Schach spielen, wo andere Urlaub machen

von ChessBase
16.07.2005 – Die deutsche Bundesliga schmückt sich gerne mit dem Ruf der stärksten Liga der Welt. Die Saison beginnt im Oktober, im Herbst, wenn es draußen grau und regnerisch ist. Dabei ist die deutsche Liga international wie keine andere, und wer genug Geld hat und es darauf anlegt, könnte eine Mannschaft melden, in der lauter Australier, Chinesen und Chilenen, aber kein Deutscher vertreten ist. Und in der deutschen Bundesliga spielen fast nur Männer über 18. Was in Griechenland alles anders ist, erzählt Bettina Trabert in ihrem Bericht über die Griechische Liga. Mehr...

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Griechische Liga: Ein Festival für alle und der Titel für SO Kavala!

"Seltsam, dass hier alle Schach spielen...", wunderte sich ein Gast des griechischen Urlaubshotels Porto Hydra im Blick auf die zahlreichen Schachbretter rund um den Swimmingpool.
So seltsam dann auch wieder nicht - denn in den ersten beiden Juliwochen war die einsam gelegene Hotelanlage auf der Peleponnes-Halbinsel Austragungsort eines der größten Schachevents in Griechenland: Die griechische Liga, die in Ermioni gemeinsam mit den griechischen Jugendmeisterschaften und zahlreichen weiteren Veranstaltungen rund ums Schach (wie Schachfilmen, Blindsimultan und einer Schachbilderausstellung, s.u.) als großes Festival ausgetragen wurde.


Schach spielen, wo andere Urlaub machen...

Während es in anderen Ligen kriselt (zumindest habe ich persönlich stark diesen Eindruck, nachdem sich meine bisherigen Mannschaften in Deutschland und Frankreich aufgelöst haben, bzw. aus finanziellen Gründen nicht mehr angetreten sind), hier ein Blick auf das griechische Modell:
Die griechische Liga wird nicht wie in anderen Ländern an einzelnen Wochenenden, sondern "am Stück" in 9 Runden ausgetragen. 16 Mannschaften sind am Start, die jeweils aus 12 Brettern bestehen: 5 beliebig zu besetzende, ein Frauenbrett, sowie 6 Bretter in verschiedenen Alterskategorien, von U18 bis U12, darunter zwei Mädchen. Insgesamt dürfen zwei Ausländer dabei sein.


Meine Mannschaft, SAH - Chania von Kreta

Bei den meisten Mannschaften sieht das so aus: Ein starker Ausländer am ersten Brett, sowie ein "Joker" an einem der anderen Bretter: eine spielstarke Frau, ein Mädchen oder ein Jugendlicher, die bei Bedarf auch an einem der anderen Bretter eingesetzt werden können. Der Glücksfaktor ist durch die vielen Bretter und zahlreichen Kids natürlich höher, und man muss sich auch erst an den Gedanken gewöhnen, dass ein Punkt am U12-Brett genauso viel wiegt wie am ersten Brett, wo GMs mit einem Elo-Schnitt über 2600 aufeinander treffen.
Dennoch hat das System viele Vorzüge: Die Vereine müssen sich um die eigene Jugendarbeit kümmern, statt nur ausländische Profis einzukaufen. Und wer sagt, dass Großmeisterremisen am ersten Brett - vor allem für das einheimische Publikum - interessanter sind als die Partien der Jugendlichen? Aus eigener Erfahrung kann ich auch sagen, dass die Begeisterung der Kids sehr ansteckend wirken kann...


Manche der Kleinen stahlen den GMs die Show: Manos Kazakos (Top-Scorer mit 7,5/8) von SAH Chania.


Medaille am Mädchenbrett: Melanie Ohme (aus Leipzig), hier für Patras am Start

Der Elo-Schnitt an den ersten Brettern hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert - hier sind natürlich viele bekannte Gesichter zu sehen.


Andrej Volokitin (für Patras),


Rozentalis für FON Iraklion,


David Navara für OS Traindrias,


Jan Gustafsson (OAA Iraklion) gegen Avrukh (EST Thessaloniki)


Andrej Sokolov für das siegreiche Team SO Kavala, gegen Angelos Vouldis (Mati).
Brett 2-4 von Kavala (links): die griechischen GMs Kotronias, Halkias und Skembris.

Und damit sind wir auch schon bei den Siegern: Andrej Sokolov zeigte etwas von seinem Können und wies die Youngsters in ihre Grenzen… Mit starken 6,5/9 am ersten Brett steuerte er entscheidend zum Erfolg der Mannschaft von Kavala bei.


Erster Platz für Kavala!

Der Frauenanteil in der Liga ist insgesamt recht hoch - 3 sind "Pflicht" -, aber natürlich können die Frauen auch an anderen Brettern spielen (die Aufstellung lässt sich für jeden einzelnen Kampf ändern). Mit einer halben Frauenmannschaft erreichte Iraklion ein 6-6 gegen den Vorjahressieger Kydon Chania!


Iraklion rechts - Yelena Dembo an Brett 3, Vera Papadopoulou an Brett 5, erst das sechste, siebte und achte Brett sind die eigentlichen Frauenbretter"...


Yelena Dembo, Brett 1 der griechischen Frauen-Olympiamannschaft, und Ehemann Sotiris Logothetis, Mitorganisator dieser Meisterschaft - Brett 3 und 4 für OAA Iraklion

Ausrichtung und Spielbedingungen ließen wenig zu wünschen übrig - sieht man einmal von der griechischen Sommerhitze ab, an der aber auch die besten Organisatoren im Juli wenig ändern können...


Live-Übertragung der Partien im Internet und im Turniersaal!

Das Rahmenprogramm bot viele schachliche Leckerbissen, darunter "Schachfieber" im Freiluftkino. In diesem humoristischen Kurzfilm geht es um das Schachfieber, das 1925 in Moskau ausbrach. José Raul Capablanca persönlich tritt darin auf!
Und last but not least: Eine äußerst interessante Bilderausstellung von Nicolas Sphicas. Der in Ägypten aufgewachsene, heute in Thessaloniki lebende Künstler hat eine eigene Theorie der Umsetzung von Schach in Kunst erarbeitet - das Retro-Shah. Viele der Bilder sind durch konkrete Partien oder Schachstellungen inspiriert, in anderen sind die Spieler dargestellt. Hier eine kleine Auswahl:


Nicolas Sphicas











Mehr zu Sphicas Bildern auf folgenden Seiten:
www.chess.gr/sphicas
www.logicalchess.com/info/graphics/sphicas

Mehr zum Schach (Partien und Fotos) auf:
www.chessfed.gr (Griechisch)
www.chess.gr (Englisch)

Das war’s aus Ermioni - jamas, ke to chrono!

Bettina Trabert


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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