Pegasus IGM Chess Summit 2012: Riesenparty mit Schachlegenden von Awerbach
bis Uhlmann in Dresden
Text und Fotos: Dagobert Kohlmeyer
So ein Treffen hat der berühmte Neumarkt in Dresden noch nicht erlebt. Vor der
weltbekannten Frauenkirche gaben sich an den vergangenen Tagen acht Schachlegenden
aus vier Ländern bei verschiedenen Gelegenheiten die Ehre. Ihre Namen waren vor
vielen Jahrzehnten das "Who Is Who" des Weltschachs.
Gruppenbild in Dresden
"Weißt du noch?", war die am meisten gestellte Frage zwischen Wolfgang Uhlmann
und seinen Kollegen, ehe sich die Maestros für den Berichterstatter zum ersten
Gruppenbild aufstellten. So kreuzte der Dresdner Uhlmann zum Beispiel 1962, also
vor genau 50 Jahren, beim Lasker Memorial in Berlin die Klingen mit Jewgeni Wasjukow.
Der Russe gewann damals die Partie und das Turnier. Er erinnert sich noch heute
ganz genau an diese Zeit.
Wiedersehensfreude (vorne: Wolfgang Uhlmann und Fridrik Olafsson, hinten, von
links nach rechts: Lothar Schmid, Andreas Dückstein und Mark Taimanow)
Noch früher trafen Uhlmann und Juri Awerbach aufeinander. 1956 bei einem internationalen
Turnier in Dresden siegte der Endspielkünstler Awerbach, der heute 90 Jahre alt
ist und immer noch genug Elan zum Reisen besitzt. Es war sein zweiter Besuch der
sächsischen Metropole in diesem Jahr. Schon im Juni war Awerbach bei einem Treffen
der Schachhistoriker in Dresden.
Die Idee zu dem "Pegasus IGM Chess Summit" stammt vom schachbegeisterten Unternehmer
Dr. Rainer Maas, der gemeinsam mit Dr. Dirk Jordan vom ZMDI Schachfestival jährlich
so ein Treffen in der Olympiade-Stadt von 2008 plant. Eingeladen waren Großmeister,
die älter als 75 Jahre sind. Schon das Vierer-Turnier zu Wolfgang Uhlmanns 77.
Geburtstag im März war ein großer Erfolg. Dort spielten mit Mark Taimanow (Russland)
und dem Dresdner aber nur zwei Teilnehmer im Nestoren-Alter. (Lajos Portisch war
74 und Robert Hübner 63.)
Lothar Schmid, Wolfgang Uhlmann
Diesmal reisten acht frühere Weltklasse-Spieler an, die oft mit Uhlmann die Klingen
kreuzten. Prominentester Gast war der Isländer Fridrik Olafsson. Er gehörte einst
nicht nur zu den besten Spielern, sondern war von 1978 bis 1982 auch Präsident
der Internationalen Schachföderation FIDE.
Fridrik Olafsson
Olafsson fand die Idee des Treffens phantastisch. "Es ist wunderbar, dass verdiente
Großmeister verschiedener Länder auf diese Art gewürdigt werden. Das zeigt den
Respekt vor der älteren Generation. An Wolfgang Uhlmann und meine anderen Kollegen
habe ich nur gute Erinnerungen: Alles Gentlemen, die ich sehr schätze."
Der Isländer kam nicht zum ersten Mal mit seiner Frau Audur nach Dresden. "Wir
waren schon öfter privat hier. Die sächsische Metropole gefällt uns ausgezeichnet.
Dresden gehört für uns zu den Top Ten der schönsten Städte."
Fridrik Olafsson, Rainer Maas
Der Berichterstatter nutzte die Gelegenheit auch zu einem längeren Gespräch mit
Olafsson über dessen Beziehung zu Bobby Fischer. Beide kannten sich seit 1958,
als der Isländer den Amerikaner beim Interzonenturnier in Portoroz zum ersten
Mal traf. Sie freundeten sich an, und Olafsson war auch einer der wenigen, die
Fischer auf dessen Lebensweg bis zum Tod im Januar 2008 direkt begleitet haben.
Olafsson ist der Meinung, dass Bobby Fischer stärkster Schachspieler aller Zeiten
war. (Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.)
Der Dresdner Schach-Gipfel startete mit einem Empfang auf Schloss Albrechtsberg.
Familie Taimanow auf Schloss Albrechtsberg
Es war ein stimmungsvoller Sommerabend, bei dem Wolfgang Uhlmann und Fridrik Olafsson
im Freien zum Vergnügen der Gäste eine Blitzpartie auf dem Großfeld-Schach spielten.
Olafsson gewann.
Freude beim Blitzen mit Großfiguren
Anschließend gab Andreas Dückstein eine Simultanvorstellung. Zweimal konnte der
85-jährige Wiener besiegt werden: vom Nachwuchstalent Peter Abdurachimow und von
Dr. Rainer Maas, der die Tradition des Großmeistertreffens fortsetzen möchte.
Am Tag darauf folgte dann am Nachmittag mit einer Lebendschach-Partie vor der
Frauenkirche das Highlight des IGM Summits 2012. Ströbecker Schachjünger in ihren
berühmten Kostümen waren gekommen und stellten sich den Veteranen als Komparsen
zur Verfügung.
Lebendschach auf dem Dresdner Neumarkt
Die Partie wurde zu einem Länderkampf zwischen Deutschland und Russland.
Burkhard Malich, Lothar Schmid, Wolfgang Uhlmann
Auf deutscher Seite spielten die Großmeister Lothar Schmid (84), Wolfgang Uhlmann
(77) und Burkhard Malich (75) gegen die russischen Figurenkünstler Juri Awerbach
(90), Mark Taimanow (86) und Jewgeni Wasjukow (79).
Team Russland: Juri Awerbach, Jewgeni Wasjukow, Mark Taimanow
Die Russen hatten Weiß und setzten zu Beginn den Königsbauern nach vorn, worauf
die Gastgeber natürlich die Französische Verteidigung, Uhlmanns Lieblingseröffnung,
wählten. Nach hartem Kampf gewannen die Gäste das Spiel im 31. Zug.
Lothar Schmid, Burkhard Malich
Den Abschluss bildete ein Gala-Dinner für die Schachlegenden in einem Nobel-Restaurant
am Neumarkt. Auch dort wurden viele Erinnerungen ausgetauscht. Juri Awerbach ergriff
das Wort, Jewgeni Wasjukow sang ein Lied. Fridrik Olafsson dankte im Namen der
Schach-Senioren für dieses großartig organisierte Treffen. Die Einladung für das
nächste Mal ist bereits erfolgt. Vom 13.-15. August 2013 werden die berühmten
Großmeister über 75 Jahre wieder in Dresden erwartet. Vielleicht kommen dann noch
einige mehr.
Die Simultan-Gewinnpartie von Dr. Rainer Maas hatte ein nettes Finale.
Andreas Dückstein - Rainer Maas
Sizilianisch B22
1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.c3 d6 4.d4 Lg4 5.Le2 h6 6.h3 Lxf3 7.Lxf3 cxd4 8.cxd4 g5
9.Sc3 Lg7 10.Le3 e6 11.0-0 Sge7 12.d5 exd5 13.exd5 Se5 14.Le2 a6 15.Sa4 b5 16.Sc3
0-0 17.f4 Sf5 18.Ld2 Db6+ 19.Kh1 Sg3+ 20.Kh2 Sxf1+ 21.Dxf1 Sg6 22.fxg5 Le5+ 23.Kh1
Dd4 24.Td1 Dh4 25.Df3 hxg5 26.Se4 f6 27.Df5 Kg7 28.Tc1 Lxb2 29.Tc7+ Tf7 30.Lg4
Se7 31.Dd7 f5 32.Lxg5 Dxg4 33.hxg4 Th8+ 34.Kg1 Ld4+ 35.Kf1 fxe4+ 0-1.
Weiß verliert die Dame oder wird matt.