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Das Jahr 1810 war recht ereignisreich. Europa wurde zu dieser in großen Teilen von Frankreich und Napoleon dominiert und nach den Vorstellungen des französischen Eroberers in seinen Grenzen umgestaltet.
Am 10. Januar des Jahres 1810 löste der französische Kaiser seine kinderlos gebliebene Ehe mit Joséphine de Beauharnais auf. 1796 hatte er die sechs Jahre ältere Witwe des während der Revolution hingerichteten französischen Armeeoffizier Alexandre Vicomte de Beauharnais geheiratet und war dank ihres Einflusses Kommandant der französischen Italienarmee geworden. Am 1. April 1810 wurde ihm nun die 18-jährige Marie-Louise von Österreich angeheiratet. Für die Prinzessin eine Zwangsheirat aus Staatsräson. Sie verabscheute ihren Gatten.
Am 28. Januar nahmen die Franzosen den Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer auf der Pfandleralm bei St. Martin in Passeier fest. Hofer war verraten worden. Am 20. Februar wurde er in Mantua erschossen. Ende Februar musste Bayern in dem von Napoleon aufgezwungene Vertrag von Paris Südtirol an das von den Franzosen besetzte Italien abtreten. Bayern erhielt zum Ausgleich im Juni das von Frankreich einige Jahre zuvor besetzte Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, musste dafür aber 15 Mio. Franc an Frankreich zahlen.
Im Streit mit seinem Bruder dankt Louis Bonaparte am 1. Juli als König von Holland ab. Napoleon löste das Königreich Holland nun auf und annektierte dessen Staatsgebiet Gebiet für Frankreich.
Im August wählt der schwedische Reichstag den französischen Marschall Jean-Baptiste Bernadotte zum Kronprinzen. Im November des Jahres erklärt Schweden auf Druck von Napoleon England den Krieg.
Und im Dezember annektierte Napoleon die Herzogtümer Arenberg und Oldenburg, die norddeutschen Küstengebiete, das Fürstentum Salm und die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck und inkorporierte die Gebiete ins französische Kaiserreichs.
In Übersee schließlich führten Frankreich und England Krieg um die von ihnen kontrollierten Kolonien.
Neben diesen nun schon mehr als 200 Jahr zurückliegenden politischen Ereignissen gab es aber auch zahlreiche gesellschaftliche Anlässe, von denen einige überliefert sind. Napoleon hatte sich, wie viele andere Persönlichkeiten auch, vor der Revolution gerne im Café de la Régence aufgehalten. Dort wurde debattiert und Schach gespielt. Auch Napoleon spielte Schach, nach heutigen Maßstäben nicht besonders gut, aber auch nicht wie ein blutiger Anfänger.
1809 soll er auf Schloss Schönbrunn gegen den berühmten "Schachtürken" gespielt haben. Der Schachtürke, Mitte des 18. Jahrhundert vom Ingenieur Von Kempelen konstruiert, bestand aus einem Schachtisch und einer dahinter sitzenden Figur, die das Aussehen eines Türken hatte. Von Kempelen gab vor, einen von allein spielenden Apparat gebaut zu haben, der in der Läge wäre, Schach zu spielen - und das ziemlich gut, eine Art erster Schachcomputer. In Wirklichkeit war jedoch ein Mensch im Tisch versteckt, der die Züge ausführte. 1804 hatte der Kirmes -Schausteller und Erfinder Johan Nepomuk Mälzel den Türken erworben.
Nachdem Österreich den so genannten 5. Koalitionskrieg gegen Frankreich verloren hatte, besetzte Napoleon schon im Mai 1809 Wien und befand sich auf Schloss Schönbrunn. Bei dieser Gelegenheit hat wohl die Partie zwischen dem Automaten und Napoleon stattgefunden. Im Türken soll sich während der Partie Johann Baptist Allgaier befunden und die Maschine bedient haben. Allgaier stammte eigentlich aus Schussenried in Schwaben, kam nach Wien und war dort der beste Schachspieler der Stadt. Da bei den Habsburgern das Schachspiel gepflegt wurde, engagierte das Königshaus Allgaier zeitweise als Schachlehrer der Prinzen. Später war er als Verwaltungsbeamter im Militärdienst. 1795 veröffentlichte Allgaier sein bahnbrechendes Schachlehrbuch "Neue theoretisch-praktische Anweisung zum Schachspiel."
Nachbau des Türken im Heinz-Nixdorf-Forum in Paderborn
Im folgenden Jahr, am Faschingsdienstag 1810, veranstaltete der italienische Außenminister Ferdinando Marescalchi in Paris einen Maskenball zu Ehren Napoleons. Napoleons Schwester Caroline, von ihrem Bruder als Königin von Neapel eingesetzt, hatte - vielleicht im Hinblick auf die Vorliebe ihres Bruders für das Schachspiel - , die Idee, eine Schach-Quadrille zu tanzen, bei die Tänzer allesamt als Schachfiguren (im altägyptischen Stil) kostümiert waren und eine Schachpartie simulierten.
Josef Danhauser, Die Schachpartie, 1839
In Erinnerung an diesen Maskenball lädt die Wiener Schachschule Zeitentanz für den kommenden Samstag (30. Januar 2016) zu einer Neuauflage dieser Veranstaltung ein. Zwischen den Tänzen kann auch Schach gespielt werden. Napoleon kann zwar aus bekannten Gründen diesmal nicht kommen, aber angeblich hat der Schachtürke sein Erscheinen zugesagt und steht zu Partien bereit.