ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
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Kanada gehört vielleicht nicht zu den klassischen großen Schachländern, insofern kam es für manche vielleicht etwas etwas überraschend, dass das beide Qualifikationsturniere für die Weltmeisterschaft, das offene Kandidatenturnier und das Kandidatinnenturnier 2024, nach Kanada vergeben wurden und derzeit in Toronto stattfinden. Das hat viel mit dem Sponsor der FIDE zu tun, der Familie Scheinberg, die in Kanada, in Toronto, zu Hause ist. Aber auch wenn Kanada keines dieser ganz großen Schachländer ist, so hat es doch eine lange und reiche Schachgeschichte.
Der kanadische Schachverband
Das organisierte Schach in Kanada geht auf das Jahr 1844 zurück, als in Montreal der erste Schachklub Kanadas gegründet wurde. 1894 war Montreal auch einer der Austragungsorte des Weltmeisterschaftskampfes zwischen Wilhelm Steinitz und Emanuel Lasker. Die meisten der Wettkampfpartien fanden allerdings in den USA statt.
Für die Organisation von kanadischen Landesmeisterschaften wurde 1872 in Hamilton eine Canadian Chess Association gegründet. Diese wurde 1932 durch die Canadian Chess Federation (CCF) abgelöst, in der erstmals alle großen Städte des Landes mit ihren Klubs repräsentiert war. 1945 nannte man den Verband in Chess Federation of Canada um. Auf diese Weise wollte man die Verwechslung mit der "Co-operative Commonwealth Federation" (ebenfalls CCF) vermeiden. Der kanadische Schachverband hat seinen Sitz in Ottawa und gibt seit 1979 zweimonatlich die Zeitschrift "En Passant" heraus.
Große Turniere
Seit 1956 gibt es neben den geschlossenen Kanadischen Landesmeisterschaften auch offene Meisterschaften. Der 13-jährige Bobby Fischer war einer der Teilnehmer beim ersten dieser Turniere und zahlte damals noch einiges an Lehrgeld.
Im Laufe der Zeit war Kanada Gastgeber einiger herausragender Turniere und Wettkämpfe. 1957 fand in Toronto eine Juniorenweltmeisterschaft statt. Fischers guter Freund und Mentor Bill Lombardy gewann. 1967 wurde anlässlich der Hundertjahrfeier Kanadas ein Großmeister-Einladungsturnier durchgeführt, bei dem sich Bent Larsen und Klaus Darga am Ende den Sieg teilten. 1971 besiegte Bobby Fischer in Vancouver in einem legendären Kandidaten-Wettkampf Mark Taimanov mit 6:0. Ein herausragendes Super-Turnier fand zudem 1979 in Montreal statt, mit Anatoly Karpov und Mikhail Tal als Sieger. Ein weiteres großes Turnier, das "World Chess Festival" wurde 1988 in St. John durchgeführt. Im Rahmen des Festivals gewann Kevin Spraggett seinen Kandidaten-Wettkampf gegen Andrei Sokolov. Im folgenden Jahr unterlag Spraggett in Quebec Artur Jussupow.
Große Spieler
Eine der herausragenden Persönlichkeiten der kanadischen Schachgeschichte in der Mitte des letzten Jahrhunderts war Daniel Abraham (Abe) Yanofsky (1925 – 2000). Yanofsky wurde in einer jüdischen Familie in Brody geboren, das zum Zeitpunkt seiner Geburt zu Polen gehörte und heute in der Westukraine liegt. Die Familie wanderte nach Kanada aus, als Daniel Yanofsky acht Monate alt war und ließ sich in Winnipeg nieder.
Yanofsky lernte Schach als er acht Jahre alt war. Mit 12 Jahren gewann er schon die Meisterschaft der Provinz Manitoba und nahm an der kanadischen Landesmeisterschaft teil. 1939 gehörte er zur kanadischen Nationalmannschaft bei der Schacholympiade in Buenos Aires - als 14-Jähriger. Mit 13,5 Punkten erzielte Yanofsky auf Anhieb das zweitbeste Ergebnis hinter Miguel Naidorf (Polen) an Brett 2. Es wurde nicht als individuelle Silbermedaille gewertet, weil Kanada nur das B-Finale erreicht hatte, wo das Team aber Zweiter wurde, 17ter in der Gesamtwertung. Bis 1980 nahm Yanofsky noch an zehn weiteren Schacholympiaden teil, als stärkster Spieler seine Landes bis 1970 an Brett 1. Nach der Schacholympiade 1964 ernannte die FIDE ihn zum Großmeister. Yanofsky war der erste Großmeister seines Landes und sogar der erste des ganzen Britischen Commonwealth.
Daniel Yanofsky (li.) mit Edward Lasker (Foto: British Columbia Chess History)
Während des Krieges hatte Yanofsky einige Turniere in Kanada und den USA gewonnen und war nach dem Krieg einer der Teilnehmer beim ersten großen internationalen Nachkriegsturnier, dem Staunton Memorial in Groningen 1946.
Der Kanadier wurde dort Zehnter und war einer von zwei Spielern, denen ein Sieg gegen Turniersieger Botvinnik gelang. Der andere war Najdorf. Für seinen Sieg erhielt Yanofsky den Schönheitspreis.
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Yanofsky nahm zudem zweimal an Interzonenturnieren teil, 1948 und 1962. Im Jahr 1953 gewann er als Teilnehmer aus dem Commonwealth die Britischen Landesmeisterschaften. Die meisten seiner Turniere spielte Yanofsky in Kanada, einige auch in Israel. Beim Turnier in Netanya 1968 belegte Yanofsky hinter Bobby Fischer den zweiten Platz. Gegen Fischer spielte er remis. Zwischen 1943 und 1965 gewann Yanofsky achtmal die kanadischen Landesmeisterschaften und hält damit zusammen mit Maurice Fox den Rekord. Seine letzten Turnierpartien spielte Yanofsky 1989.
Yanofsky war nie Schachprofi, sondern arbeitete zuerst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität von Winnipeg und dann als Rechtsanwalt zusammen mit seinem Bruder Harry in der gemeinsamen Kanzlei. Außerdem betätigte er sich als Politiker und bekleidete verschiedene Ämter in Winnipeg. Für seine Leistungen auf den verschiedenen Gebieten erhielt Yanofsky mehrere Auszeichnungen und Ehrungen.
Auch Yanofskys Zeitgenosse Frank Andersson (1928-1980) war ein sehr starker Spieler, litt aber unter chronischen Rheuma, was seine Karriere als Turnierspieler sehr behinderte. Sonst hätte er wohl auch den Großmeistertitel erhalten.
Kanadas zweiter Großmeister war Duncan Suttles. Er war 1945 in San Francisco geboren und mit acht Jahren nach Kanada gekommen, als sein Vater eine Stelle als Professor in British Colombia annahm. Mit 15 Jahren war Suttles schon einer der Teilnehmer bei den Kanadischen Meisterschaften 1961. Im Jahr 1965 nahm er an den U20-Weltmeisterschaften teil und gewann das B-Finale. Suttles ließ dabei unter anderem Raymond Keene hinter sich.
(Foto: British Columbia Chess History)
Zwischen 1964 und 1984 nahm Suttles mit der kanadischen Mannschaft an acht Schacholympiaden teil, an drei seiner vier letzten Einsätze an Brett eins. Der Großmeistertitel wurde ihm von der FIDE 1972 verliehen.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Mathematiker, zunächst an der Universität, später in der Industrie, spielte Duncan Suttles eine Reihe von Turnieren mit. Beim Vancouver Open 1981 gelangen ihm Siege gegen Anthony Miles und Yasser Seirawan. In seinen Partien pflegte Suttles als Anhänger von Nimzowitsch einen exzentrischen Stil mit Vorliebe für ungewöhnliche Eröffnungen und strebte taktische Scharmützel an. Sein letzter internationales Auftritt war bei der Schacholympiade 1984.
Kanadas dritte Großmeister wurde Peter Biyiasas, der 1950 Athen geboren wurde und in Vancouver aufwuchs. 1972 gewann er die kanadische Landesmeisterschaft und gehörte von 1972 bis 1978 bei vier Schacholympiaden zum kanadischen Team.
Peter Biyiasas (Foto: British Columbia Chess History)
1972 gewann er die individuelle Bronzemedaille an Brett 4, 1976 ebenso an Brett 2 und 1978 Silber an Brett 1. Die FIDE ernannte ihn 1978 zum Großmeister. 1980 wechselte Peter Biyiasas in den US-Verband. Im Jahr 1981 war Bobby Fischer eine Zeitlang zu Gast bei Biyiasas. Sie spielten 17 Blitzpartien, die Fischer alle gewann. 1985 zog Biyiasas sich vom Turnierschach zurück.
Kevin Spraggett, 1954 in Montreal geboren, ist der vierte Kanadier, der den Großmeistertitel erhielt und der erste, der auch in Kanada geboren wurde. Spraggett gilt als bester kanadischer Spieler der Geschichte.
Kevin Spraggett
Er begann in den frühen 1970er Jahren mit dem Turnierschach und wurde 1980 Schachprofi. Dabei erzielte er eine Reihe bemerkenswerter Erfolge, darunter 1983 der Gewinn des US-Opens und 1985 der Sieg bei der Commonwealth-Meisterschaft. Zwischen 1984 und 1996 gewann Spraggett fünfmal die kanadische Landesmeisterschaft. Achtmal gewann er das Kanada Open. Zwischen 1986 und 2002 nahm Spraggett für Kanada an acht Schacholympiaden teil.
1985 qualifizierte Spraggett sich erstmals für die Kandidatenwettkämpfe. Im nächsten Zyklus besiegte er sensationell Andrei Sokolov nach Stichkampf, schied dann aber gegen Jussupow aus. In den 1990er Jahren siedelte Spragget nach Portugal über und spielte nun in verschiedenen europäischen Ligen.
Ein weiterer bedeutender Spieler in der Geschichte des kanadischen Schachs war Alexandre Lesiege. 1975 in Montreal geboren, lernte er Schach mit sechs Jahren. Mit 14 Jahren gewann er 1989 die kanadische Jugendmeisterschaft mit 10 Siegen und einem Remis. 1992 wurde Lesiege zweitjüngster kanadischer Landesmeister nach Yanofsky.
Alexandre Lesiege
1993 nahm er am Interzonenturnier in Biel teil. In den Jahren 1992, 1998, 2002 und 2016 gehörte er zum kanadischen Team bei den Schacholympiaden. Die FIDE hatte ihm 1998 den Großmeistertitel verliehen.
Immigranten, Emigranten und Schach-Streamer
Nach dem Krieg waren einige starke Spieler aus Osteuropa nach Kanada ausgewandert - die bekanntesten Namen sind Fyodor Bohatirchuk, Paul Vaitonis und Geza Fuster - und befruchteten die kanadische Schachlandschaft.
Fyodor Bohatirchuk
Der Ukrainer Bohatirchuk gehörte in den 1920er Jahren zu den stärksten Spielern in der Sowjetunion und kam 1949 über Westdeutschland nach Kanada. 1954 nahm er noch für Kanada an der Schacholympiade teil.
1980 nutzte der Sowjet-Großmeister Igor Ivanov einen Zwischenstopp in Gander beim Flug von Havanna nach Moskau, um zu flüchten. Innerhalb kurzer Zeit war Ivanov Kanadas bester Spieler. 1981, 1986 und 1987 gewann er die kanadische Landesmeisterschaft. Beim WM-Kampf 1981 gegen Anatoly Karpov war Ivanov einer der Sekundanten von Viktor Kortschnoj. Bei den Schacholympiaden 1982 und 1988 spielte Ivanov am ersten Brett der kanadischen Mannschaft. 1990 zog er nach Utah und wechselte in den US-Verband.
Der ehemalige U16-Weltmeister Evgeny Bareev wanderte schon 2006 von Russland nach Kanada aus und lebt in Toronto. 2015 wechselte Bareev auch in den Kanadischen Verband und ist Nummer eins in der kanadischen Rangliste vor Großmeister Eric Hansen. Zusammen mit seinem kanadischen Großmeister-Kollegen Aman Hambleton betriebt Hansen den Videostreaming-Kanal "Chessbrah".
Im Frauenschach haben Zhou Qiyu ("Nemo") sowie die in Vancouver lebenden Alexandra und Andrea Botez vor allem durch ihre Aktivitäten auf den sozialen Medien große Bekanntheit erreicht. Die Familie Botez hat ihre Wurzeln in Rumänien. Die Schwestern wurden in Dallas (USA) geboren.
Fundamentals of Chess Openings
Starting out in chess is difficult, and this DVD aims to reduce that stress. Designed for beginner levels in openings, a brief introduction to the reasons we play some of the most common moves in popular openings like the Spanish and Sicilian is given.
Kevin Spraggett wurde als spielstärkster und in Kanada geborener Großmeister erwähnt. Tatasächlich gab es einen in Kanada geborenen Großmeister, der wohl noch etwas besser war. Auch Joel Lautier wurde nämlich in Kanada geboren. Als Lautier neun Jahre alt war, wanderte die Familie nach Frankreich aus. Lautier wurde der beste Spieler Frankreichs. Er hat sich aber schon lange vom Schach zurückgezogen.
Paul Keres
Eine besondere Rolle in der kanadischen Turniergeschichte spielt Paul Keres. Er war einige Male zu Besuch in Kanada.
Bei einem Simultan in Quebec 1975
Auf der Rückreise vom Vancouver Open 1975, das Keres noch gewonnen hatte, starb der estnische und sowjetische Spitzenspieler bei einem Zwischenstop in Helsinki. In Kanada wird seitdem regelmäßig ein Gedenkturnier zu Ehren von Keres durchgeführt.
Das ist seine letzte Turnierpartie, gespielt beim Turnier in Vancouver 1975.
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