Schach und Geschichte im Libanon

von André Schulz
22.05.2014 – Der Libanon blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Die Konflike zwischen den verschiedenen Kulturen führten zu einem lang anhaltenden Bürgerkrieg mit unzähligen Opfern. Allmählich hat sich das Leben normalisiert, was man daran erkennt, dass Schach gespielt werden kann. Azer Mirzoev gewann das 7. Beirut Open. Co-Sieger Sergey Tiviakov vermittelt seine Eindrücke. Mehr...

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Das 7. Beirut Open wurde von den Alumna der Katholischen Schule im Amical Chess Club durchgeführt und in einem christlichen Kulturzentrum ausgetragen, von denen es in Beirut zahlreiche gibt. Cheforganisator war Jacques Bedrossian. Der Schachverband des Libanon gehörte zu den Gründerverbänden der 1974 ins Leben gerufenen Arabischen Schachföderation. Nachdem das öffentliche Leben durch den Bürgerkrieg (1975 bis 1990) über Jahrzehnte gelähmt war, hat sich neben anderen Aktivitäten auch das Schachleben in den letzten Jahren wieder entfaltet. Im Januar 2013 gab es hier die Mediterranean Championship. 2013 wurde zudem das 6. Beirut Open ausgetragen. Für den Juni 2014 sind die frankophonen Meisterschaften geplant.

Knapp 80 Spieler nahmen am 7. Beirut Open teil, darunter sieben Großmeister und einige weitere Titelträger.

Die Spitzentische

Rauchen verboten. Im Hintergrund eine Heiligenstatue

Die hinteren Tische

Im Hintergrund der Trophäenschrank

Auch ein paar junge Spieler nahmen teil

Elofavorit war Sergey Tiviakov, der auch die Fotos und Informationen für diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat und dabei viele Eindrücke aus der älteren und jüngeren Geschichte des Landes sammelte.

Tigran Kotanijan

Kiriell Stupak (re)

Andrejs Strebkovs

Igor Rausis

Alexander Raetsky

Nach neun Runden Schweizer System belegten mit Azer Mirzoev (Aserbaidschan), Kirill Stupak (Weißrussland) und Sergey Tiviakov (Niederlande) drei Spieler punktgleich (sieben Punkte) die vorderen Plätze, von denen Mirzoev die beste Zweitwertung aufwies. Beste einheimische Spieler waren Ahmad Najjar und Amro El Jawich mit einem halben Punkt weniger.

Azer Mirzoev

 

Endstand

Rg. Snr   Name FED Elo Pkt.  Wtg1   Wtg2   Wtg3 
1 3 GM Mirzoev Azer AZE 2553 7.0 1.0 5 43.5
  5 GM Stupak Kirill BLR 2486 7.0 1.0 5 43.5
3 1 GM Tiviakov Sergei NED 2657 7.0 1.0 5 42.0
4 7 GM Raetsky Alexander RUS 2429 6.5 0.0 5 41.5
5 4 GM Kotanjian Tigran ARM 2545 6.5 0.0 5 40.5
6 14 FM Najjar Ahmad LIB 2241 6.5 0.0 5 36.5
7 17 FM El Jawich Amro LIB 2148 6.5 0.0 5 33.5
8 2 GM Rausis Igors CZE 2581 6.5 0.0 4 41.0
9 18 FM Chahrour Ibrahim LIB 2117 6.0 0.0 6 38.0
10 25   Tarboush Husam SYR 2050 6.0 0.0 6 32.0
11 6 GM Karpatchev Aleksandr RUS 2445 6.0 0.0 5 43.0
12 11 IM Boricsev Oleg HUN 2319 6.0 0.0 5 37.0
13 15 IM Iyti Basher SYR 2226 6.0 0.0 5 36.5
14 29   Sharbel Marwan LIB 1987 6.0 0.0 5 32.5
15 10 IM Kiss Pal HUN 2348 6.0 0.0 4 38.5
16 8 IM Strebkovs Andrejs LAT 2356 6.0 0.0 4 38.0
  12 FM Al-Tarbosh Ward SYR 2255 6.0 0.0 4 38.0
18 16 FM Kassis Antoine LIB 2178 6.0 0.0 4 33.5
19 23   Kaouri Mahdi LIB 2072 5.5 0.0 5 38.0
20 21 CM Abdulaziz Mahmoud LIB 2094 5.5 0.0 5 37.5
21 19   Bassel Charaf LIB 2115 5.5 0.0 5 34.5
22 62   Hanna Naji LIB 0 5.5 0.0 4 30.0

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Die Turnierleitung

Alle Organisatoren

Beirut

Die Levante-Küste

Byblos

Kontrollposten in Beirut

Das Regierungsgebäude

Typisches Straßenbild: Scooter, Gabelstapler, Autos

Das alte Stadtzentrum

Neubauten und Schnellstraße

Altstadt mit Moschee

Kleine Park-Idylle

Märtyrer-Denkmal und Hariri-Moschee

Die einstige St.Ioann-Kirche, jetzt Khalif Omar Moschee

Bausünden der 1960er Jahre

Die berühmte Strandpromenade

Mit vielen Hochhäusern

Der Bürgerkrieg im Libanon

Im libanesischen Bürgerkrieg bekämpften sich zwischen 1975 und 1990 verschiedene Gruppen in wechselnden Koalitionen. Zudem griffen eine Reihe von fremden Mächten in die Kämpfe ein.

Spannungen zwischen arabischen Nationalisten und prowestlichen Christen (Maroniten) gab es schon seit den 1950er Jahren. Offene Kämpfe brachen aus, nachdem bewaffnete Einheiten der PLO infolge der Vertreibung aus Jordanien ("Schwarzer September" 1970) im Libanon einen Staat im Staate gründeten und danach von der maronitischen Phalange-Miliz bekämpft wurden. 1976 griff Syrien mit einer Interventionsarmee im Auftrag der Arabischen Liga auf Seiten der Maroniten in die Kämpfe ein. Nach 1979 kam es zudem zu Kämpfen zwischen sunnitischen und schiitischen Milizen unter Beteiligung von libanesischen, prosyrischen und den proiranischen Milizen, später als Hisbollah bekannt geworden.

1978 und 1982 griff Israel in den Konflikt ein, vertrieb die PLO und geriet dann mit syrischen Einheiten in Konflikt. Im Verlauf der Kämpfe kam es zu Massakern in Palästinenser-Lagern, begangen von den mit Israel verbündeten Phalangisten. 1983 bemühte sich die USA um eine Lösung des Bürgerkrieges. Zur Befriedung waren zuvor multinationale Einheiten aus Frankreich, Großbritannien und den USA im Libanon stationiert worden, die aber nach mehreren Bombenanschlägen mit vielen toten Soldaten zwei Jahre später wieder abgezogen wurden.

Viele Ruinen und zerfallene Gebäude zeugen vom Bürgerkrieg

Ruine mit Einschüssen

Zahlreiche Einschüsse

Zur Hälfte noch bewohnt

Nachdem 1989 auch die maronitischen Milizen in zwei Fraktionen zerfallen waren, konnte die syrische Armee im Libanon schließlich die Oberhand gewinnen und den Bürgerkrieg beenden. Der Krieg forderte insgesamt etwa 90.000 Tote, 20.000 Menschen blieben vermisst, 110.000 Verletzte waren zu beklagen und 800.000 Flüchtlinge verließen das Land, das heute ca. 4,5 Mio. Einwohner hat.

Die Syrisch-Maronitische Kirche

Die syrisch-maronitische Kirche entstand im 7. Jahrhundert als Abspaltung der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien. Der Name geht auf einen Mönch, den heiligen Maron, zurück. Im Dritten Konzil von Konstantinopel wurden die Maroniten 681 exkommuniziert, da sie in der Beurteilung von Jesus von der römisch-katholischen Kirche abwichen. Nach der Vorstellung der Maroniten hat Jesus eine menschliche und eine göttliche Gestalt, wird aber in seinem Willen ausschließlich von Gott gelenkt (Monotheletismus).

Viele alte Kirchen gehören zum Stadtbild

Die armenische Kirche

Nach der Zerstörung ihres Klosters durch syrische Moslems flohen die Maroniten im 10. Jh. in den Libanon und fanden hier neue Anhänger. Im 12. Jahrhundert standen sie in enger Verbindung zu den Kreuzrittern und orientierten sich über diese an der römisch-katholischen Kirche. Nach Abzug der Kreuzritter wurden die Maroniten, ebenso wie Drusen und Schiiten von den Mamelucken politisch verfolgt.

Maronitische Kirche in Byblos

Später erlangten sie unter drusischer Regierung eine gewisse Religionsfreiheit und eingeschränkte Autonomie im Osmanischen Reich. Im 19. Jh. schürten England und Frankreich aus ihren kolonial-imperialistischen Interessen heraus Konflikte zwischen Drusen und Maroniten. Im Ersten Weltkrieg verhängten die Alliierten gegen den Libanon und hier operierende deutsche und türkische Kräfte eine Seeblockade und beschlagnahmten Lebensmittel. Bei der dadurch verursachten Hungersnot starben 100.000 Menschen bei einer Gesamtbevölkerungszahl im Libanon von 450.000 Einwohnern. Viele Maroniten wanderten in dieser Zeit aus. Heute umfasst die Kirche etwa sechs Mio. Gläubige.

Blick auf das moderne Byblos

Der Hafen von Byblos

Hafenzufahrt

Orthodoxe Kirche

Libanesisches Haus aus dem 19. Jh.

Das antike Byblos

Byblos galt schon in der Antike als die älteste Stadt der Welt. Eine permanente Besiedlung ist seit dem 5. Jt. v. Chr. nachweisbar. Seit dem 3. vorchristlichen Jt. hat Byblos als Hafen- und Handelsort einige Bedeutung erlangt. Seit etwa 2800 v. Chr. schon wurde der Ort durch eine Stadtmauer geschützt.

Byblos

Blick aufs Meer

Die Grundmauern des antiken Byblos

Brunnen

Von Byblos aus exportierte man das Holz der Libanon-Zeder unter anderem nach Ägypten, wie man aus den Aufzeichnung der Ägypter weiß. Ebenso wichtig war der Handel mit Metallen, Erzen, Handwerksprodukten und Papyrus. Die Griechen bezeichneten die Papyrusrollen nach ihrer Herkunft als "Biblion", woraus sich später der Name für die Bibel ableitete. Neben Sidon und Tyros war Byblos eine der bedeutenden Stadtstaaten der Levante: Die Griechen nannten die Seefahrer und Händler nach dem von diesen ebenfalls gehandelten purpurroten Farbstoff "Ponikijo", woraus die Bezeichnung  "Phönizier" abgeleitet ist.

Reste eines phönizischen Tempels


Nach ägyptischer Abhängigkeit geriet Byblos ab etwa 900 v. Chr. unter die Herrschaft der Assyrer, später unter die der Babylonier und Perser. Großen Wohlstand erlebte Byblos, das in der Antike Zentrum des Adonis-Kultes war, zu Zeiten der Römer.

Ruinen aus der Römerzeit

Christliche Kreuzfahrer nutzen die Stadt später als einen ihrer Stützpunkte und bauten eine Festung und eine Kathedrale.

Die Kreuzfahrerburg

Wachturm

Burgmauer mit eingelassenen römischen Säulen

Aufgang zur Burg

Der Weg in die Burg

 

In der Burg

Blick aus dem Burgfenster

Die Kreuzfahrer-Kathedrale

Das Bodenmosaik einer ansonsten zerstörten Kirche

Wandmosaik

Nach dem 12. Jahrhundert n. Chr. wechselte die Stadt mehrfach den Besitzer, bis sie 1516 schließlich unter die Herrschaft der Osmanen geriet.

Azer Mirzoev und Sergey Tiviakov auf phönizischen Herrschaftssesseln

Fotos: Sergey Tiviakov

Turnierseite...

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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