Schach und Deutsche Einheit

von Pressemitteilung
13.10.2022 – Am Tag der Deutschen Einheit wurde in der Stadthalle von Plochingen auch das Schachspiel gefeiert. In der Stadthalle Plochingen diskutierte eine Prominente Runde über den Einfluss des Schachs auf die frühkindliche Entwicklung. Einige Schachmeister zeigten ihr Können im Simultanspiel.

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„Schach und 32 Jahre Deutsche Einheit“ in Plochingen (Baden-Württemberg) am 2. und 3.10.2022

Titelfoto: 

v. l.: Dr. Carsten Karthaus (Präsident Schachverband Württemberg e. V.); Dr. Gerhard Köhler (Präsident Kinderschach in Deutschland e. V.), Thomas Weischede (Vorsitzender der Emanuel Lasker Gesellschaft) und Dr. Gert Keller (Schachfreunde Plochingen e. V.) | Foto: Matthias Drissner

Aus Anlass 75 Jahre Schachclub in Plochingen fand auf Initiative des Schachverbandes Württemberg, des badischen Schachverbandes und der Schachstiftung GK in Kooperation mit der Emanuel Lasker Gesellschaft und dem Verein Kinderschach in Deutschland am 2.10.2022 eine prominent besetzte Podiumsdiskussion zum Thema „Der Einfluss von Schach auf die früh-kindliche Bildung und auf die Entwicklung junger Persönlichkeiten“ statt.

Nach den Grußworten von Dr. Gert Keller (Schachfreunde Plochingen), des Präsidenten des Landesverbandes Württemberg Dr. Carsten Karthaus und des Bürgermeisters Frank Buß ehrte Thomas Weischede, Vorstand der Laskergesellschaft Artur Jussupow mit dem Viktor 2022 für seine schachsportlichen Leistungen und insbesondere für die zahlreichen Lehrbücher, die er geschrieben  und die Kinder, die er über seine Schachschule ausgebildet hat. Im Anschluss stellte Dr. Gerhard Köhler die Erfahrungen mit dem Projekt Kinderschach in Deutschland vor. Das Ziel besteht darin, den Kindern ab 4 Jahren über die Erzieher(innen) in den Kitas die Grundzüge des Schachs zu vermitteln. Damit werden Kinder gerade auch aus sozial schwierigen Verhältnissen gefördert, was für eine positive gesellschaftliche Entwicklung von besonderer Bedeutung ist.

Der Moderator Prof. Dr. Thomas Brockmeier (Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau und Honorar-Professor für Volkswirtschaftslehre an der Martin-Luther-Universität Halle/ Saale) stellte eingangs drei Diskussionsthemen in den Raum:

1. Was fasziniert sie am Schach?

2. Hat Schach ihre Berufswahl beeinflusst?

3. Hat Schach Einfluss auf die Gesellschaft (Zusammenhalt, Fortschritt, Gemeinwohl)?

 

Prof. Dr. Laura Martignon (Bildungsforschung)

Sie war Gründungsmitglied des von Gerd Gigerenzer geleiteten ABC-Zentrums (Zentrum für Adaptives Verhalten und Kognition) innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft, zunächst in München und später in Berlin.

Ihre Haupttätigkeit ist die mathematische Modellierung in den angewandten Wissenschaften und die Ausbildung zukünftiger Mathematiklehrer.  Dabei hat sie sich auch intensiv auf didaktische Themen für die Mathematik der Grundschule konzentriert.

Nach Martignon spielen "Muster" im Leben eine große Rolle und eben auch im Schach.

Kinder lernen früh solche Muster - eben auch im Kindergarten.

Nach Martignon lernt man durch Schach Entscheidungen in Risikosituationen zu treffen. „Wer wagt gewinnt!“

Die soziale Integration wird erleichtert. Das erste Koordinatensystem 8 mal 8, zählen und bewerten von Figuren wird gelernt.

Das spielerische Erlernen solcher (Schach) Muster hat viele positive Wirkungen (für die Entwicklung junger Persönlichkeiten), wahrscheinlich eben auch für die spätere Schule (z.B. Konzentrationsfähigkeit).

Frau Martignon plädiert dafür, die Studenten der Pädagogischen Hochschulen auszubilden, um Kindern Schach im späteren Berufsleben zu vermitteln.

 

Dr. Reinhard Löffler (MdL) Politik

Rechtsanwalt in Stuttgart, Syndikus und Direktor der IBM Deutschland, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg

Zitat:

„Bildung ist alles. Daher setze ich mich für die beste Bildung für unsere Kinder und Enkelkinder ein.“

Reinhard Löffler spielt jeden Tag 30 Minuten Schach. Das macht den Kopf frei, ermöglicht Kommunikation zwischen Alt und Jung und baut soziale Barrieren ab.

Nach Löffler lernt man durch Schach die Herangehensweise bei Problemen im Informationszeitalter und der Informationsflut, wie gehe ich damit um. Durch Problembewusstsein und Analytik, Ausdauer, Hartnäckigkeit, Zähigkeit und den intellektuellen Kampf lernt man die Herausforderungen des Lebens und Niederlagen zu meistern.

 

Wolfgang Grenke (Gründer von Grenke Leasing AG) Wirtschaft

Er ist Gründer, Hauptaktionär und ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters Grenke AG sowie Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags.

Wolfgang Grenke ist als BWIHK-Präsident erstes Gesicht und die Stimme für 650.000 Mitgliedsbetriebe der IHK-Organisation im Land. Als Vizepräsident Eurochambres, der europäischen IHK-Dachorganisation, vertritt er die Interessen der Südwestwirtschaft ebenso auf europäischer Ebene.

Für Grenke sind Entscheidungen unter Druck, was bei Schach vermittelt wird, das Irren und den richtigen Weg finden faszinierend. Schach ist durch die Regelgebundenheit unbestechlich.

 

Der Moderator hob abschließend einige aus seiner Sicht bedeutsame Eigenschaften und Vorzüge des Schachspiels hervor:

Durch die Verbindung scheinbar gegensätzlicher Aspekte wie etwa

Strategie UND Taktik

Logik UND Kreativität

Gedächtnis UND Vorstellungskraft

Rationalität UND Emotionalität

sei Schach wie kaum ein anderes Spiel oder Denksport dazu geeignet, insbesondere die Fähigkeit zum VERNETZTEN DENKEN zu fördern.

Zudem unterstrich Prof. Brockmeier noch einmal die von mehreren Diskussionsteilnehmern erwähnten gesellschaftspolitisch relevanten Vorteile des Schachspiels: Aufgrund seiner Internationalität helfe es beispielsweise, Sprachbarrieren zu überwinden. Da Schach darüber hinaus keiner materiellen oder auch körperliche Voraussetzungen bedürfe und insoweit keinerlei „exklusiven“ Charakter habe, verfüge es über hohes Integrations- und Inklusionspotential. Wegen seiner Regelgebundenheit und klaren Beschränkung auf eine „Eins-gegen-Eins-Auseinandersetzung“ sei das Schachspiel in Ablauf und Ergebnis stets fair und ehrlich; bei einer Niederlage gebe es keine Ausreden: Der Bessere gewinnt. Die damit verbundenen Potentiale der Charakter- und Persönlichkeitsbildung seien desto größer, je früher man mit dem Schachspielen beginne. Insoweit käme dem Schach gerade mit Blick auf die frühkindliche Bildung enorme Bedeutung zu, so Brockmeier abschließend.

Am Tag der Deutschen Einheit wurden zahlreiche ehrenamtliche Funktionäre geehrt und Simultankämpfe durchgeführt. In der gut besuchten Stadthalle der Stadt Plochingen schauten zahlreiche Gäste zu.

FM Laslo Mihak und WGM Ketino Gersinska-Kachiani spielten gegen den Nachwuchskader. Die DDR-Meisterin Dr. Gundula Heinatz (Bad Blankenburg 1990), die BRD-Meisterin Barbara Hund (1978, 1980 und 1982) und der BRD-Meister Dr. Manfred Glinke (1982 Bad Neuenahr) spielten gegen Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Der DDR-Meister Lutz Espig (1969, 1971 und 1988) konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen.

Die Veranstaltungen werden als Auftakt genutzt, um das Projekt „Kinderschach in Deutschland“ vorzustellen. Die beteiligten Vereine, Verbände und Politiker wollen „rund um Plochingen“ ein Pilotprojekt als Modellregion für eine flächendeckende Umsetzung in Baden-Württemberg starten.

Dr. Gerhard Köhler
Taucha, den 7.10.2022