis
wäre eine zweite Partie gespielt worden. Im C-Turnier gewann der ruhigere,
jüngere Spieler die Blitzpartie.
Im B-Turnier gab es einen klaren Sieger, also keine Blitzpartie. Doch unser
freundlicher Organisator Michael Bradley, der aufgrund seiner
organisatorischen Verpflichtungen in der ersten Runde ein Freilos erhalten
hatte, holte anschließend 4 aus 5 und das reichte für den geteilten zweiten
Platz. “Gute Verbindungen, was soll man machen”, erklärte er bei der
Abschlussfeier, bei der er sich selbst den Preis überreichte. Er stammt
übrigens aus Blarney, also wundern Sie sich nicht.
Von den drei Erstplatzierten im A-Turnier hatte Alex Lopez die schlechteste
Wertung und war deshalb vom Blitzwettkampf ausgeschlossen. Ich entschied
mich vor der Blitzpartie für Weiß (der Stein, wissen Sie?) und Fortuna
lächelte mir zu und ich gewann die Partie. Ich konnte ein paar schöne
Aufnahmen des Pokals machen und versprach, im nächsten Jahr wiederzukommen
und meinen Titel zu verteidigen.
Ganz besonders stolz bin ich jedoch auf etwas anderes: zwei einheimische
Spieler, die sich am Donnerstag vor dem Turnier meinen Vortrag über Taktik
angehört hatten, erklärten mir, dass sie durch das, was sie dort gelernt
hatten, jeder gleich eine Partie gewinnen konnten.
Nächster Aufenthalt – Australien.
GM Dejan Bojkov
www.dejanbojkov.blogspot.com