ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
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Vadsøsjakken
Fotos: Turnierseite/ Sergey
Tiviakov
Bekanntlich befindet sich das Südende von Norwegen
nicht allzu weit von Dänemark entfernt. Hier fängt Norwegen also an. Aber wo
hört es auf? Als Leser von Douglas Adams Geschichtswerk "Per Anhalter durch die
Galaxis" wissen wir alle, dass die Küste von Norwegen mit seinen wunderschönen
Fjorden einst von Slartibartfaß, als Auftragsarbeit der Mäuse, gestaltet wurde.
Slartibartfaß erhielt dafür - völlig zurecht - einen Designpreis. Tatsächlich
kann man sein Werk aber erst richtig würdigen, wenn man sich die Größe, oder
besser Länge, des Landes vor Augen führt. Die Nord-Südausstreckung beträgt
nämlich nicht weniger als 3800 km. Bundesligaschachspieler, die die Reise von
München nach Hamburg (Entfernung: 610 km) schon für eine Zumutung halten, müssen
froh sein, nicht in der norwegischen Liga ihre bescheidenen Brötchen verdienen
zu müssen.
Eigentlich erstreckt sich Norwegen aber nicht nur nach Norden, sondern - zum
Ende hin immer mehr - auch nach Osten. Wer also einmal die Küste komplett
entlang fährt, stößt am Ende auf die Grenze zwischen Norwegen und ... Russland.
Hoppla? Doch es stimmt. Norwegen und Russland besitzen eine gemeinsame Grenze
und es gibt zwischen den beiden Ländern auch Kooperationen, z.B. in Bezug auf
den Abbau von Bodenschätzen auf der Insel Spitsbergen, die noch ein ganzes Stück
weiter nördlich liegt. Russische und ukrainische Bergarbeiter bauten hier lange
norwegische Kohle ab.
Die norwegisch-russische Freundschaft wurde übrigens 2006 mit einem
Schachwettkampf gewürdigt. In Longyearbyen spielten
Magnus Carlsen und
Peter Svidler gegeneinander.
Magnus Carlsen hat nicht nur das norwegische Schach beflügelt. Die Ausstrahlung
des einstigen "Wunderkindes", das mit nun 19 Jahren als jüngster Spieler aller
Zeiten die Weltrangliste anführt, ist überall in den skandinavischen Ländern zu
spüren. Man wird sehen, ob und wie sehr dies auch das norwegische Vereins- und
Turnierschach befruchten wird. Mit 5 Mio. Einwohnen auf einer riesigen Fläche
gibt es in Norwegen allerdings eine sehr viel schlechtere Ausgangssituation als
z.B. in Deutschland, wo man mit Auto, Zug oder Bus relativ schnell überall
hinfahren kann, um ein Turnier oder einen Wettkampf zu spielen.
Früher wurde das norwegische Turnierschach vor allem durch die
Offenen Turniere in Gausdal, eigentlich ein Wintersportort, repräsentiert. Auch Magnus Carlsen hat hier als Kind
mitgespielt. Nun ist es die Gemeinde Tromsø, die die Rolle von Gausdal
übernommen. Einmal im Jahr findet hier das Arctic Chess Open statt. 2014 möchten
die norwegischen Schachfreunde die Schacholympiade in Tromsø ausrichten.
Tromsø liegt selbst für norwegische Verhältnisse ziemlich weit im Norden. Von
hier gesehen müsste man zur Südspitze
Grönlands oder nach Islands in südliche Richtung fahren. Doch Norwegen ist hier noch lange nicht zu Ende.
Wenn man von Tromsø aus weiter der norwegischen Küste folgt, die sich nun immer
mehr nach Osten wendet, erreicht man irgendwann Hammerfest, das für
sich als "nördlichste Stadt Europas" wirbt. Und von Hammerfest ist es dann nicht
mehr weit - vielleicht 250 km - nach Vädsø.
Vadsø
Hierhin könnte man ganz gut - falls man etwas Zeit für die Reise mitgebracht hat - mit dem Schiff fahren. Die Endstation der Hurtigruten ist das nahe gelegene Kirkenes.
Die nächste größer Stadt in der Nähe von Vädsø ist übrigens Mumansk, das bekanntlich schon in Russland liegt. Hier ist man ohne Zweifel sehr weit im Norden Europas. Aber in Vädsø befindet man sich nun auch sehr weit im Osten des Kontinents. Der Ort liegt tatsächlich noch weiter östlich als Istanbul.
Vadsø (6062 Einwohner) schafft es eher selten in die internationalen Schlagzeilen. Immerhin: In den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhundert brach Umberto Noblie von hier mit seinen Luftschiffen auf, um über den Nordpol zu fliegen. Der Ankermast, an dem das Luftschiff festgebunden wurde, kann heute noch bewundert werden.
Nobiles Ankermast (Bild: Wikipedia)
Am 12. Mai 1926 flog Nobile zusammen mit Amundsen und dem
Sponsor Lincoln Ellsworth als Erster über den Nordpol. Unter keinem guten Stern
stand seiner zweiter Flug zum nördlichsten Punkt der Erde, der er diesmal ohne Ammundsen, mit dem
Lufschiff Italia unternahm
Am 23. Mai 1928 brach er auf, erreicht am 24. Mai den Nordpol und stürze am
25.Mai auf dem Rückweg ab. Zusammen mit neun anderen Expeditionsmitgliedern konnte Nobile sich
auf eine Eisscholle retten und wurde nach einigen Tagen geborgen. Ein russische
Funkamateur hatte die Notsignale aufgefangen. Roald Amundsen, der von Tromsø aus
ebenfalls zu einer Rettungsaktion gestartet war, kam bei diesem Versuch um.
Obwohl man in Vädsø nun wirklich weit weg vom übrigen Europa ist, blieb man auch
hier von bestimmten kulturellen Entwicklungen des Kontinents im Laufe der
Geschichte nicht völlig unberührt. So gab es im frühen 17.Jahrhundert auch in
der Finnmark eine Reihe von Hexenprozessen,
In Nordnorwegen lebt neben den Samen (Lappen) die Volksgruppe der Kvenen, die
ethnisch zu den Finnen gehören, sich kulturell aber den Samen angepasst haben.
Etwa 10.000 Kvenen werden gezählt, die in Norwegen als Minderheit besondere
Rechte genießen. Die Sprache der Kvenen ist das Kvenische, ein Dialekt des
Finnischen. Allerdings gibt es nur noch geschätzte 2000 bis 5000 Sprecher dieser
Sprache, da das Kvenische lange Zeit verboten war und unterdrückt wurde und erst seit
1970 wieder gefördert wird. Vadsø ist die Hauptstadt der Kvenen.
Man könnte meinen, dass die Ausstrahlung des norwegischen Weltranglistenersten
Magnus Carlsen selbst bis an den äußersten Rand Europas reicht, - und das ist
vermutlich auch der Fall - doch in Wirklichkeit
gab es in Vadsø schon 1981 das erst Schachfestival. Vereinspräsident Svein
Harald Johnsen vom Vadsø Chess Club wies auch daraufhin, dass man seit 1996 über
die Turniere im Internet berichtet. Das Internetarchiv des "Vadsøsjakken" reicht
lückenlos bis zum Jahr 2000 zurück. Einer der Gäste vor zehn Jahren war Evgeny Gunin mit seiner Tochter Valentina
Damals
Letztes Wochenende hat die 21-Jährige mit 17 aus 17 die Moskauer Blitzmeisterschaft der Frauen gewonnen.
... und heute: Valentina Gunina (Foto: Yana Melnikova)
Wenn irgendwo auf der Welt an einer entlegenen Stelle Schach gespielt wird, gibt
es eine gute Chance, dass Sergey Tiviakov teilnimmt. Der frühere Europameister gewann das Turnier,
nachdem er in der letzten Runden den bis dato überraschend führenden Nicolais
Getz (Oslo) schlagen konnte. Getz und Jovanka Houska teilten sich die Plätze.
Die IMs Grønn and Feoktistov teilten sich mit Boitsov und Røyset, die Plätze
Vier bis Sieben. Eine Reihe von
Schachfreunden waren auch aus Tromsø angereist. Alles in allem nahmen 55 Spieler
teil. Die nachfolgenden Bildimpressionen aus Vadsø und der Umgebung
verdanken wir dem Turniersieger. Die Bilder vom Turnier haben die Schachfreunde
aus Vadsø dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.
André Schulz
Die Preisträger der drei Turniere
A.Esbensen (re.) - Hagesæther, remis
Houska und Tiviakov
IM Houska - IM Grønn, remis
Der spätere Sieger und Berichterstatter, Sergey Tivuakov
Tiviakov - Getz 1-0
Pl. Navn Klubb Elo 1 2 3 4 5 Poeng Prestasjon 1. GM Sergei Tiviakov 2623 +19 +05 =02 +16 +03 4.5 2688( +2) 2. IM Jovanka Houska Bergens 2421 +18 +09 =01 =05 +12 4.0 2511( +4) 3. Nicolai Getz OSS 2252 +14 +04 +17 +08 -01 4.0 2520(+25) 4. IM Aleksei A Feoktistov Murmansk 2424 +11 -03 +09 =06 +15 3.5 2315( -4) 5. IM Atle Grønn OSS 2378 +20 -01 +15 =02 +14 3.5 2424( +2) 6. Gennadij Boitsov Murmansk 2224 =22 =10 +26 =04 +17 3.5 2276( +5) 7. Pål Røyset Tromsø 2060 +26 =23 -08 +17 +16 3.5 2206(+15) 8. Leonid Lubnin Murmansk 2178 =25 +24 +07 -03 =11 3.0 2144( -4) 9. Benjamin Arvola Tromsø 2170 +21 -02 -04 +18 +20 3.0 2277(+11) 10. Arkadi Dezhurko Murmansk 2151 =15 =06 -13 +21 +23 3.0 2172( +2) 11. Andreas Esbensen Team Bjørnsen 2050 -04 =14 +19 +22 =08 3.0 2185(+14) 12. Gunnar Berg Hanssen Tromsø 2085 +28 -17 +18 +13 -02 3.0 2184(+11) 13. Evgenij Tsjembajev Murmansk 2203 -17 +28 +10 -12 +22 3.0 2114( -9) 14. Arne Hagesæther Hauge 2081 -03 =11 +25 +23 -05 2.5 2122( +4) 15. Elias Demac Alta 2112 =10 +22 -05 +24 -04 2.5 2211(+10) 16. Kristian Stuvik Holm Hamar 2035 =24 +25 +23 -01 -07 2.5 2093( +9) 17. Peter Flermoen Harstad 2110 +13 +12 -03 -07 -06 2.0 2092( -2) 18. Arnold Andreassen Tromsø 2098 -02 +21 -12 -09 +26 2.0 2040( -6) 19. Magnus Aanstad Narvik 1896 -01 =20 -11 +25 =24 2.0 2016(+11) 20. WFM Anna Savenkova Murmansk 2141 -05 =19 =24 +26 -09 2.0 2021(-13) 21. Tron Walseth Team Bjørnsen 1950 -09 -18 +28 -10 +27 2.0 1890( -6) 22. FM Tor Kristian Schølseth Kirkenes 2017 =06 -15 +27 -11 -13 1.5 1911(-10) 23. Kjell Ole Kristensen Narvik 2017 +27 =07 -16 -14 -10 1.5 1860(-16) 24. Mikael Rølvåg Narvik 2086 =16 -08 =20 -15 =19 1.5 1924(-16) 25. Aksel Brasøy Alta 1917 =08 -16 -14 -19 +28 1.5 1824( -9) 26. Kjell Magne Johnsen Vadsø 1937 -07 +27 -06 -20 -18 1.0 1806(-11) 27. Jan Svenske Strømmen 1717 -23 -26 -22 +28 -21 1.0 1677( -3) 28. Gunnar Bue Tønsberg 1674 -12 -13 -21 -27 -25 0.0 1526(-14)
Impressionen vom Nordrand Europas
Vadsø
Vadsø - Wenig Staus
Die Kirche von Vadsø
Rica Hotel, Vadsø
Das 1977 eingeweihte Denkmal für die finnischen Einwanderer (Kvenen)
Der Hafen
Schiffer-Denkmal
Besuch im Sami-Museum in Varangerbotn
Archaische Nahrungsbeschaffung der Sami auf dem Wasser
Oder so. Kann aber auch umgekehrt ausgehen
Nachbau einer samischen Erdhütte
Einraumwohnung. Die Spieler waren aber in einem Hotel
untergebracht
Wenig Importartikel aus China hier im Norden
Mortensnes
Der "Mortensnes kultursti" ist Teil des Varanger samiske museum. Auf dem Gelände findet man eine Reihe von bedeutenden Kulturdenkmälern Skandinaviens, die eine dauerhafte Besiedlung seit 10.000 Jahren bezeugen. Aufgrund der Landhebung findet man die älteren Spuren in den höher gelegenen Gebieten, die jüngeren Besiedlungsspuren liegen näher and er Küste.
Besucher: Da kommen Jovanka Houska und Arne Hagesæther
Nun besser zu erkennen
Hier ist das Moos gelb
Ein "heiliger Berg"
Der "Tran- oder Gragsesteinen"
Der Stein ist von 13 Steinringen umgeben
Zur Entstehung dieses Steindenkmales gibt es eine Legende: Angeblich soll der im
ganzen Samenland bekannte finnische Schamane Beaivi-Vuolab einst nach Varanger
zum Fischen gekommen sein und wurde nun von den Einwohnern hier genötigt, seine
Macht zu beweisen. Er hob daraufhin einen
gewaltigen Stein vom Boden auf warf ihn dann mit aller Kraft zu Boden. "Dieser
Stein, Ceavccageadgi ist sein Name, kann an einem Platz nahe der Küste auf der
Nordseite des Varangerfjorden gesehen werden," heißt es in der Legende.
Jovanka Houska hält den Transtein fest
Wer ist hier begraben?
Die Reste eines alten Hauses, 10.000 Jahre alt?
Bäume gibt es eher weniger
Beeren im nördlichsten Europa: Blaubeeren...
...
und Johannisbeeren
Blick über den Fjord
Nördliche Lichtspiele
Die Schafte genießen den Ausblick aufs Meer
Anhand des Zahnbildes konnte die Identität des Tieres festgestellt werden.
Am Varanger-Fjord
Nun doch ein Wald