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Beim WM-Kandidatenturnier geben sich Prominente aus vielen Bereichen des öffentlichen Lebens und des Sports die Klinke in die Hand. Die 10. Runde wurde am Spitzenbrett vom Fußballtrainer Felix Magath eröffnet. Auf Englisch äußerte er seine Freude über die Einladung. Der Besuch sei für ihn eine Ehre, und er wünsche nicht nur Shakhryar Mamedjarov und Fabiano Caruana viel Erfolg, sondern auch den anderen Großmeistern. Vor und während der vier Partien war im VIP-Raum des Kühlhauses Gelegenheit, mit dem bekennenden Schachfan Felix Magath zu spielen und zu plaudern. Naturgemäß ging es dabei um die Parallelen zwischen beiden Sportarten und die notwendige Intelligenz für ihre erfolgreiche Ausübung.
Felix Magath macht den ersten Zug
Herr Magath, vor zehn Jahren waren sie Botschafter der Schacholympiade in Dresden, jetzt führte Sie der Weg zum WM-Kandidatenturnier. Warum?
Wann immer ich etwas für die schöne und interessante Sportart Schach tun kann, bin ich bereit dazu. Veranstaltungen wie diese zu unterstützen, ist mir eine Herzenssache. Schließlich wird hier in Berlin gerade Schachgeschichte geschrieben.
Ihr vorerst letztes Engagement als Fußballtrainer war in China und endete im Dezember 2017. Im Moment hätten Sie also wieder mehr Zeit, selbst Schach zu spielen.
Ja, selbstverständlich ist das jetzt so. Ich kann nun wieder mehr auf das Schachspiel schauen und bin deshalb auch gern hier beim Kandidatenturnier. Ich versuche auch selbst wieder, die Figuren zu bewegen.
Dann lassen Sie uns doch ein paar Züge tun, hier steht ein schönes Brett.
Na gut. Ich greife immer gern an und spiele deshalb 1.e2-e4. (Unsere kurze französische Freundschaftspartie blieb immer im dynamischen Gleichgewicht und endete remis.)
Lawrence Trent und Judit Polgar kommentieren im VIP-Raum
Könnten Sie den Großmeister Ding Liren hier in seiner Muttersprache begrüßen.
Ja, das könnte ich durchaus. Ich war ja in diesem interessanten Land eineinhalb Jahre tätig.
Sie haben Schach einmal als Mannschaftssport bezeichnet. Warum?
Weil es so viele Figuren gibt und sich zwei Teams gegenüberstehen. Jede von ihnen muss als Mannschaft gut zusammenwirken. Gefragt sind die richtige Strategie und Taktik. Wie auch im Fußball werden Spiele auf dem Brett oft im Zentrum entschieden. Die Flügel sind natürlich ebenfalls sehr wichtig.
Sie begrüßen es immer, wenn möglichst viele Fußballer Schach spielen.
Ja, klar. Sportler sollten Strategie und Taktik beherrschen, um Spitzenleistungen zu vollbringen. Schach ist die Mutter aller Strategiespiele und daher extrem wichtig. Jede Sportart kann davon lernen.
Was hat das Schachspiel Sie persönlich gelehrt?
Dass man in jeder Situation versuchen muss, nicht irgendeinen Zug zu machen, sondern den besten. Genauso sollte ein Fußballer, wenn er spielt, nach der besten Lösung suchen. Wenn er das beherzigt, wird er besser werden als vorher.
Hat ihr großes Trainer-Idol Ernst Happel eigentlich Schach gespielt?
Nein, der Österreicher hatte eine andere Leidenschaft. Er spielte sehr gern Karten.
Carsten Hensel, Felix Magath
Mit welchen Fußballern haben Sie Schach gespielt?
Mit einigen Nationalspielern meiner Generation und mit Olaf Thon.
Mit Marco Bodo noch nicht?
Leider nein. Wie ich hörte, soll er ein sehr starker Schachspieler sein.
Wie im Schach sind auch im Fußball Klugheit und Voraussicht sehr gefragt. Wer war der intelligenteste Fußballer, den Sie je erlebt haben?
Eine gute Frage. Es gibt natürlich Kicker, die von ihrer Spielintelligenz leben und ein Spiel, wie es heißt, sehr gut lesen können. Sie antizipieren im Grunde rechtzeitig, was passieren kann und verhalten sich daher sehr klug.
Wie zeigt sich das?
Diese Spieler sind auf dem Platz schon vorher dort, wo sie später gebraucht werden. Das ist für einen Stürmer sehr wichtig. So einer war sicher Gerd Müller, der einen unglaublichen Instinkt hatte. Das gilt natürlich auch für andere Positionen auf dem Feld, also auch für Mittelfeldstrategen und Verteidiger.
In jüngerer Zeit wurde vor allem Philipp Lahm von seinen Trainern als hochintelligenter Spieler gepriesen.
Ja, er war immer Herr der Situation auf dem Platz und kam mit relativ wenig Einsatz aus. Weil er das Spiel so gut verstand, musste er auf dem Rasen auch nicht so viele Zweikämpfe führen.
Ein gutes Pferd springt eben nur so hoch, wie es muss.
Ja, das sagt man, und es ist oft auch richtig.
Magath beim Schach
Zurück zum Schach. Wladimir Kramnik hat hier in Berlin am Anfang mit großartigem Spiel geglänzt, aber zwischendurch einen Einbruch erlebt. Ist der Turniersenior Ihrer Meinung mit knapp 43 Jahren vielleicht schon zu alt für so einen harten Wettbewerb?
Schon möglich. Aber man sollte erfahrene Spieler nicht zu früh abschreiben. Auch einem Roger Federer wurde zum Beispiel schon das Ende seiner Karriere prophezeit, und dann ist er großartig zurückgekommen. Man kann auch im reiferen Alter seine Form wiederfinden und tolle sportliche Leistungen bringen.
Sie sind als harter Coach bekannt. Hätten Sie auch einen Tennisstar wie Federer mal trainiert, um ihn wieder fit zu machen?
Sehr gern!
Danke für das Gespräch!
P.S. Felix Magath erwies sich als wahrer Prophet. Wladimir Kramnik spielte an diesem Tag eine Glanzpartie und gewann wie schon im ersten Durchgang in großem Stil gegen Levon Aronjan.