Bundesliga: Erfolgreiches
Wochenende für die Schachfreunde
(Nachdruck
des Berichts der SF-Berlin)
Im Kampf gegen die beiden favorisierten Nordclubs aus Hamburg
und Bremen holten die Schachfreunde Berlin erhoffte Punkte für den
Klassenerhalt. Das dabei aber ausgerechnet Werder Bremen, der Meister von vor
zwei Jahren, geschlagen werden konnte, hätte vor den beiden Runden wohl keiner
gedacht. Aber der Reihe nach:
5. Runde: SF Berlin - Hamburger SK 3-5
Brynell - Gustafsson remis
Polzin - Ftacnik 0-1
Thiede - Kempinski 0-1
Berndt - Hansen 1-0
Borriss - Müller 0-1
Poldauf - Reeh 1-0
Kraemer - Heinemann remis
Schneider - Sebastian 0-1
Allein um diese Runde zu beschreiben könnte man seinen Konjunktivbedarf eines
ganzen Jahres verbrauchen. Der Sieg der Hamburger ging völlig in Ordnung, aber
hätte, wenn und aber...
Nach der Eröffnungsphase waren die Schachfreunde guter Dinge, hatten sie doch
einige gute Stellungen auf den Brettern. Als erstes endete die Partie zwischen
Martin Kraemer und Thies Heinemann, die in einer Najdorf-Variante nie die
Theorie verließen.
Die nächste beendete Partie war die am Spitzenbrett zwischen Stellan Brynell und
Jan Gustafsson. Hier gab es ebenfalls ein Unentschieden, mit dem Stellan zum
Schluss auch sehr zufrieden sein muss, hatte er doch gehörig unter Druck
gestanden. Allerdings hätte er seinen Gegner im 16. Zug mit Te1 vor große
Probleme stellen können. Die Pointe ist nach Td8 das Damenopfer Sxe5, wonach
Schwarz an Händen und Füßen gefesselt wäre. Soviel zum ersten Konjunktiv.
Die anderen großen Konjunktive sind die Partien von Rainer Polzin und Ilja
Schneider. Rainers Gegner Lubomir Ftacnik brachte in der Königsindischen
Verteidigung mit 18.h3 eine zweifelhaft Neuerung. Am Brett fand Rainer aber
nicht die richtige Angriffsfortsetzung und ging nach ein paar weiteren
zweifelhaften Zügen fürchterlich unter. Ilja schoss mit Dc7 zwar nur einen,
dafür aber auch entscheidenen Bock. Die Eröffnung - so krumm sie auch aussehen
mag - war eigentlich ganz o. k.
Ungefähr zeitgleich endeten auch die Partien von Martin Borriss und Dirk Poldauf.
Martin ist gegen GM Karsten Müller doch zu offensiv angegangen und wurde
ausgekontert. Geht man nach den letzten Ergebnissen, so "patzte" Dirks Gegner
Oliver Reeh schon im dritten Zug, hatte Poldi doch in den Runden zuvor zwei Mal
gegen die Abtauschvariante verloren (was aber nur einmal an seiner
Eröffnungsbehandlung lag). Nach dem "Fehler" Sd2 trug der Adrenalinstoss Poldi
fasst von alleine zum vollen Punkt. Aber vielleicht hatte Dirk ja auch gegen
exd5 etwas vorbereitet. Der nächste Gegner, der sich 3.exd5 traut, wird es
erfahren...
Damit stand es 4-2 für den HSK. Es liefen noch die Partien von Lars Thiede gegen
Robert Kempinski und Stephan Berndt gegen Sune Berg Hansen. Dass der Kampf nicht
bereits entschieden war, verdanken wir einem glatten Figureneinsteller von
Hansen in Gewinnstellung. Er hatte zwar noch zwei Bauern für den Springer, aber
die technischen Probleme meisterte Stephan sicher.
Allerdings war klar, dass am dritten Brett wenn überhaupt Kempinski gewinnen
würde, was er dann auch tat.
Mit einer gehörigen Portion Glück (Können?) hätten also ein oder gar zwei
Mannschaftspunkte drin sein können, aber es sollte nicht sein. Aber da gab es ja
noch am Sonntag einen Kampf...
Die kommentierten Partien gibt es
hier (SF Berlin)...
6. Runde: SF Berlin -Werder Bremen 4,5-3,5
Brynell - McShane 0-1
Polzin - Efimenko remis
Thiede - Hracek remis
Berndt - Babula remis
Borriss - Nyback remis
Poldauf - Fish remis
Kraemer - Schandorff 1-0
Schneider - Knaak 1-0
Ein hart erkämpfter (nur eine Partie unter fünf Stunden), etwas glücklicher aber
völlig verdienter Sieg gegen den Deutschen Meister von 2004/2005. Liga sei
gewarnt: Das Projekt Klassenerhalt geht jetzt erst richtig los!
Gegen Werder Bremen waren wir krasser Außenseiter. Bremens Mannschaftsführer
Till Schelz-Brandenburg fasst es auf der Werderaner Homepage gut zusammen: Mit
sieben GMs angetreten und der einzige Bremer IM hat eine höhere Elo-Zahl als
unser einziger GM. Aber mit dem richtigen Kampfgeist und dem Quentchen Glück
können auch über 100 Elo-Punkte unterschied an jedem Brett wettgemacht werden.
Das einzige "Kurzremis" nach ca. 3,5 Stunden gab es an Brett vier zwischen
Stephan Berndt und Vlastimil Babula. Bis zur nächsten Entscheidung sollte es
dann noch 1,5 Stunden dauern. Die Bremer gingen durch einen sauber
herausgespielten Sieg von Luke McShane an Brett eins gegen Stellan Brynell in
Führung. So ein Isolani ist schon blöd...
Aber dann schlugen unsere "Halbstarken" an Brett sieben und acht zurück. Martin
Kraemer gewann eine sehr schöne Partie gegen Lars Schandorff. Er opferte einen
Bauern für positionellen Druck. Auf der Suche nach Vorteil verschlechterte
Schandorff seine Stellung aber immer mehr (was sucht der Läufer auf a1?), so
dass Martin den Bauern mit Vorteil zurück gewinnen konnte. Auf der Suche nach
Gegenspiel opferte Schandorff die Dame, aber Martin lies nicht mehr locker.
Das die Partie von Ilja Schneider gegen Rainer Knaak kompliziert werden würde,
war schon nach den ersten Zügen klar (1.e4 Sc6 2.Sc3 e6). Entschieden wurde die
Partie in der Zeitnotphase, als Ilja sich in den Komplikationen besser
zurechtfand.
Als nächstes endeten die Partien von Martin, Lars und Dirk jeweils mit einem
Remis. Diese kamen allerdings auf völlig unterschiedliche Weise zustande. Lars
hatte in der ganzen Partie keine größeren Probleme und hatte sogar ein
Remisangebot abgelehnt, da er zumindest ideell besser Stand und so den Druck auf
die Bremer Mannschaft aufrecht erhalten wollte (ein Freibier für Teamgeist!).
Auch Dirk stand immer eher etwas besser, aber der Mehrbauer zum Schluss war
nicht zu verwerten.
An der Partie von Martin Borriss gegen Tomi Nyback aber hing im Endeffekt der
Ausgang des Mannschaftskampfs. Nach den jüngsten Schlappen mit dem Königsinder
spielte Martin diesmal die Tartakower-Variante im Damengambit. Dabei geriet er
mächtig unter Druck und spätestens, als ein Weißer Bauer auf f6 auftauchte,
machten sich seine Teamkameraden doch arge sorgen. Aber auch hier konnte der
Berliner die Zeitnotphase besser bewältigen als sein Bremer Konkurrent, der im
40. Zug hätte gewinnen können. In der Folge konnte Martin seine Dame opfern und
es war auf einmal Weiß, der sich ins Dauerschach retten musste.
Als letztes endete die Partie von Rainer Polzin. Die Eröffnung behandelte Rainer
nicht zum besten, ein schwacher Zug von Efimenko (Sd5) brachte den Schachfreund
aber in Vorteil. Allerdings befand sich Rainer in Zeitnot, so dass nach dem 40.
Zug Efimenko einen Mehrbauern hatte. Der war jedoch extrem schwierig - wenn
überhaupt - zu verwerten. Um voranzukommen, opferte Efimenko seinen Mehrbauern
und ging auf den weißen König los. Rainer hielt aber sicher das Remis und damit
die zwei Mannschaftspunkte fest.
Jetzt müssen wir diesen Kampf- und Teamgeist nur über die Feiertage
transferieren, und der Klassenerhalt ist nicht unmöglich.
Die kommentierten Partien gibt es
hier (SF Berlin)...