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Das unerfüllte Versprechen: Die Schacholympiade Leipzig
1960
Von Johannes Fischer
Seit ihrer Gründung im Jahre 1949 bis zum Fall der Mauer 1989 waren die beiden deutschen Staaten, DDR und BRD, Rivalen. Politisch, wirtschaftlich und sportlich. Und da Konkurrenz das Geschäft belebt, wollte die DDR bei der Ausrichtung der Schacholympiade 1960 nicht hinter den Westdeutschen, die 1958 die Schacholympiade in München organisiert hatten, zurückbleiben. Unter Leitung von Dr. Johannes Dieckmann, dem Präsidenten der Volkskammer der DDR und Vorsitzenden des Organisationskomitees, sowie Herbert Grätz, dem Vorsitzenden des Exekutivkomitees, stellte man vom 26. Oktober bis zum 9. November 1960 in der Messestadt Leipzig ein einzigartiges Schachspektakel auf die Beine. Neben der ausgezeichneten Betreuung der Spieler und ihrer Begleiter sorgte das Organisationskomitee für ein attraktives Rahmenprogramm: u.a. standen ein Problemturnier, ein Treffen der Fernschachfreunde und der Veteranen der Arbeiterschachverbände, ein Damenturnier, Museumsbesuche in Leipzig und Dresden sowie Ausflüge zum Goethehaus und zur Gedenkstätte Buchenwald in Weimar auf dem Programm. Dazu kam noch die Ausstellung "Schach im Wandel der Zeiten" im Ringmessehaus, dem Spielort der Olympiade. Sie präsentierte zahlreiche Exponate aus der jahrhundertealten Geschichte des Spiels und zeugte von der ungebrochenen Faszination, die vom Schach ausgeht.
"Kleines Spiel mit Zahlen"
Insgesamt gingen in Leipzig 40 Mannschaften mit 232 Spielern (darunter 26 Großmeister und 37 Internationale Meister) an den Start. Gespielt wurde in Vor- und Endrunden mit einer Bedenkzeit von 2,5 Stunden für 40 Züge. Danach wurden die Partien abgebrochen und am nächsten Morgen fortgesetzt. Wie das Turnierbuch in einem "kleinen Spiel mit Zahlen" angibt, wurden bei dieser Olympiade insgesamt 1.600 Partien gespielt, in 416 davon kam es zu einer Hängepartie, sieben Partien endeten kampflos. Insgesamt führten die Teilnehmer in Leipzig 60.697 Züge in 416.754 Minuten aus, das entspricht einem Durchschnitt von 38 Zügen und 260 Minuten pro Partie. Offiziell gezählt wurden auch 75.364 Zuschauer, was Leipzig zu einer der bestbesuchten Olympiaden aller Zeiten macht.
Der Favorit unter Druck
Wie immer seit Helsinki 1952 war die Sowjetunion Favorit. Aber in Leipzig mussten die Sowjets wirklich etwas beweisen. Denn nur einen Monat vor Beginn der Olympiade hatten die Amerikaner die Studentenmannschaftsweltmeisterschaft gewonnen – in Leningrad. Der dominierende Spieler der amerikanischen Mannschaft in Leningrad war William Lombardy, Jugendweltmeister von 1957.
William Lombardy
Bei der Jugendweltmeisterschaft hatte Lombardy einfach alle Partien gewonnen und ähnlich ging er auch bei der Studentenweltmeisterschaft zur Sache. Er gewann 10 Partien und remisierte zwei, wobei sein Sieg gegen Boris Spassky, damals bereits einer der besten Spieler der Sowjetunion und damit der Welt, besonders wichtig war.
Nach dieser Blamage war alles andere als ein klarer Sieg bei der Olympiade für die politische Führung der Sowjetunion inakzeptabel. Dementsprechend stark war die Mannschaft. In seinen Erinnerungen Mein Leben für das Schach schildert Viktor Kortschnoi, wie schwer es war, in die Olympiamannschaft berufen zu werden:
Viktor Kortschnoi
"Ins sowjetische Olympiateam zu gelangen, das war nicht nur eine Sache der Ehre, sondern auch einträglich: Für den Sieg bei der Olympiade war eine Prämie ausgesetzt. Jeder Spieler der Mannschaft erhielt 1.500 Rubel, das waren damals ungefähr elf durchschnittliche Monatseinkommen. Intrigen und Verschwörungen waren dabei eine normale Erscheinung. 1952 kam Weltmeister Botvinnik auf Grund eines solchen Komplotts nicht in die Mannschaft. Bis zu seinem Tode erfuhr er nicht, dass Alexander Kotow Initiator dieser Verschwörung gewesen war. Der hatte sich auf diese Weise selbst den Weg ins Olympiateam geebnet." (Viktor Kortschnoi, Mein Leben für das Schach, Zürich: Olms Verlag 2004, S.47).
Doch in Leipzig war Botvinnik wieder dabei.
Mikhail Botvinnik
Er spielte an Brett Zwei hinter Michail Tal, der Botvinnik nur wenige Monate zuvor als Weltmeister entthront hatte. Dahinter folgten Paul Keres
Paul Keres
und Viktor Kortschnoi, der hier das erste Mal bei einer Olympiade spielen durfte. Die Ersatzleute der sowjetischen Mannschaft, Wassili Smyslov und Tigran Petrosian, hätten in jedem anderen Team der Welt wahrscheinlich an Brett Eins gespielt.
Wassili Smyslov und Tigran Petrosian
Die talentierten Amerikaner
Angesichts dieses Aufgebots an Stars räumte man allen anderen Teams lediglich Außenseiterchancen ein, die größten vielleicht noch den USA, die mit einer jungen Mannschaft an den Start gingen. An Brett Eins gab der 17-jährige Bobby Fischer sein Olympiadebüt.
Robert James Fischer
An zwei spielte Lombardy, dahinter folgten Robert Byrne und Arthur Bisguier, Ersatzleute waren Nicolas Rossolimo und Raymond Weinstein. Wie für Fischer war es auch für Weinstein die erste Olympiade, während alle anderen Mitglieder der amerikanischen Mannschaft bereits einmal an einer Olympiade teilgenommen hatten, und Rossolimo sogar schon für zwei Länder, Frankreich (1950) und die USA (1958), an den Start gegangen war. Tatsächlich fühlte sich Rossolimo in vielen Kulturen zu Hause.
Nicolas Rossolimo
1910 in Kiew geboren, zog er 1929 mit seiner Mutter nach Paris und schlug sich dort als Taxifahrer und Schachspieler durchs Leben. 1953 emigrierte er in die USA, wo sein griechischer Vater lebte, kehrte aber regelmäßig wieder nach Frankreich zurück. 1966 spielte er noch einmal für die USA, aber 1972 beendete er seine olympische Karriere mit einem Auftritt im französischen Team.
Wie man bei der Olympiade gewinnt, verriet den jungen Amerikanern ihr Non-Playing Captain Isaac Kashdan. 1931, 1933 und 1937 gewann er drei Mal Gold mit dem amerikanischen Team und mit einer Bilanz von 63 Punkten aus 79 Partien (+52, =22, -5) ist er einer der erfolgreichsten Olympiaspieler aller Zeiten. Allerdings hätte diese viel versprechende Mannschaft, in der sich Talent mit Erfahrung mischte, beinahe überhaupt nicht zur Olympiade fahren können.
Neben den politischen Querelen in der Zeit des Kalten Kriegs, durch die lange Zeit nicht klar war, ob die Amerikaner in die kommunistisch regierte DDR reisen durften, hatte der amerikanische Schachverband kein Geld, bzw. wollte es nicht dafür ausgeben, eine Mannschaft nach Leipzig zu schicken. Dies führte bei den Schachfans in den USA zu Protesten, bei denen sich Regina Fischer, die Mutter von Bobby Fischer, besonders hervortat. Medienwirksam demonstrierte sie vor dem Weißen Haus in Washington und trat in einen sechstägigen Hungerstreik, um die Behörden dazu zu bringen, das amerikanische Team zu unterstützen. Welchen Einfluss diese Proteste hatten, ist unklar, aber am Ende durften die Amerikaner nach Deutschland fliegen, ließen dabei jedoch einen ihrer besten Spieler zu Hause. Das ehemalige Wunderkind Samuel Reshevsky weigerte sich an Brett 2 hinter Bobby zu spielen und verlangte ein Honorar von 3.000 Dollar für seine Teilnahme – zu viel für den finanzschwachen US-Verband.
Doch auch mit Reshevsky hätten die Amerikaner kaum eine Chance
gegen die souveränen Sowjets gehabt. Die sechs sowjetischen Weltstars spielten
konzentriert, effektiv und ließen nie Zweifel an ihrer Überlegenheit aufkommen.
Sie gewannen jeden einzelnen Kampf und siegten am Ende mit fünf Brettpunkten
Vorsprung. Die einzige Niederlage, die sie während der ganzen Olympiade
hinnehmen mussten, war Tals überraschender Verlust gegen den Engländer Penrose
in der Schlussrunde. Tatsächlich erzielte Tal mit 11 aus 15 (73%) das prozentual
schlechteste Ergebnis der Sowjets: Botvinnik, Keres und Kortschnoi holten alle
10,5 aus 13 (81%), während Smyslow mit 11,5 aus 13 (88%) und Petrosian mit 12
aus 13 (92%) sogar noch deutlicher dominierten.
Fischer und Tal: Die Publikumslieblinge
Mihail Tal
Die Lieblinge des Leipziger Publikums waren jedoch Fischer und Tal. Fischer galt als junges Genie und spielte ebenso energisch wie kämpferisch und auch Tal war noch jung und begeisterte durch sein waghalsiges Angriffsschach. Nicht jeder sah die Popularität der beiden jungen Spitzenbretter gleichermaßen gern. So schrieb Botvinnik in seinen Schacherinnerungen: "Wir spielten in einem Gebäude des Leipziger Messegeländes. Es ist lang und schmal, ungünstig, wenn eine Partie großes Interesse hervorruft, aber günstig, wenn die Teilnehmer sich nicht der Aufmerksamkeit der Zuschauer erfreuen. Ich gehörte Gott sei Dank zur zweiten Gruppe .... Zur ersten Teilnehmergruppe gehörten selbstverständlich sowohl Tal als auch Fischer. Wenn sie sich begegneten, gab es ein unverständliches Aufsehen." (Michail Botwinnik, Schacherinnerungen, Düsseldorf: Walter Rau Verlag 1981, S.212).
In der fünften Runde des Finales spielten Tal und Fischer schließlich gegeneinander und wie zwei Jahre später bei der Olympiade in Varna, als Fischer gegen Botvinnik spielte, und zehn Jahre später in Siegen, als Fischer auf Spassky traf, bildete der Kampf des amtierenden Weltmeisters gegen das stürmische Genie Bobby Fischer den Höhepunkt der Olympiade. Das Turnierbuch schildert den Beginn dieser Begegnung wie folgt:
"Bereits in den Mittagsstunden des 1. November 1960, an einem Dienstag, einem ganz gewöhnlichen Werktag, standen die Kiebitze in langen Schlangen vor den Kassen des Ringmessehauses. Als die Pforten sich öffneten, setzte ein Sturmlauf zum Kampfplatz des Weltmeisters ein. Bis zum Beginn der Partie vollzog sich das gewohnte Zeremoniell: Ein Mechaniker im weißen Kittel zog die Uhr auf. Die Serviererinnen brachten Kaffee in kleinen Thermophoren, zwei Tassen, einige Stückchen Gebäck dazu und verstauten alles in den Fächern zu beiden Seiten des Schachtisches. Die Kameraleute der Wochenschauen und Fernsehstationen maßen die Entfernung von ihren Objektiven zu dem schwarzen und dem weißen König ... . Kurz vor 16 Uhr erklang aus den Lautsprechern ein Motiv aus der d-moll Suite von Johann Sebastian Bach, die Eröffnungsmusik des Turnieres, und dämpfte das erregte Stimmengewirr im Turniersaal zum Schweigen der Erwartung. ... Beide Meister waren dafür bekannt, daß sie sich um einige Minuten zu verspäten pflegten. Zu diesem Kampf aber betraten sie pünktlich den Saal. ... Der große, schlaksige Fischer eilte mit weitausholenden Schritten heran, der kleinere, energiegeladene Tal in seiner charakteristischen Gangart, einem Stakkato der Schritte. Beiderseitige Verbeugung am Brett, Händeschütteln, Lächeln. Die Kameras surrten, die Auslöser klickten, die Matadore nahmen Platz. Der Gong ertönt: 16 Uhr. Der Schiedsrichter setzt Fischers Schach-Uhr in Gang." (XIV. Schach-Olympiade 1960, (Hrsg.) Anita Karau, Berlin: Sportverlag 1961, S.35-36).
Und obwohl Fischer und Tal sich nach nur 21 Zügen Remis trennten, hatte es diese Partie in sich und wurde noch Jahre später analysiert. Fischer nahm sie in sein Buch Meine 60 Denkwürdigen Partien auf, Tal analysierte sie in The Life and Games of Mikhail Tal und Robert Hübner unterzog die Partie und die Analysen von Fischer und Tal vierzig Jahre später noch einmal einer kritischen Würdigung.
Brettpreise
Fischer präsentierte sich mit einem Ergebnis von 13 Punkten aus 18 Punkten als würdiges Spitzenbrett der amerikanischen Mannschaft. Aber der Preis für das beste Ergebnis an Brett Eins ging weder an ihn noch an Tal, sondern an den Österreicher Karl Robatsch, der 13,5 Punkte aus 16 Partien erzielte. Mit diesem Ergebnis brachte Robatsch, der sich nicht nur für Schach interessierte und für seine Leistungen auf dem Gebiet der Orchideenforschung von dem österreichischen Bundespräsidenten später den Titel "Professor" verliehen bekam, sein Großmeistertitel unter Dach und Fach.
Vier der restlichen fünf Brettpreise gingen an die Sowjetunion. Nur Kortschnoi, der am vierten Brett genauso viel Punkte erzielte wie Botvinnik an zwei und Keres an drei, wurde von zwei Spielern schwächerer Mannschaften überholt.
Der Mongole Lhamsuren Myagmarsuren und der Indonesier Tan Hiong Liong profitierten davon, dass sie im Finale C weit schwächere Gegner hatten, holten am vierten Brett beide 16,5 Punkte aus 20 Partien und schnitten damit sowohl nach absoluten Punkten als auch prozentual besser ab als Viktor Kortschnoi mit seinen 10,5 aus 13.
Lhamsuren Myagmarsuren
Für Myagmarsuren war es die erste Olympiade, neun weitere sollten folgen. Der 1938 geborene Mongole ist auch heute noch aktiv und nahm z.B. an der Seniorenweltmeisterschaft 2004 in Halle teil. In Leipzig gelang ihm gegen den Ecuadorianer Klein auch die kürzeste Partie der Olympia: Nach 6 Minuten und 6 Zügen war sie vorbei. Klein unterlief in einer bekannten Theoriestellung ein Fingerfehler, der ihn eine Figur kostete, und gab danach sofort auf.
Für den Indonesier Tan Hiong Liong blieb es hingegen die erste und einzige Schacholympiade. In einem Artikel über Schach und Go berichtet Tim Krabbé in seinem Chess Diary vom 30. Mai 2003, dass Tan, der Anfang der 60er Jahre in Holland lebte, ein starker Go-Spieler war und es dort als erster Holländer zu einem Dan-Titel brachte. Leider erlitt er 1963 einen Nervenzusammenbruch, der sowohl seine Schach- als auch seine Go-Karriere beendete (Vgl. http://www.xs4all.nl/~timkr/chess2/diary_11.htm).
Ergebnisse wie die von Tan und Miagmasuren deuteten an, über welche Talente Asien verfügte. Ein weiteres Indiz dafür war der Sieg des Inders Manuel Aaron über Ex-Weltmeister Max Euwe.
Max Euwe
Der 1935 geborene Aaron war Indiens erster Internationaler Meister, neun Mal Indischer Meister, Gründer und Leiter der Aaron Chess Academy, der ersten indischen Schachschule, und Gründer und Herausgeber des indischen Chess Mate Magazins.
Manuel Aaron
In Leipzig erzielte er eine Elo-Performance von 2509.
Einzelheiten
So gut Aaron auch gespielt haben mag – in Leipzig war Euwe einfach außer Form. Er spielte für Holland am ersten Brett und erzielte eine Leistung von 6,5 aus 16 (+3, =7, -6), das schlechteste Ergebnis, das ein Ex-Weltmeister je bei einer Olympiade erzielte. Er war mit diesem miserablen Ergebnis auch der erste Großmeister, der bei einer Olympiade weniger als 50% erzielte.
Aufsehen erregten auch zwei andere Spieler: der erst 16-jährige Vlastimil Hort,
Vlastimil Hort
der an Brett Vier für die Tschechoslowakei sein Olympiadebüt (7,5/13) gab, und Madame Renoy-Chevrier, die einzige Frau unter allen Teilnehmern, die für Monaco an den Start ging (1/7).
Madame Renoy-Chevrier
Im Einklang mit dem klassischen Rollenverständnis von Mann und Frau verriet sie im Turnierbuch, warum nur wenig Frauen Turnierschach spielen: "Die Frau versorgt vom frühen Morgen an ihre Familie. Tagsüber nimmt sie der Haushalt in Anspruch. Wenn abends der Mann von der Arbeit heimkommt, steckt er die Beine unter den Tisch und genießt seine Freizeit. Die Frau hingegen hat noch lange nicht Feierabend. Sie bereitet das Abendessen, bringt die Kinder zu Bett und ist schließlich so müde, daß sie für nichts mehr Interesse aufbringt." (XIV. Schach-Olympiade Leipzig 1960, S. 178, S. 183).
Das deutsch-deutsche Duell
Wenn auch das Rennen um den ersten Platz schnell entschieden war, so blieb der Kampf um die folgenden Plätze doch ebenso spannend wie das deutsch-deutsche Duell zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Während sich die amerikanische Mannschaft am Ende vor Jugoslawien und Ungarn die Silbermedaille sicherte, landete die Bundesrepublik mit einem halben Brettpunkt Vorsprung auf dem achten Rang, ganz knapp vor der DDR, den Gastgebern der Olympiade. Die Bundesrepublik wurde vor allem von ihren Spitzenbrettern Wolfgang Unzicker und Lothar Schmid getragen.
Lothar Schmid
Unzicker holte 11,5 Punkte aus 18 Partien und verlor nur gegen Fischer. Schmid war sogar noch etwas besser und erzielte 9,5 aus 14. Die weiteren Ergebnisse: Klaus Darga, 7,5/13, Heinz Lehmann, 7/14, Wolfram Bialas 4,5/11 und Gerhard Pfeiffer, 5/10. In der Mannschaft der DDR war Wolfgang Pietzsch am zweiten Brett mit 9,5 aus 15 der eifrigste Punktesammler, was ihm den Ehrenpreis der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands bescherte. Wolfgang Uhlmann an Eins brachte es auf 9 aus 16, Reinhart Fuchs als erster Ersatzmann auf 7,5 aus 13, Burkart Malich erzielte 6,5 aus 13, Sieghart Dittmann 6 aus 12 und Werner Golz 5,5 aus 11.
Resümee
Wenngleich sich die Mannschaft der DDR über den neunten Platz und die knappe Niederlage gegen den Rivalen aus dem Westen geärgert haben mag, so war die 14. Schacholympiade in Leipzig insgesamt gesehen doch ein voller Erfolg. "Eine so glänzend durchgeführte Olympiade wie diese in Leipzig war noch nicht da! 'Kolossal", 'Wunderbar', 'Einzig', 'Phantastisch', 'Riesig' – diese Superlative sind keine banalen Höflichkeitsfloskeln. Das sind Worte des Lobes, die man aus aller Munde hörte, von den Gästen aus West und Ost, aus Europa und Asien, aus Amerika und Afrika" (XIV. Schach-Olympiade 1960, S.21) schwärmte Salo Flohr im Turnierbuch. Die glänzend organisierte und exzellent besuchte Veranstaltung, die von Schachspielern in aller Welt verfolgt wurde, war eine gute Werbung für die Deutsche Demokratische Republik und den Schachsport dort. Aber ein Jahr später entlarvte sich der im Grußwort der Olympiade von Johannes Dieckmann beschworene olympische Geist der "Weltweite, Zusammenarbeit und Verständigung" durch den Bau der Berliner Mauer im August als Propagandafloskel. Und als Manfred Ewald Anfang der siebziger Jahre im Gefolge Honeckers Präsident des DTSB, des Sportverbandes der DDR, wurde, verkümmerte das Schach weiter. Für Ewald zählten nur Medaillen in olympischen Sportarten und Athleten so genannter "Kategorie B", d.h. nicht-olympischer Sportarten, durften fortan nicht mehr an Welt- und Europameisterschaften teilnehmen. Und so verzichtete die DDR ab 1974 ganz darauf, eine Mannschaft zur Schacholympiade zu schicken. Die großartigen Schachtage in Leipzig 1960 blieben ein unerfülltes Versprechen.
Quellen:
Wojciech Bartelski, Olimpbase,
http://www.olimpbase.org/.
Michail Botwinnik, Schacherinnerungen, Düsseldorf: Walter Rau Verlag 1981
Frank Brady, Bobby Fischer: Profile of a Prodigy, New York: Dover 1973
[1965].
David Hooper&Kenneth Whyld, The Oxford Companion to Chess, New York,
Oxford: Oxford University Press 1996.
Anita Karau, (Hrsg.), XIV. Schach-Olympiade 1960, Berlin: Sportverlag
1961
Viktor Kortschnoi, Mein Leben für das Schach, Zürich: Olms Verlag 2004.
Tim Krabbé, Chess Diary,
http://www.xs4all.nl/~timkr/chess2/diary_11.htm.
Mikhail Tal, The Life and Games of Mikhail Tal, New York: R.H.M Press
1976.
Raj Tischbierek, Sternstunden des Schachs: 30x Olympia: London 1927 – Manila
1992, Berlin: Sportverlag 1993.