Schach, Kultur, Schachkultur

von ChessBase
17.09.2004 – Samstag in acht Tagen beginnt der Wettkampf um die Weltmeisterschaft zwischen Vladimir Kramnik und Peter Leko. Sponsor ist die Firma Dannemann, Gastgeber das Centro Dannemann im Schweizer Tessin, in Brissago am Lago Maggiore. Dort, wo Nord und Süd schon vor 80 Mio. Jahren buchstäblich zusammenstießen und die Schweizer Alpen auftürmten, trafen sich seit Anfang des letzten Jahrhunderts zahlreiche Intellektuelle, von denen sich nicht wenige für immer hier niederließen. Schach als Bindeglied zwischen Sport und Kultur bekommt hier eine besonders starke kulturelle Ausrichtung. Lassen Sie sich inspirieren. Offizielle Wettkampfseite...Mehr zum WM-Kampf...

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Die Dannemann-Schachweltmeisterschaft
24.9.-18.10.2004
Offizielle Wettkampfseite...
 

Schach als Kulturereignis
Von André Schulz


Lago Maggiore


Am 25.September, Samstag in acht Tagen, beginnt der Wettkampf zwischen Vladimir Kramnik und Peter Leko um die Weltmeisterschaft im klassischen Schach. Hauptsponsor ist die Firma Dannemann, die ein Preisgeld von insgesamt 1 Mio. Schweizer Franken ausgelobt hat und außerdem für die Durchführung des Weltmeisterschaft verantwortlich ist. Spielort wird das Centro Dannemann in Brissago am Lago Maggiore sein. Hier fand Anfang 2003 bereits ein Wettkampf zwischen Alexandra Kosteniuk und Sergey Karjakin statt. In diesem Jahr folgte ein Uhrensimultan zwischen Kramnik und der Deutschen Nationalmannschaft.


Centro Dannemann


Das Centro Dannemann liegt im letzten Zipfel der Schweiz am Westufer des Lago Maggiore kaum 300 Meter von Italien entfernt. Einen schöneren und interessanteren Ort für eine Schachweltmeisterschaft kann man sich nicht vorstellen und auch nicht für andere Dinge. Nicht umsonst haben eine Reihe bekannter Leute am Ufer des Lagos gesessen, die Täler durchstreift oder sich gleich ganz hier niedergelassen. Im Laufe unserer Berichterstattung von der Weltmeisterschaft, die ChessBase in Kooperation mit Dannemann und dem Centro Dannemann durchführen wird, wollen wir später einige von ihnen kurz vorstellen.


Centro Dannemann

Wieso heißt es eigentlich Weltmeisterschaft im klassischen Schach? 1993 verließen Kasparov und sein Herausforderer Short die Fide und spielten ihren WM-Kampf mit der Times als Veranstalter in London. Kasparov verteidigte 1995 seinen Titel gegen Anand in New York und verlor ihn im Wettkampf gegen Kramnik in London 2000. Im Jahr 1996 wurde der kalmückische Staatspräsident Kirsan Ilyumshinov FIDE-Präsident und führte einige Änderungen für die Durchführung der Weltmeisterschaften ein, die allerdings von den meisten Topspielern abgelehnt werden. So wird die FIDE-WM seit 1997 im K.O.-Modus durchgeführt, was dem Glücksfaktor eine viel größere Rolle zugesteht. Außerdem hat die FIDE die Bedenkzeit verkürzt, auch und gerade für die Weltmeisterschaften. Die klassische Bedenkzeit im Schach ist jedoch zwei oder zweieinhalb Stunden für 40 Züge, nicht die verkürzte FIDE-Bedenkzeit, so dass sich der Begriff des "klassischen Schachs" einbürgerte.

Auch das Format eines längeren Wettkampfes zwischen dem Weltmeister und seinem Herausforderer ist in der Geschichte des Schachs die klassische Form. Mit Ausnahme des WM-Turniers 1948 wird der Weltmeister auf diese Weise seit über hundert Jahren ermittelt und hat eine Reihe von sehr dramatischen Zweikämpfen hervor gebracht. In diesem Sinne befinden sich Kramnik und Leko bei ihrem Wettkampf im Einklang mit der Tradition.

Kramnik hatte den Titel im Jahr 2000 durch seinen Wettkampfsieg über Kasparov gewonnen. Leko hat sich vor zwei Jahren beim Kandidatenturnier in Dortmund qualifiziert. Der Wettkampf könnte gleichzeitig ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Wiedervereinigung der beiden Schachweltmeisterschaften sein. Diese war in Prag vor drei Jahren in Gesprächen der wichtigsten Vertreter der internationalen Schachszene beschlossen worden. Danach soll der Sieger aus Kramnik gegen Leko gegen den Sieger aus dem Wettkampf Kasparov gegen Kasimszhanov spielen, und wäre dann der von allen anerkannte alleinige Schachweltmeister. Auch Kasparov hat sich übrigens klar für die klassische Bedenkzeit ausgesprochen.

Auf der Dannemann-Pressekonferenz im Frühsommer im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten hatten Kramnik und Leko und auch der anwesende ACP-Präsident Joel Lautier unisono erklärt, der Idee der Wiedervereinigung weiter verpflichtet zu sein, falls auch die FIDE ihrerseits ihre Verpflichtungen einhält.

Die "Spielergewerkschaft" ACP (Association of Chess Professionals) hatte sich im letzten Jahr aus Unzufriedenheit mit der Arbeit der Verbände FIDE und ECU gegründet und wurde nun an der Durchführung der Dannemann-Weltmeisterschaft beteiligt. Ein kluger Schachzug, denn mit der ACP im Rücken bekommt der Wettkampf einen offizielleren und demokratischeren Anstrich, als das ohne Rückendeckung durch einen Verband oder eine Spielerorganisation der Fall wäre. 

Mit den beiden Veranstaltungen, die bereits im Centro Dannemann durchgeführt wurden - dem Wettkampf Kosteniuk gegen Karjakin und dem Kramnik-Uhrenhandicap gegen die deutsche Nationalmannschaft - hat Dannemann nicht nur sein Interesse am Schach bewiesen, sondern auch schon reichlich Know-how für die Organisation von Schachveranstaltungen erworben.

Neben dem beeindruckenden Gebäude des Centro Dannemann am Ufer des Lago Maggiore stellt Dannemann mit den nahen Gipfeln der Alpen auch noch eine Atem beraubende Kulisse zur Verfügung, in der sich zuvor bereits zahlreiche Protagonisten der europäischen Kulturgeschichte heimisch gefühlt haben.


Ascona

Wahrscheinlich war der Anarchist Michael Bakunin der erste Intellektuelle, der sich im Tessin niederließ. Schon 1869 bezog er eine große Villa in Minusio, gleich neben Locarno. 1900 kaufte dann Henri Oedenkoven, Sohn eines belgischen Industriellen den "Monte Verita" bei Ascona und gründete mit seiner Freundin Ida Hoffmann eine kleine Kolonie für alternative Lebensführung und Freikörperkultur, der sich bald zahlreiche Künstler, Literaten und Intellektuelle anschlossen oder zumindest zeitweise dort lebten. Herrmann Hesse gehörte ebenso dazu wie Erich Mühsam oder Emmy Ball Hennings und ihre Freunde vom Züricher Dada-Theater Cabaret Voltaire. So wurde die kulturgeschichtliche Magie des Tessins begründet und später folgten zahlreiche Schriftsteller, die sich in den Tälern des Tessin oder an den Ufern des Lago Maggiore aufhielten oder ganz hierher übersiedelten, so Thomas, Heinrich und Golo Mann, Alfred Andersch, Max Frisch oder Patricia Highsmith und viele weitere. Wenn Schach ein Mittelding zwischen Sport und Kultur ist, dann wird bei dieser Weltmeisterschaft der kulturelle Aspekt ohne Zweifel besonders betont.

Sogar Action-Freund kommen auf ihre Kosten. Der Beginn des Bondfilms "Goldeneye", ein spektakulärer Sprung von einer hohen Mauer wurde hier in der Nähe, an Europas größter Staumauer am Lago Vogorno im Verzascatal gedreht. Für Fans, die den Sprung nacherleben wollen, wird ein Bungee-Sprung angeboten.

Abhängig von den technischen Möglichkeiten vor Ort planen ChessBase und Danneman, die Pressekonferenz, unmittelbar im Anschluss an die Partie live per TV ChessBase in den Fritzserver, auf der Dannemann-Turnierwebseite und auf der ChessBase-Webseite zu übertragen. Wer die Liveübertragung verpasst, kann diese oder eine Zusammenfassung dennoch rund um die Uhr abrufen. ChessBase will außerdem an den Wettkampftagen im Fritzserver nach der Pressekonefrenz noch eine Zusammenfassung der Partie in TV ChessBase senden. Die Dannemann-Weltmeisterschaft wäre dann die erste in der Geschichte des Schachs mit Live-TV-Berichten im Internet.

 

Zeitplan und Farbverteilung:

 1. Partie 25.09.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
 2. Partie 26.09.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR
 3. Partie 28.09.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
 4. Partie 30.09.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR
 5. Partie 02.10.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
 6. Partie 03.10.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR
 7. Partie 05.10.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
 8. Partie 07.10.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR
 9. Partie 09.10.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
10. Partie 10.10.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR
11. Partie 12.10.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
12. Partie 14.10.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR
13. Partie 16.10.04 Leko -- : -- Kramnik 15.00 UHR
14. Partie 18.10.04 Kramnik -- : -- Leko 15.00 UHR


Links:

Die Erfindung des Tessin...

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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