Schachbegeisterung auf Teneriffa

von Melik Kramer
19.09.2018 – Allein der Turniername ist schon Musik. Auf Teneriffa wurde das "1. Torneo Internacional de Ajedrez San Cristobal de la Laguna" ausgetragen, passenderweise in einem alten Konvent. Die Gäste trafen auf eine schachbegeisterte Bevölkerung - jung und alt. | Fotos: Melik Kramer

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Internationales Open von La Laguna

Vom 31.8 – 7.9. fand auf Teneriffa das 1. Internationale Open von La Laguna statt. Verdienter Sieger wurde der 26-jährige Internationale Meister Daniel Eduardo Pulvett Marin aus Venezuela. Er erkämpfte sich 7,5 Punkte aus 9 Partien und blieb damit einen halben Zähler vor seinen Verfolgern. 3 Spieler kamen dahinter auf 7 Punkte. Dabei hatte GM Ilja Zaragatski aus Deutschland die bessere Feinwertung vor GM Jose Fernando Cuenca Jimenez aus Spanien und FM Makan Rafiee aus München.

Ilja Zaragatzki

José Cuenco Jiminez

Natürlich hätte ich mich für jeden Sieger gefreut. Aber speziell dem jungen Venezolaner habe ich insgeheim die Daumen gedrückt. Nach unserer Partie in der 3. Runde erzählte er mir, dass er nach dem Turnier aufgrund der katastrophalen politischen Situation nicht mehr in sein Heimatland zurückreisen wird. Dass man als Profi-Schachspieler nicht auf Rosen gebettet ist, wird allen Lesern klar sein. Dass es für den seit seinem 12-ten Lebensjahr an einer Augenerkrankung, die ihn immer schlechter sehen lässt, leidenden Pulvett in Venezuela damit nicht leichter wurde, verschlimmerte leider seine Situation zusätzlich.

Daniel Pulvett

Sehenswert war seine über den Turniersieg entscheidende Partie aus der letzten Runde.

 

Es war sehr schön zu erleben, was die Organisatoren um Juan Luis Marin und Domingo Jesus de La Rosa Diaz bei ihrem ersten Turnier auf die Beine gestellt haben. Absolut beeindruckend war das Ambiente.

Convent Santa Domingo

Gespielt wurde in dem Convent Santa Domingo, einem auf das Jahr 1527 zurückgehenden Dominikanerinnenkloster. Als besonderes Schmankerl organisierten die Veranstalter eine historische Stadtführung in La Laguna und ein Simultan gegen den „Pepe“ Cuenca an 24 Brettern.

Der Innenhof des Convents

Was mir an den 114 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am besten gefallen hat, war die absolute Schachverrücktheit vor allem der Kinder und Jugendlichen. Während der Partien wurde verbissen und mit Respekt gekämpft, um danach zusammen wieder seine Späßchen zu machen. Und die Spielstärke der Kinder steigt aufgrund gezielter Förderung stetig. Ich durfte diese Erfahrung in dem Turnier in Runde 7 machen, als mich der 12-jährige Killian Diaz Reyes (Elo 1762) zu meiner schönsten Kombination des Turniers trieb.

 

Insgesamt gibt es auf Teneriffa über 370 in Schachklubs organisierte Spielerinnen und Spieler. Für eine kleine Insel im Atlantik eine beträchtliche Zahl. Und jeder Mannschaftskampf wird teilweise von ganzen Familien und manchmal sogar noch mit Hund besucht. Eine solche Begeisterung habe ich in Deutschland leider in über 20 Jahren Vereinsschach nie erlebt.

Möge die Macht mit ihm sein

Oh nein....!

Oder geht da noch was?

Klar, ein Open muss mit starken Spielern auf sich aufmerksam machen. Und es ist auch für die Insulaner eine willkommene Abwechslung, gegen ratingstarke Gegnerschaft anzutreten. Aber um, im wahrsten Sinne, jeden Preis einen Großmeister zu engagieren ist aus meiner Sicht der falsche Weg! Viel effektiver ist der nun eingeschlagene. Ein engagiertes Teilnehmerfeld (27 Spieler hatten eine Elo von über 2000) gewürzt mit ein paar stärkeren und vor allem sympathischen Titelträgern. Selbst die anwesenden Großmeister waren sich nach der Partie nicht zu schade (warum auch?), mit ihren Gegnern längere Zeit zu analysieren.

Teneriffa bietet um diese Jahreszeit auch die ideale Verbindung zwischen Urlaub und Schach. Gerade für Hobbyspieler ist es ideal, tagsüber die Insel zu erkunden und am Abend eine Partie Schach zu spielen. Und wer Lust hat, reist mit seiner Familie an und verbringt mit ihr einen schönen Urlaub. So, wie es mein Freund FM Uli Zenker aus Grafing gemacht hat. Ich denke, es wird nicht seine letzte Teilnahme gewesen sein.

Dass der König im Endspiel die stärkste Figur werden sollte haben wir schon oft gehört. Dass man ihn aber bei fast vollem Brett schon im neunten Zug zentralisiert und damit in knapp 20 Zügen einen gestandenen Großmeister abfertigen kann, bewies FM Makan Rafiee eindrucksvoll.

Makan Rafiee

 

Und zum Abschluss noch ein ungewöhnliches Stellungsbild mit 3 weißen Damen auf dem Brett und der Erkenntnis, dass erst der letzte Fehler verliert.

 

Alle Partien

 

 

 


Melik Kramer, spielt seit seinem 12-ten Lebensjahr Schach. Lebt seit 2017 auf Teneriffa und sitzt dort für den Club Ebano Casa Venezuela in der 1. Liga am Brett.

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