Ortsansicht von Bebenhausen (Foto: Thomas Hentrich, Wikipedia)
Die Deutschen Jugendvereinsmeisterschaften 2013
Text und Fotos: Georg Braun
Die Deutschen Vereinsjugend-Meisterschaften der Altersklasse U20 fanden dieses (oder vielmehr letztes Jahr) vom 26. bis 30. Dezember in Osnabrück statt. Und der Schachklub Bebenhausen 1992 hat seinen Meistertitel verteidigt! Allerdings hatten die Goldersbachtäler, die die Startrangliste anführten, zwischen Weihnachten und Silvester einige bange Momente zu überstehen, bevor der schärfste Konkurrent, der Hamburger SK von 1830 auf Platz 2 verwiesen war. Die in der Startrangliste an Nummer 2 gesetzten Hanseaten führten nämlich nach den Runden 1 bis 5 und sahen nach einem dramatischen 3:3 im direkten Duell mit den Schönbuchern schon wie der sichere Sieger aus.
Wie man mit Großstädtern umzugehen hat, zeigte das U20-Team des SK Bebenhausen in Osnabrück. Beim 5:1-Sieg gegen die SF Dortmund-Brackel 1930 legten Philipp Kaulich (4) und Ulrich Zimmermann (1) schnell eine beruhigende 2:0-Führung vor. Nach dem enttäuschenden Remis von Eric Faerber (5) machten Danijel Gibicar (3) und Timo Lebeda (6) den Mannschaftserfolg klar. Somit war zu verschmerzen, dass Georg Braun (2) sein besseres Endspiel nicht gewinnen konnte und ins Remis einwilligen musste.
Danijel Gibicar (links) und Philipp Kaulich
Unnötig schwer machten es sich die Jungs um Jugendleiter Kaulich in Runde 2 gegen den bayrischen Vertreter SC Forchheim. Vor 2 Jahren hatten die Schönbucher gegen die Franken noch mit 6:0 gewonnen, im letzten Jahr aber nur mit 4,5:1,5, so dass die Goldersbachtäler gewarnt waren. Nach einem harterkämpften Remis von Braun (2) gewannen Gibicar (3) und Lebeda (5) souverän. Einen halben Punkt verschenkte Zimmermann (1), der seinen Gegner in haushoher Gewinnstellung ins Remis entschlüpfen ließ. Alexander Alber (6) sicherte mit seiner Punkteteilung den Mannschaftserfolg, so dass die unnötige Niederlage von Kaulich (4), der sich in Gewinnstellung veropferte, zu verschmerzen war. Trotz des 3,5:2,5-Erfolgs herrschte bei der abendlichen Mannschaftsbesprechung doch reichlich Verdruss bei den Schönbuchern, die durch Zimmermann und Kaulich wertvolle Brettpunkte verschenkt hatten. Allen war klar, das diese im Zweikampf um den Deutschen Meistertitel gegen den Hamburger SK von 1830 noch teuer werden könnten.
Alexander Alber
Eine starke Vorstellung lieferte das U20-Team in der 3. Runde beim Kantersieg gegen den Deutscher Rekordmeister SG Porz ab. Alber gelang an Brett 6 ein souveräner Angriffssieg. Braun (2) siegte in einer Kampfpartie und der stark aufspielende Zimmermann (1) gewann gewohnt sicher. Das Remis von Lebeda (5) bedeutete bereits den Mannschaftssieg, den Gibicar (3) mit einer gelungenen Partie und Faerber (4) mit einem Sieg nach einer komplizierten Partie sogar noch mit 5,5:0,5 in die Höhe schraubten. Der schärfste Konkurrent der Goldersbachtäler, der Hambuger SK von 1830, gewann indessen mit 6:0 gegen die TuS Coswig 1920 und hatte vor dem in Runde 4 anstehenden großen Duell bereits 3 Brettpunkte Vorsprung.
Ulrich Zimmermann
Zum Duell der Giganten zwischen dem Deutschen Rekord-Jugendmeister Hamburger SK von 1830 und dem amtierenden Deutschen U20-Meister SK Bebenhausen kam es in Runde 4. Es sollte ein denkwürdiges Match mit nicht zu überbietender Dramatik werden. Während die Schönbucher in den ersten drei Runden nicht restlos überzeugen konnten, einige Brettpunkte leichtfertig verschenkten und deshalb unter Gewinndruck standen, überzeugten die Hanseaten mit zwei beeindruckenden 6:0- und einem 5:1-Siegen. Doch genau hier witterten die Goldersbachtäler ihre Chance. Während sie schon in Kampfstimmung waren, sollte den Hamburger zum Verhängnis werden, dass ihnen bisher alles zu leicht von der Hand ging. So jedenfalls der Plan von Teamchef Rudolf Bräuning, der vor dem Match trotzdem "befürchtete, dass in diesem Jahr wieder die Hamburger an der Reihe sind".
Anspannung vor dem entscheidenden Kampf
Das Match wurde auf einem unheimlich hohen kämpferischen Niveau ausgetragen. Nach vier Stunden Spielzeit war noch keine einzige Partie beendet. Unter dem Druck litt allerdings das Spielniveau. Der überragend spielende Zimmermann brachte die Seinen nach viereinhalb Stunden Spielzeit durch einen Sieg am Spitzenbrett mit 1:0 in Führung. Bis dahin hatte es auch sehr gut für den SK Bebenhausen ausgesehen. Außer Braun, der an Brett 2 nach ungenauem Spiel zusehens unter Druck geriet, kamen alle anderen Bebenhäuser mit klaren Vorteilen aus der Eröffnung heraus. Lediglich bei Kaulich (4) war die Stellung unklar. Am klarsten stand der Bodelshäuser Alber (6) auf Gewinn. Der Hamburger Mannschaftsführer, der Internationale Meister Jonathan Carlstedt, befürchtete gar "ein Debakel an allen Brettern".
Doch die Vorteile der Bebenhäuser verflüchtigten sich von Brett zu Brett. Gibicar (3) opferte in klar besserer Stellung übermotiviert einen Bauern und mußte nach über 5 Stunden Spielzeit seinem Gegner zum Sieg gratulieren. Eine herbe Enttäuschung war auch das Remis von Faerber (5), der seinen ganzen Vorteil in der Zwischenzeit verspielt hatte.
Eric Faerber
Bei Kaulich war in beiderseitiger Zeitnot Hochspannung angesagt, während sich Braun nach und nach aus der Umklammerung lösen konnte. In der Hinterhand hatten die Goldersbachtäler immer noch den sicher geglaubten Sieg von Alber, der jedoch immer mehr die Übersicht verlor. Nachdem sich Kaulich von seinem Gegner friedlich durch Zugwiederholung trennte, war beim Stand von 2:2 die Spannung auf dem Siedepunkt und die Bebenhäuser ganz kurz vor der Vorentscheidung. Braun hatte sich in der Zwischenzeit vollständig befreit, so dass sein Gegner ihm ein Remisangebot unterbreiten musste. Alber musste nur noch einen guten Zug in einem elementar einfach gewonnenen Bauernendspiel finden und der 3,5:2,5-Sieg war sicher.
Braun entschied mit Teamchef Bräuning, noch einige Minuten auf den Gewinnzug von Alber zu warten, um dann das Remisangebot anzunehmen. Der Gewinnzug von Alber kam. Luftsprünge der Bebenhäuser unter den ca. 60 Zuschauern an diesen beiden Brettern. Braun möchte seinem Gegner die Hand zur Friedenspfeife reichen... und sieht in diesem Moment, dass Alber schon wieder einen Zug macht und mit einem unfassbaren Fehler die Partie sofort zum Remis verdirbt. Entsetzen pur. Braun zieht die Hand zurück und beim Stand von 2,5:2,5 beginnt die Dramatik von vorne. Braun, der sich die ganze Partie über heroisch verteidigen musste und nichts zu lachen hatte, beschließt trotz einiger verschenkter Bedenkzeitminuten bei beidseitiger Zeitnot nun selbst auf Gewinn zu spielen. Der 19-jährige Riedericher verbessert seine Stellung Zug um Zug und hat nun tatsächlich selbst Gewinnchancen. Sein Gegner verteidigt sich jedoch gekonnt. Braun kann die Gewinnchancen nicht realisieren und willigt schließlich nach fast 6 Stunden Spielzeit in das 3:3 ein. Riesiger Jubel bei den Hamburgern. Entsetzen bei den Bebenhäusern.
Georg Braun
An ein Stolpern der Hamburger in den drei Schlussrunden glaubt niemand. Es rächt sich nun, dass die Schönbucher in den ersten drei Runden zu viele Brettpunkte verschenkt haben. An ein Aufholen von drei Brettpunkten in drei Runden glauben die desillusionierten Bebenhäuser nicht. Nach dem deprimierenden 3:3 gegen den Hamburger SK von 1830 schworen sich die U20-Jungs des SK Bebenhausen, alles zu geben, um in den drei letzten Runden die drei Brettpunkte aufzuholen. Punkteteilungen waren natürlich unter allen Umständen zu vermeiden.
Gegen die sächsische TuS Coswig 1920 gelang den Goldersbachtälern dann auch ein standesgemäßer 5:1-Erfolg. Nachdem Zimmermann (1) und Braun (2) ihre Gegner gekonnt überspielt hatten, kam allerdings Sand in die Brettpunkte-Aufholmaschinerie. Gibicar (3) musste einige kritische Momente überstehen, bevor er sich in ein Remis retten konnte und auch bei Kaulich (4) war eine Punkteteilung unausweichlich. Nach den souveränen Siegen von Lebeda (6) und Faerber (5), dessen zwei Türme stärker waren als die gegnerische Dame, wussten die Schönbucher allerdings nicht so recht, ob sie sich über den 5:1-Sieg freuen sollten.
Der Bebenhäuser Konkurrent, der Hamburger SK von 1830, hatte nämlich den härtesten Konkurrenten, den Startranglistendritten Stader SV sicher mit 4:2 aus dem Weg geräumt. Zwar konnten die Goldersbachtäler somit den Abstand auf die Hansestädter auf 2 Brettpunkte verkürzen, aber an ein Straucheln der bisher so souverän aufspielenden Hamburger glaubten immer weniger.
In der 6. Runde planten die Bebenhäuser mit einem hohen Sieg gegen die SF Heidesheim aus Rheinland-Pfalz. Das Problem war nur, dass die Rheinhessen mit FIDE-Meister Johannes Carow den stärksten Spieler des Turniers stellten. Lebeda (6) gelang ein einfacher Sieg gegen einen schwachen Gegner. Nach der Niederlage des bisher so überzeugend spielenden Zimmermann (1), der gegen Carow eine fürchterliche Klatsche hinnehmen musste, stellten Faerber (5) und Gibicar (3) bald die Zeichen auf einen Mannschaftssieg. Diesen brachte Kaulich (4) durch eine Punkteteilung unter Dach und Fach. Trotzdem war der 18-jährige Wankheimer extrem enttäuscht, stand er doch die ganz Partie überlegen. Zu Überraschung aller überschritt dann auch noch Braun in Gewinnstellung die Bedenkzeit, weshalb am Ende ein viel zu knapper 3,5:2,5-Erfolg zu Buche stand. Wieder einmal ließen die Goldersbachtäler auf unglaubliche Weise Brettpunkte liegen.
Das Siegerteam
Dies war jedoch leicht zu verschmerzen, da sich im Parallelkampf Hamburger SK von 1830 - SG Porz eine Sensation erreignete. Trotz früher 2:0-Führung bekamen die bisher so kühlen Hanseaten Fracksausen und standen gegen die Kölner Jugendauswahl der SG Porz sogar vor dem Mannschaftsverlust. Die Porzer hatten jedoch Angst vor der eigenen Courage, gaben eine fast schon gewonnene Partie Remis, weshalb der Mannschaftskampf immer dramatischer wurden. Schließlich endete der Krimi unter dem Jubel der Schönbucher 3:3. Diese luden die gesamte Porzer Mannschaft und Betreuer spontan für den nächsten Tag zum Essen beim ehemaligen Bebenhäuser Xianliang Xu in Köln ein.
Noch war die Deutsche Meisterschaft allerdings nicht entschieden. Die Goldersbachtäler erwarteten mit dem Startranglistendritten Stader SV noch eine extrem starke Mannschaft in der Schlussrunde. Entsetzen bei den Hamburgern und Erleichterung bei den Bebenhäusern, als der Computer den Erfurter SK als Gegner für den SK Bebenhausen ausspuckte. Dieser Gegner sollte machbar sein. Als der Bebenhäuser Teamchef Bräuning dem Stader Teamchef Andreas Hauschild mitteilte, dass "wir froh sind, dass wir nicht gegen Euch spielen müssen", entgegnete Hauschild: "Wir sind auch froh!". Die starken Stader hatten somit noch die Chance auf Platz 3, wurden aber nach der 2:4-Schlussrundenniederlage gegen die SG Porz nur unverdienter Siebter.
Die Schönbucher indessen ließen sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Zwar stand Zimmermann gegen den starken Franz Bräuer bald am Rande der Niederlage, aber nach einem schnellen Sieg von Lebeda (6) bauten Kaulich (4) und der kompromisslos spielende Gibicar (3) die Führung auf 3:0 aus. Braun (2) war es vorbehalten, mit einem Remis den Mannschaftserfolg und damit den Deutschen Meistertitel zu sichern.
Färber (5) erhöhte noch gekonnt auf 4,5:0,5 und zum Happy-End konnte Zimmermann mit unglaublicher Zähigkeit seine Verluststellung noch in eine Remisstellung verwandeln. Einer der eher seltenen Fälle, in denen die Bebenhäuser mehr Zählbares aus den Partien mitnehmen konnten, als eigentlich verdient war. War genau diese Eigenschaft in den vergangenen Jahren die große Stärke der Goldersbachtäler, so verschenkten sie in diesem Jahr doch unerwartet viele Punkte, in dem sie in den entscheidenden Momenten einfach zu weich waren.
Der Schachklub Bebenhausen 1992 feierte somit die vierte Deutsche Meisterschaft in fünf Jahren. Das Schwäbische Tagblatt schrieb in einem Artikel am 31. Dezember 2012 sogar von der "goldenen Generation des Vereins". Nach dem sensationellen U16-Titel 2009, dem sicheren U16-Titel 2010, dem sensationellen U20-Titel 2012 folgte nun der von der Konkurrenz erwartete U20-Titel 2013.
Siegerehrung
Der Hamburger Mannschaftsführer Carlstedt, dessen Team auch in der Schlussrunde ein völlig überflüssiges 3:3 gegen Forchheim abgab, gratulierte dann auch "zum ganz klar verdienten Titel". Ganz so klar empfanden es die Goldersbachtäler freilich nicht. Jugendleiter Kaulich konstatierte auch, dass ob der vielen Titel "Motivation und Freude schon ein wenig nachlassen. Wie 2009 beim ersten Deutschen Meistertitel mit Xu und Bonenberger ist es nicht mehr." Nochmals Kaulich: "Aber über die Triller gegen Hamburg und in den letzten beiden Jahren gegen Bochum und Solingen werden wir auch noch unseren Enkeln erzählen".
Da der älteste Bebenhäuser erst 19 Jahre alt ist, wird das Team im nächsten Jahr nochmals mit denau derselben Aufstellung antreten. Natürlich sind Vereine wie der Hamburger SK von 1830 und die SG Bochum 31 immer Favorit, aber auch die Goldersbachtäler sind in der Zwischenzeit deutschlandweit ein gefürchtetes Team. "Triple" heißt 2014 das große Ziel.
Wesentlich mehr Gefallen als an der Foto- und Interviewtour hatten die pressescheuen Bebenhäuser jedoch an ihrer Meisterschaftsfeier in Köln. Nach einem gemeinsamen Essen mit den Porzer Schachfreunden bei der Familie ihres 16-jährigen Freundes und ehemaligen Mannschaftskameraden Xianliang Xu ging es mit diesem nächtens zu Dom und Rhein.
Schachspielen ist anstrengend, feiern auch
Das von Xu angeführte Porzer U16-Team verspielte in Lingen (Ems) durch eine Schlussrundenniederlage trotz eines Sieges von Xu am Spitzenbrett die Titelverteidigung in der Altersklasse U16 und landete auf dem undankbaren 4. Platz.
Die Abschlusstabelle der DVM U20
Die Homepage des Ausrichters: http://www.dvm-u20.de/
Nicht viel zusammen lief beim weiblichen U14-Team des SK Bebenhausen bei der Deutschen Vereinsjugend-Meisterschaften in der Altersklasse U14w in Magdeburg.
Nach vier Niederlagen in Folge und desolatem Verlauf der Meisterschaft brach vor der fünften Runde der Deutschen Vereinsjugend-Meisterschaften in Magdeburg eine Novovirus-Epidemie aus. Zahlreiche Bretter blieben leer. Es fielen sogar einige Mannschaftskämpfe ganz aus. Bald danach wurden alle laufenden Partien von einem Amtsarzt abgebrochen und angeordnet, dass alle Spielerinnen, Trainer und Betreuer wegen der sich immer mehr ausbreitenden Novovirus-Epidemie sofort aus Magdeburg abreisen müssen.
Die gesamte fünfte Runde wurde von der Turnierleitung annulliert. Über die Wertung des Turniers und die Siegerinnen muss noch ein Schiedsgericht der Deutschen Schachjugend entscheiden.
Nach vier Runden liegt die Mannschaft SK Blauer Springer Paderborn mit 7:1 Brettpunkten und 11:5 Brettpunkten in Führung. Knapp dahinter liegt SV 1919 Grimma mit 7:1 Mannschaftspunkten und 10,5:5,5 Brettpunkten.
Stand nach vier Runden
Die offizielle Stellungnahme der Deutschen Schachjugend zum Ausbruch der Novovirus-Epidemie: http://www.deutsche-schachjugend.de/dvm13_abbruch_u10_u14_u14w.html
Die U12 Mannschaft des SK Bebenhausen. Dieses Jahr lief es bei der DVJM nicht ganz so gut - am Ende landeten die Nachwuchstalente auf Platz 16.
Sieger der DVJM U12 wurde der SG Aufbau Elbe Magdeburg, der den Hamburger SK knapp hinter sich ließ.
Abschlusstabelle der DVM U12
Die Homepages des Ausrichters: http://www.schachverein-seubelsdorf.de/ und http://www.u12-dvm-2013.steffans-schachseiten.de/
Video von der Siegerehrung unter https://www.youtube.com/watch?v=9sEGgrbhG9s
Der SK Bebenhausen auf Reisen
Homepage des SK Bebenhausen
Partien der DVJM